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Günther Walter

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Günther Walter, Gründer der KPE, Bundesfeldmeister von 1976 bis 2005 und Verfasser mehrerer KPE-Schriften

Günther Walter (* 1934) ist ein Pfadfinder. Er ist gemeinsam mit Andreas Hönisch Gründer der Katholischen Pfadfinderschaft Europas in Deutschland und Österreich.[1]

Leben

1976 gründete Walter gemeinsam mit Andreas Hönisch die Katholische Pfadfinderschaft Europas (KPE). Hier fanden sich vor allem Personen zusammen, die mit den programmatischen Neuerungen innerhalb der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg in den 1970er-Jahren nicht einverstanden waren. Unter anderem störte ihn die - etwa zeitgleich mit der Studentenbewegung - eingeführte Koedukation, also die gemeinsame Erziehung von Jungen und Mädchen, sowie reformerische und emanzipatorische Strömungen.[2]

Die KPE geriet mehrfach in den Verdacht, fundamentalistische und sektartige Strukturen aufzuweisen.[3][4] Das ARD-Magazin Monitor berichtete 2004 darüber. Im Sommer 2004 distanzierte sich die Deutsche Bischofskonferenz laut Aussage der ARD-Sendung Monitor von der KPE. Die Redaktion erhielt die Antwort, die KPE sei kein „offiziell anerkannter Jugendverband“.[5]

Papst Johannes Paul II. und eine Gruppe KPE-Pfadfinderinnen im Sommer 2004

Im Herbst 2003 verwies der damalige Bundesfeldmeister Günther Walter in einem Artikel auf das im Hohenrain-Verlag erschienene antisemitische Buch Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen des NPD-Politikers Rolf Kosiek.[6][7]

Günther Walter erklärte am 7. März 2017 bezugnehmend auf die Vorfälle von 2003, der Literaturhinweis auf Kosiek sei durch seine Nachlässigkeit in den Text geraten. Er habe das Buch nur in Ausschnitten gelesen; das Kapitel Zur Geschichte der Frankfurter Schule enthalte seines Erachtens einige Seiten mit „interessanten Sachinformationen“; der Hintergrund des Autors sei ihm unbekannt gewesen. Der Artikel von Niggl sei 2003 wegen Zeitdrucks ohne inhaltliche Prüfung und in Unkenntnis der Deutschen Studiengemeinschaft vom Redaktionsteam übernommen worden. Walter entschuldige sich bei der KPE und den Lesern von Pfadfinder Mariens und distanziere sich ausdrücklich von rechtsextremem und antisemitischem Gedankengut. Auf der im Herbst 2017 überarbeiteten Website kpe.de ist die Stellungnahme nicht mehr abrufbar.[8] Im von Walter genannten Kapitel nahm Kosiek den mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestraften Holocaustleugner Udo Walendy in Schutz und bezeichnete die seriöse Geschichtsforschung als „herrschende Umerziehungsmeinung“.[9][10] Die Website der Deutschen Studiengemeinschaft, die Rolf Kosiek als Mitglied ihres Führungsgremiums auswies, war bereits im Jahr 2001 online; der seit 2002 im Internet abrufbare Verfassungsschutzbericht 2001 erwähnt das genannte Buch Kosieks unter „Rechtsextremistische Bestrebungen“.[11][12]

Hans-Gerd Jaschke von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin erklärte in einer Monitorsendung 2004, in Publikationen der KPE Hinweise auf christlichen Fundamentalismus, völkischen Nationalismus und antisemitische Anspielungen gefunden zu haben. Er bezog sich dabei auf die KPE-Zeitschrift Pfadfinder Mariens, in der der Weltenburger Altabt Thomas Niggl OSB, ein Mitglied des Engelwerkes,[13] im Frühjahr 2003 als Gastautor zum Thema des demographischen Wandels behauptet hatte: „Man kann nicht daran zweifeln, dass das deutsche Volk in seinem biologisch-ethnischen Bestand und in seiner kulturellen religiösen Identität aufs Schwerste bedroht ist“. Jaschke erklärte dazu: „Man muss deutlich betonen, dass die beiden letzteren Teile […] deckungsgleich sind mit dem modernen Rechtradikalismus“.[14] Im selben Artikel verbreitete Niggl Thesen der rechtsextremen Deutschen Studiengemeinschaft, die er als „wertvolle Anregungen“ lobte.[15][16][17][18][5] In der Sendung äußerten sich auch vor- und damalige Mitglieder.[14]

Ende 2011 hatte die KPE zu den verschiedenen Vorwürfen Position bezogen. Ihre Bundesleitung distanzierte sich dabei ausdrücklich von rechtsradikalem Gedankengut und Antisemitismus. In religiösen Fragen lehne man Sonderlehren, die von der allgemeinen Lehre der Kirche abweichen, für sie grundsätzlich ab, ebenso Druck und Zwang als pädagogische Methoden der Glaubensvermittlung. Verbindungen zum Engelwerk – sowohl organisatorischer als auch inhaltlicher Art – wurden nachdrücklich bestritten.[19] Der Vorwurf des Antisemitismus war zuvor in Wien gerichtlich bestätigt und vom deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel zusammen mit der Einstufung der KPE als „fundamentalistisch“ erneut aufgegriffen worden.

Günther Walter war Stellvertreter des Bundesfeldmeisters und Vizepräsident der Union Internationale des Guides et Scouts d’Europe (UIGSE-FSE).[20] Diese beruft sich auf die ursprünglichen Ideen von Baden-Powell und lehnt große Teile der Modernisierungen seit 1960 ab. Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die religiöse Bildung. Die UIGSE befürwortet eine geschlechtsspezifische Erziehung und setzt auf die „differenzierte Erziehung von Mädchen und Jungen innerhalb der unterschiedlichen Gruppen als einen wesentlichen Punkt ihrer Pädagogik“.[21] Die UIGSE versteht sich als katholischer Verband, der aber in bestimmten Fällen auch Verbände anderer christlicher Konfessionen aufnimmt.

Er war 15 Jahre lang Schuldirektor des Heinrich-von-Gagern-Gymnasium in Frankfurt am Main. [22] Am 28. August 1984 startete er in diesem Amt und wurde 23. Juni 1999 verabschiedet. Der Abschiedsgruß des Hessischen Kultusministeriums und des Staatlichen Schulamtes folgte zwei Tage später.

Literatur

  • Günther Walter: Deine Sippe, Kornett. 2. erweiterte Auflage. SJM-Verlag, Neusäß 2002. ISBN 978-3-932426-22-3
  • Alfred Pokorn / Günther Walter: Pfadfinder-Handbuch, 5. erweiterte und vollständig neu überarbeitete Auflage. SJM-Verlag, Neusäß 2010. ISBN 978-3-932426-02-5

https://verein.hvgg.de/vblatt/vblatt48ein.html

Einzelnachweise

  1. 30 Jahre KPE-Pfadfinder - Teil 1 –Gründung, Rückblick + Information. Günther Brand, abgerufen am 3. März 2018.
  2. 30 Jahre KPE-Pfadfinder - Teil 1 –Gründung, Rückblick + Information. Günther Brand, abgerufen am 3. März 2018.
  3. {{{titel}}}. Abgerufen am 3. März 2018.
  4. {{{titel}}}. Abgerufen am 3. März 2018.
  5. a b Katholischer Fundamentalismus: Pfadfinder auf Abwegen. (PDF; 82 kB) ARD-Monitor (22. Juli 2004), archiviert vom Original am 8. September 2012; abgerufen am 23. September 2009. Seiten 1 ff
  6. Günther Walter: Deutschland, quo vadis? Pfadfinder Mariens 2003/4, S. 4 f
  7. Zu den antisemitischen Inhalten des Buches siehe Heribert Schiedel und Stephan Grigat: Burschis gegen Adorno. haGalil vom 28. Oktober 2004
  8. Katholische Pfadfinderschaft Europas: Korrektur und Richtigstellung. 7. März 2017 und Löschungsvermerk abgerufen am 5. Oktober 2017
  9. Rolf Kosiek: Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen. Hohenrain Verlag Tübingen 2001, S. 74 ff, ISBN 9783891800614
  10. Hans-Henning Scharsach: Strache: Im braunen Sumpf. Verlag Kremayr & Scheriau 2012, ISBN 9783218008563, Datei bei Google Books
  11. Herzlich willkommen bei der Deutschen Studiengemeinschaft. Aufzeichnung der Webseite im Webarchiv vom 19. Februar 2001
  12. Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2001. S. 2 zur Onlineverfügbarkeit und S. 128 zur Tätigkeit Kosieks auf der Website der Universität Tübingen
  13. Heiner Boberski: Das Engelwerk. Otto Müller Verlag, Salzburg 1993, S. 235
  14. a b Katholischer Fundamentalismus: Pfadfinder auf Abwegen. (PDF; 82 kB) ARD-Monitor (22. Juli 2004), archiviert vom Original am 8. September 2012; abgerufen am 23. September 2009. Seite 4
  15. Zur Lage des Volkes. (Memento vom 10. Dezember 2004 im Internet Archive) Deutsche Studiengemeinschaft, undatiert. Alle Thesen und die Zusammenfassung sind identisch mit Niggls Aussagen.
  16. Felix Buck, Rolf Kosiek und Uwe Rheingans (jeweils NPD) sowie Albrecht Jebens (vormals CDU), Günter Poser (vormals REP), Edmund Sawall und Walter Staffa: Deutsche Studiengemeinschaft: Bekenntnis zum Deutschen Volk. (Memento vom 10. Dezember 2004 im Internet Archive) September 2001. Einleitung und These 5 sind identisch mit Niggls Aussagen.
  17. Thomas Niggl: Deutschlands Zukunft. In: Pfadfinder Mariens, 2003/2, S. 3 f. Niggl stellte dort seinen Aussagen voran: „Die Deutsche Studiengemeinschaft (DSG) (Postfach 1701, 71207 Leonberg) hat darüber wertvolle Anregungen gegeben: (...)“
  18. Zur Einstufung der Deutschen Studiengemeinschaft siehe Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2003, S. 189 (Memento vom 13. Januar 2006 im Internet Archive)
  19. Klarstellungen zu Vorwürfen gegen die KPE in: Ad Mariam Europa Nr. 38 / Dezember 2011, 9-18.
  20. 30 Jahre KPE-Pfadfinder - Teil 1 –Gründung, Rückblick + Information. Günther Brand, abgerufen am 3. März 2018.
  21. http://uigse-fse.org/fr/statuts/ Bundessatzung der Union International des Guides et Scouts d’Europe Fédération du Scoutisme Européen, 1.2.8.
  22. [https://verein.hvgg.de/vblatt/vblatt48ein.html Verein der Ehemaligen und Freunde des Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums (ehemals Kaiser-Friedrich-Gymnasium) e.V. 21. August 1999