Benutzer:Wuselig/Wildensteiner Altar
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Wildensteiner Altar. Geöffnet. Drehflügel, links: Kniender Stifter Graf Gottfried Werner von Zimmern mit Wappen.
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Mitteltafel: Krönung Mariens durch zwei Engel, umgeben von vierzehn Heiligen
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Drehflügel, rechts: Kniende Stifterin Gräfin Apollonia von Henneberg mit Wappen
Der Wildensteiner Altar ist eines der Hauptwerke des Meisters von Meßkirch. Benannt ist es nach der Burg Wildenstein des Auftraggebers des Werks, Gottfried Werner von Zimmern. Er befindet sich heute in der Staatsgalerie Stuttgart.
Einzelteile
Retabel mit Dreh- und Standflügel in erneuertem Rahmen bestehend aus:
- Die durch Engel bekrönte Muttergottes mit Kind im Kreise der 14. Schutzheiligen des Hauses Zimmern (Mitteltafel)
- Tannenholz, 64 x 60 cm
- Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. 3819
- Der knieende Stifter Graf Gottfried Werner von Zimmern - Christus am Ölberg (Doppelseitig bemalter linker Drehflügel)
- Tannenholz, 68,6 x 28,2 cm, allseitig beschnitten, rechts und links Anstückung einer ca. 1 cm breiten Leiste
- Inschrift in der Kartusche unterhalb des Stifterbildnisses:
- Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. 3820
- Die knieende Stifterin Gräfin Apollonia von Henneberg - Christus am Ölberg (Doppelseitig bemalter rechter Drehflügel)
- Tannenholz, 68,65 x 28,3 cm, allseitig beschnitten, rechts und links Anstückung einer ca. 1 cm breiten Leiste
- Inschrift in der Kartusche unterhalb des Stifterinnenbildnisses:
- Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. 3821
- Christi Abschied von seiner Mutter (Linker Standflügel)
- Nadelholz, 71,8 x 30,7 cm
- Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. 3822
- Die Gefangennahme Christi (Rechter Standflügel)
- Nadelholz, 72,2 x 31 cm
- Stuttgart, Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. 3823
Provenienz

Es handelt sich um einen Hausaltar, den das Stifterpaar 1536 für ihre Residenz im Schloss Meßkirch im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Altarausstattung der neuerrichteten spätgotischen Kirche Sankt Martin, in Auftrag gab.
Im 19. Jahrhundert wurde die, inzwischen in fürstenbergischem Besitz befindliche, Burg Wildenstein umfangreich saniert und auch die Burgkapelle erhielt eine historistische Ausstattung. Es wurde von den Brüdern August und Heinrich Spieß, 1873 eine Kopie des Altars erstellt und dort aufgestellt. Der Name der Kopie wurde auch auf das originale Werk übertragen[1].
Das Original wird erstmals in einem Inventar des Schloss Meßkirch am 9. September 1623 erwähnt. Das Zimmerische Adelshaus war 1594 ausgestorben und die Herrschaft Meßkirch kam durch Verkauf der Erben an das Haus Helfenstein-Gundelfingen. Von dort wiederum, nach deren Aussterben 1627 an das Haus Fürstenberg.
1623, 1625 und 1642 befand sich der Altar laut Inventarlisten in der Hofkapelle. Danach muss der Altar seinen Standort innerhalb des Schlosses gewechselt haben. In einem Verzeichnis von 1751 ist er "in Ihro Durchlaucht des Fürsten Frobenii untern Cabinett [darunter, durchgestrichen: im 3. untern Gangzimmer]" verortet. Ein Verzeichnis vom 18. April 1765 "deren in allhiesigem Schloß befindlichen bessern Malereien" wird er an erster Stelle geführt[2].
Im Jahr 1819 wurde der Altar, zusammen mit anderen Kunstgegenständen nach Donaueschingen gebracht. Unter Aufsicht der Gebrüder Sulpiz und Melchior Boisserée wurden er durch Karl oder Theodor Mattenheimer[3] in München restauriert und kam ab 1837, zusammen mit dem übrigen Sammlungsbestand zunächst in die Festräume des Schlosses, später in den "Karlshof" und ab 1869 in den Karlsbau, der als Museumsbau umgebauten ehemaligen Zehntscheune.
2012 wurde der Altar mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung für die Staatsgalerie Stuttgart erworben[4].
Heutiger Zustand
Der originale Rahmen ist nicht mehr erhalten. Abgesehen davon ist der Wildensteiner Altar aber vollständig und in seiner Funktionsweise als Wandelaltar darstellbar. Ungewiss, ist, ob, wie bei den ebenfalls vom Meister von Meßkirch geschaffenen St. Galler Versuchungs- und Abendmahlretabeln eine Predella dazu gehörte[5].
Die Mitteltafel

Vor einer in gold, rosa und gelb ausstrahlenden Sonne steht eine Mondsichelmadonna. Sie trägt ein blaues Kleid über einem mit weißen Hemd mit goldbesticktem Kragen. Das in ein Tuch gewickelte Jesuskind wendet seinen Blick dem Betrachter zu und hat als Salvator mundi seine Hand auf einer (Welt-)kugel. Über das Haupt der Madonna halten zwei Engel eine Bügelkrone.
In einem von Putten bevölkerten Wolkenhimmel bilden 14 Heilige, als Halb- und Dreiviertelfiguren eine Mandorla um Mutter und Kind. Es sind nicht die Vierzehn Nothelfer, sondern, wie schon Heinrich Feuerstein, bezüglich der Heiligenfiguren auf dem Falkensteiner Altar feststellte, die Namenspatrone der Zimmern und ihrer Gemahlinnen. Ergänzt um die in Meßkirch besonders verehrten Heiligen Martin und Maria Magdalena.[6].
Thematisch zwar dem Heiligen Martin zugeordnet, steht ein nackter Bettler, mit den Augen den Heiligen und der Mutter Gottes mit Kind zugewandt, und eröffnet und schließt, als einzige weltliche Person die Aureole der Heiligen. Er wird flankiert von zwei Bischöfen, links der Heilige Martin von Tours, dessen prächtiges Gewand in fein ausgearbeitetem monochromen Gold, das Motiv der Strahlenglanz Madonna noch einmal aufgreift und rechts der Heilige Erasmus, auf dessen prachtvoller Kasel, ebenfalls in monochrom Gold, der gekreuzigte Christus an einem Astkreuz, auf einer Goldstickerei dargestellt ist.
Nach dem Heiligen Martin, folgt links der Heilige Christopherus mit dem Christuskind auf der Schulter und dem ergrünenden Stab. Dem schließt sich der Heilige Georg an, in zeitgenössischem Harnisch, Federbarett, den getöteten Drachen unter dem Arm. Der Heilige Andreas, ikonografisch, langbärtig dargestellt, vor seinem typischen Kreuz, betet andächtig die Madonna an. Darüber eine Anna selbdritt. Anna ist im Nikopoiatypus dargestellt, eine noch mädchenhaft junge Maria und das Jesuskind auf den Armen. Darüber rechts, die Heilige Katharina, als Königstochter in höfischer Kleidung, mit dem Ring als Zeichen ihrer mystischen Verlobung mit Christus und dem Schwert als Zeichen ihres Martyriums. Die Heilige Barbara, erkennbar an ihren Attributen Kelch und Hostie als Patronin der Sterbesakremente, schließt den Halbkreis der Heiligen links.
Rechts folgen, nach dem bereits beschrieben Heiligen Erasmus, dargestellt mit der Darmwinde, die beiden Pestheiligen Rochus, mit Pilgerhut, Pilgerstab und der von einem Engel gesalbten Pestwunde am Oberschenkel, sowie Sebatian, mit den Pfeilen, als Zeichen seines Martyriums. Dann Johannes der Täufer, auf Christus hinweisend und mit dem Agnus Dei. Die drei weiblichen Heiligen auf der rechten Seite korespondieren mit den weiblichen Heiligen Seiten auf der linken in der zunehmenden Prachtentfaltung der Kleidung. Die Heilige Odilie, zwar Herzogstochter, aber dargestellt als Nonne, mit einem Augenpaar auf dem Buch, als Patronin des Augenlichts. Die Heilige Maria Magdalena, in edlem Tuch, rotem Mantel und goldfarbener Haube mit kostbarem Salbgefäß und die bekrönte in kostbare Kleider gehüllte Königstochter Ursula, mit den Pfeilen ihres Martyriums.
Die Drehflügel - innen

In geöffnetem Zustand wird die Madonna mit den Hausheiligen eingerahmt vom Stifterehepaar. Diese knien, andächtig, mit Rosenkranz, im Vordergrund einer imaginären Palastarchitektur im Stil der italienischen Renaissance.
Auf der heraldisch bevorzugten Seite, links, ist Gottfried Werner von Zimmern abgebildet. Er trägt einen aufwändigen Riefelharnisch mit goldgehörntem Hirschkopf als Helmzier. Bewaffnet ist er mit einem Bihänder und einem Katzbalger, die beide goldverziert sind. Sein Wappen ist das freiherrliche, zimmerische Wappen, ohne Helmzier, ein goldener Löwe mit Hellebarde auf blauem Grund. Eine Kartusche gibt Auskunft über Namen und Stand und Entstehungszeit des Altars:
Gotfrid·Wernher•Grave·vnd herre zvo zÿmbern•
Herre·zvo willdenstein•vnd·moßkirch•Etatis 1536
Die Zimmern wurden erst 1538 in den Grafenstand erhoben. Die Inschrift wurde also entsprechend angepasst, worauf auch das kompakte Schriftbild hindeutet.
Auf dem gegenüberliegenden Flügel ist die Ehefrau Gottfried Werners als Mitstifterin abgebildet. Sie trägt ein vornehmes, schwarzes Kleid und einen langen, die Haare, aber auch die Mundpartie verdeckenden Schleier. Das gevierte hennenbergische Wappen, mit der doppelten Helmzier weist auf ihren vornehmen Rang hin. Die Eheleute waren bereits seit 1511 verheiratet. Vorausgegangen war eine abenteuerliche Brautentführung - eine Aussöhnung mit den Brauteltern fand erst 1521 statt. Die Heirat mit einer Fürstentochter hatte es dem, nach Johann Werner d.J., zweitrangigen Gottfried Werner (der älteste Bruder Veit Werner, war bereits 1499 verstorben) ermöglicht, auch in der eigenen Familie eine führende Rolle zu übernehmen. Eine Kartusche gibt auch über ihren Rang Auskunft:
Von gottes gnaden Apolonia Graevin•
vnd fraw zvo hennenberg•1536•
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Drehflügel, rechts: Kniende Stifterin Gräfin Apollonia von Henneberg mit Wappen]]
Der geschlossene Altar
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Standflügel, links, Abschied Christus von der Mutter
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Drehflügel, geschlossen, flügelübergreifend, Christus am Ölberg
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Standflügel, rechts, Gefangennahme Christi
Die vier Tafeln des geschlossenen Altars stellen in Abfolge, den Abschied Jesus von seiner Mutter, in einer tafelübergreifenden Szene Christus am Ölberg und die Ankunft der Häscher und auf einer letzten Tafel, zusammengefasst die drei Themen, Judaskuss, Gefangennahme und die Malchusepisode dar. Eine Entwicklung vom Licht zur Dunkelheit.
In der ersten Szene verabschiedet sich Jesus von seiner Mutter. Das Geschehen findet kurz nach der Erweckung des Lazarus statt. Die beiden Schwestern des Lazarus, Martha und Maria sind Teil des Geschehens.
Die Ölbergszene, ist einer Mitteltafel gleich auf zwei Flügeln dargestellt. Es ist Nacht, im Vordergrund, jeweils am unteren Bildrand sieht man drei schlafende Jünger. Rechts wohl Petrus, die Hand bereits am Schwert, der Szene auf der letzten Tafel vorgreifend. Beherrschend, in der Bildmitte, aber ausschließlich auf der linken Tafel, Christus, die Hände verzweifelt emporgeworfen. Oben links - ein Lichtblick - ein Engel, der ihm Kreuz und Kelch weist, Leiden und Erlösüng, als Symbol dafür, dass Christus soeben den Entschluss gefasst hat, den Tod anzunehemen. Auf der rechten Seite sieht man den Zug der Häscher auf gewundenem Weg, aus der in Nacht gehüllten Stadt Jerusalem heraufziehen. Der Zug, der bis in die Stadt zurückreicht, ist überdimensioniert, mehr einem Kriegszug gleich. An ihrer Spitze, im kennzeichnenden Gelb, Judas, bereits auf Christus zeigend. In der oberen rechten Ecke, quasi als Gegenpart zum Engel, der linken Tafel, ein abgeschiedenes Bauernhaus, "eine Idylle inmitten einer verräterischen Welt [7].
Die letzte Tafel erzählt in dramatischer Verkürzung das Geschehen rund um Jesus Gefangennahme. Drei auseinanderliegende Ereignisse werden in einem Bild zusammengefasst: Judas küsst Jesus. Eigentlich das Identifizierungssignal für die Häscher. Aber Jesus ist bereits gefesselt und wird abgeführt. Im Vordergrund ringt Petrus noch Malchus nieder und ist soeben im Begriff, diesem ein Ohr abzuschlagen. Beleuchtet wird die Szene vom Licht zweier Fackeln, aber eigentlich scheint das Licht aus dem Himmel zu kommen. Dem selben Himmel aus dem in der ersten Ölbergtafel der Engel erschienen war. Das Bild strahlt bei aller Dramatik dennoch eine starke Ruhe aus. Dies wird erreicht durch den Blick Jesus auf den Betrachter. Dieser wird dadurch kontemplativ in das Geschehen mit einbezogen, ein virtueller Dialog zwischen dem sein Schicksal angenommenen Jesus und dem Andächtigen.
Das Bildprogramm
Laut Elsbeth Wiemann kann man trotz fehlender Dokumente davon ausgehen, dass die Stifter genaue inhaltliche Vorgaben bezüglich Bildfolge und Auswahl der dargestellten Heiligen gemacht haben. So dienten die Heiligen nicht nur der Andacht, sondern sollten auch, den adeligen Zeitgenossen, mit deren Kenntnis über die Hausheiligen der jeweiligen Adelshäuser, einen Nachweis über die vornehmen Konnubien der Zimmern darstellen. [8].
Bei den Vorlagen für die Bilder griff der Meister von Meßkirch aber auf bekannte Holzschnittvorbilder zurück. Dennoch verlieh der Meister von Meßkirch diesen Vorlagen durch seine besondere Farbwirkung und die beigefügten Schmuckelemente und Assistenzfiguren einen individuellen Charakter. Dürers Kupferstich "Maria mit der Sternenkrone" ist als Vorbild für die Madonna der Mitteltafel anzunehmen. Für den Faltenwurf, dürfte die Technik eines Hans Baldung Grien Pate gestanden haben.
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Maria auf der Mondsichel, Dürer, 1508
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Johannes auf Patmos, Hans Baldung Grien,1511
Bei der Palastarchitektur greift der Meister auf eine von Albrecht Glockendon 1531 herausgegegenen Folge von Planetenbildern zurück.
Bei der Ölbergszene auf Dürers Kupferstichpassion, aber erweitert um den Zug der Häscher. Ein Motiv, das sich bereits bei Hans Schäufelein findet, das aber beim Meister von Meßkirch durch zeichnerische Präzision und dramatische Abendstimmung, weiter aufgewertet wird [9].
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Albrecht Dürer: Christus am Ölberg, Blatt 1, der Kuppferstichpassion, 1508
Auch werden oft verschiedene Elemente aus unterschiedlichen Vorlagen kombiniert. So aus Dürers Kleiner Passion, der Judaskuss und die Malchusszene, wobei Malchus dem Vorbild aus dem Holzschnitt von Hans Burgmair folgt und der pompöse Gefangenführer wieder den Aufseher aus einem anderen Blatt von Dürers Kleinen Passion hat[10].
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Albrecht Dürer:Gefangennahme Christi, Blatt 12, Kleine Passion, um 1509
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Hans Burgkmair: Der Tod und das Liebespaar, um 1510
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Kreuzannagelung Christi, Blatt 24, Kleine Passion, um 1509
Alleinstellungsmerkmal des Meisters von Meßkirch sind die "sich von den Figuren in ornamentaler Freiheit verselbständigenden Gewändern" und auch die auf diesen zu findenden "...mit sicherer Hand auf ölvergoldetem Grund ausgeführten Grisaillemalereien [11]. Elsbeth Wiemann weist auch auf die besondere individuelle und stimmige Farbgebung des Altars im geöffneten und geschlossenen Zustand hin. Die als "historische Begebenheit" aufzufassenden Passionsszenen der geschlossenen Seite finden in einer, den Zimmern eigenen Schwarzwald- und Donaulandschaft statt, mit satten Grün- und Brauntönen, mildem Mondlicht und Fackelschein, von denen sich die blauen, roten und gelben Gewänder abheben. Dagegen hebt sich, der geöffnete Altar, dessen Sujet in keinem erzählerischen Zusammenhang steht ab. Ein vielfach gebrochenes Grau, vom lichten Silbergrau, bis zum tiefsten Basaltschwarz bilden einen Hintergrund für die Heiligenfiguren, wo Rot- und Goldtöne überwiegen und so, wie bei der Fassung eines Schmuckstückes wie kostbare Steine um ein blaues Juwel gereit sind. Die selben Farben finden sich in den Seitenflügeln wieder, so dass das Gesamtbild einem "Geschmeide aus Gold und Edelsteinen" gleicht[12].
Die ikonografische Darstellung und die Dominanz der Goldtöne des geöffneten Altars erinnern noch an die Ursprünge der Tafelmalerei. Bildaufbau und Figurenauffassung sind hingegen modern. Die Landschaftsdarstellungen des geschlossenen Altars stehen bereits der Donauschule nahe[13].
Material und Technik
In Vorbereitung auf die Große Landesausstellung "Der Meister von Meßkirch - Katholische Pracht in der Reformationszeit" vom 8. Dezember 2017 bis 2. April 2018 in der Staatsgalerie Stuttgart wurden die im Besitz der Staatsgalerie befindlichen Tafelgemälde des Meisters von Meßkirch kunsttechnologisch untersucht. Für den Wildensteiner Altar ergaben sich folgende Ergebnisse[14]:
Bildträger
Tanne war das bevorzugte Trägermaterial mit einer Brettstärke von 0,5 bis 0,8 cm, im Flader- oder Tangentialschnitt mit vorwiegend liegenden Jahresringen. Es handelt sich meist um wenig qualitätsvolle, astreiche Bretter. Solche Bretter wurden um 1500 von Schreinern geliefert, die die Bretter oft mit tierischen Sehnen optimierten. Eine aus der Waffenherstellung stammende Technik [15].
Kaschierung und Grundierung
Es erfolgte dann eine Vorleimung. An den Stiftertafeln, sowie der Mitteltafel konnte eine ganzflächige Kaschierung mit leimgetränktem Hanfgewebe festgestellt werden. Daran schloss sich eine Grundierung aus Kreide an. Diese ist aber je nach Kaschierungsgrad unterschiedlich dicht. Die vollflächig kaschierte Stifterseite wurde zum Beispiel mit vier Grundierungsaufträgen doppelt so dick grundiert wie die unkaschierte Rückseite. Ein Grundiergrat an allen vier Seiten weist darauf hin, dass die Tafeln in einem Nutleistenrahmen grundiert und bemalt worden sind.
Unterzeichnungen und Ritzzeichnungen
Werke des Meisters von Meßkirch zeichnen sich durch detailreiche Unterzeichnungen und feinteilige Ritzzeichnungen aus. Obwohl keine Vorzeichnungen von ihm erhalten sind, geht man davon aus, dass solche als Grundlagen für die spätere Ausführungen dienten: Die Unterzeichnungen weißen kaum Konzeptänderungen auf; Gewebekaschierungen für die Polimentvergoldungen, setzen voraus, dass die Bildkomposition bereits bis in die Proportionen feststand. Die Architekturelemente auf den Stiftertafeln wurden vermittels einer Lochpause durchgeführt. Rückstände von Pauspunkten (schwarze Pigmentansammlungen, Kohle?) konnten vermittels Infrarotreflektografie nachgewiesen werden. Cennino Cennini hatte bereits um 1400 beschrieben, wie solche Vorzeichnungen entfernt werden und mit einem flüssigen Medium nachgezeichnet werden sollten. Bei den hiesigen Tafeln konnte Eisengallustinte nachgewiesen werden. Unter einigen hellen Farbschichten sind sie, auf Grund von Bleiweißverseifungen, mit bloßem Auge zu erkennen. Als Zeichengerät wurde eine Rohrfeder verwendet. Sie ist wegen der hohen Variationsmöglichkeit der Strichbreiten auch für die Engelsgesichter auf der Mitteltafel geeignet. Zur Fixierung der Unterzeichnungen und als Grundlage für die Malerei wurde dann eine ölhaltige Zwischenschicht aufgetragen.
Die Konturen der Unterzeichnungen, als auch die Binnenzeichnungen der zu vergoldenden Flächen wurden mit einer Reißnadel nachgeritzt. Bei den Nimben finden sich Stechzirkelschläge.
Metallauflagen
Metallauflagen treten sowohl in glänzender, als auch in matter Anlegetechnik auf. Größere Flächen glanzvergoldet, kleinere Gegenstände, Architekturelemente und Strahlennimben, mattvergoldet. Die Anlegetechnik ist natürlich abhängig von den materialtechnischen Gegebenheiten der Bindemittelsysteme, aber sie folgen auch einer künstlerischen Intention, wenn matte und glänzende Goldflächen gegeneinander gesetzt werden und wenn durch darunterliegende Farbigkeiten unterschiedliche Goldtöne erzielt werden.
Zunächst erfolgte die Glanzvergoldung mit Rotem Ocker als Bolus. Als Bindemittel diente wohl Eiklar. Bei der Mattvergoldung konnten drei unterschiedlich pigmentierte Anlegemittel identifiziert werden mit ölhaltigem Bindemittel. Als subtile Lichthöhung auf Gewandfalten wurde auch Pudergold verwendet.
Die Blattmetalle wurden noch zusätzlich durch Gravuren und Farbaufträge verziert. So wurden die Kreisnimben in der Grundierung mit Stechzirkeln angelegt und anschließend mit dem Gravierhaken nachgearbeitet. Die Mattvergoldungen, außer der Nimben, wurden nach der Vergoldung noch mit einer brauntransparenten Lasurmalerei verziert. Hier geht der Meister von Meßkirch mit der Farblasur sehr malerisch um und nutzt lokal zusätzlich Weißhöhungen und lasierende Farben zur Akzentuierung. Die meisterhafte Anwendung dieser Technik ist ein herausragendes Charakteristikum des Meisters von Meßkirch.
Maltechnik
Der Meister von Meßkirch malt in einer Dreitontechnik. Erst wird der Mittelton angelegt, dann folgen die Dunkelheiten, zuletzt die Helligkeit. Die Malfarbe wird in dünnen opaken und lassierenden Schichten aufgetragen. Dabei folgt er exakt den Unterzeichnungen, so dass es zu keinen Überschneidungen der Farbbereiche gibt. Der Vergleich verschiedener Tafeln, auch mit solchen der Altarretabeln aus Sankt Martin zeigt, dass sich Aufbau und Material gleicher Farbflächen exakt entsprechen. Einerseits läßt sich so seine eindeutige Handschrift nachweisen, dieser besondere Schichtauftrag und die Farbnuancierungen ergeben aber auch ein ihm eigenes Kolorit und Tiefenlicht.
Die Farbmittel sind von hoher Qualität, aber auch charakteristisch für die Zeit.
- Bleiweiß, sowohl rein, als auch in Ausmischung mit Kreide, dient als Weißpigment.
- Bleizinngelb Typ I wird zumeist für helle, gelbe, opake Schichten verwendet.
- Halbtransparente und goldgelbe Flächen beinhalten vermutlich Ocker.
- Grüne Farbbereiche unterscheiden sich nach Gewändern und Vegetation.
- Gewänder sind mit Bleizinngelb Typ I untermalt. Darüber Grünspanlasuren in unterschiedlichen Schichten, in Abhängigkeit vom Schattierungsgrad. Die tiefsten Schatten wurden noch mit einem roten Farblack konturiert.
- Die Vegetation ist flächig mit Berggrün als Pigment angelegt. Strukturierungen, wie Blätter, Äste, Grashöhungen, erfolgen mit hellen Pigmenten, wie Bleiweiß und Bleizinngelb.
- An roten Farbmitteln konnten Mennige, Zinnober, Eisenoxidrot und zwei Farblacke, darunter Scherwolllack nachgewiesen werden.
Äußerst detailreiche Unterzeichnungen mit feinteiligen Ritzzeichnungen sind ein Herausstellungsmerkmal des Meisters von Meßkirch (S. 100) ...[die] miniaturhafte Verzierungstechnik [...] von herausragender Qualität und Feinteiligkeit [...] kann als besonderes Merkmal der [...] Tafeln und darüber hinaus als Charakteristikum der Malerei des Meisters von Meßkirch angesehen werden. (S. 102)
Sonstiges
Literatur
- Casimir Bumiller, Bernhard Rüth und Edwin Ernst Weber (Hrsg.): Mäzene Sammler Chronisten. Die Grafen von Zimmern und die Kultur des schwäbischen Adels. Belser, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7630-2625-8.
- Dietmar Lüdke: Der Meister von Meßkirch. Die Bildtafeln in der Sammlung Würth. Hrsg.: C. Sylvia Weber. Swiridoff, Schwäbisch Hall 2013, ISBN 978-3-89929-282-4.
- Heinrich Feuerstein: Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen. Verzeichnis der Gemälde. IV. Ausgabe Auflage. Druckerei Anton Meder, Donaueschingen 1934 (uni-heidelberg.de [abgerufen am 10. Februar 2018]).
- Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0.
Weblinks
- Commons: Wildensteiner Altar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Der Wildensteiner Altar in der Digitalen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart
Einzelnachweise
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136 f
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 132
- ↑ Heinrich Feurstein: Verzeichnis der Gemälde. Fürstlich-Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen, 3. Auflage, Donaueschingen 1921. 4. Auflage 1934, S. 137. Zitiert nach: EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 138
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 132
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 132
- ↑ Heinrich Feurstein: Verzeichnis der Gemälde. Fürstlich-Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen, 3. Auflage, Donaueschingen 1921. 4. Auflage 1934, S. 139. Zitiert nach: EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 138
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 135 f
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 135
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136
- ↑ EW (Elsbeth Wiemann): 16 -20 Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 136
- ↑ Lydia Schmidt, Eva Tasch: Material und Technik. Die Kunsttechnologie der Tafelgemälde des Meisters von Meßkirch aus der Staatsgalerie Stuttgart. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S.99 - 105.
Die holzanatomischen Bestimmungen wurden von Elisabeth Krebs, Stuttgart durchgeführt.
Die Faserbestimmungen durch Renate Kühnen, Greifswald.
Analoge Röntgenaufnahmen wurden von Peter Vogel, Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart, digitalisiert und zuzammengefügt.
Analytische Nachweise mit REM/EDX durch Christoph Krekel, Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart.
Infrarotreflektografie mit der Kamera OSIRIS (Opus Instruments) mit Unterstützung durch Annika Maier, Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart - ↑ Renate Kühnen, Christoph Herm: Protein fibres as intermediate layer on medieval shields, panel paintings and altarpieces. In: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung. Band 30, Heft 1, 2016, ISBN 978-3-7630-2625-8, S. 36 - 46. , zitiert nach: Lydia Schmidt, Eva Tasch: Material und Technik. Die Kunsttechnologie der Tafelgemälde des Meisters von Meßkirch aus der Staatsgalerie Stuttgart. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0. , S. 105
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