Ludwig IV. (HRR)

Ludwig der Bayer (* Ende 1281/Anfang 1282 in München; † 11. Oktober 1347 bei Fürstenfeldbruck), auch bekannt als Ludwig IV., entstammte dem Haus Wittelsbach. Er war seit 1294 Herzog von Bayern, seit 1314 Rex Romanorum (römisch-deutscher König) und seit 1328 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Regierungsbeginn als Herzog von Oberbayern
Ludwig war der zweite Sohn des Herzogs von Oberbayern, Ludwigs II. des Strengen von seiner Frau Mathilde von Habsburg, einer Tochter König Rudolf I.. Nach dem Tod seines Vaters 1294 wurde Ludwig bis 1301 zeitweise bei seinen österreichischen Verwandten in Wien erzogen. 1301 wurde er mit Unterstützung seiner Mutter und König Albrechts I. an der Seite seines Bruders Rudolf I. als Mitregent im Herzogtum Oberbayern anerkannt. Um 1308 heiratete er in Schlesien die Herzogstochter Beatrix, die jedoch schon 1322 verstarb. 1324 heiratete Ludwig in Köln Margarete von Holland († 1356), Gräfin von Hennegau und Holland.
Schon zu Beginn seiner (Mit-)Regentschaft verlieh Ludwig 1302 in der Schneitbacher Urkunde den bayerischen Landständen das Privileg der Steuerbewilligung, das bis heute vom Parlament ausgeübt wird. Nachdem Ludwig von seinem Bruder 1310 die Teilung des Herzogtums erzwungen hatte, söhnten sich die beiden 1313 vorübergehend wieder aus. Im selben Jahr besiegte Ludwig seinen habsburgischen Vetter und Jugendfreund Friedrich den Schönen, mit dem er schon seit 1307 wegen niederbayrischer Besitzungen im Streit geraten war, in der Schlacht von Gammelsdorf. Friedrich mußte daraufhin auf die Vormundschaft über die jugendlichen Herzöge von Niederbayern zugunsten Ludwigs verzichten. Als die Königswahl anstand, war Ludwig bereits ein geachteter deutscher Fürst.
Wahl zum deutschen König und Konflikt mit Habsburg

Nach dem plötzlichen Tod Kaiser Heinrichs VII. in Italien bewarb sich Ludwig 1314 auf Betreiben der Luxemburger als erster Wittelsbacher um die römisch-deutsche Königskrone. Auf Betreiben des Erzbischofs von Mainz, Peter von Aspelt, wurde im Oktober 1314 von vier Kurstimmen Ludwig zum Kaiser erwählt, als Gegenkönig wählte jedoch eine andere Gruppe von Kurfürsten (wobei einzelne Kurstimmen sogar umstritten waren) Friedrich den Schönen.
Mit der Krönung zu Aachen kam Ludwig Friedrich zuvor, der sich nun vom Kölner Erzbischof in Bonn die Krone aufsetzen ließ. Im darauf folgendem Kampf gegen Habsburg erkannte Ludwig 1316 die Unabhängigkeit der Schweizer Eidgenossenschaft von den Habsburgern an. Nach einem mehrjährigen blutigen Bürgerkrieg schien sich der Sieg endlich auf Friedrichs Seite zu neigen, der besonders an seinem Bruder Leopold eine mächtige Hilfe hatte.
In der Schlacht bei Mühldorf auf der Ampfinger Heide (28. September 1322) wurde jedoch Friedrichs Heer völlig geschlagen und er selbst neben 1300 Angehörigen des österreichischen und salzburgischen Adels gefangen genommen.
Ludwig hielt ihn drei Jahre lang auf der Burg Trausnitz in der Oberpfalz (heute Landkreis Schwandorf) in ritterlicher Haft, und erst der fortgesetzte Widerstand Leopolds, der Abfall des Königs von Böhmen und der Bannfluch des Papstes machten ihn willig, Friedrich durch den Trausnitzer Vertrag am 13. März 1325 freizugeben.
Dafür erkannte dieser Ludwig als rechtmäßiges Reichsoberhaupt an und verpflichtete sich, sich wieder als Gefangenen zu stellen, wenn es ihm nicht gelingen würde, seine Brüder zur Unterwerfung unter Ludwig zu bewegen.
Als ihm dies aber wegen der Hartnäckigkeit Leopolds nicht gelang, kehrte er, seinem Eide treu, obgleich ihn der Papst desselben entband, als Gefangener nach München zurück. Ludwig, durch solchen Edelmut überwunden, erneuerte hierauf das alte innige Verhältnis und beide kamen überein, die Regierung des Reichs gemeinsam zu führen.
Da dieser Kontrakt jedoch vom Papst und den Kurfürsten heftig angefochten wurde, kam ein zweiter zu Ulm am 7. Januar 1326 zustande, nach welchem Friedrich als römischer König Deutschland verwalten solle, während Ludwig nach Italien zur Kaiserkrönung gehe.
Doch zog sich Friedrich nach Leopolds Tod (1326) von der Reichsregierung zurück und wurde auch in der Herrschaft über Österreich von seinen Brüdern beschränkt. Er starb am 13. Januar 1330.
Kaiserkrönung und Konflikt mit dem Papsttum
Ludwig bemühte sich nach seinem Sieg vergeblich um die Anerkennung durch Papst Johannes XXII., der sich im Thronkonflikt die Verhältnisse offen halten wollte. Dadurch drängte dieser Ludwig in eine antikuriale Haltung. Ludwig missachtete daraufhin den Anspruch der Kurie, den Rechtsanspruch Ludwigs auf die Krone zu prüfen (es ging also um die ewige Frage der Approbation eines neugewählten römisch-deutschen Königs; Ludwig ging durchaus zu Recht davon aus, dass dieses Gericht keinen neutralen Standpunkt wahren würde). Daraufhin verhängte Johannes am 23. März 1324 den Kirchenbann über den König. Ludwig wurde vom Papst nur noch verächtlich als "Ludwig der Bayer" bezeichnet. Dies war der Beginn einer Auseinandersetzung, die Ludwig zeitlebens begleiten sollte.
Ludwig plante nun, die Stellung des Papstes in Italien zu schwächen. Hatte Ludwig schon 1323 ein Heer nach Italien geschickt, um die Belagerung Mailands durch die Soldaten von Neapel zu durchschlagen, brach Ludwig nach der Aussöhnung mit Habsburg selbst in Absprache mit verschiedenen Führern der Ghibellinen (Kaisertreuen) zu seinem Romzug auf (1327-1330).
1327 erfolgte zunächst in Mailand die Krönung zum König von Italien. Am 17. Januar 1328 ließ sich Ludwig dann in Rom auf revolutionäre Art und Weise von Sciarra Colonna, einem Vertreter des römischen Volkes (nicht vom Papst!), zum Römisch-deutschen Kaiser krönen. Ludwig erklärte den in Avignon residierenden Papst für abgesetzt (18. April 1328) und ernannte Nikolaus V. zum Gegenpapst (12. Mai 1328), was freilich die Situation weiter anheizte. Damit wandte sich Ludwig zum einen gegen den Anspruch des Papstes auf Approbation, zum anderen brach Ludwig mit seiner Kaiserkrönung mit der Tradition des Mittelalters, wonach immer nur der Papst die Kaiserkrönung vollzog. Die Fronten hatten sich nun so verhärtet, dass es von nun an zu keiner Einigung zwischen Johannes und Ludwig mehr kommen konnte. 1330 nach Beendigung seines Italienzuges stiftete Ludwig das Kloster Ettal.
Zu Ludwigs Beratern in der anschließenden Debatte wurden Marsilius von Padua, Michael von Cesena und Wilhelm von Ockham, die auf theoretischer Basis die Stellung des Kaisertums als Institution gegenüber dem Papsttum verteidigten und an Ludwigs Münchener Hof Schutz fanden.
Reichspolitik
Kurverein von Rhense und Bündnis mit England
Im Kurverein von Rhense stellten die Kurfürsten 1338 fest, dass ein von ihnen gewählter König nicht vom Papst bestätigt werden müsse. Im Streit mit dem Papst nutzte diese Erklärung des Kurvereins Ludwig jedoch wenig. Da der französische König Philipp VI. jegliche Annäherung zwischen Ludwig und dem neuen Papst Benedikt XII. unterminierte ging Ludwig 1337 ein Bündnis mit Eduard III. von England ein. Eduard war 1338 Ludwigs Gast während seines Hoftages in Koblenz. Jedoch löste Ludwig diese Bündnis 1341 wieder, als eine Verständigung mit Frankreich möglich schien - im Reich wuchs die Unzufriedenheit über die Situation.
Förderung des Deutschen Ordens und der Reichsstädte
1337 erließ Ludwig sein Patent für den Deutschen Orden, den er sehr förderte, für die Eroberung Litauens und Russlands.
München wurde zu einer prachtvollen Residenzstadt ausgebaut und erweitert. Zugleich betrieb Ludwig eine gezielte Städtepolitik und versuchte, die Rechtsprechung in seinem Herrschaftsraum zu vereinheitlichen. Überall im Reich förderte er die gesellschaftliche und rechtliche Entwicklung in den Städten. So steht der Name Ludwigs in den Chroniken vieler Städte, denen er Privilegien wie die Zollfreiheit verlieh. So erhielt 1340 München das Große Stadtrecht und Lübeck im selben Jahr als erste deutsche Stadt das Recht Goldgulden zu prägen.
Hausmachtpolitik
Im Jahre 1323 nach dem Aussterben der Askanier setzte Ludwig zunächst seinen ältesten Sohn Ludwig V. in der Mark Brandenburg ein.
Im Hausvertrag von Pavia regelte 1329 Ludwig dann die Erbfolge der Wittelsbacher dergestalt, dass im Falle des Aussterbens der rudolfinischen Linie der Pfalz oder der Linie Ludwigs in Bayern das Erbe der jeweils anderen Linie zufallen sollte. Die Rheinpfalz, die Ludwig seit der Abdankung seines Bruders Rudolf 1317 regierte, wurde daraufhin an die Nachkommen Rudolfs zurückgegeben. 1777 kam dieser Vertrag mit dem Tod des Kurfürsten Maximilian III. Joseph und 1799 nach dem Tod des Kurfürsten Karl Theodor zum Tragen, und die Pfälzer Linie trat rechtmäßig die Nachfolge in Bayern an.
Seinen habsburgischen Verwandten Albrecht II. belehnte der Kaiser 1335 mit dem Herzogtum Kärnten.
1340 erbte Ludwig nach dem Aussterben der niederbayrischen Linie der Wittelsbacher ganz Niederbayern und vereinigte das Herzogtum wieder mit Oberbayern.
1342 verheiratete der Kaiser seinen Sohn Ludwig V. mit Margarete von Tirol, obwohl diese noch mit einem Luxemburger verheiratet war, Ludwig V. wurde somit auch Graf von Tirol.
1345 erbte Ludwig außerdem durch seine Frau Margarete die Grafschaft Hennegau sowie Holland, Seeland und Friesland. Ludwigs Hausmacht hatte damit einen beeindruckenden Umfang erreicht.
Konflikt mit Luxemburg
Seine unstete Außenpolitik und die energische Vergrößerung seiner Hausmacht hatten Ludwig jedoch zahlreiche Gegner unter den Reichsfürsten eingebracht. Im Hochsommer des Jahres 1346 wurde mit Unterstützung der Kurie und des französischen Königshofes Karl IV. zum Gegenkönig gewählt. Die Luxemburger hatten lange taktiert und waren immer noch verbittert über den Verlust von Tirol. Wenig später fiel in der Schlacht bei Crécy jedoch Karls Vater Johann von Luxemburg, Karl selbst hatte das Schlachtfeld schon früh verlassen, ohne großes Aufsehen zu erregen.
Der anstehenden Entscheidungsschlacht zwischen den beiden Königen, bei der Ludwig wohl im Vorteil gewesen wäre, auch weil die Habsburger, zahlreiche Freie und Reichsstädte und die Ritterschaft weiter zu ihm hielten, kam allerdings der Tod Ludwigs durch einen Schlaganfall auf der Bärenjagd in Puch bei Kloster Fürstenfeldbruck im Oktober 1347 zuvor.
Die Söhne des Kaisers stellten zunächst Günther von Schwarzburg als Gegenkönig auf, wechselten aber nach dessen Tod 1349 ins Lager Karls IV. und teilten die wittelsbachischen Besitzungen im Landsberger Vertrag unter sich auf.
Ludwig wurde in der Frauenkirche in München beigesetzt. Erst 1625 wurde der Kaiser dann auch kirchlich bestattet, nachdem sein Nachfahre Kurfürst Maximilian I. für ihn die Absolution erwirkt hatte.
Bedeutung
Wie sein unmittelbarer Vorgänger betrachtete sich Ludwig als universeller Kaiser, daher griff er sowohl in Italien ein als auch in die Politik des Deutschen Ordens. Obwohl der päpstliche Bann - anders als bei früheren Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und dem Papsttum - keine nennenswerte Wirkung mehr zeigte, überschattete doch der langjährige, verbissene Streit mit drei Päpsten Ludwigs Regierungszeit und lähmte seine Politik nicht unerheblich. Auf dem Schlachtfeld unbesiegt, war Ludwig anders als sein Nachfolger kein geschickter Diplomat, obwohl er den Konflikt Habsburgs mit den Eidgenossen zielstrebig für sich nutzte und ihm später die Aussöhnung mit den Habsburgern und den pfälzischen Wittelsbachern gelang. Das Lavieren zwischen England und Frankreich und seine sich immer unverbrämter gestaltende Hausmachtvergrößerung offenbarten die Schwäche von Ludwigs Politik, allerdings auch einen Mangel an Verschlagenheit. Anders als unter seinem Nachfolger kam es während seiner Herrschaft zu keinen Reichsverlusten, da Ludwig niemals Reichsrechte gegenüber fremden Herrschern preisgab. So blieb das Urteil über Ludwig bis heute gespalten.
Mit seinem Drama Ludwig der Bayer hat der Dichter Ludwig Uhland ihm ein literarisches Denkmal gesetzt.
Nachkommen
Erste Ehe: Ludwig heiratete 1308 Beatrix von Schlesien-Glogau († 1322).
- Mathilde (1309-1346), verheiratet mit Friedrich II., Markgraf von Meißen
- Ludwig V. (1315-1361), Herzog von Oberbayern, Markgraf von Brandenburg und Graf von Tirol - verheiratet mit Margarethe von Tirol
- Anna (1316-1319); sie starb in Kastl und wurde im Kloster bestattet. Ihr Leichnam ist als Mumie erhalten.
- Stephan II. (1319-1375), Herzog von Niederbayern-Landshut - verheiratet mit Elisabeth von Sizilien
Zweite Ehe: Anschließend heiratete Ludwig 1324 Margarethe von Holland († 1356).
- Ludwig VI. (1330-1365), Herzog von Oberbayern und Kurfürst von Brandenburg
- Elisabeth (1329 - 1402), Herrin von Verona und später Gräfin von Württemberg
- Wilhelm I. (1330-1388, Herzog von Niederbayern-Straubing und Graf von Holland und Hennegau
- Agnes von Wittelsbach (1335-1352)
- Albrecht I. (1336-1404), Herzog von Niederbayern-Straubing und Graf von Holland und Hennegau - verheiratet mit Margarete von Brieg
- Otto V. (1346-1379), Kurfürst von Brandenburg - verheiratet mit Katharina von Böhmen (1342-1395)
- Beatrix (1344-1359) - verheiratet mit Erik XII. von Schweden
Siehe auch
Literatur
- Gertrud Benker: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher auf dem Kaiserthron 1282-1347, Diederichs, München 1997, ISBN 3-424-01316-1
- Barbara Hundt: Ludwig der Bayer. Der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach. Ullstein, Frankfurt/M. 1995, ISBN 3-548-35496-3
- Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I.. Verlag C.H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50958-4
- Heinz Thomas: Deutsche Geschichte des Spätmittelalters. Kohlhammer, Stuttgart 1983, ISBN 3-17-007908-5, S. 153-217. (Beste moderne Darstellung der politischen Geschichte des deutschen Spätmittelalters)
- Heinz Thomas: Ludwig der Bayer. Kaiser und Ketzer. Pustet, Regensburg 1993, ISBN 3-222-12217-2
Weblinks
- Sigmund Ritter von Riezler: Ludwig IV. (HRR). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 457.
- Ludwig IV. (HRR). In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Alois Schütz: Ludwig IV., in: Neue Deutsche Biographie, hrsg. von der historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 15. Bd., Berlin 1987, S. 334-347
- genealogie-mittelalter.de
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Personendaten | |
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NAME | Ludwig IV. |
ALTERNATIVNAMEN | Ludwig der Bayer |
KURZBESCHREIBUNG | Römisch-deutscher Kaiser, Herzog von Bayern |
GEBURTSDATUM | 1. April 1282 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 11. Oktober 1347 |
STERBEORT | bei Fürstenfeldbruck |