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Propaganda Due

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Die Organisation Propaganda Due (P2) wurde ursprünglich 1887 in Rom als freimaurerisches Gegenstück zur Kurienkongregation „Propaganda Fide“ gegründet und ging angesichts des Faschismus unter. 1944 wurde sie durch Licio Gelli neu gegründet. Die Mitglieder der P2 rekrutierten sich aus Führungspersonen der Wirtschaft, des Militärs, der Politik und der Geheimdienste. Eines der Hauptziele der P2 war, im Fall eines Wahlsiegs der Kommunistischen Partei Italiens durch einen Putsch die Macht zu übernehmen.

Gründung

1944 wurde die P2 durch den Matratzenfabrikanten Licio Gelli unter Anerkennung der Großloge Grande Oriente d'Italia als Freimaurerloge wiederbegründet. Gelli wurde 1967 „Meister vom Stuhl“. Die italienische Großloge war und ist nicht von der United Grand Lodge of England anerkannt.

Als sich herausstellte, dass die Logengründung im Sinne einer Verschwörung mit der Absicht geschah, aktiv in die italienische Politik einzugreifen, beschloss der italienische Großlogentag des Grande Oriente d'Italia 1974 die Aberkennung jener „Gruppe eigener Qualifikation“, die schließlich 1976 wirksam wurde.

Ziel

Ziel der italienischen Geheimloge P2 war, nach einem Wahlsieg der Kommunistischen Partei Italiens eine Machtübernahme der Kommunisten zu verhindern. Dem wollte die P2 durch einen Militärputsch zuvorkommen und die Regierung übernehmen. Licio Gelli wurden Verbindungen zur CIA nachgesagt.

Die zugrundeliegende Strategie war, den italienischen Staat durch die Zusammenführung von Spitzenpolitikern, Großindustriellen, Militär- und Polizeiführern sowie die Chefs der Geheimdienste zu unterwandern, um ein autoritäres Regime errichten zu können.

Den Höhepunkt ihrer Aktivitäten hatte die P2 in den 1970er Jahren, wobei die Führungsspitze in zahlreiche kriminelle und terroristische Aktionen verwickelt war. Nach Angaben des CIA- und Mossad-Mitarbeiters Richard Brenneke hat die US-Regierung die Loge P2 mit bis zu zehn Millionen Dollar im Monat unterstützt.

Ermittlung

Bei einer Hausdurchsuchung in Gellis „Villa Wanda“ in Arezzo fand sich unter anderem eine Mitgliederliste der P2, auf der zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Militär, Wirtschaft und Geheimdiensten verzeichnet waren. Die Entdeckung sorgte für einen der größten Skandale in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Einige der mutmaßlichen P2-Mitglieder sollen direkt oder indirekt an den zahlreichen Attentaten, Putschversuchen oder terroristischen Aktionen der 1960er und 1970er Jahre beteiligt gewesen sein.

Auslöser der Hausdurchsuchung waren Ermittlungen im Fall Michele Sindona: Der Bankier gehörte wohl ebenfalls dem Geheimbund an und hatte enge Verbindungen zur Mafia. Er verstarb 1986 im Hochsicherheitsgefängnis Voghera an einer Zyanidvergiftung. Im Mai 1981 wurde die Verschwörung durch eine Hausdurchsuchung bei Licio Gelli aufgedeckt. 1982 wurde die Geheimorganisation durch das italienische Parlament für aufgelöst erklärt.

Untersuchung

Eine parlamentarische Untersuchungskommission unter Vorsitz der Abgeordneten Tina Anselmi (DC) konnte P2 allerdings keine unmittelbaren juristischen Vergehen nachweisen. In ihrem Abschlussbericht, einem Persilschein, stellt die Untersuchungskommission fest, Ziel des Geheimbundes sei eine Unterwanderung der Regierung und somit eine Umgestaltung der Politik aus dem Hintergrund gewesen, nicht aber eine direkte Machtübernahme oder gar ein offener Putsch.

Das Schwurgericht von Bologna stellte in einem Strafverfahren fest, dass die Loge P2 Kriminelle angestiftet, bewaffnet und finanziert habe, um mit Mitteln der Subversion und des Rechtsterrorismus im Rahmen einer „Strategie der Spannung“ die Vorbedingungen für einen Staatsstreich zu schaffen.

Eine wichtige, bis heute nur teilweise aufgeklärte Rolle spielte dabei die von der CIA und der NATO aufgebaute Untergrundorganisation Gladio, ein sogenanntes stay behind-network. Die linksextreme Terrorgruppe Rote Brigaden, das italienische Pendant zur deutschen Rote Armee Fraktion, war teilweise von Gladio-Mitgliedern unterwandert. Mehrere Terroranschläge, etwa auf den Hauptbahnhof von Bologna am 2. August 1980 mit 85 Toten, wurden ursprünglich den Roten Brigaden zugeschrieben, erwiesen sich aber in Gerichtsverfahren als von mit Gladio in Verbindung stehenden Rechtsextremisten begangen.

Mitglieder oder Personen mit Kontakten zur P2

  • Als das prominenteste Mitglied wurde unter der Mitgliedsnummer 1816 der Medienmogul und italienische Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi geführt. Silvio Berlusconi wurde wegen Meineides verurteilt, nachdem ihm die Mitgliedschaft nachgewiesen wurde.
  • Licio Gelli wurde auf der Flucht in der Schweiz verhaftet, konnte aber, nach der Abhaltung von Interviews dort, aus schweizer Haft fliehen und ist nach Verfolgungsverjährung inzwischen wieder in seine Heimat Italien zurückgekehrt.
  • Roberto Calvi (Spitzname: Bankier Gottes)
  • Michele Sindona (Bankier)
  • Viktor Emanuel IV (von Savoyen)

Siehe auch

Literatur

  • Friederike Hausmann: Kleine Geschichte Italiens von 1943 bis heute. Berlin 1997, S. 118-123.
  • Nick Tosches: Geschäfte mit dem Vatikan. Die Affäre Sindona. München 1987, 302 Seiten, ISBN 3426039702