Reconquista Germanica
Reconquista Germanica (RG) (spanisch, deutsch: „deutsche Zurückeroberung“) ist der Name eines Netzwerks von Netzaktivisten. Sich selbst bezeichnet RG als satirisches Projekt von Gamern. Tatsächlich koordinieren Rechtsextreme hier gezielte Online-Attacken. Die Gruppe gibt sich militärisch straff organisiert und verfügt über einen YouTube-Kanal mit 33.000 Abonnenten. Sie organisiert sich vor allem über die die Chat-App Discord mit dem Ziel, die rechtspopulistische AfD zu stärken.[1]
Über Discord werden Twitter-Tiraden organisiert und Aufrufe zur Kommentierung von YouTube-Videos verbreitet. Zu den Zielen zählte zum Beispiel Rayk Anders, ein Produzent von Clips zu politischen Themen im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Jugendangebots. Nach einer Kritik von Anders am 16. September 2017 an doppelten Standards der AfD und einem Aufruf der RG folgten innerhalb von nur zwei Tagen zweitausend Kommentare zum Video.[2]
Ein weiteres Ziel war die Austragung des ARD-Films Aufbruch ins Ungewisse am 14. Februar 2018. Gemäß dem Faktenfinder von tagesschau.de sollte die Diskussion über den Film, in dem vor dem Szenario eines von rechtsextremen Diktaturen dominierten Europas Dissidenten nach Afrika flüchten, in den sozialen Netzwerken massenhaft und gezielt beeinflusst werden.
Organisiert ist Reconquista Germanica angelehnt an militärische Hierarchien: Oberbefehlshaber, Generäle, Offiziere, Gefreite und Rekruten. In einem Organigramm werden zudem die Identitäre Bewegung und die Junge Alternative für Deutschland als Teil von Reconquista Germanica aufgeführt.[3] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung sieht die mehreren hundert Mitglieder der RG als Pendant zu den „Männlichkeitsübungen“ faschistischer Freikorpssoldaten, die Klaus Theweleit in seiner Dissertation über Frauenbilder und Männlichkeitsphantasien aus den 1920er-Jahren beschrieb.[4] Als Anführer der Bewegung wird Nikolai Alexander genannt.[5]
Gemäß buzzfeed ist die Strategie von RG, User von 4chan über Youtube zu privateren Kommunikationsnetzen wie Discord zu bewegen. Diese wurden von Alexander aufgerufen, sich soviele Twitter-Accounts wie möglich zuzulegen und die auf Discord vorgegebenen Tweets so oft wie möglich zu retweeten.[6] So soll nach außen hin der Eindruck einer Mehrheit erzeugt werden. Ziel ist es dabei nicht unbedingt, die „verbohrten“ Gegner mit Argumenten zu überzeugen, sondern zu provozieren, zu demütigen und auch – so das Gegenüber sich als resistent für derlei Taktiken erweist – zu beleidigen. Auch fährt man die Strategie, sich auf sozialen Medien als Flüchtlinge auszugeben, die öffentlich behaupten, dass beispielsweise in Syrien kein Krieg mehr herrsche.[7]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Konstantin von Hammerstein, Roman Höfner und Marcel Rosenbach: Wie die Rechtsextremen mit Hetze mobil machen. In: Der Spiegel. S. 22ff, 37/2017.
- ↑ Wahlkampf: Wo sich die Rechte sammelt. In: heute. 20. September 2017.
- ↑ Patrick Gensing: Infokrieg mit allen Mitteln. In: tagesschau.de. 13. Februar 2018.
- ↑ Carolin Wiedemann: Die weiße Scharia. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 4. Januar 2018.
- ↑ Stefan Lauer: Infokrieg für die Grundschule: „Reconquista Germanica“ und „D Generation“. In: Belltower.News. 19. Januar 2018.
- ↑ Karsten Schmehl, Ryan Broderick: A German YouTuber Tried To Make His Far-Right Hashtag Go Viral And It Was A Huge Flop. In: buzzfeed. 4. September 2017.
- ↑ Reconquista Germanica: Wie ein rechtsextremes Trollnetzwerk arbeitet. In: Der Standard. 13. Februar 2018.