Gewaltenteilung
In der Staatstheorie versteht man unter Gewaltenteilung eine Verteilung der Staatsgewalten. Urspünglich bezog sich dies auf Krone, Adel und Bürgertum mit dem Zweck Macht durch Macht zu zügeln (Montesquieu: Vom Geist der Gesetze).
Politischer Machtmissbrauch soll durch die Gewaltenteilung minimiert werden. Die Gewaltenteilung ist im Zusammenhang mit dem Gewaltmonopol als ein elementarer Bestandteil der Demokratie zu sehen. Es gibt verschiedene Ebenen der Gewaltenteilung, meistens bezeichnet der Begriff die horizontale Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative.
Arten der Gewaltenteilung
horizontale Ebene
Unter der horizontalen Gewaltenteilung versteht man die Aufteilung der Macht im Staat auf die drei Bereiche Gesetzgebende Gewalt (Legislative), ausführende Gewalt (Exekutive) und rechtsprechende Gewalt (Judikative), die voneinander unabhängig sein sollen und sich gegenseitig kontrollieren können. Im Englischen wird dafür der Begriff checks and balances gebraucht. Das politische System der USA ist ein gutes Beispiel für die horizontale Gewaltenteilung und gegenseitige Kontrolle der Gewalten.
vertikale oder föderative Ebene
Unter der vertikalen oder föderativen Gewaltenteilung versteht man die Aufteilung der Gewalt zwischen Behörden die für das ganze Land zuständig sind und Behörden die für ein kleineres Gebiet zuständig sind. Deutschland ist mit seinem Aufbau aus Bundesländern, die eigene Kompetenzen haben, eine gutes Beispiel.
zeitliche oder temporale Ebene
Darunter versteht man die zeitliche Begrenzung der Dauer, für die eine Person ihr Amt oder Mandat bekommt. Die Macht wird damit zwischen Personen geteilt, die nacheinander einen Posten besetzen. Die Parteien sind wichtig für die zeitliche Gewaltenteilung, da sie die regelmäßige Ablösung der Regierung sichern.
soziale Ebene
Da die Gesellschaft aus unterschiedlichen sozialen Gruppen besteht werden für die unterschiedlichen Interessen verschiedene Lösungsvorschläge gemacht. Durch den Wettstreit müssen Kompromisse geschlossen werden, die die Macht einer einzelnen Gruppe begrenzen.
dezisive Ebene
Darunter versteht man die Aufteilung der Entscheidungen (dezisive Ebene=Entscheidungsebene) zwischen beispielsweise Regierung, Parteien, Medien, Gewerkschaften oder anderen Interessenverbänden. Hier wird durch die Mitwirkung dieser Gruppen die Macht einer einzelnen Gruppe, vor allem der Regierung, eingeschränkt.
konstitutionelle Ebene
In den modernen Staaten werden die Entscheidungsspielräume durch eine Verfassung eingeschränkt, die nur durch eine zwei drittel Mehrheit, oder teilweise (bestimmte Artikel) überhaupt nicht geändert werden kann.
Medien als "vierte Gewalt"
Auf Grund ihres großen Einflusses der Medien in den modernen Demokratien werden die Medien manchmal als vierte Gewalt bezeichnet und kontrollieren die Staatsgewalt, womit sie praktisch Teil der Gewaltenteilung werden.
siehe auch: Funktionen der Massenmedien
Situation in Deutschland
In Deutschland ist die Gewaltenteilung durch das Grundgesetz festgelegt:
Nach dem unveränderlichen Artikel 20 GG wird die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und die Rechtsprechung ausgeübt (horizontale Ebene). Die Organe der Gesetzgebung sind Bundestag und Bundesrat, die Bundesregierung. Auf Grund der ebenfalls im Grundgesetz festgelegten Gewaltenverschränkung, die durch die Wahl der Regierung durch den Bundestag entsteht, wird die institutionelle Gewaltenteilung teilweise durch eine Gewaltenteilung zwischen Opposition und Regierungskoalition ersetzt. Eine Verschränkung der Gewalten ist sinnvoll um die Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. (und der Richter an den obersten Gerichtshöfen)
Die vertikale Gewaltenteilung ist durch Artikel 20 GG, der Deutschland als Bundesrepublik und Bundesstaat bezeichnet, sowie durch Artikel 79 GG gesichert, in dem festgelegt wird, dass Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung ... unzulässig ist. Auch die Aufteilung der Macht zwischen Bund und Ländern ist im Grundgesetz festgelegt.
Die zeitliche Ebene ist durch die Festsetzung von Amtsperioden und regelmäßigen Wahlen (bedingt durch die Regierungsform Demokratie) festgelegt.
Die soziale Ebene wird durch Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Petitionsrecht gesichert.
Die dezisive Ebene wird durch die eben genannten Grundrechte und Artikel 21 GG, der den Parteien die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung des Volkes gibt, gesichert.
Die konstitutionelle Ebene ist ebenfalls stark ausgeprägt, das Grundgesetz schützt sich selbst und den Staat vor Änderungen wichtiger Prinzipien (siehe: wehrhafte Demokratie).
siehe auch: Politisches System Deutschlands
Geschichte
Ansätze zu einer Form der Gewaltenteilung finden sich schon in der von Aristoteles und Polybios vertretenen Theorie der Mischverfassung, in der Staatsphilosophie taucht der Begriff aber erstmals in den Werken des englischen Philosophen John Locke und des französischen Barons Montesquieu auf.
Als politisches Programm verkündet wurde die Gewaltenteilung erstmals in der Unabhängigkeitserklärung der USA (1776).
Heute sind die Prinzipien der Gewaltenteilung in den meisten modernen Demokratien dem Verfassungstext nach verwirklicht. In der Verfassungswirklichkeit wird die Gewaltenteilung mehr und mehr durch Mechanismen der Parteiendemokratie ausgehöhlt. Dies geschieht einerseits durch Verlagerung legislativer Entscheidungsprozesse in außerparlamentarische Gremien, anderseits aber auch innerhalb der einzelnen Gewalten durch eine institutionalisierte, dem Parteiproporz folgende Besetzung jedenfalls der höheren Ämter in Rechtsprechung und Verwaltung. Inwieweit eine wirksame gegenseitige Kontrolle der einzelnen Gewalten noch stattfindet, hängt maßgeblich vom jeweils geltenden Wahlrecht und Beamtenrecht ab. Lange Wahlperioden und ein stark ausgeprägtes Verhältniswahlrecht behindern den Austausch des parteipolitischen Personals und führen damit zu einer fortschreitenden Erosion des Gewaltenteilungsprinzips.
Gleichzeitig hat sich das Verständnis von Gewaltenteilung erweitert und umfasst nunmehr nicht allein die horizontale Aufteilung in die Bereiche Judikative, Exekutive und Legislative. Manche Politologen sprechen von sechs Ebenen der Gewaltenteilung (siehe oben): die klassische horizontale, eine vertikale Ebene, eine temporale Komponente, eine konstitutionelle Ebene, eine dezisive Ebene, sowie eine soziale Ebene.
Missverständnis der Gewaltenteilung
Häufig wird Gewaltenteilung missverstanden als die Forderung nach einer völligen Trennung der einzelnen Gewalten. Dabei wird verkannt, dass Gewaltenteilung nur dadurch funktionieren kann, dass die einzelnen Organe ein Eingriffsrecht in die anderen Zweige besitzen müssen, um effektiv ihre Kontrollfunktion ausüben zu können. Präziser wird hier manchmal von "Gewaltenverschränkung" gesprochen. Ein typisches Beispiel für diese Art der Gewaltenverschränkung ist das im Grundgesetz niedergelegte konstruktive Misstrauensvotum, mit dem eine Mehrheit des Bundestags, also die Legislative, den Bundeskanzler, die Exekutive, abberufen kann. Des weiteren können die Gerichte Akte der Verwaltung überprüfen, Verfassungsgerichte auch Legislativakte. Das Parlament wählt darüber hinaus auch den Bundeskanzler, und ist an der Wahl des Bundespräsidenten beteiligt.
Siehe auch: Trennung von Amt und Mandat