Code civil
Der Code Civilhehe (CC), auch Code Napoléon genannt, ist das französische Gesetzbuch zum Zivilrecht, das durch Napoléon Bonaparte 1804 eingeführt wurde. Mit dem Code Civil schuf Napoleon das vielleicht bedeutendste Gesetzeswerk der Neuzeit. In Frankreich ist es in wesentlichen Teilen noch heute gültig.
Geschichte
Die ersten Entwürfe zu einem Code Civil erfolgten in Frankreich bereits in den Revolutionsjahren 1793 bis 1797. Im Jahr 1800 berief Napoléon eine vierköpfige Kommission unter der Leitung von Jean-Jacques Régis de Cambacérès, die eine Rechtsvereinheitlichung schaffen sollte. Bis dahin galt im Süden Frankreichs noch das römische Recht, im Norden überliefertes Gewohnheitsrecht, sowie für wenige Jahre ein Übergangsrecht der Französischen Revolution. Ziel der Kommission war es, eine Verbindung von kodifiziertem Recht und Gewohnheitsrecht und - vor allem - dem revolutionären Recht herzustellen. Das Gedankengut der Französischen Revolution zeigt sich vor allem im Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz, dem Schutz und der Freiheit des Individuums und des Eigentums und der strikten Trennung von Kirche und Staat. Ein fünfbändiges Werk des Anwalts Jean Domat gilt als wichtige Quelle für den Code civil.
Das Gesetzbuch wurde auch in anderen durch Frankreich in der Zeit von 1807 bis 1814 dominierten Staaten eingeführt (z.B. dem Großherzogtum Warschau, Großherzogtum Luxemburg, Mexiko, Ägypten, Argentinien und einigen Staaten der USA oder im Königreich der Niederlande). In Deutschland galt der Code in den von Frankreich annektierten linksrheinischen Gebieten unmittelbar; in einigen Rheinbundstaaten (Königreich Westphalen, Frankfurt, Berg, Anhalt-Köthen) wurde er ohne große Änderung eingeführt, in anderen (Baden) teilweise in veränderter Gestalt (als "Badisches Landrecht"). In wieder anderen blieb es bei Entwürfen, so in Bayern und Nassau.
Binnen weniger Jahre galt er von Lissabon bis Warschau und von Holland bis zur Küste der Adria. Mit der Niederlage Napoleons bei Waterloo wurde seine erfolgreiche Verbreitung keineswegs gebremst: Vor allem in West- und Südeuropa, aber auch in Nord- und Südamerika orientierten sich die Gesetzbücher am Code Civil. Zwar stellten einige auf revolutionären Wurzeln beruhende Regelungen zugleich auch Schwächen dar: Der gleiche Erbanspruch aller Kinder führte in vielen Gegenden zur Aufsplitterung des Grundbesitzes in unrentable Parzellen; Frauen wurden einem männlichen Vormund unterstellt und damit schlechter gestellt als zuvor; die (nun staatlich garantierte) Ehescheidung bevorzugte einseitig den Mann. Dennoch war ein besseres, im Geist der Aufklärung geschriebenes Gesetzeswerk in Deutschland lange nicht in Sicht - auch das Preußische Allgemeine Landrecht (ALR) war dem Code Civil nicht ebenbürtig. Erst 1900 wurde er im Deutschen Reich durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) abgelöst.
In Frankreich sind von den jetzt gültigen 2.285 Artikeln des Code Civil noch 1.200 in Übereinstimmung mit dem Urwerk.
In 22 Staaten wurde im Jahr 2004 das 200jährige Jubiläum des Code Civil öffentlich gefeiert.
Inhalt
Maximen
Der Code Civil garantierte allen männlichen Bürgern:
(die wesentlichen Forderungen der französischen Revolution: Liberté=Freiheit, Egalité=Gleichheit, Fraternité=Brüderlichkeit)
- Gleichheit vor dem Gesetz
- Freiheit für jeden
- Schutz des Privateigentums
- Vollkommene Trennung von Staat und Kirche (Laizismus)
- Abschaffung des Zunftzwangs
- Gewerbefreiheit und freie Berufswahl
- Schaffung der juristischen Basis für die Marktwirtschaft
- Aufzeichnung von Geburten und Todesfällen (Personenstandswesen)
Aufteilung und Gliederung
Der Code civil ist seit seinem Inkrafttreten 1804 in drei Bücher aufgeteilt:
- Livre Ier: Des personnes / Über die Personen (Art. 7 - 515-8 Code civil)
- Livre II: Des biens et des différentes modifications de la propriété / Von den Sachen und den einzelnen Änderungen des Eigentums (Art. 516 -710 Code civil)
- Livre III: Des différentes manières dont on acquiert la propriété / Von den einzelnen Arten, Eigentum zu erwerben (Art. 711 - 2283 Code civil)
Den drei Büchern ist ein titre préliminaire ("De la publication, des effets et de l'application des lois en général / Von der Veröffentlichung, der Wirkung und der Anwendung der Gesetze", Art. 1 - 6 Code civil) vorangestellt, der das Inkrafttreten, grundlegende Prinzipien (Rückwirkungsverbot, Justizverweigerungsverbot, Unwirksamkeit sittenwidriger Rechtsgeschäfte) und Kollisionsnormen (Internationales Privatrecht) enthält. Im Jahr 2002 wurde, systematisch an fragwürdiger Stelle, ein viertes Buch ("Dispositions applicables à Mayotte / Auf Mayotte anwendbare Vorschriften", Art. 2284 - 2285 Code civil) angehängt, welches die Anwendung des Code civil auf das Übersee-Territorium Mayotte regelt.
Siehe auch
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Codex Maximilianeus bavaricus civilis
- Kodifikation
- Österreichisches Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
- Preußisches Allgemeines Landrecht (ALR)
Literatur
- Elisabeth Fehrenbach: Der Einfluß des "Code Napoléon" auf das Rechtsbewußtsein in den Ländern des rheinischen Rechts. In: Joseph Jurt (Hrsg.): Wandel von Recht und Rechtsbewußtsein in Frankreich und Deutschland. Berlin-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-87061-806-X, S. 133-141
- Werner Schubert (Hrsg.): 200 Jahre Code civil. Die napoleonische Kodifikation in Deutschland und Europa. Böhlau, Köln 2005, ISBN 3-412-35105-9
- Karl D. Wolff (Hrsg.): Code Napoléon - Napoleons Gesetzbuch. Stroemfeld Verlag, Frankfurt/M. 2001, ISBN 3-87877-573-3 (Faksimile d. Ausg. Straßburg 1808)
Thomas Gergen, Le Code civil en Allemagne: genèse et rôle du Code civil en Bade (1809), in: C. Witz, Le Bicentenaire du Code civil - 200 Jahre Code civil, Baden-Baden 2006, S. 39-55.
Weblinks
- Der Code civil im Volltext auf Französisch auf dem Server Legifrance der französischen Regierung. Auf Legifrance sind ebenfalls englische und spanische Übesetzungen verfügbar.
- Karin Wiedemann: 200 Jahre Code civil des Français (in den Mitteilungen des Hamburgischen Richtervereins Nr. 1/2004 vom 15. März 2004)