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Automated Transfer Vehicle

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Datei:Atv.jpg
Illustration des ATV

Das Automated Transfer Vehicle (ATV, selbstständiges Überführungsfahrzeug) ist ein unbemanntes Raumschiff, das Nachschub wie Nahrung, Wasser, Ausrüstung, Stickstoff, Sauerstoff und Treibstoffe zur Internationalen Raumstation transportieren kann. Das ATV wird im Auftrag der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) bei der Raumfahrtfirma EADS SPACE Transportation in Bremen gebaut und mit Hilfe einer Ariane 5 ESV-Rakete gestartet.

Der Start des ersten von fünf ATVs ist für Mai 2007 geplant. Es trägt den Namen Jules Verne, zur Erinnerung an den französischen Science-Fiction-Schriftsteller. Danach sollen etwa alle 12 Monate eines der über 13 Tonnen (Leermasse) schweren ATVs vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana starten und zur ISS (Internationale Raumstation) fliegen. Das Raumschiff ist mit einem hochentwickelten Navigationssystem ausgerüstet, mit dem es seine Flugbahn selbst berechnen und das Rendezvous-Manöver mit der Raumstation völlig automatisch durchführen kann. Dieses besteht aus einem Laserradar (sog. Rendezvous- und Docking Sensor; RVS) von Jena-Optronik und einem optischen System (Videometer) der französischen Firma Sodern und von Jena-Optronik. Sollte die Kopplung klappen, wäre dies das erste vollautomatische Dockingmanöver im All, das nicht von Russland durchgeführt wurde. Der Kopplungsmechanismus ist russischer Bauart, da an das russische Swesda-Modul angedockt wird. Das Lagekontrollsystem steuert 28 Triebwerksdüsen, die jeweils 220 Newton Schub liefern. Als Treibstoff kommt Monomethylhydrazin, als Oxydator Stickstofftetroxid zum Einsatz. Nach dem Andocken wird das ATV mit seinen eigenen Triebwerken auch dabei helfen, die Station in eine höhere Umlaufbahn (max. 500km) zu heben. Denn durch Reibung an der Restatmosphäre verliert sie ständig an Höhe.

Das ATV bleibt etwa sechs Monate mit der ISS verbunden. Es steht dabei unter Druck und kann von der Besatzung der Station betreten und als Raum genutzt werden. Die Versorgungsgüter werden entnommen und das Vehikel mit bis zu 6,3 t Abfall beladen, der in der Raumstation angefallen ist. Schließlich wird das ATV wieder automatisch abgetrennt und zur Erde gelenkt, wobei der Eintrittswinkel in die Erdatmosphäre so steil gewählt wird, dass Vehikel und Ladung in den oberen Schichten der Atmosphäre verglühen.

Das ATV wird das russische, ebenfalls unbemannte Versorgungsraumschiff Progress deutlich entlasten, das seit dem Ausfall der amerikanischen Space Shuttle-Flotte im Frühjahr 2003 der einzige Versorgungsträger für die ISS ist. Immerhin kann das ATV etwa das Drei- bis Vierfache der Masse transportieren und ist damit deutlich leistungsfähiger als das russische Versorgungsraumschiff.

Kosten

Obwohl das ATV ein „Wegwerfprodukt“ ist, wird die Verwendung eines unbemannten Versorgungsschiffes für die ISS billiger als die Versorgung mit dem (wiederverwendbaren) Space-Shuttle-Orbiter. Denn innerhalb einer bemannten Mission haben Sicherheitsaspekte eine große Bedeutung, was eine Kostensteigerung bedeutet. Ein Flug des Space Shuttles kostet über 500 Millionen US-Dollar (bei rund 15 t Nutzlast zu ISS), ein ATV-Flug nur etwa 100 Millionen Euro (bei 7,6 t Nutzlast, ohne die Kosten der Trägerrakete); ein Progress-Flug etwa 20 bis 30 Millionen Euro (bei 2,3 t Nutzlast).

Missionsverlauf

  1. Die europäische Trägerrakete Ariane 5 ESV startet mit dem ATV an der Nutzlastspitze vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou aus.
  2. An der Spitze der Ariane 5 muss das ATV über drei Minuten lang größten strukturellen Belastungen standhalten, während die Rakete in den Weltraum fliegt.
  3. Etwa 100 Minuten nach dem Start hat das ATV seine Solarpaneele ausgebreitet und fliegt nun automatisch gesteuert zur Internationalen Raumstation.
  4. Das Andockmanöver beginnt fünf Tage nach dem Start. Es wird ebenfalls vollautomatisch von einem Lasersystem (russische Entwicklung) durchgeführt.
  5. Das ATV ist nun eine Art Erweiterung der Station. In seinem 45 m³ großen Innenraum können sich auch Raumfahrer aufhalten, um die Versorgungsgüter zu entladen und dort eigenen Müll zu deponieren. Das ATV kann über 7,5 Tonnen Nutzlast transportieren.
  6. Da die ISS ständig an Höhe verliert, werden die 4,7 Tonnen Treibstoff an Bord dazu genutzt, die Umlaufbahn mit Hilfe der ATV-eigenen Triebwerke anzuheben.
  7. Nach sechs Monaten an der Station wird das ATV mit 6,3 Tonnen Müll der Raumfahrer beladen und in Richtung Erde gelenkt. Das Raumschiff verglüht schließlich in der Atmosphäre.

Technische Daten

  • Länge: 10,3 m
  • Maximaler Durchmesser: 4.480 mm
  • Masse beim Start: 20.750 kg
  • Leermasse: 10.470 kg
  • Nutzlast-Kapazität: 7.500 kg, davon
    • maximal 5.150 kg Material und Nahrungsmittel
    • maximal 4.700 kg Treibstoff
    • maximal 860 kg Treibstoff für die ISS
    • maximal 840 kg Trinkwasser
    • maximal 100 kg Luft (Sauerstoff und Stickstoff)
  • Abfall-Aufnahme-Kapazität: 6.300 kg
  • Energieversorgung: Solarzellen und Batterien

Siehe auch: Internationale Raumstation, Ariane 5, Raumstation, Progress, H-II Transfer Vehicle