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Register (Orgel)

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Registerzüge der Gabler-Orgel der Basilika St. Martin in Weingarten

Ein Register ist bei einer Orgel eine über den gesamten Tonumfang reichende Reihe von Pfeifen gleicher Klangfarbe, die als Einheit ein- oder ausgeschaltet werden kann. Bei den meisten Registern klingt pro Taste genau eine Pfeife, bei den sogenannten gemischten Stimmen mehrere. In der Regel ist jedes Register einer Klaviatur fest zugeordnet.

Die Bedienung der Register erfolgt meist über Registerzüge oder Manubrien genannte Knäufe am Spieltisch, die man zum Einschalten herausziehen und zum Abschalten wieder hineinschieben muss; daher rühren die Bezeichnungen "Ziehen" und "Abstoßen" für das Ein- und Ausschalten von Registern. Daneben gibt es auch horizontal oder vertikal zu verschiebende Hebel, Wippen, Zungen oder Drucktasten. Die Steuerung der Register erfolgt entweder mechanisch (über die Registerzüge) oder pneumatisch bzw. elektrisch (Drucktasten, Wippen etc.).

Prinzipiell lässt sich jedes Register einzeln ziehen, aber nicht jedes Register ist dazu gedacht, allein gespielt zu werden (z. B. Aliquoten). Daher sind bei einer Registrierung einige Regeln zu beachten, um ein akzeptables Klangbild zu erzeugen.

Neben den eigentlichen Registern gibt es auch noch die sogenannten Sonder- oder Nebenregister, die zwar auch über Registerzüge eingeschaltet werden, aber keine eigene Pfeifenreihe enthalten.

Die Zusammenstellung der Register einer Orgel, also welche Klangfarben eine Orgel enthält, nennt man Disposition. Sie wird vom Orgelbauer beim Entwurf des Instrumentes mit dem Auftraggeber abgesprochen.


Registertypen

Unterscheidung nach Tonhöhe

Frequenzspektrum einer Barockorgel

Die Register können verschiedene Tonhöhen haben, wobei die Tonhöhe durch die sogenannte Fußtonzahl angegeben wird: So bezeichnet man ein Register in Normallage als 8'-Register, da die Länge der tiefsten Pfeife (groß C) eines offenen Labialregisters 8 Fuß beträgt (1 Fuß = ca. 32 cm).

64' drei Oktaven tiefer als notiert. Extrem selten, da die tiefste Oktave im Infraschallbereich
liegt, also nicht mehr gehört, wohl aber als Vibration gefühlt werden kann.
32' zwei Oktaven tiefer als notiert (erreicht mit ~16 Hz die untere Hörgrenze)
16' eine Oktave tiefer als notiert
102/3' eine reine Quarte tiefer als notiert
8' normale Tonhöhe wie notiert (Äquallage)
51/3' eine reine Quinte höher
4' eine Oktave höher
22/3' eine Oktave und eine reine Quinte höher
2' zwei Oktaven höher
13/5' zwei Oktaven und eine reine große Terz höher
11/3' zwei Oktaven und eine reine Quinte höher
11/7' zwei Oktaven und eine reine kleine Septime höher
1' drei Oktaven höher
8/9' zwei Oktaven und eine reine große None bzw. drei Oktaven und eine reine große Sekunde höher
4/5' drei Oktaven und eine reine große Terz höher (erreicht mit ~16 kHz die obere Hörgrenze)

Die Register lassen sich nach ihrer Fußtonlage dabei unterteilen in

  • Grundregister (32', 16', 8', 4') und
  • Aliquotregister (die übrigen Teiltöne, vor allem Quinten und Terzen)

Die verschiedenen Tonlagen bilden die Obertonreihe ab. Durch Kombination eines Grundregisters (in der Regel 8'-Lage) mit einem oder mehreren Obertonregistern oder Aliquoten (z. B. 22/3' oder 13/5') werden zusätzliche Obertöne hinzugefügt oder verstärkt. Die Orgel bietet somit so etwas wie eine additive Klangsynthese.

Einen leichteren Überblick über die harmonischen Verhältnisse ermöglicht die Darstellung der Fußlage als echter Bruch, also etwa 8/3' statt 22/3'. Hier kann man sofort ablesen, dass es sich um den 3. Teilton, basierend auf einem 8'-Grundregister handelt.

Unterscheidung nach Bauweise

Pedal-Pfeifen einer Orgel - Vorne eine Posaune 16' (Lingualpfeife), dahinter ein Prinzipal 16' (Labialpfeife)

Die verschiedenen Orgelregister unterscheiden sich neben der Tonhöhe (Fußlage) auch durch ihre Bauart und damit durch Tonansatz (Ansprache), Obertonanteil (Klangfarbe) und Lautstärke. Die beiden Hauptgruppen sind:

  • Lippenpfeifen (auch Labialpfeifen): Tonerzeugung wie bei einer Blockflöte: ein Luftband trifft auf das scharfkantige Oberlabium und erzeugt einen Ton.
  • Zungenpfeifen (auch Lingualpfeifen): Tonerzeugung durch eine schwingende Metallzunge, Tonverstärkung und -formung durch einen aufgesetzten Resonanzbecher.

Weitere klangbeeinflussende Faktoren sind Material, Pfeifenform in offener, halbgedeckter oder gedeckter Bauweise, die Pfeifenmensuren (Verhältnisse zwischen Pfeifenlänge und -durchmesser, Labienbreite, usw.) und die Winddruckhöhe.

Unterscheidung nach Funktion

Innerhalb der Labialregister kann man unterteilen in:

  • Prinzipalchor mit Registern der Prinzipalfamilie. Diese ist gekennzeichnet durch einen kräftigen, herben, klaren und ausgeglichenen Klang.
  • Weitchor mit Flötenregistern verschiedener Bauart. Diese haben einen weichen, dunklen, häufig auch etwas leiseren Klang. Die Mensuren sind eher weit.
  • Soloregister. Hierzu zählen vor allem Streicher mit enger Mensur und einem feinen bis kräftig streichenden Klang, aber auch überblasende Flöten oder Schwebungsregister. Diese Register mischen sich weniger gut.

Diese Einteilung ist nur eine von vielen möglichen. Sie ist keinesfalls eindeutig, da viele Register mehrere Funktionen erfüllen und Anteile verschiedener Klangcharakteristiken haben (Beispiel „Gedackt 8'“ als Prinzipal-Stellvertreter und Flötenregister oder „Traversflöte 4'“ als Flötenregister mit Solofunktion).

Bei den Lingualregistern sind die Bauformen so vielfältig und der Klang so flexibel, dass man sie eher nach Funktion als nach Klangfarbe ordnet:

  • Pleno-Zungen, im wesentlichen bestehend aus der Trompetenfamilie (Trompete, Posaune, Clairon usw.) sowie einigen ähnlichen Registern wie Fagott, Schalmei.
  • „lyrische“ Zungen, die sich gut zum Vortrag einer Solostimme eignen, wie beispielsweise Musette, Klarinette, Vox humana.

Auch hier ist die Einteilung nicht eindeutig.

Gemischte Stimmen

Neben den Registern, die aus genau einer Pfeifenreihe bestehen, gibt es auch noch die gemischten Stimmen, die aus mehreren Pfeifenchören aufgebaut sind. Bei ihnen klingen zu jeder Taste zwei oder mehr Pfeifen gleichzeitig. Zu den gemischten Registern gehören die Klangkronen oder Mixturen und die gemischten Farbregister, wie zum Beispiel Kornett, Sesquialtera und Rauschpfeife.

Besonderheiten

Vorabzug

Bei einem Vorabzug gewinnt man ein zusätzliches Register, indem eine einzelne Pfeifenreihe aus einem eigentlich mehrchörigen Register separat disponiert wird. So kann man aus einer 4-fach Mixtur eine Oktave 2' gewinnen, aus einem Kornett einen Nasat 2 2/3' und aus einer Sesquialtera eine Terz 1 3/5'.

Vorabzüge sind in der Praxis relativ selten anzutreffen. Eher geht man den umgekehrten Weg und disponiert statt eines Kombinationsregister gleich die Einzelregister.

Geteilte Register

Das geteilte Register ist eine Besonderheit vor allem iberischer Orgeln. Es handelt sich dabei um ein Register, das für den oberen und unteren Bereich einer Klaviatur getrennt eingeschaltet werden kann.

Bereits aus dem 16. Jahrhundert stammen die ersten Dokumente, die geteilte Register in Spanien erwähnen (Saragossa 1567). Aber auch in anderen Ländern wurden die Orgeln bereits mit solchen Teilungen versehen (z. B. in der Innsbrucker Ebert-Orgel von 1561). Der eigentliche Ursprung des geteilten Registers scheinen regalartige Kleinorgeln gewesen zu sein, deren sehr eingeschränkte Klangmöglichkeiten durch eine solche Einrichtung erweitert werden konnten. Als man dann diese Regale in die großen Orgeln integrierte, übernahm man offenbar auch die Teilung.

Der Teilungspunkt liegt auf der iberischen Halbinsel einheitlich zwischen c' und cis' (das war genau die Mitte der damaligen Klaviatur). In anderen Ländern kennt man neben der Mittelteilung zwischen b und h oder h und c' auch Teilungen, die eher im tiefen Bereich der Klaviatur liegen, z. B. zwischen fis und g (so in Süddeutschland, z. B. bei Holzhey) oder e und f (Innsbruck - dort war es die Grenze der untersten Oktave).

Der praktische Nutzen liegt darin, eine Bass- oder Diskantstimme hervorheben zu können, um entweder ein deutlich markiertes Bassfundament zu erhalten oder überhaupt eine oder zwei Stimmen solistisch hervortreten zu lassen, ohne dafür eine weitere Klaviatur zu benötigen. Die Klangmöglichkeiten werden auf diese Weise aber auch bei mehrmanualigen Instrumenten vervielfacht.

Durch die Festlegung auf die Teilung zwischen c' und cis' konnte in Spanien und Portugal eine eigene musikalische Gattung entstehen, der Tiento de medio registro. Dort haben praktisch alle Orgeln geteilte Register, außer denen, die am Orgelbau des restlichen Europa orientiert sind. Das sind vor allem Instrumente der romantischen Epoche. Außerdem sind dort in der Regel so gut wie alle Register geteilt. Dabei gibt es manchmal unsymmetrische Register, die in der einen Hälfte eine andere Fußtonzahl aufweisen, als in der anderen.

Akustische Register

Gelegentlich findet man einen akustischen Bass. Man nutzt hierbei Kombinationstöne, um Kosten und Platz für sehr große Pfeifen zu sparen.

Ein akustisches 32'-Register besteht aus zwei Pfeifenreihen, Oktave 16' und Quinte 10 2/3'. Als Differenzton entsteht so der Eindruck eines 32'-Registers.

Transmission

Eine Transmission ist technisch gesehen die dauerhafte Kopplung eines einzelnes Registers an ein anderes Werk (im Gegensatz zu den Normalkoppeln). Praktisch kommt diese heute nur noch in der Kombination Manual auf Pedal vor, so daß bestimmte Einzelregister der Manuale auch eigenständig im Pedal zu nutzen sind.

Extension

Bei einer Extension werden einzelne Register im Tonumfang erweitert, um dieses auch in anderen Fußtonlagen ansprechen zu können; in der Anwendung ist ausschließlich der Gebrauch in tiefen Lagen (Pedal) üblich.

Ist zum Beispiel in einer Orgel ein Gedackt 8' vorhanden, kann man mit nur 12 zusätzlichen Pfeifen und unter oktavversetzter Nutzung der vorhanden Pfeifen ein Gedackt 16' realisieren. Die üblichste Anwendung findet diese Verfahren bei der Realisierung eines 32' im Pedal - dieses spart nicht nur sehr viel Platz, sondern auch Kosten im fünstelligen Bereich.

„gebrochene“ Register

Als „gebrochene“ Register bezeichnet man Register, die im Verlauf nicht konsequent in einer Art oder Mensur gebaut sind; dieses geschieht vor allem aus praktischen Gründen (z. B. Platzbedarf). So kommt es öfters vor, dass ein eigentlich offenes Register in tiefen Tonlagen als Gedeckt gebaut wird; 4'-Zungenregister werden aus Gründen der Stimmbarkeit in der hohen Quinte gerne als Prinzipale gebaut. Da diese „Schummellösung“ nur in den extremen Klangbereichen praktiziert wird, ist das Ergebnis auch für geschulte Hörer oft nicht erkennbar.

Neben- und Effektregister

Als Orgelregister im weitesten Sinne bezeichnet man auch den Tremulanten und die als Hilfsregister durch Registerzüge zu betätigenden Spielhilfen wie Koppeln, Kombinationen und Sperrventile, sowie Kalkantenruf und die ebenfalls durch Registerzüge einschaltbaren mechanischen Spielwerke und speziellen Effekte wie z. B. Zimbelstern, Demutspfeife, Kuckucksruf, Nachtigall, Pauke, Donner und Glockenspiel.

Siehe auch

www.organstops.org Enzyklopädie der Orgelregister auf Englisch (auch mit Klangbeispielen)]

Literatur

  • Christhard Mahrenholz: Die Orgelregister. Ihre Geschichte und Ihr Bau, unveränderter Nachdruck der zweiten Auflage, Kassel etc. 1968