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Oberlandesgericht Kattowitz

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Das Oberlandesgericht Kattowitz war ein von April 1941 bis zur Einnahme Oberschlesiens durch die Rote Armee im Jahr 1945 bestehendes deutsches Oberlandesgericht zur Zeit des Nationalsozialismus.

Geschichte

Das Oberlandesgericht Kattowitz wurde auf Erlass des geschäftsführenden Reichsjustizministers Franz Schlegelberger nach der Verselbstständigung der Provinz Oberschlesien mit Wirkung zum 1. April 1941 errichtet. Es umfasste die Bezirke der Landgerichte Beuthen-Kattowitz, Bielitz, Gleiwitz, Neisse, Oppeln, Ratibor und Teschen aufgeteilt in Amtsgerichtsbezirke, die zuvor in den Zuständigkeitsbereich des Oberlandesgerichts Breslau fielen. Zudem wurden aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Breslau das Amtsgericht Grottkau aus dem Landgerichtsbezirk Brieg dem Landgerichtsbezirk Neisse und der Oberschlesien zugehörige Teil des Amtsgerichtsbezirks Löwen dem Landgericht Oppeln zugeschlagen.[1][2] Da für das Oberlandesgericht Kattowitz keine ausreichend geeigneten Räumlichkeiten gefunden wurden residierte es in den Städten Kattowitz und Beuthen, „weshalb vom späteren OLG-Präsidenten eine Umbenennung des Bezirks in OLG Oberschlesien befürwortet wurde“.[2] Bis zur Einrichtung eines entsprechenden Strafsenats Anfang Juli 1941 wurde Hoch- und Landesverratsdelikte noch weiterhin am Oberlandesgericht Breslau verhandelt.[3]

Sondergerichte in diesem OLG-Bezirk bestanden in Kattowitz und Bielitz.[4] Im OLG-Bezirk Kattowitz befand sich auch das Interessengebiet des KZ Auschwitz, das der SS direkt unterstand und somit nicht in den Zuständigkeitsbereich von Zivilbehörden fiel.[5] Zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen der Gestapo Kattowitz und dem Oberlandesgericht führten Aburteilungen des Polizeistandgerichts, das auch im KZ Auschwitz tagte und die meisten Angeklagten zum Tode verurteilte: Obwohl das Polizeistandgericht auf Grundlage der Polenstrafrechtsverordnung ausschließlich über Nichtdeutsche richten durfte, wurden dort auch sogenannte Volksdeutsche abgeurteilt. Der Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht Kattowitz Paul Steimer beschwerte sich im September 1942 beim Reichsjustizministerium über dieses Vorgehen, das jedoch weiterhin praktiziert wurde.[6] Laut dem Historiker Maximilian Becker usurpierten die Polizeistandgerichte „Teile der Strafverfolgungskompetenzen über die rechtlich fixierte Zuständigkeit hinaus […] und die von der Polizei genutzt wurden, die Justiz zurückzudrängen. Verglichen mit den Standgerichten, die die meisten Angeklagten zum Tode verurteilten, war die Rechtsprechung der regulären Strafgerichtsbarkeit eher zurückhaltend: Alleine das Standgericht der Gestapo in Kattowitz verhängte zwischen Sommer 1942 und seiner Auflösung Ende 1944 schätzungsweise 5200 Todesurteile.“[7]

Präsidenten des Oberlandesgerichts

Einzelnachweise

  1. Erlaß über die Errichtung eines Oberlandesgerichts in Kattowitz vom 20. März 1941 (RGBl. I S. 156)
  2. a b Hans Michelberger: Berichte aus der Justiz des Dritten Reiches, Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1989, S. 145
  3. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 62
  4. Martin Broszat: Nationalsozialistische Polenpolitik 1939–1945, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1961, S. 138
  5. vgl. Sybille Steinbacher: Auschwitz: Geschichte und Nachgeschichte. Verlag C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50833-2, S. 25, 58
  6. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 147
  7. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 297
  8. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 53
  9. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 118f.