Reichsgau Niederdonau

Der Reichsgau Niederdonau (Ahnengau des Führers) war einer von sieben Reichsgauen des Deutschen Reichs im 1938 angeschlossenen Österreich und bestand aus Teilen Niederösterreichs, des Burgenlands, südöstlichen Teilen von Böhmen und südlichen Teilen von Mähren. Der Reichsgau Niederdonau existierte von 1938 bis 1945. Von 1939 bis 1942 wurden die sieben Reichsgaue im ehemaligen Österreich als Ostmark, ab 1942 als Alpen- und Donau-Reichsgaue bezeichnet, um jeglichen Bezug zum früheren Österreich zu beseitigen.
Geschichte
Das System der Parteigaue wurde von der NSDAP 1925 eingeführt und 1941 angepasst, um die Verwaltung der Partei zu organisieren, 1927 auch in Niederösterreich unter Josef Leopold. Ab 1933 nach der Machtergreifung im Deutschen Reich ersetzten die Gaue sukzessive die bisherigen Länder wie den Freistaat Preußen als Verwaltungseinheiten.[1] Nach dem Anschluss Österreichs 1938 wurde dieses zum 1. Mai 1939 in sieben Reichsgaue aufgeteilt.[2]
An der Spitzes jeden Reichsgaues stand ein Gauleiter. Diese wurden nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges besonders mächtig, als sie zusätzlich Reichsverteidigungskommissare wurden. Die Gauleiter waren für Propaganda, Überwachung, die Zwangsarbeiter und ab September 1944 für den neu aufgestellten Volkssturm verantwortlich. Die Gauleitung hatte ihren Sitz erst in Krems an der Donau, dann ab 1938 in Wien IX im Gebäude des Gymnasium Wasagasse, das zuvor besonders viele jüdische Schüler besucht hatten. Der geplante Ausbau von Krems scheiterte kriegsbedingt.
Am 15. Oktober 1938 wurden 97 Gemeinden von Niederösterreich abgetrennt und mit Wien zur zweitgrößten deutschen Stadt vereinigt (Groß-Wien). Dafür kamen die Bezirke Eisenstadt, Neusiedl am See, Mattersburg und Oberpullendorf des aufgelösten Burgenlands zu Niederösterreich. Am 9. Januar 1939 wurde Niederösterreich um sieben bisher zur Tschechoslowakischen Republik gehörenden südmährischen Bezirke zuzüglich Gmünd (Niederösterreich) und Theben (Devín bei Pressburg) vergrößert.
Noch 1937 war Dr. iur. Roman Jäger im Gau Niederösterreich illegaler Gauleiter. Im 1938 so genannten Gau Niederdonau und am 1. Mai 1939 gebildeten Reichsgau Niederdonau fungierte Hugo Jury während der gesamten Zeit als Gauleiter und in Personalunion als Reichsstatthalter seit 1940, seit 1942 auch als Reichsverteidigungskommissar. Sein Stellvertreter als Gauleiter war Karl Gerland, als Reichsstatthalter der Regierungspräsident Erich Gruber.
Ab April 1939 wurden sechs Gauräte als Berater für den Gauleiter berufen: Alois Forst (Gauobmann der DAF), Franz Rehling (Gauamtsleiter NSV), Ludwig Uhl (Kreisleiter Lilienfeld), Ferdinand Ulz (Kreisleiter Wiener Neustadt) und Walter Wolf (Gauamtsleiter für Agrarpolitik).[3]
Verwaltungseinheiten
Ende 1938 gliederte sich der Gau Niederdonau in 21 Kreise, 633 Ortsgruppen, 2119 Zellen und 8085 Blocks.[4]
1939 bestand nach mehreren Änderungen der Gau schließlich aus folgenden Kreisen[5]:
Stadtkreise
- Stadtkreis Krems (zugleich Gau-Hauptstadt)
- Stadtkreis Sankt Pölten
- Stadtkreis Wiener Neustadt
Landkreise
- Landkreis Amstetten
- Landkreis Baden
- Landkreis Bruck an der Leitha
- Landkreis Eisenstadt
- Landkreis Gänserndorf
- Landkreis Gmünd
- Landkreis Hollabrunn
- Landkreis Horn
- Landkreis Korneuburg
- Landkreis Krems
- Landkreis Lilienfeld
- Landkreis Melk
- Landkreis Mistelbach an der Zaya
- Landkreis Neubistritz
- Landkreis Neunkirchen in Niederdonau
- Landkreis Nikolsburg
- Landkreis Oberpullendorf
- Landkreis Sankt Pölten
- Landkreis Scheibbs
- Landkreis Tulln
- Landkreis Waidhofen an der Thaya
- Landkreis Wiener Neustadt
- Landkreis Znaim
- Landkreis Zwettl
Konzentrationslager
Zehn Konzentrationslager befanden sich in diesem Reichsgau, allesamt Nebenlager des Konzentrationslager Mauthausen:
- KZ-Nebenlager St. Aegyd am Neuwalde
- Frauenlager Amstetten, "Bahnbau II"
- Männerlager Amstetten
- Hinterbrühl, "Lisa" (Lager), "Languste" (Werk)
- Waffen-SS Arbeitslager Hirtenberg, "Gustloffwerke"
- KZ Melk, "Quarz"
- KZ-Nebenlager St. Valentin, "Nibelungenwerk"
- KZ-Nebenlager Wiener Neudorf, "Guntramsdorf"
- KZ-Nebenlager Wiener Neustadt (Phase I)
- KZ-Nebenlager Wiener Neustadt (Phase II)
Euthanasie
In den Anstalten in Gugging, Mauer-Öhling sowie Ybbs kam es während des nationalsozialistischen Regimes zu Euthanasie- und Zwangssterilisierungsmaßnahmen.[6]
Literatur
- Stefan Eminger (Hrsg.): Niederösterreich. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Innsbruck 2013 (mit Ernst Langthaler).
Einzelnachweise
- ↑ Die NS-Gaue. Deutsches Historisches Museum. Abgerufen am 4. Januar 2017.
- ↑ Der "Anschluss" Österreichs 1938. Deutsches Historisches Museum. Abgerufen am 4. Januar 2017
- ↑ Klaus-Dieter Mulley: Niederdonau: Niederösterreich im Dritten Reich 1938-1945. In: Stefan Eminger,Ernst Langthaler (Hrsg.): Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 1: Politik. Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-78197-4, S. 82 f.
- ↑ Klaus-Dieter Mulley: Niederdonau: Niederösterreich im Dritten Reich 1938-1945. In: Stefan Eminger,Ernst Langthaler (Hrsg.): Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 1: Politik. Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-78197-4, S. 82.
- ↑ Reichsgau Niederdonau. Deutsche Verwaltungsgeschichte. Abgerufen am 7. Januar 2017.
- ↑ Klaus-Dieter Mulley: Niederdonau: Niederösterreich im Dritten Reich 1938-1945. In: Stefan Eminger,Ernst Langthaler (Hrsg.): Niederösterreich im 20. Jahrhundert. Band 1: Politik. Böhlau, Wien 2008, ISBN 978-3-205-78197-4, S. 92 ff.
Weblinks
Koordinaten: 48° 12′ N, 15° 38′ O