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Brünner Todesmarsch

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Der Brünner Todesmarsch war Teil der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung Mährens. Er begann am 31. Mai 1945, dem Fronleichnamstag, und führte über die Gemeinde Pohrlitz (tschech. Pohořelec) an der deutsch-tschechischen Sprachgrenze und weiter über die Grenze nach Österreich bis nach Wien.

Die deutsche Bevölkerung von Brünn wurde während der sogenannten "wilden Abschiebung" (tschech. divoký odsun) gezwungen, die Stadt zu verlassen. Sie wurden am Abend zuvor auf dem Marktplatz in Brünn zusammengetrieben und mussten am nächsten Tag zusammen mit den deutschen Bewohnern der umliegenden Dörfer, rund 55 Kilometer zur österreichischen Grenze marschieren.

Der Zug bestand hauptsächlich aus Frauen, Kindern, Kleinkindern, Säuglingen und alten Menschen. Die weitaus meisten deutschen Männer befanden sich noch bei der deutschen Wehrmacht oder waren in Lagern in und um Brünn interniert.

Nachdem zunächst an der österreichischen Grenze der Übertritt verweigert wurde, wurden die bis dahin Überlebenden in Pohrlitz in Lagerhallen für Getreide gesperrt.

Vierschiedene Schätzungen führen von 20.000 bis zu 35.000 Personen des Zuges an, von denen gemäß Untersuchungen von Historikern nachweislich etwa 1.700 Menschen umkamen. Die Überlebenden und die (sudeten)deutsche Seite geben oft eine viel höhere Zahl ein: Nach neuesten Forschungen seien rund 5.200 Personen während des Marsches oder unmittelbar danach an Entkräftung, Hunger, Durst und Typhus gestorben oder von den Begleitmannschaften erschossen worden.

In Pohrlitz, auf halben Weg zwischen Brünn und der Grenze zu Niederösterreich, befinden sich mehrere Massengräber der Opfer des Brünner Todesmarsches. Eines davon mit 890 Gräbern ist mit einem schlichten Gedenkstein als Grab erkennbar, wird jedoch weiterhin landwirtschaftlich genutzt.

Erst nach längerem Zögern wurde im Juni 1945 die Grenze zum damals sowjetisch besetzten Niederösterreich geöffnet. Weiter führte der Elendszug nach Österreich, wo große Massengräber unter anderem in den Orten Drasenhofen, Mistelbach, Stammersdorf, und Purkersdorf von diesem Verbrechen gegen die Menschlichkeit Kunde geben. Im Altvaterturm in Thüringen wurde 2004 eine Gedenktafel für die Opfer angebracht.

Am 29. Mai 2005 gedachten die Südmährer anlässlich ihres jährlichen Kreuzbergtreffens aller Opfer der Vertreibung, insbesondere jedoch des 60. Jahrestages des schrecklichen Brünner Todesmarsches.

Geschichtliche Hintergründe

In der sechsjährigen Besetzung der "Resttschechei", fielen im geschaffenen Protektorat Böhmen und Mähren aus Reihen der Zivilisten ca. 40.000 Tschechen und knapp 78.000 Juden der Besatzungsmacht zum Opfer.

Die Aufrufe des Prager Senders zu bewaffneten Aktionen gegen die deutsche Okkupationsmacht lösten am 5. Mai 1945 den Maiaufstand des tschechischen Volkes aus. Hieran beteiligten sich aktiv die Protektoratspolizei und bewaffnete Untergrundorganisationen, die Zulauf von Jugendlichen des Protektorats hatten. Sie blockierten die Rückzugsstraßen der Wehrmacht. Gemäß der kommunistischen sowie auch bisherigen tschechischen überwiegenden Auffassung seien die "wilden Vertreibungen" und Massaker der deutschen Bevölkerung u.a. eine spontane Reaktion auf die brutalen Vorgang der deutschen Okkupanten bei der Bekämpfung dieses Aufstands gewesen.

Zeitdokumente

Daily Mail vom 6. August 1945:
Die Geschichte von 6 Millionen Deutschen, zerstreut durch das Sudetenland, und andere Teile von der Tschechoslowakei und Polen, ist an sich gräßlich, aber niemand kann behaupten, daß es das uralte Prinzip von Aug' um Aug' übersteige ... Letzten Monat [sic!] z. B. entschieden junge Revolutionäre der tschechischen Nationalgarde in Brünn, ihre Stadt zu "reinigen" ... (zitiert nach "Der Sozialdemokrat", Nr. 71 vom 31. August 1945, S. 1124.).

siehe auch