Elektromagnetischer Impuls
Ein elektromagnetischer Impuls, abgekürzt EMP (englisch electromagnetic pulse), bezeichnet einen kurzzeitigen, hochenergetischen, breitbandigen elektromagnetischen Strahlungsimpuls. Es gibt dafür auch die alternative Bezeichnung elektromagnetischer Puls. Es handelt sich dabei nicht um ein periodisches (pulsierendes) Ereignis, sondern um einen transienten Vorgang mit der wesentlichen Eigenschaft in sehr kurzer Zeit auf einen bestimmten Maximalwert anzusteigen und dann vergleichsweise langsam auf den stationären Ruhewert abzufallen. Der Begriff Impuls ist dabei nicht mit dem Begriff des physikalischen Impulses zu verwechseln.
Meist ist die Bedeutung des Begriffs auf für elektrische Anlagen relevante Impulsspektren reduziert, also auf Wellenlängen zwischen 10 mm und 10 km.
Elektromagnetische Impulse können prinzipiell durch jede elektromagnetische Strahlungsquelle erzeugt werden. Im folgenden Text sind einige Beispiele transienter elektromagnetischer Impulsquellen näher beschrieben.
Blitz (LEMP)
Blitze sind natürliche Entladungsvorgänge in der Atmosphäre welche zu einer massiven elektromagnetischen Beeinflussung im Bereich des Blitzkanals und des Einschlagpunktes führen können. Der dabei ausgelöste Impuls wird auch LEMP (engl. Lightning Electromagnetic Pulse) genannt. Weitere Informationen finden sich im Artikel Blitz.
Nuklearer Elektromagnetischer Impuls (NEMP)
Ein nuklearer elektromagnetischer Impuls, abgekürzt NEMP (engl. Nuclear Electromagnetic Pulse) wird indirekt als Folge von intensiver Gammastrahlung und der Wirkung des Erdmagnetfeldes in der Atmosphäre durch den sogenannten Compton-Effekt ausgelöst. Eine starke transiente Gammastrahlungquelle im Bereich über der Erdatmosphäre von ca. 400 km Höhe kann künstlich durch atomare Kettenreaktionen, wie sie bei Kernwaffen ausgelöst werden, erzeugt werden. Aus dieser Primärquelle leitet sich auch die Bezeichnung dieses Impulses ab. Ein NEMP kann aber auch durch andere starke Gammstrahlungsblitze natürlichen Ursprungs ausgelöst werden, beispielsweise durch Pulsare, wenn deren Gammastrahlungsblitz zufällig genau die Erde trifft und die Intensität der Gammastrahlung stark genug ist. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher gering, da solche Himmelsobjekte sehr weit von der Erde entfernt sind.
Durch hochenergetische Gammaquanten im Bereich von einigen MeV aufwärts kommt es an den Molekülen der obersten Schichten der Erdatmosphäre zu einer schlagartigen Ionisierung: Dabei werden aus den Molekülen Elektronen herausgeschlagen, sogenannte Primärelektronen, von denen ein grosser Anteil die ursprüngliche Richtung des Gammaquants beibehält und sich Richtung Erdoberfläche bewegt. Ein Teil dieser freien Elektronen verursacht wegen der hohen Energie in Folge weitere Stoßionisationen und setzt dabei weitere sogenannte Sekundärelektronen frei. Die auf die Erde zufliegenden negativen Elektronen und die zurückgebliebenen positiven Luftionen bilden einen transienten elektrischen Dipol. Aufgrund der Ablenkung der bewegten Ladungsträger im Erdmagnetfeld als Folge der Lorentzkraft entsteht dabei ein transienter magnetischer Dipol.
Diese zeitlich und räumlich schnell veränderliche Ladungs- und Stromverteilung der Dipole im oberen Atmosphärenschichten erzeugt ein breitbandiges, transientes Wellenfeld, welches erst den eigentlichen elektromagnetischen Impuls ergibt welcher für Beeinträchtigungen von elektronischen Geräten und elektrischen Anlagen verantwortlich ist.
Als wesentlicher Unterschied zum LEMP ist die steile Anstiegsgeschwindigkeit und somit Breitbandigkeit dieses Impulses zu nennen. Es wird bereits nach 4 ns 90% des Maximalwertes erreicht. Der genormte NEMP wie er in Prüflaboratorien zum Prüfen von Abschirmungen verwendet wird weist als Maximalwert eine elektrische Feldstärke von 50 kV/m und eine magnetische Feldstärke von 133 A/m auf.
Ähnliche Effekte treten auch bei nuklaren Explosionen in Bodennähe auf. Dort ist die Wirkung des NEMP allerdings auf einen kleineren räumlichen Bereich beschränkt und durch die thermischen und mechanischen Effekte der Nuklearexplosion überlagert.
Magnetohydrodynamischer EMP
Dieser Impuls mit einer vergleichsweise langen Dauer, im Bereich von Sekunden bis zu einigen Minuten, wird durch natürliche thermische Ausgleichsvorgänge in der Erdatmosphäre ausgelöst. Ursache ist eine Wechselwirkung zwischen dem Erdmagnetfeld und ionisierten Gasmassen in der Erdatmosphäre.
Bei diesem Impuls kann es zur induktiver Einkopplung niederfrequenter Ströme in räumlich weitflächig ausgedehnten Energieversorgungsnetzen kommen, welche beispielsweise zu Sättigungserscheinigungen in Leistungstransformatoren führen kann. Die Folge können Stromausfälle sein.
Elektrostatische Entladungen
Beim impulshaften Entladen elektrostatisch geladener Körper über eine Funkenstrecke entstehen transiente Spannungen und Ströme, verknüpft mit transienten elektrischen und magnetischen Feldern, welche einen entsprechenden EMP erzeugen.
Besonders zu erwähnen ist hierbei der Begriff ESD. Durch elektrostatische Entladungen kann es zur direkten Zerstörung von elektronischen Bauteilen kommen.
Künstlich, meist für Prüfzwecke, können solche Entladungsvorgänge auch durch Hochspannungskondensatoren ausgelöst werden. Dabei wird ein Kondensator auf eine bestimmte Gleichspannung aufgeladen und dann über ein entsprechenden Koppelnetzwerk schlagartig entladen. Je nach Koppelnetzwerk und Grösse des Kondensators können verschieden starke Impulse bzw. Impulsformen für Prüfzwecke erzeugt werden.
Geschaltene Induktivitäten
Geschaltene Induktivitäten sind sehr häufig Auslöser elektromagnetischer Impulse. Durch das Bestreben des elektrischen Stromes beim Ausschaltvorgang weiter durch die Induktivität fliessen zu wollen entstehen an der Spule sehr hohe Spannungen welche zu entsprechender Funkenbildung führen können, mit ähnlichen Auswirkungen wie bei der elektrostatischen Entladung. Wesentlich für die Entstehung eines elekromagnetischen Impulses ist hier, dass schlagartig der Strom durch die Induktivitäten unterbrochen wird. Diese Impulse treten beispielsweise beim Abschalten von Elektromotoren, Schützen und anderen induktiven Bauteilen auf.
Anmerkungen
Elektromagnetische Impulse können elektrische und vor allem elektronische Bauteile im Wirkungsbereich zerstören und können deshalb auch als Waffe eingesetzt werden (siehe auch: elektronische Kampfführung, E-Bombe, Induktion). Je nach Impulsquelle kann sowohl die Stärke des Impulses als auch die Dauer über sehr weite Bereiche varrieren.
Ein Schutz vor dem EMP ist durch die Einkapselung der Geräte in einen Faradayschen Käfig und entsprechende Schutzschaltungen auf allen elektrischen Zuleitungen möglich aber meist aufwendig und teuer. Bei manchen Anwendungen lässt sich der Abschirmung allerdings grundsätzlich nicht realisieren. Zum Beispiel hat ein Mobiltelefon keinen Empfang im Faradayschen Käfig, und die entsprechenden Bauteile, um einen Überspannungsschutz zu realisieren, der auch vor einem EMP schützt, wären größer als das Telefon selbst. Räumlich weit ausgedehnte elektrische Anlagen wie Energieversorgungs- und Telekommunikationsnetze sind daher vorallem durch LEMP bzw. NEMP gefährdet.
Literatur
- Adolf J. Schwab: Elektromagnetische Verträglichkeit, 4. Auflage, Springer Verlag, ISBN 3-540-60787-0