Siedlungsarchäologie
Die Siedlungsarchäologie ist einer der bedeutendsten Teilgebiete der modernen Archäologie.
Die Siedlungsarchäologie untersucht Siedlungsformen und Besiedlungsveränderungen. Dazu werden die Formen und Änderungen der Siedlungen und des Siedlungswesens mittels archäologischer Feldforschung und Ausgrabungen erforscht. Die heutige historisch-genetische Siedlungsarchäologie hat sich in enger Zusammenarbeit mit Siedlungsgeschichte und Siedlungsgeografie entwickelt. So oft werden Siedlungsabfolgen von mehreren Jahrhunderten, ja Jahrtausenden bei einzelnen Siedlungen erforscht. Es können so Veränderungen und auch gleich bleibende Elemente untersucht werden und mit anderen erforschten Siedlungen verglichen werden. Am häufigsten ist die Siedlungsarchäologie im Bereich der Ur- und Frühgeschichte.
Pionier im Bereich der Siedlungsarchäologie war Gustaf Kossinna, der Schöpfer der 1920 vorgestellten Siedlungsarchäologischen Methode. Über Typen und deren Vergesellschaftungen wurden Kulturen, Kulturprovinzen und letztendlich Siedlungsräume von ethnischen Gruppen erschlossen. Diese Gleichsetzung von "archäologischer Kultur", Ethnie und Rasse führte vor allem während der nationalsozialistischen Herrschaft zur einer folgenschweren und bedenklichen Verquickung der Ur- und Frühgeschichte mit der faschistischen Ideologie. Kernsatz in Kossinas Lehre war "Scharf umgrenzte archäologische Kulturprovinzen decken sich zu allen Zeiten mit ganz bestimmten Völkern oder Völkerstämmen" (Kossinna 1920, 3). Auf die Frage nach der "ethnische Deutung" prähistorischer Funde werden Antworten durch die Verknüpfung von "archäologischen" mit "historischen" Methoden gesucht. Kossinna nannte als Grundlage seiner "siedlungsarchäologischen Methode", daß "diese Methode ... sich des Analogieschlußes [bedient], insofern sie die Erhellung uralter, dunkler Zeiten durch Rückschlüsse aus der klaren Gegenwart oder aus zwar ebenfalls noch alten, jedoch durch reiche Überlieferung ausgezeichneten Epochen vornimmt. Sie erhellt vorgeschichtliche Zeiten durch solche, die in geschichtlichem Lichte stehen" (Kossinna, 2.3). In der Nachkriegszeit führte das dazu, daß man das empirische Sammeln von Fakten und deren chronologisch-räumliche Ordnung zum wichtigsten Forschungsziel erklärte und somit die endgültigen Weichen für die heutige deutsche Archäologie stellte. Theoretische Ansätze gleich welcher Art traten in den Hintergrund.
Eine Neudefinition der Siedlungsarchäologie führte Herbert Jankuhn durch.
Literatur
- Gustaf Kossinna, Die Herkunft der Germanen. Zur Methode der Siedlungsarchäologie, Leipzig 1920.
- Herbert Jankuhn: Einführung in die Siedlungsarchäologie, Berlin/New York 1977.