Quark (Physik)

Quarks sind die elementaren Bestandteile (Elementarteilchen), aus denen Hadronen aufgebaut sind.
Zusammen mit den Leptonen gelten sie heute als die fundamentalen Bausteine, aus denen alle Materie aufgebaut ist.
1964 postulierte der Caltech-Physiker Murray Gell-Mann zusammen mit seinem Kollegen George Zweig die Existenz der Quarks, deren Bezeichnung er auch prägte. Den Namen Quark entnahm er dem (Nonsens-)Satz „Three Quarks for Muster Mark“ in James Joyces Finnegans Wake wobei aus einem Quart (Viertelliter) des Wortklangs wegen ein Quark wurde. Gell-Manns Kollege Richard Feynman wollte die Teilchen partons (Partonen) – wie in Dolly Parton – nennen, wurde jedoch überstimmt. Gell-Mann erhielt 1969 den Nobelpreis für Physik.
Quarks tragen einen Spin von ½ und sind damit Fermionen.
Quark-Flavors
Die folgenden sechs verschiedenen Quark-Arten bezeichnet man auch als Quark-Flavors (Geschmacksrichtung, amerik. flavor). Die sechs Quarks sind zusammen mit den Leptonen die Grundbausteine der Materie.
Name | Symbol | Generation | El. Ladung | Masse (MeV/c²) | Spin | Lebensdauer (s) |
Up | u | 1 | +2/3 | 1,5–4,0 | ||
Down | d | 1 | –1/3 | 4–8 | -1/2 | |
Strange | s | 2 | –1/3 | 80–130 | ||
Charm | c | 2 | +2/3 | 1150–1350 | 1/2 | 10−12 |
Bottom (Beauty) | b | 3 | –1/3 | 4150–4400 | −1/2 | 2 * 10−12 |
Top (Truth) | t | 3 | +2/3 | 174300 ± 5100 | 1/2 | 10−24 |
Die Zuordnung der Massen ist nicht eindeutig. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang Konstituentenquarks und Stromquarks. Die hier angegebenen Massen sind die der Stromquarks. Weil Quarks nie alleine, sondern immer in Gruppen auftreten, lässt sich nur aus der Masse der Gruppe auf die der einzelnen Bestandteile schließen.
Anmerkung: in der Teilchenphysik wird oft in natürlichen Einheiten gerechnet, wobei Massen in der Einheit der Energie Elektronenvolt (eV) angegeben werden.
Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik gehören das Down-Quark, das Up-Quark, das Elektron und das Elektron-Neutrino zur ersten Generation von Teilchen.
Up-Quark
Up ist Englisch für nach oben. Dieser Name beruht auf einer der physikalischen Größen, die den Quarks zugesprochen werden: dem Isospin. Der Isospin entspricht einem Drehimpuls, der in zwei verschiedenen Weisen orientiert sein kann, up oder down. Er wurde ursprünglich von Heisenberg vorgeschlagen, um die beiden Nukleonen Proton und Neutron als unterschiedliche Spin-Einstellungen ein und des selben Teilchens, des Nukleons darzustellen.
Down-Quark
Das Down-Quark entspricht der anderen Einstellung des Isospins: down. Es hat eine elektrische Ladung von −1/3e, einen Isospin von −1/2 und eine Masse von 4–8 MeV. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Physik (Stand: 2005) ist es ein stabiles Teilchen.
Strange-Quark
Nachdem man mit dem auf Up- und Down-Quark basierenden Quark-Modell den Aufbau einiger Baryonen wie z.B. , und nicht erklären konnte, führte der Begründer des Quark-Modells Gell-Mann ein neues Quark ein, um diese Teilchen mit Hilfe des Quark-Modells erklären zu können. Dieses „seltsame“ Quark nannte er Strange-Quark.
Die negativierte Strangeness eines Teilchens gibt die Anzahl der enthaltenen Strange-Quarks an.
Das Strange-Quark ist Bestandteil der sogenannten Kaonen und der Phi-Resonanz
Charm-Quark
Das Charm-Quark (manchmal auch Charme-Quark genannt) gehört zur 2. Familie der Quarks und ist damit Gegenstück des Strange-Quarks. Dem Charm-Quark entspricht die Charm-Quantenzahl C, die für das Charm-Quark den Wert −1 annimmt. Das Charm-Quark wurde 1970 vorhergesagt, 1974 wurde es das erste Mal in einem Experiment künstlich erzeugt. Die Lebensdauer eines Charm-Quarks beträgt ungefähr 10−12 Sekunden, sein Spin ist 1/2, damit ist es ein Fermion.
In Teilchendetektoren erkennt man Verbindungen mit Charme-Quarks an ihrer relativ langen Lebensdauer. Das liegt daran, dass sie nur über die schwache Wechselwirkung in Strange-Quarks zerfallen können.
Das Charm-Quark ist Bestandteil der sogenannten B-Mesonen und des J/ψ-Mesons
Bottom-Quark
Das Bottom-Quark (auch Beauty-Quark genannt) bildet mit dem Top-Quark, dem Tauon und dem Tauon-Neutrino die dritte Teilchengeneration des Standardmodells.
Das erste Teilchen, das ein Bottom-Quark enthielt, wurde im Jahr 1977 am Fermi National Accelerator Laboratory entdeckt.
Das Bottom-Quark ist Bestandteil der sogenannten B-Mesonen und der Ypsilon-Resonanz
Top-Quark
Das Top-Quark (auch Truth-Quark genannt) ist das schwerste Quark, also einer der Grundbausteine der Materie. Da es in 10−24 Sekunden zerfällt, kommt es in der Natur nicht vor. Es ist der Partner des Bottom-Quarks. Seine Besonderheit ist, dass es mit 178 GeV/c² extrem schwer ist, in der Größenordnung eines Goldatoms. Es konnte aufgrund der immensen zur Erzeugung benötigten Energie erst 20 Jahre nach seinem Partner im Jahr 1995 experimentell belegt werden (von einer experimentellen Gruppe des Fermi National Accelerator Laboratory), obwohl es schon im Jahr 1977 theoretisch postuliert wurde.
Die Masse des Top-Quarks und Folgen für Higgs- und Standardmodell
Einer Kollaboration am Fermilab (Illinois/USA) gelang es erst 2004, die Masse des Top-Quark mit guter Genauigkeit zu bestimmen und damit eine bessere Vorhersage der Masse des vom Standardmodell vorhergesagten, aber noch unentdeckten Higgs-Bosons zu ermöglichen.
Quarks lassen sich experimentell nicht einzeln beobachten: Sie treten immer in Kombinationen von zwei oder drei Quarks auf und sind nur indirekt anhand bestimmter Umwandlungen nachweisbar. Erst im Jahr 1995 konnten zwei Arbeitsgruppen am Fermilab (Illinois/USA) unabhängig voneinander den Nachweis von Top-Quarks bekannt geben, die dort als Quark-Antiquark-Paare bei Proton-Antiproton-Kollisionen entstanden waren. Das gesuchte Teilchenpaar zerfällt nach extrem kurzen 10−24 Sekunden in Bosonen sowie Verbindungen des leichteren Bottom-Quarks, die ihrerseits wieder zerfallen, so dass sich ganze Jets an Teilchen bilden. Die Masse lässt sich nur durch eine genaue Analyse der Energie- und Impulsbilanz dieser Zerfälle bestimmen. Die Auswertung solcher komplexen Zerfallsjets ergab eine erstaunlich hohe Masse von 174 GeV, wesentlich schwerer als die anderen Quarks; die Messunsicherheit betrug zum damaligen Zeitpunkt allerdings 10 %.
Nach erfolgreicher Aufrüstung des Fermilab sowie Verbesserung der Nachweisdetektoren wurde 1999 der Messbetrieb bei einer Kollisionsenergie von 1,8 TeV fortgesetzt. Eine höhere Produktionsrate an Top-Quarks ermöglichte dabei eine genauere Analyse der Teilchenjets. Eine der beiden Arbeitsgruppen, die DØ-Kollaboration (sprich: DZero), hat 2004 die Masse des Top-Quarks anhand neuer Messdaten und mit Hilfe eines verfeinerten Auswertungsverfahrens präzisiert und den bisherigen offiziellen Wert auf 172,7 ± 2,9 GeV korrigiert.
Die extrem große Masse des Top-Quarks legt nahe, dass es sich grundsätzlich von den fünf leichteren Quarks unterscheidet. Auf der Grundlage einer präzisen Messung seiner Masse lassen sich der Theorie zufolge Aussagen über die mögliche Masse des noch nicht nachgewiesenen Higgs-Bosons gewinnen. Dieses Teilchen, das 1964 von dem englischen Physiker Peter Higgs vorausgesagt wurde, wechselwirkt mit anderen Teilchen und verleiht ihnen als Austauschteilchen ihre Masse. Es komplettiert das Standardmodell. Der wahrscheinlichste Wert für die Masse dieses Higgs-Teilchens stieg von 96 auf 117 GeV, einem Wert, der momentan experimentell nicht erreichbar ist. Ein Wert unter 114 GeV ist experimentell bereits ausgeschlossen worden. Diese Diskrepanz hätte die Existenz des Higgs-Teilchens zu Fall gebracht, eine ernst zu nehmende Inkonsistenz des Standardmodells.
Die enorme Masse des Top-Quarks macht auch seine Zerfälle zu einem fruchtbaren Feld für die Suche nach neuen Teilchen, wie beispielsweise den Teilchen der Supersymmetrie, einer erfolgversprechenden Erweiterung des Standardmodells, die auch die Gravitation berücksichtigt. Mit der Produktion von Top-Quark-Paaren bei höheren Kollisionsenergien lässt sich vielleicht auch die Frage beantworten, ob es sich bei den Quarks wirklich um strukturlose, fundamentale Teilchen handelt. Neue Ergebnisse erhofft man sich daher vom Large-Hadron-Collider (LHC) am CERN, der sich zur Zeit im Bau befindet und 2007 in Betrieb gehen soll. Dort werden zwei Protonenstrahlen mit mehr als 14 TeV zur Kollision gebracht.
Eigenschaften
Zu allen Quarks existiert ein entsprechendes Antiteilchen, Antiquark genannt, mit entgegengesetzter elektrischer Ladung. Nur die Quarks der ersten Generation bilden Nukleonen und somit die normale Materie. Die Bestandteile der Atomkerne, die Protonen und Neutronen, setzen sich aus Down-Quarks und Up-Quarks zusammen.
Die Elektrische Ladung der Quarks ist –1/3 oder +2/3 der Elementarladung. Die Theorie der Quantenchromodynamik (QCD) postuliert, dass Quarks nicht isoliert auftreten können, sondern sich immer derart vereinen, dass nach außen nur ganzzahlige elektrische Ladungen sichtbar sind. Der Grund hierfür ist laut QCD die nur bei den Quarks (bzw. Antiquarks und Gluonen) zusätzlich wirkende Farbladung, die mit rot, grün, blau, (bzw. antirot, antigrün und antiblau für Antiquarks) bezeichnet wird. Diese hat aber mit den normalen Farben nichts zu tun. Die Farbladung bewirkt, dass einzelne farbige Quarks niemals auftreten können. Stattdessen müssen sie sich zu zusammengesetzten farblosen Teilchen gruppieren, entweder zu drei Quarks (Baryonen), drei Antiquarks (Antibaryonen) oder Quark-Antiquark Paare (Mesonen). Als Ursache der Farbladung gelten die Gluonen, die Austauschteilchen (Bosonen) der starken Wechselwirkung (vgl. auch Confinement).
Obwohl anhand von Streuungsexperimenten eine drittelzahlige Ladungsverteilung in Nukleonen indirekt gemessen wurde, konnte man trotz intensiver Suche bis heute noch nie drittelzahlige Elementarladungen direkt beobachten (zur Bestimmung der Elementarladung siehe auch Millikan-Versuch).
In jüngerer Zeit (2003) haben sich experimentelle Hinweise für ein Teilchen verdichtet, welches einen gebundenen Zustand aus fünf Quarks darstellen könnte (vier Quarks und ein Anti-Quark, Pentaquark). Auch solche Teilchen haben ganzzahlige Ladungen, sie können (nach ihrer so genannten Baryonenzahl) als Baryonen aufgefasst werden, oder als Verbindung von einem Baryon mit einem Meson.
Im Rahmen einer Thermodynamik der QCD wird für Quarks ein Zustand vorausgesagt, in welchen sich die Quarks wie quasi-freie Teilchen verhalten, das Quark-Gluon-Plasma. Der zugehörige Phasenübergang wird bei einer Temperatur erwartet, die einer Energie von 200 MeV und der ein- bis dreifachen Dichte von Atomkernen entspricht. Eine direkte Beobachtung des Quark-Gluon-Plasmas ist bisher nicht möglich; Experimente am CERN und BNL liefern jedoch Indizien für dessen Existenz.
Quarks unterliegen, im Unterschied zu den Leptonen, allen Grundkräften der Physik:
Geschichte
Die Vorstellung von Quarks wurde 1961 unabhängig voneinander durch Murray Gell-Mann und Kazuhiko Nishijima entwickelt. Dieses Schema gruppierte die Teilchen mit bestimmtem Isospin und eabestimmter Strangeness nach einer unitären Symmetrie die sich aus der Stromalgebra herleitete. Heutzutage ist diese globale SU(3) Flavor-Symmetrie (nicht zu verwechseln mit der Eichsymmetrie der QCD) als Teil der näherungsweise gültigen chiralen Symmetrie der QCD bekannt.
In diesem Schema wurden die leichtesten Mesonen (Spin 0) und Baryonen (Spin ½) in Oktetten der Flavor-Symmetrie gruppiert. Eine Klassifizierung der Spin-3/2-Baryonen bildet ein Dekuplett, was zur Vorhersage eines neu Elementarteilchens, dem Ω−, führte. Mit der Entdeckung des Ω− im Jahr 1964 wurde das Quark-Modell weitgehend akzeptiert.
Gell-Mann nannte dieses Schema Eightfold Way, eine Bezeichnung die die Oktette des Modells mit dem Achtfachen Pfad des Buddhismus verbindet. Er prägte auch den Namen Quark den er aus dem Satz “Three quarks for Muster Mark” aus James Joyce’s Roman Finnegans Wake entnahm. Da aber einzelne Quarks in Experimenten nie beobachtet wurden, bezeichnete Gell-Mann sie als mathematische Fiction.
Aus der Analyse bestimmter Eigenschaften bei hochenergetischen Reaktionen von Hadronen postulierte Richard Feynman eine Substruktur der Hadronen, den Partonen. Eine Skalierung der tiefinelastischen Streuquerschnitte die James Bjorken aus der Stromalgebra herleitete konnten ebenfalls durch die Partonen erklärt werden. Als die Bjorken-Skalierung im Jahr 1969 durch ein Experiment verifiziert wurde, wurde klar, dass Partonen und Quarks das gleiche sein könnten. Mit dem Beweis der asymptotischen Freiheit der QCD im Jahr 1973 durch David Gross, Frank Wilczek und David Politzer etablierte sich diese Vorstellung weiter.
Das Charm-Quark wurde 1973 von Sheldon Glashow, John Iliopoulos und Luciano Maiani postuliert (GIM-Mechanismus), um bis dahin unbeobachtete Flavor-Wechsel in Zerfällen durch die schwache Wechselwirkung (sog. "Flavour ändernde neutrale Ströme") zu verhindern; andernfalls würden solche Flavor-Wechsel im Standardmodell auftreten. Dies wurde 1975 mit der Entdeckung des J/ψ-Mesons, welches aus einem Charm-Quark und seienem Antiquark besteht, bestätigt.
Die Existenz einer 3. Generation von Quarks wurde von Kobayashi und Maskawa vorhergesagt, die feststellten, dass die CP-Verletzung durch neutrale Kaonen nicht mit dem Standardmodell mit 2 Quark-Generationen erklärbar ist. Das Bottom-Quark wurde 1980 und das Top-Quark wurde 1995 am Tevatron entdeckt.
Literatur
- G. Weiglein, Nature 429, 613 (2004) - DØ-Collaboration, Nature 429, 638, (2004) -
- The CDF-Collaboration, the DØ-Collaboration, the Tevatron Electroweak Working Group, Combination of CDF and DØ Results on the Top-Quark Mass [1]
Weblinks
- "Particle Data Group" - Aktuelle Massen aller Quarks
- "The Particle Adventure" - Gute Einführung in die Welt der Quarks
- Spontane Entstehung von Strange-Quark-Paaren in Protonen (englisch)
Video
[2] aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am .