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Lega Nord

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Basisdaten
Gründungsdatum: 1991
Gründungsort: ?
Mitglieder: ca. 150.000
Vorsitzender: Umberto Bossi
stellvertretende
Vorsitzende:
?
Adresse: ?
Parteigliederung: ?
Website: www.leganord.org
E-Mail: info@leganord.org
Werbewagen für die Lega-Nord zu den Regionalwahlen in der Toskana am 3. April 2005 auf der "Piazza della Repubblica" in Florenz
Karte Italiens, die geographische Region Padanien ist markiert

Die Lega Nord ist eine rechtspopulistische Partei in Italien, die u. a. die Abspaltung Norditaliens vom wirtschaftlich schwächeren Süden forderte. Zentraler Programmpunkt der Partei ist die Verlagerung von Kompetenzen des Italienischen Zentralstaates auf die Regionen ("Devolution").

Geschichte

Sie entstand aus der Anfang der 1980er Jahre gegründeten lombardischen Autonomiebewegung Lega Lombarda. Einer der Mitbegründer ist der Vorsitzende der Partei Umberto Bossi. 1987 wird Bossi, dank vieler Protestwähler in Norditalien, zum ersten Mal ins Parlament gewählt und erhält so seinen bis heute gültigen Beinamen Il Senatur.

Im Jahre 1991 verbindet sich die Lega Lombarda mit anderen Gruppierungen, u.a. Łiga Veneta, Piemont Autonomista, Uniun Ligure, Lega Emiliano-Romagnola, Alleanza Toscana, zur Partei Lega Nord, deren Vorsitzender Bossi seitdem ist. Im gleichen Jahr wird Bossi Abgeordneter des Europäischen Parlaments.

Programm

Zentraler Programmpunkt der Partei ist die Verlagerung von Kompetenzen des Italienischen Zentralstaates auf die Regionen ("Devolution"). Daneben wird Bossi bekannt durch seine oft scharfe Polemik gegen Rom als Zentrum der Korruption, gegen die Bürokratie und den italienischen Süden überhaupt. Dem setzt er die Vision eines unabhängigen, norditalienischen Staates entgegen, den er "Republik Padanien" (Padania) nennt. Anfang der 1990er Jahre wird während des Untergangs des politischen Systems der ersten Italienischen Republik die Lega Nord im Norden zur Massenpartei.

In der Wahl 1992 trat die Lega Nord allein an, mit einem guten Resultat.

In der Wahl 1994 kandidierte die Lega Nord im Norden zusammen mit den Mitte-Rechts-Parteien. Nach dem Wahlsieg der Mitte-Rechtsparteien im Jahre 1994 trat die Lega Nord in die erste Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein. Schon Ende des Jahres entzieht Bossi jedoch dem viel geschmähten Berlusconi - Bossi bezeichnet ihn als Berluscaz, eine Zusammensetzung mit cazzo "Schwanz", bzw. als "Berluskaiser" - das Vertrauen und es kommt zum Sturz der Regierung.

In der Zeit zwischen dem Fall der Regierung Berlusconi und den Neuwahlen 1996 unterstützte die Lega Nord die Mitte-Links-Regierung Lamberto Dini.

Bei den Wahlen 1996 stellte sich die Lega ins politische Zentrum, in der Hoffnung das Zünglein an der Waage zu werden. Die Linke bekam circa 42% der Stimmen und die Rechte circa die gleiche Prozentsatz, die Lega Nord circa 10%. Durch das stark vom Mehrheitswahlrecht geprägte Wahlsystem fiel aber die Mehrheit der Parlamentsitze an die Linke.

In den Jahren danach verstärkt Bossi in der Opposition seine separatistischen Bestrebungen. Dazu zählt die Einsetzung eines Parlaments von Padanien und die Ausarbeitung einer padanischen Ideologie, die sich am antiken Keltentum inspiriert. Veranstaltet werden auch patriotische kultische Festivitäten um den Fluss Po, mit dessen Wasser Bossi jedes Jahr an der Quelle eine Phiole füllt und danach in Venedig ins Meer schüttet, als Symbol der "Reinheit" des Nordens. Weitere Schwerpunkte des Parteiprogramms sind auch die Ablehnung von Einwanderern und der Europäischen Union. Die fremdenfeindlichen Positionen werden durch Aktionen begleitet.

Vor den Parlamentswahlen 2001 verbündet sich die Lega Nord gezwungenermaßen erneut mit Berlusconi, wegen der Wahlgesetz, stark am Mehrheit-System zugeschnitten. Bossi tritt nach dem Wahlsieg des Mitte-Rechts-Bündnisses als Minister für institutionelle Reformen ins Kabinett ein.

Am 11. März 2004 erleidet er einen Herzinfarkt und einen Hirnschlag. Nach langer Rekonvaleszenz verlässt Bossi am 19. Juli 2004 angeblich allein aus Gesundheitsgründen die bereits krisengeschüttelte Regierung von Silvio Berlusconi, um als Abgeordneter ins Europaparlament zu gehen.

Die Lega Nord bildet zur Zeit mit Berlusconis Partei die Regierungskoalition.

Der 2001 verstorbene Gianfranco Miglio wurde als "Chefdenker" der Lega Nord bezeichnet und galt als intellektuelles Aushängeschild eines Netzwerkes der Neuen Rechten, der Synergies Européennes.

Mit der separistischen Partei Bündnis 98, einer Abspaltung der FPÖ, arbeitet die Lega Nord eng zusammen.

Skandale um rassistische Äußerungen

Statt offenem Rassismus bezieht sich die Lega Nord, wie andere rechte Parteien Europas, auf den Ethnopluralismus. Charakteristisch für diese Auffassung ist die Aussage von Umberto Bossi im Juni 2000 bei der jährlichen Zusammenkunft der Lega Nord in Pontida, dass nach seiner Meinung nichts „die Völker und ihre Verschiedenheiten auslöschen" könne, "noch ihre Kulturen und charakteristischen Eigenschaften, die die Frucht sind ihrer Interaktion mit ihrem Territorium und den Nahrungsmitteln, das ihr Territorium produziert und das sie konsumieren“. Alain de Benoist, der Vordenker der „Nouvelle Droite“, darf auf der Titelseite des Lega-Nord-Blattes La Padania die aktuelle politische Entwicklung kommentieren.

Obwohl die führenden Köpfen der Lega Nord dies stetig zu verneinen versuchen, gab es auch offen rassistische "Ausrutscher" der Partei und ihrer Mitglieder:

  • Umberto Bossi vertrat die Ansicht, dass Afrikaner, die er in Anlehnung an den Titel eines Films über einen bei Affen aufgewachsenen Menschen mit Adriano Celentano "Bingo Bongos" nannte, nicht die gleichen Rechte haben dürfen wie die Italiener. Italiener müssten seiner Ansicht nach auch die besseren Wohnungen und Häuser erhalten.
  • In einem Interview sagte Bossi: "die Marine und die Guardia di Finanza (Zoll) sollten lieber auf die Immigrantenboote schießen, die illegal nach Italien kommen wollen". Nach vielen Kritiken aus ganz Italien nahm er seine Aussage zurück und behauptete, er habe damit natürlich die leeren Boote gemeint.
  • Erminio Boso forderte für den Zugverkehr die Einführung eines Apartheidssystems, nach dem Immigranten nicht gleichberechtigt über ihren Sitzplatz entscheiden dürften.
  • Giancarlo Gentilini, ab 1995 bis 2005 Bürgermeister von Treviso, und derzeit (2006) stellvertretender Bürgermeister, forderte "diese Schmarotzer von Immigranten bäng-bäng-bäng-mäßig (zu) erziehen". Die Stadt, die mit 8% Einwanderern in der Gesamtbevölkerung über dem italienischen Durchschnitt (4,5%, 2005) liegt, ist eine Hochburg der Lega Nord.

Dennoch wurde Treviso Anfang März 2006 mit dem Immigranten-Preis der CARITAS/MIGRANTEN, einer Caritas-Gruppe augezeichnet als die "immigrantenfreundlichste Stadt" in Italien. (Quelle: IV RAPPORTO CNEL/CARITAS-MIGRANTES SU INTEGRAZIONE STRANIERI: MIGLIORE NELLE REGIONI DEL NORD-EST ) (GOOGLE mit parameters : Caritas/Migrantes IV rapporto) (Tages-Zeitungen 22/23-03-2006)

  • Im Juni 2005 wurde auf einer Veranstaltung der Lega Nord dazu aufgefordert, Alfonso Pecoraro Scanio, Sekretär der italienischen Grünen und ein bekennender Bisexueller, sowie eine helfende Hand für Immigranten, zu vergewaltigen.
  • Mario Borghezio, EU-Abgeordneter der Lega Nord, erhielt 1993 eine Buße von 750.000 Lire (etwa 390 Euro), weil er ein fremdes marokkanisches Kind geohrfeigt hatte.
  • Am 19. Oktober 2005 wurde Mario Borghezio zu 5 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er im Jahr 2000 in Turin Zelte von Immigranten angezündet hatte, die unter einer Brücke schliefen.

Sonstige Skandale

  • Im Februar 2006 ließ Roberto Calderoli ein T-Shirt mit den Mohammed-Karikaturen produzieren. In einem Liveinterview vom 17. Februar 2006 zeigte er stolz das T-Shirt. Daraufhin kam es in Libyen zu gewaltsamen Protestdemonstrationen vor dem italienischen Konsulat, wobei bei Auseinandersetzungen mit der Polizei elf Menschen starben. Seine Kabinettskollegen, allen voran Ministerpräsident Silvio Berlusconi, drängten ihn zum Rücktritt, den er am 18. Februar 2006 einreichte.

Laufendes Verfahren

45 Mitglieder der Partei, unter anderem Umberto Bossi, sind 1996 wegen "Gefährdung der italienischen Einheit" angezeigt worden. Am 7. Februar 2006 wird die Anklage fortgesetzt. Die Angeklagten müssen sich vor Gericht verantworten. Laut dem italienischen Gesetzbuch müssen die Angeklagten mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Datei:Padaniaitalia.PNG

Parteimedien

Die Partei verfügt über eine Tageszeitung, die La Padania, das Journal Indipendente und das Wochenmagazin Il Sole delle Alpi. Jetzt hat die Partei auch eine neue Wochenzeitung namens Il Federalismo.

Literatur

  • Gerhard Feldbauer: Von Mussolini bis Fini: Die extreme Rechte in Italien. Elefanten-Press/Antifa-Edition, Berlin 1996, ISBN 3-885-20575-0