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Medikalisierung

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Die Medikalisierung ist ein Prozess, wo sich die moderne Gesellschaft immer mehr medizinische Dienstleistungen leistet, anbietet und nutzt. Ebenso zeigt der Begriff versschiedene Seiten auf, wie das Gesundheitswesen nicht nur Krankheiten kuriert sondern auch produziert. So werden heute Diagnosen und Behandlungen in einem immer grösseren Umfang angeboten. Was früher als ein nicht medizinischer Zustand gilt, wird heute medizinisch diagnostiziert. Beispiele hierzu sind das Schnarchen, Zahnarztschreck oder Kinderlosigkeit. Aber auch die Professionalisierung des Gesundheitswesens verhilft zu dieser Tendenz. Heute wird vieles einer professionellen Behandlung übergeben, was früher in der Familie, Privatsphäre oder ausserhalb des Gesundheitswesens behandelt wurde. Natürliche Prozesse wie Schwangerschaft oder Alterung werden mehr und mehr zu medizinischen Zuständen, die einer genaueren medizinischen Beobachtung oder gar Behandlung unterstellt werden. Allgemein bekannte Lebensprobleme werden psychiatrisch diagnostiziert und behandelt. Doch auch die Behebung von Schönheitsmangel des Körpers werden zu medizinischen Aufgaben.

Ursachen der Medikalisierung

Erstens finden wir diese innerhalb des Gesundheitswesens selbst. Durch die Professionalisierung wie auch die hochtechnologisierte Medizin werden neue Möglichkeiten angeboten aber ebenso viele neue Leiden aufgezeigt. Doch auch ausserhalb des Gesundheitswesens müssen die Ursachen gesucht werden. Patienten sind heute krankheitssensitiver und sind sich vieler Symptomer mehr bewusst, denn vor wenigen Jahren, die Medien aber auch staatliche Präventionsimformationen haben sicherlich dazubeigetragen. Viele Patientenorganisationen verlangen und suchen die Anerkennung von zum Teil diffusen Problemen. Dabei ist zu beachten, dass erst durch die Anerkennung des Gesundheitswesens, die Patienten Anspruch auf ökonomische Unterstützung oder Anrecht auf öffentliche Behandlung haben. Im Weiteren ist die Medikalisierung auch durch ökonomische Interessen verursacht. Die Pharmaindustrie und Medizinproduktehersteller sind ihrerseits interessiert an einer Ausweitung ihres Marktes.

Statt einer so weiten medizin-soziologischen Betrachtung kann auch im engeren Sinn sich die Medikalisierung nur auf Medikamente beziehen, zum Beispiel aif die "überflüssige" Gabe oder Einnahme von Medikamenten, die in weiterer Folge der Gesundheit abträglich ist. Ein Beispiel hierzu ist die explosive Erhöhung der Medikamentenbehandlung von hyperaktiven Kindern und Erwachsenen, wobei es fraglich ist, ob dies in jedem Fall gut ist für die allgemeine Krankheit.

Kritik am Medikalisierungsbegriff

Die Medikalisierung ist keine eindeutige Tendenz. So zeigt das Beispiel der Homosexualität, dass heute kaum noch von der Psychatrie als abnormaler Zustand angesehen wird, sondern eine "normale" sexuelle Form darstellt. Aber auch gesellschaftliche Versuche die Kostenexplosion im Gesundheitswesen zu dämpfen sprechen dafür dass man versucht den Prozess der Medikalisierung einzuschränken. Auch sind unbestritten viele ethische und moralische Fragen indirekt mit der Medikalisierung verknüpft.

Siehe auch

Literatur

  • Ivan Illich: Die Nemesis der Medizin. Die Kritik der Medikalisierung des Lebens.

--129.242.230.181 00:27, 28. Mai 2006 (CEST)