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Fassade

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Kirchenfassade
Modul-Fassade von Otto Steidle

Die Fassade (von frz.: façade, über ital.: facciata, ursprüngl. von lat.: facies: Angesicht/Gesicht) ist ein gestalteter, oft repräsentativer Teil der sichtbaren Hülle (Gebäudehülle oder Außenhaut) eines Gebäudes. Fassaden fertigt zumeist der Fassadenmonteur.

Begriff

In der Architekturgeschichte bezieht sich der Begriff auf die Hauptansichtsseite oder Schauseite eines Gebäudes.[1] Das war in der Regel die Seite, die dem öffentlichen Stadtraum (Straße, Platz) zugewandt war. Die anderen Seiten der Gebäude waren oft schlichter ausgeführt. Bei Kirchen war zum Beispiel in der Regel die Westfassade, in England auch Schirmfassade genannt, am aufwändigsten gestaltet. Besonders bei freistehenden Bauwerken konnten jedoch auch mehrere oder alle Seiten des Gebäudes als gestaltete Fassade ausgeführt sein (z. B. La Rotonda). Man unterscheidet in der Regel nach Himmelsrichtungen. Die einzelnen Teile einer Fassade, wie zum Beispiel Fenster oder Blendsäulen, bezeichnet man als Fassadenelemente.

Mittelalterliche Hausfassade mit Staffelgiebel

Im 20. und 21. Jahrhundert wird der Begriff Fassade auch für weniger repräsentative und aufwändige Gebäudeansichten gebraucht. Er bezeichnet nicht unbedingt eine bestimmte Ansicht, sondern das wesentliche Prinzip der Gebäudehülle. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Gestaltung (z. B. Lochfassade), Funktion (z. B. Blendfassade), das Material (z. B. Glasfassade) und die Konstruktion (z. B. Vorhangfassade).

Viktorianische Wohnhausfassaden in San Francisco

Der Begriff wird häufig synonym zu Außenwand verwendet. Die Begriffe sind allerdings nicht deckungsgleich. So ist eine leichte vorgehängte Glasfassade keine Wand (also auch keine Außenwand) und eine Brandwand gilt nicht als Fassade, auch wenn kein Haus angebaut ist. Zudem gibt es tendenzielle Unterschiede zwischen beiden Begriffen. Spricht man von der Fassade, so geht es um die Ansicht und das wesentliche Prinzip der Gebäudehülle. Der Begriff wird in der Architektur verwendet, der Fokus liegt oft auf der Ästhetik, die Perspektive ist die des Betrachters. Der Begriff Außenwand dagegen bezeichnet das funktionale Bauteil, das den Außenraum vom Innenraum trennt. Außenwand ist ein eher technischer Begriff und impliziert häufig eine reizärmere Gestaltung.

Typologie

Im Folgenden werden verschiedene Begriffe und Arten von Fassaden alphabetisch gelistet und jeweils kurz erklärt.

Gestaltung

Vorgehängte hinterlüftete Lochfassade

Funktion

  • Blendfassade: Mit diesem Trick wird manchmal die Struktur des Gebäudeinneren verschleiert (berühmtes Beispiel: Rom, St. Peter). Blendfassaden wurden und werden insbesondere von Vertretern der Moderne immer wieder kritisiert. Häufig wird der Begriff Fassade auch synonym mit „Blendfassade“ verwendet, um Kulissenhaftigkeit und Maskencharakter von Architektur anzuprangern.
  • Medienfassaden integrieren veränderbare Medien in die Architektur von Fassaden. So können beispielsweise über LED (z. B. am Uniqa Tower in Wien oder am Bayer-Hochhaus in Leverkusen), Lampen (z. B. an den Park Kolonnaden in Berlin und am Kunsthaus Graz) oder Bildschirme (Times Square in New York) wechselnde Muster oder Filmsequenzen eingespielt werden. Die Fassaden sind damit nicht mehr statisch, sondern dynamisch – teilweise sogar interaktiv.
  • gelegentlich werden an Fassaden große Plakate aufgehängt. Diese werden z. B. als „Fassadenbanner“ oder „Gebäudeposter“ bezeichnet. Manchmal wird eine eingerüstete Fassade als Werbeträger verwendet.[2] Siehe auch Außenwerbung.

Material

Glasfassade
  • Als Glasfassade bezeichnet man Fassaden, bei denen Glas der vorwiegend verwendete Baustoff ist.
  • Als Holzfassade bezeichnet man Fassadensysteme, die aus Profilen und Platten aus Vollholz oder Materialien mit Rohstoffanteilen aus Holz sind.
Natursteinfassade aus Carrara-Marmor: Finlandia-Halle von Alvar Aalto
  • Als Natursteinfassaden bezeichnet man Fassadensysteme, die aus massiven Natursteinen (DIN 1053), Verblendmauerwerk (DIN 1053) oder Bekleidungsplatten (DIN 18516-3) bestehen.
Metallfassade aus feuerverzinktem Stahl gemäß DIN EN ISO 1461
  • Metallfassaden aus feuerverzinktem Stahl nach DIN 18516-1 haben die Besonderheit, dass sowohl die Bekleidungselemente als auch die Unterkonstruktion und Verbindungselemente feuerverzinkt (stückverzinkt) ausgeführt werden dürfen.
  • Putzfassade

Konstruktion

Der konstruktive Aufbau dieses Bauteils ist ein komplexes Objekt der Bautechnik. Es gibt eine Vielzahl von Konstruktionsarten.

  • Eine Pfosten-Riegel-Fassade ist eine Glasfassade, bei der die Glasscheiben linear zwischen vertikalen Pfosten und horizontalen Riegeln befestigt sind. Dabei treten nach außen die Halteleisten der Pfosten und Riegel zu Tage.
  • Bei der Structural-Glazing-Fassade werden die Glasscheiben geklebt oder über Klemmprofile zwischen den einzelnen Scheiben oder einzelne Punkte gehalten. Die Fugen zwischen den einzelnen Scheiben werden mit einer dauerelastischen Dichtungsmasse versiegelt. Die Press- und Deckleisten entfallen, sodass der Eindruck einer halterlosen Ganzglasfassade erzeugt wird.
  • Hinterlüftete Außenwandbekleidungen nach DIN 18516 werden auch alsVorgehängte hinterlüftete Fassaden, abgekürzt VHF bezeichnet. Sie bestehen aus der eigentlichen Fassadenbekleidung (Witterungsschutz) und der durch einen Hinterlüftungsraum konstruktiv getrennt angeordneten Wärmedämmung. Voraussetzung ist ein statisch tragender Verankerungsgrund.
  • Vorhangfassaden (engl. Curtain wall) nach DIN EN 13119. Sie bestehen aus großflächigen, im Baukörper verankerten Elementen und erfüllen alle Funktionen einer raumabschließenden Außenwand. Die Fassade trägt außer ihrem Eigengewicht keine statischen Lasten. Die Lasten werden über die Konstruktion des Bauwerks abgetragen. Die Vorhangfassade wird in der Regel in Kombination mit einer Skelettbauweise eingesetzt. Diese Bauart erfordert eine CE-Kennzeichnung.
  • Eine Wärmedämmverbundfassade ist ein Fassadensystem zum außenseitigen Dämmen von Gebäudeaußenwänden. Dabei wird Dämmmaterial auf der Außenwand befestigt, mit einer Armierungsschicht versehen und schließlich verputzt und eventuell angestrichen.

Der größte Fassadenprüfstand Europas steht seit 2008 an einer Teilschule der Hochschule Luzern. Die 2,5 Meter tiefe Prüfkammer mit einer 8 m × 12 m großen Öffnung dient der Überprüfung der Luftdurchlässigkeit, der Schlagregendichtheit und des Widerstandes gegen Windlast.

Architektur

Die Fassade ist ein wichtiges Thema der Architektur. Von Vitruv bis zu den zeitgenössischen Architekten spielt die Gestaltung der Fassade eine herausragende Rolle. Mit der Moderne in der Architektur wurde auch versucht, der Fassade den Charakter des „Trennenden“ oder „maskenhaften“ zwischen Außen und Innen zu nehmen. Verschiedenste Architekten gestalteten so stärker den Innenraum und die Fassade kaum. Dazu zählen einzelne Architekten des Bauhauses und besonders Hans Scharoun (1893–1972), der versuchte, die Fassade als reinen Ausdruck des Inneren zu gestalten. Jean Nouvel gelang 1987 mit dem Institut du monde arabe ein Meilenstein der zeitgenössischen Fassadenarchitektur. Zurzeit sind vor allem die Architekten Herzog & de Meuron international bekannt für ihre intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Fassade. Die Galerie zeigt einige herausragende Beispiele moderner Fassaden.

Reinigung

Um die Fassade zu schützen und die Ästhetik beizubehalten sollten Fassaden gereinigt werden. Dazu können verschiedene Methoden verwendet werden:[3]

  • Reinigung mit Maschinen wie einem Hochdruckreiniger oder Dampfstrahler.
  • Trockeneis-Reinigung: Dabei werden Trockeneispellets mittels Druckluft beschleunigt, durch den entstehenden Temperaturschock platzen die Schmutzteilchen von der Fassade ab.
  • Sandstrahl-Reinigung: Dabei werden die Fassade mit Sand, das mittels Druckluft beschleunigt, bestrahlt durch die Schleifwirkung werden die Verschmutzung gelöst und abgetragen.
  • Reinigung mittels chemischen Reinigungs-Mitteln.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Herzog, Roland Krippner, Werner Lang: Fassadenatlas, Birkhäuser, Basel 2004, ISBN 3-7643-7031-9
  • Peter Stephan: Der vergessene Raum, Die Dritte Dimension in der Fassadenarchitektur der frühen Neuzeit, Schnell und Steiner, Regensburg 2009, ISBN 978-3-7954-2178-6 (Zugleich Habilitationsschrift an der Universität Freiburg im Breisgau 2006).
  • Dirk U. Hindrichs, Winfried Heusler: Fassaden – Gebäudehüllen für das 21. Jahrhundert / Façades – Building Envelopes for the 21st Century . 3. Auflage, Birkhäuser Architektur, Basel 2010, ISBN 978-3-7643-9959-7 (deutsch / englisch: 300 Referenzobjekte aus mehr als 40 Ländern).
  • Christina Haberlik: Das Gesicht der Stadt – Münchens schönste Fassaden, MünchenVerlag, München 2011, ISBN 978-3-937090-31-3 (Essays zur „Fassade“ und Fassadenpreise 1970–2009).
Commons: Facades – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Fassade – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Kopf / Binding: Bildwörterbuch der Architektur
  2. Fassaden als Werbebotschafter. – Die Vermarktung von Immobilien ist oft der einzige Weg, die Renovierungskosten zu bezahlen. (St. Petri Kirche Hamburg), sueddeutsche.de, 17. Mai 2010
  3. Fassadenreinigung. Abgerufen am 28. März 2017.