h-Index




Der h-Index ist eine Kennzahl für das weltweite Ansehen eines Wissenschaftlers in Fachkreisen. Die Kennzahl basiert auf bibliometrischen Analysen, d. h. auf Zitationen der Publikationen des Wissenschaftlers. Ein hoher h-Index ergibt sich, wenn eine erhebliche Anzahl von Publikationen des Wissenschaftlers häufig in anderen Veröffentlichungen zitiert ist. Der 2005 von dem Physiker Jorge E. Hirsch vorgeschlagene Bewertungsindex wird gelegentlich auch als Hirsch-Index, Hirschfaktor, Hirsch-Koeffizient oder h-number bezeichnet.
Der h-Index eines Wissenschaftlers kann im Laufe der Zeit nicht sinken.
Definition
Der Index eines Wissenschaftlers wurde definiert als die [größtmögliche] Anzahl der Publikationen dieses Wissenschaftlers, die mindestens -mal zitiert wurden.[1]
Gemeint ist dabei stets die größte Zahl, die diese Anforderung erfüllt. Äquivalent dazu ist deshalb die folgende Definition: Ein Wissenschaftler hat einen Hirsch-Index , wenn von seinen insgesamt Publikationen mindestens -mal und die restlichen Publikationen höchstens -mal zitiert wurden.
Zur Ermittlung kann man alle Veröffentlichungen des Autors nach Zitierhäufigkeiten absteigend aufreihen und zählt dann durch, bis die -te Veröffentlichung weniger als Zitierungen hat. Dann ist .
Beispiele
Einige Beispiele von Autoren mit jeweils 10 Veröffentlichungen:
- Bei Zitathäufigkeiten 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 ist der Hirschfaktor 5, weil fünf Veröffentlichungen mindestens fünfmal, die restlichen höchstens fünfmal zitiert wurden. Die sechste Veröffentlichung wurde ebenfalls fünfmal zitiert, sie kann aber nicht mitgezählt werden, weil der Hirschfaktor damit auf 6 steigen würde, und fünf Zitierungen somit nicht mehr ausreichen würden.
- Bei Zitathäufigkeiten 100, 100, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2, 2 ist der Hirschfaktor 2, weil zwei Veröffentlichungen mindestens zweimal, die restlichen höchstens zweimal zitiert wurden.
- Bei Zitathäufigkeiten 100, 100, 9, 8, 3, 2, 2, 1, 1, 0 ist der Hirschfaktor 4, weil vier Veröffentlichungen mindestens viermal, die restlichen höchstens viermal zitiert wurden.
Beispiel mit zeitlichem Verlauf
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Bei Veröffentlichung der ersten Arbeit ist diese noch nicht zitiert. Der Autor hat den Hirschfaktor 0.
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Die Arbeit wird irgendwann erstmals zitiert. Der Autor hat den Hirschfaktor 1.
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Der Autor wird noch einmal zitiert. Er behält den Hirschfaktor 1.
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Der Autor schreibt einen neuen Artikel. Er behält den Hirschfaktor 1.
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Auch der zweite Artikel wird einmal zitiert. Er behält den Hirschfaktor 1.
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Nach einiger Zeit sind alle Artikel genau zweimal zitiert. Er erhält den Hirschfaktor 2.
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Die nächsten fünf Artikel erscheinen ohne zitiert zu werden. Er behält den Hirschfaktor 2.
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Als alle Arbeiten zweimal zitiert sind, bleibt der Hirschfaktor bei 2.
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Der Autor hat mittlerweile zwei Arbeiten, die jeweils zehnmal zitiert sind, und fünf weitere, die nur zweimal zitiert sind. Hirschfaktor 2.
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Eine neue bahnbrechende Arbeit erscheint und wird gleich nach Veröffentlichung zweimal zitiert. Der Autor behält den Hirschfaktor 2.
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Als diese dritte Arbeit ein drittes Mal zitiert wird, erhöht sich der Hirschfaktor auf 3.
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Der Autor hat mittlerweile drei Arbeiten, die jeweils zehnmal zitiert sind, und fünf weitere, die nur zweimal zitiert sind. Hirschfaktor 3.
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Jemand zitiert alle Werke des Autors in einem Artikel. Der Hirschfaktor bleibt bei 3.
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Der Autor schreibt weitere drei Artikel, die jedoch nirgends zitiert werden. Der Hirschfaktor bleibt bei 3.
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Ein bisher nur dreimal zitierter Artikel wird ein viertes Mal zitiert. Der Hirschfaktor steigt auf 4.
Beispiel mit unterschiedlichen Datenbasen
Am Beispiel des theoretischen Physikers Stephen W. Hawking lässt sich der Einfluss der für die Ermittlung des h-Indexes verwendeten Datenbasis gut veranschaulichen. Die Erhebung der Daten erfolgte am 15. Juni 2017:
Datenbank | Anzahl Publikationen | Gesamtzahl Zitationen | h-Index |
---|---|---|---|
Google Scholar | 908 | 121.425 | 118 |
Scopus | 148 | 29.985 | 66 |
Web of Science CC | 179 | 37.484 | 78 |
Hintergründe
Der h-Index zur Bewertung wissenschaftlicher Leistungen wurde 2005 von dem argentinischen Physiker Jorge E. Hirsch in den Proceedings of the National Academy of Sciences vorgeschlagen.[1]
Als Datengrundlage zur Berechnung dieses bibliometrischen Indikators sind verschiedenste Datenquellen denkbar, die Zitierungen nachweisen. Hirsch selbst schlug vor, maßgeblich die Daten des Web of Science zu benutzen, da diese seinerzeit die verlässlichste und umfassendste Datengrundlage darstellten.
Inzwischen kann der h-Index in vielen Zitationsdatenbanken ermittelt werden, z. B. in Google Scholar wenn der Autor ein Profil hat.
Entwicklung
Der h-Index wird nicht nur als Kennzahl für Autoren verwendet, sondern auch für Institutionen, Arbeitsgruppen, Länder oder Zeitschriften. Für bestimmte Zwecke werden auch Varianten genutzt (s.u.).
Eigenschaften und Kritik
Der h-Index hat einige Vorteile gegenüber anderen Kennzahlen (wie zum Beispiel der Gesamtanzahl von Zitationen eines Autors oder dem Impact-Faktor), da die Zitationen einer einzigen, viel-zitierten Veröffentlichung keinen großen Einfluss auf den Index haben. Dies kann aber auch als Nachteil interpretiert werden, da eventuell bahnbrechende Artikel nicht entsprechend gewürdigt werden (es kommt quasi zu einer harmonischen Angleichung der Bewertung der Zitate). Außerdem wird weder die Zahl der Koautoren noch die Tatsache berücksichtigt, ob die zitierte Publikation eine Originalarbeit oder ein Übersichtsartikel ist. Generell ist zu beachten, dass durch Zitationen die (unterschiedlich begründete) „Popularität“ und nicht notwendigerweise die wissenschaftliche Relevanz einer Publikation gemessen wird; so hätte der früh verstorbene Évariste Galois trotz seiner grundlegenden Arbeiten für die Mathematik nur einen h-index von 2, und Albert Einstein hätte nach dem Annus Mirabilis einen h-index von 4 gehabt.
Grundsätzlich haben junge Forscher niedrigere h-Indizes als ältere im gleichen Fach, da sie noch weniger publiziert haben. In Fächern, in denen weniger publiziert und zitiert wird, sind die h-Indizes niedriger als in Fächern mit hohem Output. Obwohl eine hohe Produktivität nicht zwangsläufig mit einem höheren Index belohnt wird, so kann der h-Index maximal so hoch wie die Anzahl an Veröffentlichungen sein.
Die Erhebung der Grunddaten stellt eine große Schwierigkeit dar. Mit der von Hirsch vorgeschlagenen Datengrundlage (Web of Science von Thomson Reuters) werden unter anderem Buchpublikationen schlecht erfasst, was die Ergebnisse der Erhebung stark beeinflusst. Insbesondere in den Sozial- und Geisteswissenschaften können weitere Veröffentlichungen wie z. B. Buchrezensionen bedeutend sein, ohne dass diese häufig zitiert und damit im h-Index berücksichtigt werden. Wird die Erhebung hingegen auf eine nicht kontrollierte, größere Datengrundlage wissenschaftlicher Veröffentlichungen erweitert (z. B. Google Scholar), so kann der h-Index durch viele Selbstrefenzierungen gezielt manipuliert und leicht in die Höhe getrieben werden, wie 2011 an der Universität Grenoble demonstriert wurde.[2] Deshalb sind h-Indizes immer mit der zugrundeliegenden Datenbank und dem Erhebungsdatum anzugeben. Ferner ist die Abgrenzung von Autoren mit gleichen Namen ein Problem.[3] Durch Verwendung von Identifikatoren wie ORCID wird eine korrekte Zuordnung erreicht.
Die Bedeutung, die der h-Index und vergleichbare bibliometrische Maße für die Karriere von Wissenschaftlern haben, führt zu Optimierungsstrategien, die sich negativ auf die wissenschaftliche Kultur auswirken. So kann es etwa zielführend sein, eine Veröffentlichung in mehrere Teile zu zerlegen und einzeln zu publizieren, natürlich mit Selbstzitaten. Eine weitere mögliche Strategie besteht darin, Gruppen („Denkschulen“) von 10 bis 15 Wissenschaftlern zu bilden, die eine eigene Zeitschrift oder ein ähnliches Publikationsorgan gründen und sich darin gegenseitig häufig zitieren.
Aufgrund zahlreicher Defizite des h-Index wurden viele Änderungen vorgeschlagen.[4][5][6][7][8][9]
Wissenschaftler mit den höchsten h-Indizes
Sehr bekannte Physiker erreichen laut Hirsch einen Hirsch-Faktor von 62 bis 107, Stephen Hawking lag am 15. Juni 2017 laut Google Scholar bei 118.[10] Zur Zeit der Publikation des Hirsch-Indexes hatte Edward Witten mit 120 den höchsten h-Index unter Physikern. In den Biowissenschaften erreichen einige Wissenschaftler sogar einen h-Index über 200, was auch mit generell vermehrten Publikationen in diesem Fachgebiet zusammenhängt.
Siehe auch
Literatur
- J. E. Hirsch: An index to quantify an individual’s scientific research output. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 102, Nummer 46, November 2005, ISSN 0027-8424, S. 16569–16572, doi:10.1073/pnas.0507655102, PMID 16275915, PMC 1283832 (freier Volltext), arxiv:physics/0508025.
- J. E. Hirsch: An index to quantify an individual’s scientific research output that takes into account the effect of multiple coauthorship. In: Scientometrics. 85, 2010, S. 741–754, doi:10.1007/s11192-010-0193-9. (auch arxiv:0911.3144).
- A. Sidiropoulos, D. Katsaros, Y. Manolopoulos: Generalized h-index for Disclosing Latent Facts in Citation Networks. In: arXiv. 2006, arxiv:cs/0607066.
- P. Ball: Achievement index climbs the ranks. In: Nature. Band 448, Nummer 7155, August 2007, ISSN 1476-4687, S. 737, doi:10.1038/448737a, PMID 17700666.
Weblinks
- Harzing.com – Publish or Perish Auf Google-Scholar-Daten basierendes kostenloses Analysetool zur Ermittlung des Hirsch-Faktors
- ISI Web of Knowledge – Datenbank die H-Index Auswertung beinhaltet (Zugang nur nach Anmeldung oder über z. B. Campus-Logins)
- SCImagojr.com – H-Index für Zeitschriften (nicht auf Personenebene)
- How to Calculate the h-Index, Video-Tutorial (4.10 Min), Elsevier/Scopus
- Der h-Index - Berechnung und Bedeutung der bibliometrischen Kennzahl, Video-Tutorial (deutsch)
Einzelnachweise
- ↑ a b J. E. Hirsch: An index to quantify an individual’s scientific research output. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 102, Nummer 46, November 2005, ISSN 0027-8424, S. 16569–16572, doi:10.1073/pnas.0507655102, PMID 16275915, PMC 1283832 (freier Volltext), arxiv:physics/0508025.
- ↑ Falsche Forscheridentität – Kennen Sie Ike Antkare? taz.de, 3. März 2011.
- ↑ Der Hirsch-Index (PDF-Datei; 23 kB).
- ↑ Batista P. D., Mônica G. Campiteli, Osame Kinouchi: Is it possible to compare researchers with different scientific interests? In: Scientometrics. 68. Jahrgang, Nr. 1, 2006, S. 179–189, doi:10.1007/s11192-006-0090-4.
- ↑ Antonis Sidiropoulos, Katsaros, Dimitrios and Manolopoulos, Yannis: Generalized Hirsch h-index for disclosing latent facts in citation networks. In: Scientometrics. 72. Jahrgang, Nr. 2, 2007, S. 253–280, doi:10.1007/s11192-007-1722-z.
- ↑ Jayant S. Vaidya: V-index: A fairer index to quantify an individual's research output capacity. In: BMJ. 331. Jahrgang, Nr. 7528, Dezember 2005, S. 1339–c–1340–c, doi:10.1136/bmj.331.7528.1339-c (bmj.com).
- ↑ D. Katsaros, A. Sidiropoulos, Y. Manolopous: Age Decaying H-Index for Social Network of Citations. In: Proceedings of Workshop on Social Aspects of the Web Poznan, Poland, April 27, 2007. 2007.
- ↑ T.R. Anderson, R.K.S Hankin, P.D. Killworth,: Beyond the Durfee square: Enhancing the h-index to score total publication output. In: Scientometrics. 76. Jahrgang, Nr. 3, 2008, S. 577–588, doi:10.1007/s11192-007-2071-2.
- ↑ C. Baldock, Colin G. Orton, Ma, R.M.S and Orton, C.G.: The h index is the best measure of a scientist's research productivity. In: Medical Physics. 36. Jahrgang, Nr. 4, 2009, S. 1043–1045, doi:10.1118/1.3089421, PMID 19472608, bibcode:2009MedPh..36.1043B.
- ↑ Stephen W. Hawking - Google Scholar Citations. In: Google Scholar. Abgerufen am 15. Juni 2017.