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Schloss Ambras Innsbruck (Kunstmuseum)

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Stechzeug und Hochzeitharnisch von Ferdinand II. in der Rüstkammer

Schloss Ambras Innsbruck ist ein kunsthistorisches Museum. Es ist ein im Bundesland Tirol gelegener Teil des Kunsthistorischen Museums Wien und gehört zum KHM-Museumsverband. Es handelt sich dabei um das einzige außerhalb der Bundeshauptstadt befindliche Bundesmuseum der Republik Österreich. Im Kern beinhaltete es die Privatsammlung eines des bedeutendsten Sammlers der Habsburgerdynastie: Erzherzog Ferdinand II. (1529–1595). Die Sammlungen sind im Schloss Ambras untergebracht, einer dreiteiligen Renaissance-Schlossanlage, bestehend aus dem Ambraser Unterschloss, dem Ambraser Hochschloss sowie dem Spanischen Saal.

Das älteste Museum der Welt

Schloss Ambras, Unterschloss: Rüstkammer

Erzherzog Ferdinand II. ließ eigens für seine bereits zu Lebzeiten berühmten Sammlungen ab 1570 das s.g. Unterschloss von Schloss Ambras errichten: eine als unregelmäßiges Fünfeck konzipierte selbständigen Anlage.[1] Es war damals einer der frühesten Bauten überhaupt, der explizit für den Verwendungszweck als Museum gedacht war. Bereits zu Ferdinands Lebzeiten wurde dafür der Begriff "Museum" verwendet, wie ein Federzechnung des Hofmalers Joris Hoefnagel belegt.[2] Heute ist es der einzige noch erhalte Museumsbau der Renaissance, in der die Sammlungen noch immer ausgestellt sind: Schloss Ambras ist in dieser Hinsicht das älteste Museum der Welt.

Wohl bestehen noch ältere Sammlungen, etwa die Kapitolinischen Museen, bereits 1471 von Papst Sixtus IV gestiftet, oder die Vatikanischen Museen (Musei Vaticani), präsentiert ab 1506 unter Kapst Julius II., für die aber anfänglich keine eigenen Gebäude errichtet wurden. Als erster Museumsbau nördlich der Alpen gilt die von Ferdinands II. Vater, König Ferdinand I. zwischen 1558 und 1563 errichtete Kunstkammer der Wiener Hofburg, von der aber nur mehr Fundamente erhalten sind. Das Ambraser Museum war zwar nicht für die Öffentlichkeit, sondern für die fürstliche Repräsentation bestimmt, wohl aber kam es bereits zu Lebzeiten Ferdinands II. zu entgeltlichen Führungen durch die Sammlungen.

Der Beginn des modernen Museumswesens

Unterschloss, Rüstkammer

Erzherzog Ferdinands II. Museums-Idee war gänzlich neu: Er wollte von berühmten Persönlichkeiten seiner Zeit Rüstungen, die diese tatsächlich getragen hatten, sammeln. Diese Harnische präsentierte er „zum ewigen Gedächtnis“ der Feldherren in der sogenannten „Heldenrüstkammer“. Damit verbunden entstand das s.g. "Armamentarium Heroicum": Dieses Prachtbuch zeigt auf der einen Seite eine Darstellung des jeweiligen „Helden“ und führt auf der anderen dessen Biographie an. Dem Erzherzog gelang es, tatsächlich rund 100 originale Harnische für sein Museum zu bekommen. Zudem legte er eine enorme Sammlung an Porträts in den unterschiedlichsten Formaten von Miniatur bis Lebensgröße an. Mit dieser neuartigen Museums-Idee der "Heldenrüstkammer" kann Ferdinand II. als der Begründer des systematischen Sammlungswesens gelten.

Auch seine Kunst- und Wunderkammer, eine Bezeichnung, die auf die Kunstkammer Ferdinands II. zurück geht, scheint systematisch angeordnet gewesen zu sein. Sie ist als einzige am ursprünglichen Ort erhaltene Kunstkammer der Renaissance ein unvergleichliches Kulturdenkmal.

Renaissance-Humanismus

Bibliothek

Kochbuch von Philippine Welser

Die Bibliothek Erzherzog Ferdinands II. war eine der bemerkenswertesten und umfangreichsten Büchersammlungen ihrer Zeit. Im Nachlassinventar von 1596 wurden insgesamt 3.711 Titel verzeichnet, wobei die Stückzahl an Büchern weit höher war. Die Studien- und Sammlerbibliothek war traditionell nach fünf thematischen Gruppen gegliedert: Theologie, Juridika, Medizin, Historiographie und Cosmographie. Mitbestandteile der Renaissancebibliothek waren Waffen und Harnische, Skulpturen, Gemälde aber auch Mineralien.

Aus der Zusammenstellung der Bibliothek geht das große Interesse Erzherzog Ferdinands II. an historischen Werken hervor, insbesondere der Geschichte der österreichischen Lande und der italienischen Länder sowie des gesamten Mittelmeerraums.Die Ambraser Bibliothek war dadurch nicht nur enzyklopädische Wissensquelle, sondern hatte auch die Repräsentationsfunktion, das Prestige und die Tradition des Hauses Österreich hervorzuheben.[3]

Gartenkunst

Der Weg vom Spanischen Saal über eine Wendeltreppe zum Hochschloss herauf führt an einem nach Osten ausgerichteten Gärtchen für Arzneimittelkräuter vorbei, der seit dem Jahr 2007 wieder sukzessive in einen Paradiesgarten verwandelt wird. Dort wurden Pflanzen zu medizinischen Zwecken angebaut, wie es seit dem Mittelalter vor allem in Klöstern angelegten Arzneimittelgärten üblich war. Erzherzog Ferdinand II. hatte ein besonderes Interesse an der Medizin, was durch seine beachtliche Sammlung klassischer und zeitgenössischer medizinischer Literatur in der Ambraser Bibliothek dokumentiert ist.

Die Grundlage für die heutige Auswahl der Heilpflanzen bildet das in der Ambraser Sammlung erhaltene »Arzneimittelbuch der Anna Welser« von 1560/70. Es befand sich im Besitz ihrer Tochter Philippine Welser, der Schlossherrin von Ambras und Erzherzog Ferdinands erster Gemahlin.

Das Gärtchen ist in seiner Abgeschlossenheit und Einfriedung ein Hortus conclusus, ein Paradiesgarten intimen Charakters. Der in den europäischen Sprachen verbreitete Begriff »Paradies« geht auf das avestische (1200-400 v.Chr. altiranische) pairi.daeza zurück. Er bezeichnete ursprünglich das Umzäunte, den Garten. Durch die griechische Übersetzung des Alten Testamentes wurde das griechische Wort »paradeisos« als Übersetzung des Hebräischen »gan« auf den biblischen Garten Eden bezogen. In der europäischen Gartenkunst geht es demzufolge zum einen um die Quelle von Nahrung, Arzneimitteln und Naturschönheit aber zum anderen stets auch um eine religiöse und symbolische Dimension.

Der ummauerte, der Dame des Hauses vorbehaltene Paradiesgarten ist als giardino segreto typisch für frühe Renaissancegärten: Er liegt unweit den Damenwohnräumen im zweiten Geschoß des Hochschlosses und in der Nähe zu einer kleinen Küche für die persönliche Verwendung der Schlossherrin.

Mitte des 16. Jahrhunderts veränderte sich die europäische Pflanzenwelt, indem Gewächse aus dem Orient und der Neuen Welt hinzukamen. Diese neuen Pflanzen wurden im Garten als Schöpfungen der Natur durch die Kunst des Menschen gepflegt. Umfassende Fülle, Rarität und exotischer Charakter legen einen Vergleich mit der Kunst- und Wunderkammer nahe: War es fester Bestandteil höfischen Kultur, Kunst und »Wunder der Natur« in der Kunstkammer zu sammeln, so wurden nun – neben exotischen Tieren in Menagerien – auch die Schöpfungen des Gartens bedeutsam.[4]

Die Sammlungen von Schloss Ambras Innsbruck

Rüstkammern

Rüstkammer, Unterschloss mit den Holzschränken

Den Kern der Sammlungen Erzherzog Ferdinands II. bildete die Heldenrüstkammer.[5] Ferdinand II. stellte darin die Harnische und Porträts von mehr als 120 Feldherren aus, um auf deren Ruhm und Ehre zu verweisen. Acht der hohen Holzschränke, in denen heute noch die ursprünglichen Rüstungen ein Zeugnis der Geschichte ablegen, haben sich original erhalten. Dem Erzherzog gelang es, rund 100 originale Harnische berühmter Feldherren zu bekommen. Ferdinand selbst reihte unter die "Helden" ein und zwar mit einem Reiterharnisch, den er im Jahr 1566 im Feldzug nach Ungarn zur Verteidigung des Christentums gegen das Osmanische Reich getragen hatte. Den historiographischen Gesichtspunkt vertiefte Ferdinand II. noch dadurch, dass er Harnische und Turnierwaffen aus dem Erbe seiner Vorfahren Erzherzog Sigmund (1427–1496) und Kaiser Maximilian I. (1459–1519) präsentierte: Mit Renn- und Stechzeugen stellt er die mittelalterliche Form des ritterlichen Turniers dar. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Rüstkammern bilden Turnierharnische für das Plankengestech, das Freiturnier und das Fußturnier, die für Ferdinand II. und seinen Hofstaat angefertigt wurden. Großteils stammen sie von der Innsbrucker Plattnere, die seit der Zeit Kaiser Maximilians I. zu den berühmtesten Europasgehörte. Ab 1580 ließ Erzherzog Ferdinand II. einen Großteil der Harnische von seinem Hofplattner Jakob Topf treiben. Eine Besondereheit bildet bildet eine 24-teilige Serie an Harnischen, wovon sich zwanzig noch komplett erhalten haben, von den restlichen vier konnten Einzelteile bewahrt werden. Die ausgestellten neunzehn Fußturnierharnische stellt damit eines der größten Ensembles europäischer Plattnerkunst der Neuzeit dar, die erhalten geblieben sind.

Ferdinands Sammlung an Harnischen gehört zu den bedeutendsten ihrer Art, weshalb heute viele seiner Punkrüstungen ihren Weg in die Bundeshauptstadt gefunden haben, wo sie in einer anderen bedeutenden Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien ausgestellt sind: der Hofjagd- und Rüstkammer in der Neuen Burg. Die einzigartige Sammlung an rund tausend Miniaturporträts von Fürsten des 15. und 16. Jahrhunderts, Öl auf Papier gemalt und auf dünne Täfelchen aus Fichtenholf aufgezogen,[6] befindet sich heute im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien.

Türkenkammer

Am Ende des Raumes der heutigen Zweiten Rüstkammer befand sich, ursprünglich durch einen hohe Holzwand abgetrennt, die sog. Türkenkammer. Die Sammlung an „Turcica“, die Erzherzog Ferdinand II. zusammentrug, entsprach einer im 16. Jahrhundert allseits beliebten „Türkenmode“. Es war das Wechselspiel von Furcht und Bewunderung, die europäische Fürsten dazu bewogen, orientalische bzw. orientalisierende Gegenstände zu sammeln. Bei den Objekten in Form von osmanischen Ausrüstungsund Luxusgegenständen wie Sättel, Pfeil und Bogen, Säbel, Schilde und Helme handelt es sich um Beutestücke vom Schlachtfeld. Zugleich waren diese Trophäen aber auch Erinnerungen an die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den damals gefürchteten Osmanen, die ihr Reich bis an die habsburgischen Grenzen ausweiteten.

1556 führte Ferdinand II. sogar selbst eine militärische Expansion gegen die Türken in Ungarn. Es gelang unter seinem Kommando die Festung Sziget mit dem nötigen Proviant zu versorgen und die Belagerer zurückzudrängen.[7] Die Faszination für die orientalische Kunst und Kultur zeigte sich auch in den höfischen Festen und Turnieren. Die getriebenen, farbig gefassten und mit Haaren besetzten Eisenmasken aus der Zeit der Statthalterschaft Ferdinands II. in Böhmen (1547–1564) tragen die Züge von Husaren und Mauren. Sie wurden zusammen mit den hölzernen und bemalten Schilden (Tartschen) bei den propagandistischen „Husarischen Turnieren“ verwendet. Die Husaren verkörperten dabei als christliche Ritter das Abendland und fochten gegen die „Mohren“, welche die zu unterliegende Partei der Osmanen und somit das Morgenland symbolisierten.

Die Ambraser Türkenkammer birgt eine der größten Sammlungen an „Turcica“ der Zeit überhaupt.[8]

Kunst- und Wunderkammer

Kunstdrechslerarbeiten in der Kunst- und Wunderkammer
Der Narrenteller

Erzherzog Ferdinands II. Kunst- und Wunderkammer bestand aus einem Raum, In dessen Mitte zwei bis an die fünf Meter hohe Decke reichtende, bis auf die Eckkästen den Fensterseiten zugewandte Schrankreihen standen. Aus dem Nachlassinventar von 1596 geht hervor, dass sich in diesen 20 Kästen, von denen sich nur mehr zwei original erhalten haben, eine schier überquellende Fülle von weit mehr als 3.300 verzeichneten Gegenständen befanden: kostbare Kunstwerke (Artificialia), seltene Naturalien (Naturalia), wissenschaftliche Instrumente (Scientifica), Objekte aus fremden Welten (Exotica) und Wunder der Natur (Mirabilia). An den Wänden drängten sich Gemälde, von der Decke hingen präparierte Tiere herab.

Auf zahlreichen Regalböden und an den Türen hängend befanden sich Objekte aus Kristall, Silber und Gold, Bronze, Glas, Holzdrechselarbeiten, Harnische und Waffen, Gemälde, neueste wissenschaftliche Instrumente sowie Musikinstrumente, Spielautomaten, rare, exotische und außergewöhnliche Gegenstände aus Naturmaterialien, Luxusartikel aus den neu entdeckten Ländern aus Übersee und vieles mehr, wie auch Porträts von Menschen oder Tieren, die als »Wunder der Natur« galten. Die Objekte wurden zur einzelnen Betrachtung nach Bedarf aus dem jeweiligen Kästen herausgeholt. Die Kunst- und Wunderkammer war demzufolge kein Ort der musealen Präsentation, wie es Ferdinands "Heldenrüstkammer" war.[9]

Samuel Quiccheberg,[10] dem berühmten Museumstheoretiker der Zeit zufolge war die Kunstkammer als Ort gedacht, an dem sich "leicht und sicher eine einzigartige, neue Kenntnis der Dinge sowie bewundernswerte Klugheit erlangen" lässt.[11]

Die Ambraser Sammlung birgt eine der bedeutendsten europäischen Sammlungen an "Exotica", von denen etwa die »Ryukyu Schale« oder die einzigen außerhalb Japans erhaltenen Seidentücher aus dem 16. Jahhundert hervorzuheben sind. Höhepunkte der Sammlung sind die spätmittelalterliche Skulptur aus Birnbaumholz, das "Tödlein", der Ambraser "Schüttelkasten", das Bildnis des Mannes mit Behinderung, die Familie der Haarmenschen, das Porträt des riesige Ambraser Schweins, das einzig existierende Porträt von Graf Dracula oder der Ambraser Fangstuhl mit den Trinkbüchern sowei den beiden Trinkgefäßen des "Ambraser Willkomm".[12][13]

Der Spanische Saal

Der Spanische Saal zählt zu den schönsten freistehenden Saalbauten der Renaissance. Er wurde 1569–1572 nach den Vorstellungen Erzherzog Ferdinand II. als Repräsentationssaal errichtet. Die malerische Gestaltung des 43 m langen Saales wird von den 27 ganzfigurigen Porträts der in Tiroler Landesfürsten bestimmt und reicht von Graf Albrecht I. von Tirol über die Grafen von Görz- Tirol und Margarethe Maultasch bis zu den Habsburgern um mit Erzherzog Ferdinand II. zu enden. Die Porträts stehen vor einem Landschaftshintergrund, wodurch der Saal nach beiden Seiten geöffnet scheint. An den Sockeln der Ost- und Westwand sind die Tugenden und freie Künste dargestellt, an den Sockeln der Südwand Szenen aus der Geschichte von Romulus und Remus und an der Nordwand der Herkulesmythos, wobei dieser erst im 19. Jahrhundert ergänzt wurde.

Bestimmend für den festlichen Gesamteindruck des Saales sind vor allem die von Conrad Gottlieb, dem Hoftischler Ferdinands, aus verschieden Holzarten zusammengesetzten Türen und die zum Teil vergoldete und ebenfalls intarsierte Holzkassettendecke.

Der Zugang zum Saal erfolgt über das östlich davon gelegene Kaiserzimmer, dessen Stuckarbeiten zur ursprünglichen Gestaltung gehören. Sie stellen die ersten 12 römischen Imperatoren – von Cäsar bis Domitian – dar. Die malerische Gestaltung ist in das Jahr 1719 zu datieren und setzt die Thematik des Spanischen Saales fort. Sie zeigt zehn Porträts der Nachfolger von Ferdinand II. als Landesfürsten von Tirol, beginnend bei Kaiser Rudolf II. und endend bei Kaiser Karl VI.

Habsburger Porträtgalerie

Auf drei Stockwerken des Hochschlosses befindet sich die Habsburger Porträtgalerie. Sie umfasst Gemälde aus der Zeitspanne vom 14. bis 18. Jahrhundert, eine Zeit also, in der die Habsburger wie kaum eine andere europäische Herrscherdynastie die Geschicke Europas mitbestimmt haben und mit den wichtigsten Herrscherhäusern verwandt oder verschwägert waren. Ausgestellt sind Porträts der Habsburger wie Kaiser Maximilian I., Kaiser Karl V., König Philipp II. von Spanien und der jungen Maria Theresia, aber auch von Mitgliedern anderer Herrschergeschlechter etwa Königin Elisabeth I. von England, der Wittelsbacher, Medici, Valois, u. a. m. Der Rundgang durch die Galerie auf drei Stockwerken des Hochschlosses gestaltet sich als eine Reise durch die europäische Geschichte. Die Porträts spiegeln nicht nur die Heirats- und Bündnispolitik der Herrscherhäuser wieder, sondern auch die Kunst- und Kulturgeschichte der Epoche ihrer Entstehung. Eine spezifische Besonderheit sind die vielen Kinderporträts, etwa das Peter Paul Rubens zugeschriebene Bild der dreijährigen Eleonora Gonzaga. Berühmte Maler standen im Dienst der Herrscherfamilien; so präsentiert Schloss Ambras Innsbruck Meisterwerke von Hans Burgkmair, Lucas Cranach d. J., Giuseppe Arcimboldo, Jakob Seisenegger, Hans von Aachen, Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck, Diego Velázquez und anderen.[14]

In ihrem Umfang von rund 200 Bildern und ihrer künstlerischen Qualität ist die Habsburger Porträtgalerie der National Portrait Gallery in London oder der historischen Porträtsammlung auf Schloss Versailles ebenbürtig.

Sammlung gotischer Skulpturen

Die Ambraser Sammlung gotischer Skulpturen stammt aus der Zeit Kaiser Maximilians I. (1459–1519), dem Urgroßvater Erzherzog Ferdinands II. Im 19. Jahrhunderts wurden die teils gefassten, teils roh belassenen Figuren gesammelt und ab 1880 auf Schloss Ambras Innsbruck ausgestellt. Den Tiroler, vom süddeutschen Kunstraum beeinflussten Werken stehen Skulpturen aus dem niederösterreichischen Raum gegenüber.

Das Hauptwerk ist der imposante Georgsaltar, der im Auftrag Maximilians von Sebold Bocksdorfer gefertigt wurde. Dieser Flügelaltar mit freistehenden Figuren wurde allansichtig gearbeitet, was auf die Raumfassung der Renaissance hinweist. Die Flügel des Altars zeigen die Heiligen Christophorus, Katharina, Barbara und Florian.

Die Sammlung ist im Erdgeschoss des Bergfrieds untergebracht, der am Ende des 13. Jahrhunderts errichtet wurde. Gemeinsam mit Teilen des Nordtrakts und der Kapelle gehört der Bergfried zum mittelalterlichen Bauabschnitt des Schlosses.

Bad der Philippine Welser

Das berühmte Bad der Philippine Welser, Schlossherrin von Schloss Ambras und erste Gemahlin Erzherzog Ferdinands II., stellt eine kulturgeschichtliche Rarität dar. Es handelt sich mit Wanne, Schwitz- und Heizraum sowie dem Ruheraum um die einzig noch vollständig erhaltene Badeanlage des 16. Jahrhunderts.

In Schwitzbäder ging man sowohl zur Reinigung als auch nach dem Reinigungsbad zur Pflege des Körpers. So kann man sich das Baden in jener Zeit durchaus im Sinne von „Wellness“ vorstellen. Die Badewanne selbst, die durch den Ruheraum erreicht wird, ist direkt vor einem Fenster 1,6 m tief in den Boden eingelassen und mit verzinntem Kupferblech verkleidet. Der heute noch erhaltene steinerne Hocker mit hölzerner Sitzfläche dürfte zum ursprünglichen Bestand gehört haben. Nicht mehr erhalten sind die beiden Treppenstufen, die in die Wanne führten und zugleich als Sitzmöglichkeit dienten. Auf den Boden legte man heiße Steine, die das Wasser zusätzlich erwärmen sollten. Um die gesundheitsfördernde Wirkung des Bades zu erhöhen, wurden dem Wasser mitunter diverse Kräuter zugefügt.[15]

St. Nikolauskapelle

Die wechselhafte Geschichte der St. Nikolauskapelle reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Ihr heutiges Erscheinungsbild geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als der Statthalter von Tirol, Erzherzog Karl Ludwig, die schadhaften Wandmalereien des 16. Jahrhunderts abschlagen ließ und eine allgemeine Neugestaltung bei August Wörndle in Auftrag gab.

Mit ihrer künstlerisch gelungenen Gestaltung stellt die Kapelle im Schloss ein wichtiges Bindeglied vom Mittelalter über die Renaissance bis zur jüngeren Vergangenheit dar.[16] In der Kapelle ist heute ihr bedeutender Kapellschatz ausgestellt.[17]

Glassammlung Strasser

Die Glassammlung Strasser ist eine der bedeutendsten Glassammlungen weltweit. Kostbare Gläser aus den wichtigsten europäischen Glaserzeugungsgebieten bieten einen faszinierenden Einblick in die Geschichte und Technik der Glaskunst von der Renaissance bis zum Barock.

Die Sammlung wurde in mehr als 50-jähriger Sammeltätigkeit von Rudolf Strasser (1919-2014) angelegt und umfasst insgesamt über 300 kostbare Gläser aus den wichtigsten europäischen Glaserzeugungsgebieten wie Venedig, Hall, Innsbruck, Böhmen und Schlesien. Im Jahr 2004 übereignete Rudolf Strasser seine Sammlung dem Kunsthistorischen Museum. Bis auf rund 60 Gläser, die in der Kunstkammer Wien gezeigt werden, ist sein großer Glasschatz seit 2013 dauerhaft als Sammlung von Schloss Ambras Innsbruck aufgestellt.[18]

Literatur

  • Alfred Auer, Veronika Sandbichler, Karl Schütz, Christian Beaufort-Spontin: Schloß Ambras, Wien, Kunsthistorisches Museum (Hrsg.), Electa Kunstführer, 1996.
  • Forcher, Michael: „Erzherzog Ferdinand II. Landesfürst von Tirol. Sein Leben. Seine Herrschaft. Sein Land“. Innsbruck, 2017, Haymon. ISBN 978-3-7099-7293-9
  • Haag, S. und Sandbichler, V. [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  • Hirn, Josef : Erzherzog Ferdinand von Tirol. Geschichte seiner Regierung und seiner Länder. 2 Bände, Wagner, Innsbruck 1885/88.

Einzelnachweise

  1. Scheicher, Elisabeth: "Schloss Ambras". In: Felmayer, Oettinger, Scheicher u.a. (Bearb.): Österreichische Kunsttopographie, Bd. 47. Wien (1986) S.508-623.
  2. „Ansicht der Stadt Innsbruck von Osten mit Schloss Ambras“, Joris Hoefnagel (1542–1600) nach einer Vorlage von Alexander Colin (1527/29–1612), ca. 1580. Lavierte Federzeichnung auf Papier, Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 5351
  3. Ivo Purš: „Die Bibliothek Erzherzog Ferdinands II. auf Schloss Ambras“. In: S. Haag und V. Sandbichler [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  4. Auer, Alfred: „Von Paradiesen, Gärten und Pflanzen“. In: S. Haag und V. Sandbichler [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  5. Kuster, Thomas: „‘dises heroische theatrum‘: Die Heldenrüstkammer von Schloss Ambras“. In: S. Haag und V. Sandbichler [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  6. Kenner, Friedrich: „Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol“. In: Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses [Hrsg.], Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) - Wien : Prag : Leipzig 14.1893.
  7. Forcher, Michael: „Erzherzog Ferdinand II. Landesfürst von Tirol. Sein Leben. Seine Herrschaft. Sein Land“. Innsbruck, 2017, Haymon. ISBN 978-3-7099-7293-9, S. 78ff.
  8. Sandbichler, Veronika: „Türkische Kostbarkeiten aus dem Kunsthistorischen Museum“. Wien, 1997
  9. Sandbichler, Veronika: „‘Innata omnium pulcherrimarum rerum inquisitio‘ Der Sammler Erzherzog Ferdinand II.“. In: S. Haag und V. Sandbichler [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  10. Roth, Harriet: „Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat 'Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi' von Samuel Quiccheberg“. Lateinisch-Deutsch. Akademie Verlag, Berlin 2001. ISBN 9783050034904
  11. Rainer, Paulus: „Über Kunst und Wunder im außermoralischen Sinne“. In: S. Haag und V. Sandbichler [Hg.]: Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Innsbruck : Wien : Haymon; 2017. ISBN 978-3-7099-3401-2
  12. Kunsthistorisches Museum Wien (Hg.): "Die Kunstkammer" Kunsthistorisches Museum, Sammlungen Schloss Ambras. Führer durch das Kunsthistorische Museum Nr. 24. Innsbruck, 1977. Tyrolia
  13. Haag, Sabine [Hg.]: „Meisterwerke von Schloss Ambras Innsbruck“. Kurzführer durch das Kunsthistorische Museum Wien, Band 9. Wien, 2015.
  14. Kunsthistorisches Museum Wien (Hg.): "Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs". Katalog der Gemäldegalerie. Wien, 1982
  15. Haag, Sabine [Hg.]: „Splash! : das Bad der Philippine Welser“. Wien, 2012.
  16. Seipel, Wilfried []Hg.]: „Tod und Auferstehung“. Wien, 2008.
  17. Seidl, Katherina: "Die Sankt Nikolaus Kapelle von Schloss Ambras und ihr Kapellschatz". Wien, 2004.
  18. Haag, Sabine [Hg.]: "‘Das Glück ist ein gläsern Ding...‘ Führer durch die Glassammlung Strasser“. Wien, 2013.

Koordinaten: 47° 15′ 23″ N, 11° 26′ 5″ O