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Tennō

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Tennō oder sumera-mikoto (Japanisches Schriftsystem 天皇 tennō oder sumeragi, dt. Himmlischer Herrscher), auch bekannt als der Mikado (帝, Göttlicher [Kaiser], Schöpfer) ist die Bezeichnung für den japanischen Kaiser. Derzeit ist Akihito, der Heisei-Kaiser, der amtierende Tennō.




Funktion

Die Hauptfunktion des Tennō ist heute zeremonieller Natur, unter anderem gilt er als oberster Priester des Shintō.

Seine politische Rolle beschränkt sich laut der Verfassung von 1946 auf eine reine Symbolfunktion, die durch das Volk legitimiert ist – er gilt im rechtlichen Sinne nicht als Staatsoberhaupt. Zu seinen Funktionen gehören ferner die Ernennung des Ministerpräsidenten, des Präsidenten des obersten Gerichtshofes, die Verkündung von Gesetzen und die Einberufung des Parlamentes; in diesen Dingen hat er jedoch keine eigene Entscheidungsgewalt. Während der Shōwa-Tennō Hirohito, der als Mitverantwortlicher des 2. Weltkrieges gilt, sich nach Kriegsende nicht mehr am politischen Tagesgeschehen beteiligte, ist seit seinem Tod 1989 eine zunehmende Einflussnahme seines Sohnes Akihito auf die Politik zu erkennen.

Geschichtliches

Die Institution des Tennō wird in der japanischen Tradition bis ins Jahr 660 v. Chr. zurückgeführt, existiert tatsächlich aber wohl erst seit der Gründung des japanischen Staatswesens im 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung und geht wahrscheinlich aus einer Priesterfunktion hervor. Seit der Begründung des Yamato-Reichs fand kein Dynastienwechsel statt. Diese Kontinuität wurde unter anderem dadurch erleichtert, dass für das Tennō-Amt in Ausnahmefällen auch Frauen eingesetzt werden konnten, wenngleich auch nur in symbolischer Funktion, die Staatsgeschäfte wurden in diesen Fällen von Prinzregenten ausgeführt. In den ersten japanischen Reichschroniken, die 712 und 720 abgefasst wurden, wird die Sonnengottheit Amaterasu als Ahnherrin des Tennō angeführt.

Die Bedeutung des Tennō-Amtes hat im Laufe seiner Geschichte stark fluktuiert. Vom 7. bis zum 8. Jahrhundert stellten die Tennō tatsächlich die oberste Regierungsinstanz dar, im Laufe der Zeit wurde die Entscheidungsmacht des Tennō aber immer stärker durch Regenten, und schließlich durch die Shōgune (Militärmachthaber) eingeschränkt. Im japanischen Mittelalter (12.-16. Jahrhundert) übernahmen die Shogune praktisch die gesamte Regierungsgewalt, schafften aber das Amt des Tennō nicht ab, sondern behielten es als Legitimation ihrer eigenen Rolle bei. Auch diese Machtlosigkeit während des Großteils der japanischen Geschichte sicherte indirekt den Fortbestand der Dynastie; denn wer die Macht im Lande übernehmen wollte, musste nicht den Tennō, sondern den Regenten oder Shogun absetzen.

In dieser Form existierte das Tennō-Wesen auch während der so genannte Edo- oder Tokugawa-Zeit (1600-1868) weiter. Erst durch die Reformen des Jahres 1868, bekannt als Meiji-Restauration, bekam der Tennō wieder mehr politische Bedeutung zugesprochen. Der ursprüngliche Gedanken dieser Reformen war eine Rückkehr zum Staatswesen des Altertums, als der Tennō noch alle Macht innehatte. Daher spricht man auch von einer Restauration (Wiederherstellung).

Der Begriff der Restauration ist umstritten. Gebräuchlich ist daneben auch „Revolution“.

Tatsächlich erfolgte nach 1868 aber eine rasante Umgestaltung des japanischen Staates in einen als modern empfundenen Nationalstaat westlicher Prägung. Der junge Meiji-tennō galt zwar als Oberhaupt des Staates, hatte aber de facto auch in dieser Regierungsform mehr zeremonielle Funktionen als wirkliche politische Gestaltungsmöglichkeiten.

Als Symbol des Staates spielte der Tennō aber in der nationalistischen Staatsideologie, die besonders im 20. Jahrhundert immer stärker forciert wurde, einen umso bedeutendere Rolle. Der Staat wurde als Familie dargestellt, der Tennō als Vater und die Untertanen als Kinder (Familiarismus). Am göttlichen Ursprung des Tennō, wie er in den alten Mythen dargestellt wird, durfte nicht gezweifelt werden. Auch die japanische Eroberungspolitik, die schießlich im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichte, wurde im Namen des Tennō geführt.

Dennoch wurde die Institution des Tennō nach dem verlorenen Krieg unter der US-amerikanischen Besatzung nicht abgeschafft, der Tennō wurde lediglich der meisten politischen Funktionen entmächtigt. Ein Tennō, der sein Volk über den Rundfunk zum friedlichen Gehorsam gegenüber den amerikanischen Besatzern aufrief, war für die USA nützlicher als ein abgesetzter.

Dass der Tennō aber nach wie vor eine wichtige symbolische Rolle in der japanischen Gesellschaft einnimmt, lässt sich daran erkennen, dass die offizielle japanische Zeitrechnung seit 1979 wieder der Ärabezeichnung des jeweiligen Tennō folgt.

Derzeit (2004) hat die kaiserliche Familie Japans, auch bedingt durch die Abschaffung der einst üblichen Polygamie und Konkubinate im 19. Jahrhundert und die Abschaffung des japanischen Adels im Jahr 1946, ein großes Nachwuchsproblem: Nur sieben Männer leben heute noch, die nach derzeitiger Gesetzeslage als Thronfolger in Frage kämen, und fünf davon sind bereits im fortgerückten Alter. Keiner der sieben hat einen Sohn. Seit über 30 Jahren wurde in der Familie kein Junge mehr geboren. Daher - und besonders nach der Geburt von Prinzessin Aiko, Tochter des Kronprinzen Naruhito, im Jahr 2001 - wird in Japan zur Zeit erwogen, die weibliche Thronfolge wieder zu ermöglichen. Aber selbst in diesem Fall wäre es möglich, dass die Familie innerhalb des nächsten Jahrhunderts nach fast zwei Jahrtausenden ausstirbt.

Namensgebung

Zu Beginn seiner Amtszeit erlässt der Tennō ein Regierungsmotto, welches sich nur aus jeweils 2 von ausgewählten 216 Schriftzeichen zusammensetzen darf. Es dient offiziell seit 1974 zugleich als Ärabezeichnung – vor der Meiji-Restauration 1868 wurden diese sogenannten Nengō auch durch Shōgune und Prinzregenten verkündet, gewöhnlich nach bedeutenden Natur- oder politischen Ereignissen oder auf Basis astrologischer Erwägungen, und auch während der Amtsperiode eines Tennō geändert. Bis zu seinem Tod trägt der Tennō seinen nach seiner Geburt erhaltenen Eigennamen, wird jedoch von Japanern (außer vielleicht innerhalb seiner Familie) niemals so angeredet oder bezeichnet, sondern stets tennō heika (kaiserliche Majestät) genannt. Nach seinem Tod wird er mit seinem Regierungsmotto und dem suffix -tennō bezeichnet (etwa: Kaiser Hirohito, verstorben 1989, heißt heute Shōwa-tennō).

Bestattungsriten

Beim Tod des Tennō ist nach dem Gesetz über die kaiserliche Familie (Japanisches Schriftsystem 皇室典範 kōshitsutenpan) ein großer Bestattungsritus (taiso no rei) abzuhalten. Der Ritus als solcher bedient sich stark shintoistischer Symbolik, ist aber trotz gegenteiliger Auffassung des Kaiserhauses eine Erfindung der Meiji-Zeit mit ihrer Politik der Trennung von Shinto und Buddhismus – vorher erhielt der Tennō, wie die meisten anderen Japaner auch, ein buddhistisches Begräbnis. Das letzte Mal wurde ein solcher Ritus am 24. Februar 1989 bei der Bestattung des Shōwa-Tennō Hirohito durchgeführt.

Siehe auch

HerrschertitelListe der japanischen KaiserJapanisches Kaiserhaus - Tenno Flow