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Indigo-Kinder

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Als Indigo-Kinder bezeichnen Befürworter eines bestimmten esoterischen Konzepts einen großen Teil der heute lebenden Kinder, welche sich durch ganz besondere psychische/seelische und spirituelle Merkmale und Fähigkeiten auszeichnen sollen. Der Begriff „Indigo-Kinder“ erlangte durch das 1999 erschienene Buch „The Indigo Children“ des Autorenpaars Lee Caroll und Jan Tober Bekanntheit in der Esoterik-Szene. Die Zuschreibung „Indigo“ leiten sie dabei von der „indigofarbenen Aura“ ab, durch die sich Indigokinder von anderen Menschen unterscheiden sollen. Das Konzept der Indigo-Kinder entbehrt, wie auch das der „Aura“, jeglicher wissenschaftlichen Grundlage.

Konzept

Obwohl Caroll angibt, die meisten Wesensmerkmale der Indigo-Kinder seien physisch beobachtbar, ist das Konzept insgesamt metaphysischer Natur. Caroll selbst bezeichnet sich als Medium mit Kontakt zu einem engelhaften Wesen namens Kryon, dessen Existenz er behauptet.

In ihrem Buch befassen sich Carrol und Tober unter anderem mit den spirituellen Aspekten der Indigo-Kinder. Die dort zugrundegelegten Theorien lehnen sich an die Metaphysik der New Age-Bewegung an und verwenden Elemente der Pseudowissenschaften. Sie vermitteln den Eindruck, die „Ankunft“ der Indigo-Kinder sei Teil eines größeren spirituellen Prozesses. Es wird offen gelassen, dass sie gar Vorboten einer neuen, hybriden, möglicherweise sogar außerirdischen Lebensform wären.

Anhänger des Konzeptes der Indigo-Kinder gehen weiterhin von einer erheblichen Zunahme der Geburten von Indigo-Kindern während der letzten Jahre aus; weit über 50 % aller derzeit Neugeborenen könnten ihrer Meinung nach dazugehören. Diese Annahmen sind unbelegt, da es weder eine verifizierbare Statistik noch eine dazu notwendige anerkannte Methodik der Identifikation oder Klassifizierung eines Indigokindes gibt.

Merkmale der Indigo-Kinder

Nach Carolls und Tobers Definition weist ein Indigokind neue und ungewöhnliche psychische Merkmale auf, die ein bislang nicht bekanntes Verhaltensmuster ergeben. Sie verfechten die These, bei Indigo-Kindern würde von Ärzten häufig fälschlicherweise eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert und empfehlen daher Eltern, auch entgegen ärztlichem Rat auf eine schulmedizinische Behandlung dieser Störung zu verzichten. Angesichts der besonderen Fähigkeiten der Indigo-Kinder stünden Eltern und Erzieher vielmehr vor der Aufgabe, sie im Rahmen ihrer Entwicklung beim Erreichen von Ausgewogenheit und Harmonie in ihrem Leben zu unterstützen und ihnen bei der Vermeidung von Frustration zu helfen.

Als Indigo-Kinder im engeren Sinne werden vielfach nur jene bezeichnet, die zwischen 1975 und 1995 geboren wurden. Sie werden unterschieden von "Kristallkindern" und "Regenbogenkindern"; die Definitionen weichen hier aber von einander ab.

Nach Caroll und Tober fassen Anhänger der Idee besondere Merkmale zusammen, die ihrer Auffassung nach Indigo-Kinder auszeichnen sollen:

  • Sie kommen mit einem Gefühl der Erhabenheit auf die Welt.
  • Sie wissen, „wer sie sind“ und stellen dieses hohe Selbstwertgefühl auch nach außen dar.
  • Sie haben Schwierigkeiten mit absoluten Autoritäten.
  • Sie machen keine Dinge, die ihnen sinnlos oder unverständlich erscheinen.
  • Gegenüber ritualisierten Systemen, die keine Kreativität erlauben, entwickeln sie Frustrationen.
  • Sie gelten als Querdenker, da sie zu Hause und in der Schule oft Wege entdecken, Dinge und Vorgänge besser zu erledigen.
  • Sie wirken dissozial, wenn sie nicht mit anderen ihrer Art zusammen sind; dann reagieren sie introvertiert und fühlen sich unverstanden. Die Schule ist aus diesem Grund sehr schwierig für sie auszuhalten.
  • Sie reagieren nicht auf Disziplinierungsversuche von Erwachsenen, die auf der Erzeugung von Schuldgefühlen basieren.
  • Sie zeigen Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung.
  • Sie haben einen hohen Intelligenzquotienten, eine schnelle Auffassungsgabe und gehen mit neuen Technologien selbstverständlich um.
  • Sie sind hypersensibel gegenüber chemischen Stoffen, beispielsweise in der Nahrung.


Bemerkenswerterweise sind, entgegen dieser Behauptungen, viele der beschriebenen Merkmale nicht sonderlich neu oder ungewöhnlich und seit jeher bei den verschiedensten Menschen zu beobachten. Wissenschaftliche Disziplinen, wie die Kinderpsychologie und die Pädagogik, beschäftigen sich ebenfalls bereits seit langem mit derartigen Auffälligkeiten.

Die von den Anhängern der Idee wahrgenommene „neue Generation“ von Kindern, soll nach deren Erwartung aus einem ganz bestimmten Grund auf diese Welt gekommen sein, nämlich um sie zu verändern und zu verbessern. Dieser Auftrag schließt eine Entwicklung zum Frieden, das Aufbrechen korrupter Institutionen und einen Wandel in der Medizin, hin zu einer „naturnahen“ Behandlung von Krankheiten, mit ein. Viele Anhänger unterstellen Indigo-Kindern auch die Fähigkeit, eine Art „universelle Wahrheit“ zu erkennen; Verhaltensweisen, die damit nicht harmonieren, könnten von ihnen weder verstanden noch toleriert werden. Einzelne Anhänger gehen zudem von einer extrem hohen Lebenserwartung der Indigo-Kinder aus, welche angeblich mehrere hundert Jahre betragen soll. Auch diese Annahmen werden durch keinerlei Belege gestützt.

Konventionelle Interpretationen

Die den Indigo-Kindern zugeschriebenen Merkmale ließen sich, anstatt als Indikatoren für eine „neue Menschenrasse“ oder eine neue Form des Bewusstseins, beispielsweise auch als Resultat einer gesellschaftlichen Entwicklung interpretieren. Von Seiten der Erziehungswissenschaften wurde der Begriff Indigo-Kinder mangels ausreichender Belege dennoch nicht aufgegriffen.

Lediglich Teile der alternativen Pädagogik haben die Indigo-Theorie inzwischen in ihre Konzepte integriert. Zu den nach Meinung der Indigo-Anhänger adaptierbaren Methoden gehören zum Beispiel Projektunterricht oder Aspekte der Waldorfpädagogik oder die Entschulung.

Kritik und wissenschaftliche Auseinandersetzung

Von Vertretern der etablierten Wissenschaften wird vernichtende Kritik am Konzept der Indigo-Kinder geübt, da derartige Interpretationen wissenschaftlichen Standards nicht gerecht werden. Das Organ der Skeptiker, Skeptic’s Dictionary, spitzt die Kritik so zu: „The main thesis of The Indigo Children is that many children diagnosed as having Attention Deficit Hyperactivity Disorder are actually space aliens.“ („Laut der Hauptthese über die Indigo-Kinder sind viele Kinder, bei denen ADHS diagnostiziert wurde, in Wirklichkeit Außerirdische.“). Jedweden überprüfbaren Beweis ihrer Behauptungen sind die Anhänger des Konzeptes bislang schuldig geblieben.

Mutmaßliche Indigo-Kinder finden sich besonders häufig in Familien, deren Weltbild bereits vom Gedanken des New Age bestimmt wird. Angesichts dessen wäre es nicht sehr verwunderlich, wenn bei diesen Kindern zum Beispiel eine „spirituellere Sprache“ auffällt, als bei jenen früherer Generationen. Eltern, die glauben, die meisten Neugeborenen unserer Zeit würden zu den Indigos gehören, könnten eine Unterdrückung der „speziellen“ Fähigkeiten ihrer Kinder vermeiden wollen und daher die den Indigo-Kindern zugeschriebenen Merkmale gezielt fördern. Eine damit verbundene Entwicklung von Selbstbezogenheit und Egoismus könnte folglich weniger als Problem, sondern vielmehr als Beleg der besonderen Spiritualität der Kinder wahrgenommen werden.

Besonders negativ bewerten Experten die Verharmlosung der ernstzunehmenden Probleme von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung durch derartige esoterische Erklärungsmodelle. Die oftmals belastenden Symptome der ADHS werden hierin als Ausdruck einer ganz speziellen Begabung und Bestimmung verklärt. Verunsichert durch die Versprechungen der Anhänger des Indigokinder Konzeptes, verweigern Eltern ihren Kindern oftmals eine nach allgemein anerkannten medizinischen Grundsätzen ausgerichtete Therapie. Eine Verschlimmerung der Situation bis hin zur Entwicklung schwerer Entwicklungsstörungen wird dadurch zunehmend wahrscheinlich.

Auch wird die Vermarktung des Konzeptes „Indigo-Kinder“ kritisiert, da oftmals Wirkstoffe, Literatur und Seminare dazu angeboten werden, die ebenfalls keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhalten können.

Gegenargumente der Befürworter

Als eindeutige Belege für das Konzept der Indigo-Kinder werden Interviews mit betroffenen Kindern und deren Eltern, sowie Verhaltensbeobachtungen angeführt. Zudem wird auf die mittels der (umstrittenen) Kirlianfotografie angeblich beweisend dargestellte, charakteristische „Aura“ (deren Existenz fragwürdig ist) hingewiesen.

Einer wissenschaftlich geführten Auseinandersetzung mit Skeptikern und Kritikern stehen Anhänger der Theorie jedoch für gewöhnlich eher ablehnend gegenüber, da diese sich nach ihrer Meinung ohnehin jedem Gedanken der New-Age-Bewegung gegenüber verschlössen.

Literatur

  • Lee Carroll, Jan Tober: Die Indigo Kinder. Eltern aufgepasst ... Die Kinder von morgen sind da!, Koha 1999, ISBN 3929512610
  • Lee Carroll, Jan Tober: Indigo-Kinder erzählen, Ullstein 2004, ISBN 3548740928
  • Carolina Hehenkamp: Das Indigo-Phänomen. Kinder einer neuen Zeit - Das Geschenk der Indigo-Kinder, Schirner Verlag 2. Auflage 2001, ISBN 3897670895