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Joseph Rehmann

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Joseph Rehmann

Joseph Rehmann (* 28. August 1779 in Saulgau; † 6. Oktober 1831 in St. Petersburg) war ein deutscher Arzt in Russland.

Leben und Wirken

Joseph Rehmanns Vater war der Arzt Joseph Xaver Rehmann (1755-1823) (Pseudonym Michael Ackermann), der aus alter angesehener Arztfamilie entstammte und in Wien am Josephinum als Lehrer tätig gewesen war, ehe er sich in Donaueschingen niederließ, wo er ab 1787 fürstlich-fürstenbergischer Leibarzt wurde. Der Sohn Joseph Rehmann besuchte das Gymnasium in Donaueschingen und studierte 1794-1801 Medizin in Wien, wo er am 27. Februar 1802 seine Approbation als Arzt erhielt.

Aufbruch der Golovkin-Gesandtschaft von einem Lagerplatz 1805-06
Abbildung der Pflanze des Medizinal-Rhabarbers 1736 [1]

Sein Lehrer Johann Peter Frank empfahl ihn an den Musikmäzen und russischen Gesandten in Wien Graf Andrej Kirillovič Razumovskij (1752-1836), der ihn 1802 als Hausarzt nach St. Petersburg mitnahm. Am 20. Februar 1805 erhielt Joseph Rehmann in Petersburg die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes. 1805-1806 begleitete er auf Empfehlung Razumovskijs als Arzt den Grafen Jurij Aleksandrovič Golovkin (1762-1846) auf einer Gesandtschaftsreise nach China und er hatte dabei „alle auf dem Wege gelegenen Hospitäler und Lazarette zu visitieren“. Die Gesandtschaft, die bessere Handelsbeziehungen zwischen China und Russland herbeiführen sollte, scheiterte an unterschiedlichen Zeremoniellerwartungen, erreichte ihr Ziel Peking nicht und musste schon in Ulaanbaatar umkehren. Auf dem Reiseweg der Gesandtschaft war es Rehmann gelungen, in Irkutsk eine Scharlachepidemie einzudämmen und er konnte die Verbreitung der Pockenschutzimpfung unter den Burjaten vorantreiben. Außerdem inspizierte er die auf dem Reiseweg gelegenen Hospitäler.

Nach seiner Rückkehr von der Gesandtschaftsreise versuchte Rehmann, sich in Moskau als praktischer Arzt zu etablieren. 1810 wurde sein Mäzen Graf Razumovskij Unterrichtsminister und Rehmann folgte ihm nach St. Petersburg.

Rhabarber-Handel und Moschus-Handel

Nachdem China sich seit 1653 für Handelsbeziehungen mit Russland geöffnet hatte, beanspruchte Russland ab 1704 ein Monopol für den Handel mit der Chinesischen Rhabarberwurzel (Radix Rhei). Dieses Monopol wurde 1728 auf den Platz Kjachta beschränkt, wo ab 1736 eine besondere amtliche Kontrollstation für den Rhabarberhandel eingerichtet wurde. Der Handelsweg führte weiter von Kjachta über die asiatische Steppe nach Moskau und St. Petersburg, von wo aus die Ware dann nach Europa verschifft wurde.[1][2]

Eine Rhabarber-Kommission in Kjachta unter Vorsitz des aus Peine stammenden Apothekers Johann August Carl Sievers sollte bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts Einzelheiten über das Herkunftsland des besten Rhabarbers ausfindig machen, das man in Gansu und Tibet vermutete. Ziel der Kommission war es, durch Kenntnisse über die Anbaumethoden und Anbaubedingungen des Medizinalrhabarbers (Rheum officinale) sowie durch den Besitz des Original-Saatguts Unabhängigkeit von Importen zu erlangen. Während seines Aufenthalts in Kjachta traf Rehmann zwei bucharische Rhabarberhändler, denen er Informationen entlocken konnte. Auch der Orientalist Heinrich Julius Klaproth, ein weiterer Teilnehmer der Golovkin-Gesandtschaft, erwähnte den Rhabarber-Handel in Kjachta.[3][4][5]

Rehmann regte auch an, dass der sibirische Moschus, welcher von Russland nach China exportiert wurde, um dann über Canton nach Europa weiterverkauft zu werden, von den Russen direkt nach Europa exportiert werden sollte.[6][7]

Granatapfelschale als Surrogat der Chinarinde

1809 glaubte Rehmann in der Schale der Granatapfelfrucht (Punica granatum) einen kostengünstigen Ersatzstoff für die teure Chinarinde entdeckt zu haben.[8][9][10][11]

Literatur

  • Adolph Carl Peter Callissen. Medicinisches Schriftsteller-Lexicon der jetzt lebenden Verfasser. Bd. 31. Copenhagen, Altona 1843, S. 388–390 (Digitalisat)
  • Amédée Dechambre. Dictionnaire encyclopédique des sciences médicales. Band 3, G. Masson und P. Asselin, Paris 1876. S. 112 (Digitalisat)
  • Ernst Julius Gurlt und August Hirsch. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker. Band IV, Urban & Schwarzenberg, Wien und Leipzig 1886, S. 689–690 (Digitalisat)
  • Walther Heissig (Herausgeber). Berichte und Bilder des J. Rehmann und Alexander Thesleff von der russischen Gesandtschaftsreise 1805/06. Steiner, Wiesbaden 1971 (Verzeichnis der orientalischen Handschriften in Deutschland, Suppl. 13)
  • Hartmut Walravens. Zum Werk des Arztes und Ostasienforschers Joseph Rehmann. In: Sudhoffs Archiv 67 (1983), 94–106
  • Heinz Durchardt. Ein deutscher Mediziner im Fernen Osten. Joseph Rehmann und die Golovkin-Gesandtschaft 1806. In: Heinz Durchardt (Herausgeber). Russland, der Ferne Osten und die „Deutschen“ . Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 97–102

Werke (Auswahl)

  • Anzeige eines Mittels, die Chinarinde zu ersetzen und die Anwendung desselben gegen Wechselfieber. Nebst einer chemischen Untersuchung dieser Substanz. Hartmann, Riga 1809
    • Notice sur un remède propre à remplacer le Quinquina, en beaucoup des cas, et surtout dans son application contre les fièvres intermittentes, découvert et publié, par le Docteur J. Rehmann, Conseiller de cour de S.M. l’Empereur de toutes les Russies, Membre de la Société Impériale des Naturalistes à Moscou, et de celle des Médecins de Vilna. Suivi d’une Analyse chimique de cette substance, par F.F. Reuss, Professeur de Chimie à l’Université de Moscou. Moskau 1809 (Digitalisat)
  • Zwei chinesische Abhandlungen über die Geburtshülfe. Aus dem Mandschurischen ins Russische und aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt. Herausgegeben von Dr. J. Rehmann, Russisch-kayserl. Hofrath, einiger gelehrter Gesellschaften Mitgliede. St. Petersburg 1810 (Digitalisat)
  • Über den Rhabarberhandel in Kiächta. In: Hufelands Journal der Heilkunde, Band 33. 1811, St. 1. Juli. S. 54–78. (Digitalisat)
  • Über den Handel mit dem sibirischen Moschus. In: : Hufelands Journal der Heilkunde, Band 33. 1811, St. 1. Juli. S. 78–79. (Digitalisat)
  • (Herausgeber). Sammlung auserlesener Abhandlungen und merkwürdiger Nachrichten Russischer Ärzte und Naturforscher. St. Petersburg 1812. Darin eigene Beiträge:
    • Beschreibung einer Thibetanischen Apotheke. S. 1–54 (Digitalisat)
    • Plan zu einer Organisation des Medizinalwesens in Rußland. S. 114–164 (Digitalisat)
    • Bericht über die Einpflanzung und Ausbreitung der Kuhpocken in Sibirien in den Jahren 1805 und 1806. An den Minister des Inneren. Geschrieben in Irkutz am Ende des Jahres 1806. S. 200–224 (Digitalisat)
    • Ballota lanata. Ein neues Mittel gegen die Wassersucht. S. 271–276 (Digitalisat)
    • Das Preobrashenskische Hospital in St. Petersburg. S. 276–278 (Digitalisat)
  • Russische Sammlung für Naturwissenschaft und Heilkunst. Herausgegeben von Dr. Alexander Crichton, Kaiserlich Russischem Leibarzte und Generalstabarzte des Ministeriums der allgemeinen Polizey. Dr. Joseph Rehmann, Kaiserlich Russischem Leibarzte und Dr. Karl Friedrich Burdach, Professor in Königsberg. Riga und Leipzig 1815. Darin eigene Beiträge:
    • Über den Plan zu einer ärztlichen Reise nach China. Im April 1805. S. 53–61 (Digitalisat)
    • Ballota lanata L., ein neues Mittel gegen die Wassersucht. S. 73–79 (Digitalisat)

Einzelnachweise

  1. Jean-Baptiste Du Halde. Ausführliche Beschreibung des Chinesischen Reichs und der grossen Tartarey. Johann Christian Koppe, Band 3, Rostock 1749, S. (Digitalisat)
  2. Friedrich August Flückiger. Pharmakognosie des Pflanzenreiches. 2. Auflage, Rudolf Gärtner, Berlin 1881, S. 364-381. Hier: S. 379-380 (Digitalisat)
  3. Walther Heissig (Herausgeber). Berichte und Bilder des J. Rehmann und A. Thesleff von der russischen Gesandtschaftsreise 1805/06. Steiner, Wiesbaden 1971 (Verzeichnis der orientalischen Handschriften in Deutschland, Suppl. 13),S. 13
  4. Joseph Rehmann. Über den Rhabarberhandel in Kiächta. In: Hufelands Journal der Heilkunde, Band 33. 1811, St. 1. Juli. S. 54-78 (Digitalisat)
  5. Heinrich Julius Klaproth. Mémoires relatifs à l’Asie. I, Paris 1826, S. 1-80: De la frontière Russe et Chinoise. Notes recueillies pendant un voyage en Sibérie en 1806. (Digitalisat) Anmerkung zum Rhabarber : S. 72-73 Anm. 1 (Digitalisat)
  6. Joseph Rehmann. Über den Handel mit dem sibirischen Moschus. In: : Hufelands Journal der Heilkunde, Band 33. 1811, St. 1. Juli. S. 78-79. (Digitalisat)
  7. Theodor Husemann. Handbuch der gesammten Arzneimittellehre. Springer, Berlin 1873–1875. 2. Aufl., Springer, Berlin 1883. Band II, S. 930-933 (Digitalisat) 3. Aufl., Springer, Berlin 1892, S. 490-492 (Digitalisat)
  8. Joseph Rehmann. Anzeige eines Mittels, die Chinarinde zu ersetzen und die Anwendung desselben gegen Wechselfieber. Nebst einer chemischen Untersuchung dieser Substanz. Hartmann, Riga 1809
  9. Joseph Rehmann. Notice sur un remède propre à remplacer le Quinquina, en beaucoup des cas, et surtout dans son application contre les fièvres intermittentes, découvert et publié, par le Docteur J. Rehmann, Conseiller de cour de S.M. l’Empereur de toutes les Russies, Membre de la Société Impériale des Naturalistes à Moscou, et de celle des Médecins de Vilna. Suivi d’une Analyse chimique de cette substance, par F.F. Reuss, Professeur de Chimie à l’Université de Moscou. Moskau 1809 (Digitalisat)
  10. Journal der Pharmacie für Aerzte, Apotheker und Chemisten von Johann Bartholomäus Trommsdorff. 21. Band, 2. Stück. Vogel, Leipzig 1812, S. 264 (Digitalisat)
  11. Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst herausgegeben von Christoph Wilhelm Hufeland … und Karl Himly. 32. Band, Berlin 1811 (6 Juni) S. 99-100 (Digitalisat)