Entwicklungsgeschichte der Seekarte

Seekarten gehören schon lange zur wichtigsten Ausrüstung eines Schiffes, um eine Sichere Navigation zu ermöglichen. Seekarten wie wir sie heute kennen gibt es erst seit dem Ende des 18. Jh. als präzise Winkelmessinstrumente entwickelt worden waren, um damit eine genaue Vermessung vorzunehmen. Die Segelanweisung bis ins 19. Jh. war fast wichtiger, die Seekarte war nur eine Ergänzung zur Navigation auf offener See. Im folgenden Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Seekarte müssen aber Dinge berührt werden die auf den ersten Blick wenig mit der Entwicklung der Seekarte zu tun haben scheinen, sie aber wesentlich beeinflussten.
Entwicklungsgeschichte der Seekarte
Die Ursprünge der Seekarte liegen im Dunkeln aber man weiß, dass kartographische Arbeiten und theoretische Überlegungen dazu schon im Altertum eine große Rolle gespielt haben. Als erster Zeichner einer Seekarte galt Anaximander (ca. 610 – 547 v. Chr.) es ging bei ihn und seinen Nachfolgern um eine Darstellung der besiedelbaren Welt, nicht darum um Seeleute ein Hilfsmittel in die Hand zugeben. Dies taten Seewegbeschreibungen oder Segelanweisungen (Periplus aus dem griech. Periplous – Umseglung) die seit dem 4. Jh. v. Chr. bekannt sind. Diese beschreiben die Küstenverläufe, Häfen, Entfernungen, (mit der damals durchschnittlichen Tagesleistungen einer Galeere), Landmarken, guten oder schlechten Ankergrund, auf Untiefen, auf Möglichkeiten Frischwasser aufzunehmen, auf Städte und ihre Bewohner. Diese Art von Anweisungen wurden im laufe der Zeit immer weiter ausgeweitet und verbessert.

Ganz anders war das Vorgehen des Marinos aus Tyros (um 114 n. Chr.), über dessen Werke sein ungleich berühmterer Zeitgenosse Claudius Ptolemaeus (um 87 – 150 n. Chr.) unterrichtet war. Marinos beschrieb (ob er wirklich eine Karte konstruierte, ist ungewiss) die bekannte Welt von Irland und der nordafrikanischen Küste im Westen bis zur chinesischen Küste im Osten. Er soll über 7.000 Positionen angeben haben und die Angaben nach Koordinaten (in 8 Parallelkreise und 15 Längenkreise oder Meridiane) und durch Angaben von Land- und Seestrecken bestimmt haben. Auf dem Werk des Marinos beruht ein Großteil der Geographie des Claudius Ptolemäeus. Ein großer Anteil seiner Geographie besteht aus einer Anleitung, wie eine gute Karte zu erstellen ist. Denn Marinos war schon auf das Problem gestoßen, wie man eine Kugel richtig auf eine Ebene zeichnen (projizieren) könnte. Dieses Problem, das auftritt bei Karten, die eine größere Fläche bilden, wurde erst im 16. Jh. zufriedenstellend gelöst. Ptolemaeus schlug zwei verschiedene Projektionssysteme vor, eines in Meridian-Linien in Richtung Nord-Süd, eines mit gekrümmten Linien. Dem europäischen Mittelalter waren die Arbeiten eines Ptolemaeus und seiner Weltdarstellung so gut wie unbekannt. Es wurde erst später wiederentdeckt und bestimmte dann aber die Kartographie einer ganzen Epoche. Bei den Arabern hingegen war das Werk stets bekannt geblieben. Es kam Anfang des 15. Jh. über byzantinische Gelehrten Westeuropa zur Kenntnis, und wurde 1475 n. Chr. zum erstenmal als lateinische Ausgabe des Textes gedruckt. Diese Übersetzung hatte Jacopo d’Angiolo schon um etwa 1410 n. Chr. gemacht.
Die frühen Ptolemaeus-Karten sind keine Seekarten gewesen. Sie dienten mehr der Darstellung der gesamten damals bekannten Welt, sie konnten den Seeleuten der damaligen Zeit nur eine ungefähre Überschau über die Lage der Länder zueinander und der Hauptverlaufslinien der Küsten vermitteln. Von römischer Kartographie in schriftlicher Form ist so gut wie nichts bekannt oder erhalten. Die Tabula Peutingeriana, eine Straßenkarte, war mehr als Lektüre im Reisewagen gedacht.
Mittelalter und die Portolane



In der Geschichte der Kartographie klafft eine Lücke bis ins 13. Jh. In der Kartographie hatte nun nicht ein möglichst genaues Bild der Welt zu entstehen sondern eine Welt im christlichen Sinne. Die Erde wurde als Scheibe dargestellt und Jerusalem war der Mittelpunkt der Welt und wurde in den Karten aus dieser Zeit deshalb in der Mitte der Karte gelegt. Oben auf der Karte war Osten, wo nach mittelalterlicher Auffassung das irdische Paradies lag. Die Landmassen der drei bekannten Kontinente wurden so aufgeteilt, dass ein T entstand: Ein Viertel der Welt nahm Europa ein, ein Viertel Afrika, die verbliebene Hälfte Asien. Diese Dreiteilung der Welt geht auf die Bibel zurück, und zwar auf die Verteilung der Söhne Noahs, wobei Sem Asien erhielt, Ham Afrika und Japhet Europa. Dass diese schematische Darstellung, die mappae mundi genannt wird, für einen Seefahrer keinen Wert hat, liegt auf der Hand.
Zur gleichen Zeit, als Mönche solche T-Karten herstellten, auf denen sie Legenden und Phantasiegeschichten abbildeten, wurden im Mittelmeerraum Karten entwickelt, die als die ersten Seekarten gelten, die sogenannten ‚‘‘Portolankarten‘‘ (aus dem italienischen ‚‘‘portolano‘‘ gleich Hafenkarte). 1270 n. Chr. werden Portolankarten das erste Mal erwähnt, das älteste erhaltene Exemplar ist die Pisanische Karte, benannt nach ihrem Fundort. Sie entstammt der Zeit um 1275 n. Chr. Aus ihnen wird ein gewisser Standardtyp entwickelt, alle diese Karten sind nordorientiert, sie besitzen keine Meridane oder Breitenparallelen, sie sind projektionslos. Statt dessen sind sie überzogen mit einem Netz von 16 oder 32 verschiedenfarbigen Strahlen, die von einem oder mehreren Punkten ausgehen. Mit Hilfe dieser Windrosen war es einem erfahrenen Seemann möglich, den Kurs auf seiner jeweiligen Reise in etwa zu ermitteln. An den Küstenlinien werden Ortschaften, Buchten, Flussmündungen, auch markante Stellen angegeben, wobei bestimmte Farben über die Hafenqualität Auskunft geben. Für Felsriffe, Untiefen, Ankerplätze werden zum erstenmal Symbole verwendet.
Die Entfernungsangaben auf diesen Karten beruhen sicherlich auf den Erfahrungswerten der Seeleute und den Segelanweisungen, die sich in diesen Karten wiederfinden lassen. Die Windrosen auf diesen Karten sind aber nicht die zuverlässigsten Angaben. Der Kompass früherer Tage war nicht der genaueste, er bestand aus einer magnetisierten eisernen Nadel, die durch einen Halm oder ein Stück Kork gesteckt wurde, das in einen Gefäß mit Wasser zum schwimmen gebracht wurde und sich dann in Nord-Süd-Richtung einpendelte. Die uns geläufige Form des Kompasses in Verbindung mit einer Windrose kommt erst im 13 Jh. in Gebrauch. Verwandte der Portolankarten sind die Isolarii, solche Karten kommen zum erstenmal im Jahr 1485 n. Chr. als Holzdruck in Bartolomeo Zambertis Isolario vor, sie sind mit Kompassrose, Maßstab und Symbolen versehen; diese Karten kann man als die ersten gedruckten Seekarten bezeichnen.
Auf den Seekarten findet man meist auf den freien Flächen Illustrierungen des Mittelalters meist Abbildungen der Hafenstädte mit Wappen oder Flaggen und merkwürdige Begebenheiten der Tierwelt. Im 15 Jh. begann man freie Flächen mit Szenen aus dem Leben Jesu und der Jungfrau Maria mit Kind oder Christus am Kreuz zu füllen. Solange die Seefahrt in bekannten Gewässern stattfand, wurde die Tierwelt des Meeres ganz naturalistisch abgebildet. Als man aber den Seekartographen Südeuropas von wasserspeienden Walen, riesigen Fischen, größer als die, die man kannte, erzählte, begannen sie „Ungeheuer“ nach dem Hörensagen zu zeichnen. Vor allem die Seekarten des 15. und 16. Jh. vom Nordatlantik wurden mit den merkwürdigsten Walen, Seehunden, Seelöwen, Eisbären und Krustentieren angefüllt. Gegen Ende des 15. Jh. hatten die Seekarten zwei Formen von Dekor erhalten, entweder mit geistlichem Inhalt, wenn sich die Karte an ein religiös gebildetes Publikum richtete, oder mit Anknüpfung an die phantasievollen Berichte der Seefahrer.
Die Entdeckungsfahrten
Die ersten zaghaften zu Beginn der Entdeckungsfahrten an der Küste Afrikas entlang unternahmen die Portugiesen. Der Historiograph Joao de Barros (ca. 1496 – 1570 n. Chr.) beschreibt in seiner Asia den damaligen Stand der Navigation. Über das Kap Bojador hinaus getraute man sich nach den damaligen Stand der Navigation nicht, dieses Kap erstreckt sich 40 Seemeilen nach Westen hinaus als die bisher befahrenen Küsten, und da ihnen auf den Reisen nach der Levante und zurück immer die Küste als Orientierung diente statt des Kompass, traute man sich nicht so weit in die See hineinzustechen.

Das änderte sich bald, die Schifffahrt nahm in 15 Jh. eine stürmische Entwicklung das sogenannte Zeitalter der Entdeckungen begann, die Zentren, von denen diese Entwicklung waren vor allem Portugal und Spanien. Unter Heinrich dem Seefahrer erkundeten Seefahrer allmählich die afrikanische Küste 1434 n. Chr. umrundete Gil Eanes das gefürchtete Kap Bojador und entdeckte dabei die Kapverdischen Inseln. Der Antrieb der Heinrich der Seefahrer dazu bewegte waren vielfältiger Natur. Zu einem erhoffte man die Araber im Handel mit Pfeffer, Gold, Elfenbein, und Sklaven auszuschalten zum anderen war es dem Prinzen die Förderung und Ausbreitung des christlichen Glaubens zu tun. Dabei suchte man den Kontakt mit dem sagenhaften christlichen Priesterkönig Johannes, der einmal in Asien, einmal in Afrika vermutet wurde um mit dessen Hilfe man den Islam zurückdrängen wollte. So versammelte der Prinz in Sagres in Algarve führende wissenschaftliche und tüchtige Kapitäne seines Landes um neue Hilfsmittel in Navigation und Geographie aufzuarbeiten.
So wurden von den Entdeckungsreisen sofort Karten angefertigt, mochten sie noch so unvollkommen sein sie wurden der Casa da Índia in Lissabon überlassen. Die alle Karten und Segelanweisungen kontrollierten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Reise des Vasco da Gamas. Die damaligen Kartenverleger durften kein Einblick nehmen in den angefertigten Unterlagen sie wurden geheimgehalten erst um 1595 n. Chr. als Holländer Handelsexpeditionen unternahmen wurde das portugiesische Monopol gelichtet. Die Holländer verfuhren aber auch nicht anders sie hielten ihre Erkenntnisse der neuen Welt auch geheim sie bündelten sie in der Ostindischen Gesellschaft. Auch die Fahrten des Christoph Kolumbus wurden in der Spanischen Casa de Contractacion in Sevilla gesammelt.
Die Mercatorprojektion

Bei den Plattkarten hatte man mit großer Projektion das Problem zwischen eigenen astronomischen Beobachtungen und den Karten, auf denen Längen und Breitengrade in gleichen Abstand eingezeichnet waren. Trug nun ein Seemann seinen Kurs als gerade Linie in eine Plattkarte ein kam es zu großen Irrtümern. Der portugiesische Wissenschaftler Pedro Nunes wies 1537 n. Chr. nach, würde man eine gerade Kurslinie oder Loxodrome, einer Linie, die alle Längengrade unter demselben Winkel schneidet, auf einem Globus eintragen sich spiralförmig einem Pol nähern, ohne ihn theoretisch je zu erreichen. Eine praktische Lösung war Gerhard Mercator 1569 n. Chr. gelungen als er eine 1,31 x 2,08 m große Weltkarte „zum Gebrauch der Seefahrer“ schuf mit der nach ihn benannten Mercatorprojektion. Diese Karte war erstmals (vom Äquator aus gesehen) mit wachsenden Breitengraden konstruiert, die Abstände zwischen den Breitengraden zum Pol hin wuchsen in dem Maße, wie das Verhältnis von Längen zu Breitengraden stets gleich bleibt. Hierbei handelt es sich um eine Zylinderprojektion, wo das Kartenblatt am Äquator der Weltkugel anliegt. Diese Projektion erlaubt es den Seemann die Karte zur Kursfindung und Eintragung zu benutzen. Auf diesen neuen Karten konnten erstmalig auch weiter auseinanderliegende Häfen durch eine gerade Linie verbunden werden, die alle Längengrade unter demselben Winkel schnitt. Diese Karte war nicht flächentreu sondern winkeltreu.
Galerie die Sieben Ozeane
-
Jacques Nicholas Bellin: Essay d'une Carte Rèduite contenant les parties connues du Globe Terrestre, Paris 1748/1751 500 x 700 mm
-
James Cook: Carte de l'Hemispheere Austral Montrant les Routes des Navigateurs les plus Cèlebres...'S Gravenhage 1780 535 x 540 mm
-
Auguste Henri Dufour: Ocèanie dressèe par A.H. Dufour, Paris 1881, 535 x 645 mm
Galerie Hafen und Kompassrose
-
Georg Braun & Frans Hogenberg:Freti Danici Or Sund Accuratiss Delineatio, Interior Arcis magnificentia (Helsingor), Köln 1588 333 x 478 mm
-
Matthäus Seutter: Tabula Anemographica seu Pyxis Nautica, vulgo Compass, Augsburg 1734/1749
-
Romain de Hooghe:Carte Marine des Environs de l'Isle D'Oleron, Amsterdam 1693 (Pieter Mortier) 590 x 475 mm