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Wanda Tinasky

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Wanda Tinasky war das Pseudonym eines unbekannten Autors, dessen Leserbriefe 1983-88 regelmäßig in kalifornischen Lokalpostillen abgedruckt wurden. Bis heute ist ihre/seine wahre Identität nicht eindeutig geklärt.

Der erste dieser Briefe erschien im April 1983 im Mendocino Commentary, weitere später im Anderson Valley Advertiser. Darin beschrieb sich Tinasky als über achtzigjährige Obdachlose weißrussisch-jüdischer Abstammung, die unter den Brücken des kalifornischen Mendocino County lebt und den Anderson Valley Advertiser durchaus auch als Unterwäscheersatz schätzte.

Die Briefe waren von erstaunlicher literarischer und humoristischer Qualität. Tinasky war offensichtlich sehr belesen (nach eigener Aussage las sie seit sechzig Jahren Reader's Digest), verbreitete sich unter anderem wiederholt über die Theologie Nikolaus von Kues und die Unfähigkeit lokaler Literaturgrößen.

Schon nach den ersten Briefen kamen Spekulationen auf, wer der Urheber dieser Briefe war. Viele vermuteten den zurückgezogen lebenden Thomas Pynchon hinter den Briefen. Tatsächlich lebte Pynchon zu der Zeit wohl in Kalifornien; die Handlung seines 1990 erschienenen Romans Vineland spielt sich unter anderem im Anderson Valley ab. Andere vermuteten den nicht minder publikumsscheuen William Gaddis hinter den Briefen. Pynchon dementierte seine angebliche Autorschaft über seine Agentin (und Ehefrau) Melanie Jackson. Einem älteren (heute widerlegten) Gerücht zufolge handelte es sich bei Gaddis und Pynchon ohnehin um ein und dieselbe Person - Tinasky selbst behauptete dies in einem Brief vom 21. August 1985.

1998 nahm sich der selbsternannte Literaturdetektiv Donald Foster der Briefe an. Foster hatte zuvor den Newsweek-Redakteur Joe Klein als Autor des anonym verfaßten Schlüsselromans Primary Colors (dt. "Mit aller Macht"), der die Clinton-Administration behandelte, enttarnt. Foster behauptete, der 1988 verstorbene Beatpoet Tom Hawkins sei der Autor der Briefe. Keine dieser Behauptungen läßt sich bis heute letztgültig nachprüfen.

2001 erschien eine deutsche Übersetzung der Wanda-Tinasky-Briefe.