Ronald Schill
Ronald Barnabas Schill (* 23. November 1958 in Hamburg), Richter, Gründungsvorsitzender der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und von 2001 bis 2003 Zweiter Bürgermeister und Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg.
Leben
Schill schloss 1992 sein Jurastudium in Hamburg mit Auszeichnung ab. Er praktizierte kurze Zeit als Anwalt. 1993 wurde er Richter am Amtsgericht Hamburg, wo er bis 2001 tätig war.
Richter Schill und die Boulevardpresse
Wegen seiner umstrittenen Urteile, bei denen Schill regelmäßig die Höchststrafe verhängte, erhielt Schill den Spitznamen "Richter Gnadenlos". Die spektakulärsten Urteile wurden in der zweiten Instanz aufgehoben. Schill trat zu dieser Zeit häufig in der Presse und auch im Fernsehen auf. Während seiner gesamten politischen Karriere blieb Schill im Blickpunkt des Medieninteresses.
Im Jahr 2000 wurde Schill an die Zivilkammer des Gerichts versetzt. Eine Anklage wegen Rechtsbeugung gegen Ronald Schill endete im Jahr 2001 mit einem Freispruch.
Politisches Leben
Anfang der politischen Karriere
Schill gründete die Partei Rechtsstaatlicher Offensive (nach ihm auch Schill-Partei genannt), die am 23. September 2001 bei der Hamburger Bürgerschaftswahl aus dem Stand 19,4% der Wählerstimmen erreichte.
Am 31. Oktober 2001 wurde Ronald Schill zum Zweiten Bürgermeister und Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg berufen.
Schill zog die Aufmerksamkeit der Presse durch seine teils radikalen Positionen auf sich:
- Er sprach sich wiederholt für die Legalisierung von Cannabis aus, bzw. war der Meinung, dass das Strafrecht in solchen Fällen nicht zur Anwendung gebracht werden sollte, da die Polizei wichtigeres zu tun habe.
- Nicht therapierbare Sexualstraftäter sollten seiner Ansicht nach nur dann wieder auf freien Fuß kommen, wenn sie sich zuvor einer freiwilligen Kastration unterzogen haben.
- Eltern, die ihre Erziehungspflicht nachhaltig verletzen und deren Kinder massiv straffällig geworden sind, sollten mit Sanktionen wie zivilrechtlichen Forderungen oder dem Entzug des Erziehungsrechtes rechnen müssen.
- Kurz nach der Erstürmung eines Moskauer Theaters im Oktober 2002, bei der 129 der 800 Geiseln durch den Einsatz eines starken Betäubungsgases starben, schlug Schill vor, solches Gas auch in Deutschland zur Bekämpfung des Terrorismus einzusetzen, sofern ein wirksames Gegenmittel dazu entwickelt werden könne.
- Im Wahlkampf kündete Ronald Schill die Halbierung der Gewaltkriminalität in 100 Tagen an, sofern er in einer Koalition freie Hand dafür bekäme. Zu diesem Zweck sollten 2000 neue Polizisten eingestellt werden.
Politik
Im Jahr 2002 stellte Ronald Schill zunächst 250 Angestellte im Polizeidienst neu ein, um die Polizei von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Außerdem wurden bereits 14 fertig ausgebildete Polizisten aus Berlin übernommen.
Im Jahr 2003 wurden 325 Polizisten aus Berlin und 29 aus anderen Bundesländern in den Hamburger Polizeidienst übernommen. Bis Mitte 2004 sollen damit 500 neue Beamte eingestellt worden sein. Darüber hinaus sind in 2003 229 Nachwuchskräfte eingestellt worden.
Im Jahr 2002 ging die Zahl der amtlich erfassten Straftaten um 15,5 Prozent zurück, bereinigt um ein Großverfahren im Jahr zuvor um 7,7 Prozent. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stieg die bundesweite Kriminalitätsrate um 2,3 %. Die Gewaltkriminalität in Hamburg ging im Jahr 2002 um 7,7 Prozent zurück und stieg in Schills zweitem Amtsjahr wieder um 3,7 Prozent an.
Skandale
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt wurde Schill in den Medien Kokainmissbrauch vorgeworfen. Schill unterzog sich freiwillig einer Haaranalyse, deren Ergebnis keinen Beweis des Kokainkonsums ergab. Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde daraufhin eingestellt.
Für bundesweites Aufsehen und Empörung sorgte Schill, als er am 29. August 2002 vor dem Deutschen Bundestag sprach.
Im Rahmen einer Debatte über die Flutkatastrophe in Ostdeutschland hatte Schill Politiker aller Parteien angegriffen und die Ausländerpolitik scharf kritisiert. Sein Beitrag gipfelte in den Worten: "Wir haben die tüchtigsten Menschen, aber die unfähigsten Politiker."
Zum Eklat kam es, als Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs ihm nach 15 Minuten Redezeit das Mikrofon abstellte. Schill warf ihr Verfassungsbruch vor, reichte eine angekündigte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nach politischem Druck von seiten seiner Koalitionspartner jedoch nicht ein.
Entlassung
Im Sommer 2003 geriet der Staatsrat der Innenbehörde und Schill-Vertraute Walter Wellinghausen durch möglicherweise gesetzeswidrige Nebentätigkeiten in die Schlagzeilen. Als der Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) Wellinghausen daraufhin entlassen wollte, kam es es am 19. August 2003 zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit Schill. Im Anschluss an ein Gespräch entließ von Beust den Innensenator, da der für sein Amt "charakterlich nicht geeignet" sei. Von Beust erklärte dazu, Schill habe ihm damit gedroht, eine angebliche Liebesbeziehung zwischen ihm und Justizsenator Roger Kusch (CDU) an die Öffentlichkeit zu bringen.
Schill erklärte gegenüber der Presse, er "habe nur an Ole von Beust appelliert, nicht mit zweierlei Maß zu messen". Er habe den Fall seines Parteikollegen, des Bausenators Mario Mettbach erwähnt, den von Beust gezwungen hatte, die Einstellung seiner Lebensgefährtin als Referentin rückgängig zu machen. Von Beust hätte wohl aber seinen Lebensgefährten Roger Kusch zum Justizsenator gemacht, und das müsse die Öffentlichkeit erfahren.
Kurze Zeit später bekannte sich Roger Kusch öffentlich, homosexuell zu sein. Bürgermeister Ole von Beust wollte sich nicht weiter zu seiner sexuellen Einstellung äußern und verweigerte mit Hinweis auf seine Privatsphäre weitere Aussagen zu dem Thema. Durch seinen Vater wurde wenig später publik, dass auch Ole von Beust homosexuell veranlagt ist.
Vertreter verschiedener Verbände, darunter Kirchen und die Polizeigewerkschaft, begrüßten die Entlassung Schills. Schill zog sich nicht aus der politischen Leben zurück und nahm sein Bürgerschaftsmandat wahr.
Ausschluss und Niedergang der PRO
Der Bundesvorstand der Partei Rechtsstaatlicher Offensive entzog am 6. Dezember das Amt des Hamburger Landesvorsitzenden und sprach Schill ein Verbot aus, weitere Ämter in der Partei einzunehmen.
Am 16. Dezember 2003 beschloss der Bundesvorstand der PRO den Parteiausschluss von Schill. Am 18. Dezember gründet Schill mit 5 ehemaligen Mitgliedern der PRO eine eigene Fraktion der Hamburger Bürgerschaft. Zur Vorsitzenden der neuen Ronald-Schill-Fraktion wurde Schills ehemalige Lebensgefährtin Katrin Freund gewählt. Entgegen den Gepflogenheiten der Hamburger Bürgerschaft wurde der neuen Fraktion ein Sitz im Präsidium verweigert.
Nachdem deutlich geworden war, dass die Hamburger Koalition ohne Schill und seine Anhänger in der Schill-Fraktion der Bürgerschaft keine eigene Mehrheit mehr hatte, erklärte der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust am 9. Dezember 2003 die Koalition aus CDU, FDP und der Schill-Partei für beendet.
Daraufhin kam es am 29. Februar 2004 zu Neuwahlen. Ronald Schill trat als Spitzenkandidat mit der Pro-DM-Partei an und erzielte 3,1 Prozent während die PRO nur noch ein Ergebnis von 0,4 Prozent erzielte.
Schill kündigte nach der Niederlage an, sich aus dem politischen Leben zurückzuziehen und aus Deutschland auszuwandern.