Zum Inhalt springen

Göbekli Tepe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Mai 2006 um 17:42 Uhr durch Yak (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Göbekli Tepe (dt. "Berg mit Nabel") ist ein frühneolithisches Bergheiligtum, mit 12000 Jahren ist es die älteste Tempelanlage der Welt, sie befindet sich auf dem höchsten Punkt eines langgestreckten Bergzugs etwa 15km nordöstlich der Stadt Şanlıurfa im Südosten der heutigen Türkei.


Die Entdeckung

Göbekli Tepe war bereits seit Anfang der 1960er Jahre als archäologische Stätte verzeichnet, aber in seiner Bedeutung noch nicht erkannt worden. Seit Mitte der 1990er Jahre führt das Deutsche Archäologische Institut (DAI) in Zusammenarbeit mit dem Museum Şanlıurfa archäologische Ausgrabungen und Forschungen durch. Vor Beginn der Grabungen wurde der Hügel landwirtschaftlich genutzt: Generationen von Bauern hatten immer wieder störende 'Steinbrocken' beseitigt und zu großen Haufen aufgeschichtet. Manches wurde dabei aus Unkenntnis zerstört.

Die Anlage

Die mächtige Schichtenfolge lässt auf eine mehrtausendjährige Geschichte des Platzes schließen, die vielleicht bis in die Mittelsteinzeit zurückreicht. In der ältesten Siedlungsschicht (Schicht III) kamen monolithische Pfeiler zum Vorschein, die mit grob geschichteten Mauern zu kreisförmigen oder ovalen Anlagen verbunden waren.

Bisher wurden vier solcher Gebäude mit Durchmessern zwischen 10 und 30 m entdeckt. Mehrere aneinander grenzende rechtwinklige Räume mit Böden aus geschliffenem Kalkestrich, die an Terrazzoböden der römischen Antike erinnern, gehören zur jüngeren Schicht II. Die jüngste Schicht besteht aus Sedimenten, die durch Erosion und durch die landwirtschaftliche Nutzung entstanden sind.

Die Monolithe sind mit Tierreliefs oder abstrakten Piktogrammen verziert. Einige Pfeiler haben auch Arme, was darauf schließen lässt, dass es sich um stilisierte Menschen handelt. Die sehr sorgfältig bearbeiteten Reliefs zeigen Löwen, Stiere, Keiler, Füchse, Gazellen, Schlangen, andere Reptilien und Vögel. Ob die Schöpfer dieser Werke damit nur die Tierwelt ihrer Umgebung abbilden wollten oder mythische Wesen (worauf vielleicht die Arme hindeuten), bleibt offen. Ebenso unklar ist die Bedeutung der Piktogramme, die aber möglicherweise die Zeichensysteme der späteren Stadtkulturen des Alten Orients beeinflussten.

Bisherige Ergebnisse

Gerade einmal 1,5 % des gesamten Areals wurden bisher freigelegt, und nur bei der zweiten Anlage (Anlage B) von Schicht III wurde das Fußbodenniveau erreicht. Auch dabei kam ein Terrazzoboden zum Vorschein.

Die bisherigen Grabungen erbrachten keine Hinweise auf Wohnbebauungen. Mit der Radiokarbonmethode konnte das Ende von Schicht III auf etwa 9000 v. Chr. datiert werden, die Anfänge sind noch unbekannt. Schicht II datiert in die Zeit um 8000 v. Chr..

Um 9000 v. Chr. stand die neolithische Revolution noch bevor. Der Bau der Anlage erforderte aber bereits komplexere Organisationsformen. Die Archäologen schätzen, dass bis zu 500 Menschen nötig waren, um die 10 - 20 t (im Einzelfall auch 50 t) schweren Pfeiler in den Steinbrüchen der Umgebung zu brechen und 100 - 500 m weit zu transportieren. Für die Ernährung wurde vermutlich Wildgetreide intensiver genutzt als bisher, vielleicht auch schon gezielt angebaut. Wohngebäude wurden bislang keine gefunden, wohl aber "Sondergebäude", die wahrscheinlich für rituelle Zusammenkünfte genutzt wurden. Zu Anfang des 8. Jahrtausends v. Chr. verlor der Nabelberg seine Bedeutung. Ackerbau und Viehzucht stellten das Leben auf eine neue Grundlage. Die Anlage ist aber nicht einfach in Vergessenheit geraten und im Laufe der Zeit durch die Kräfte der Natur verschüttet worden. Sie wurde vielmehr planmäßig mit 300 - 500 m3 Erde zugeschüttet. Warum dies geschah, ist unklar, aber es hat die Monumente der Nachwelt erhalten.

Bedeutung

Göbekli Tepe gilt als Jahrtausendfund und als anatolisches Stonehenge. Offensichtlich waren nicht nur sesshafte Bauern, sondern bereits Jäger und Sammler in der Lage, monumentale Kultanlagen zu errichten - oder wie es der Ausgräber Klaus Schmidt, und 1961 schon Lewis Mumford, in seinem Grabungsbericht formulierte: "Zuerst kam der Tempel, dann die Stadt". Diese revolutionäre These muss durch zukünftige Grabungen bestätigt oder modifiziert werden.

Es gibt keine vergleichbaren Großbauten aus dieser Zeit: Nevalı Çori, eine steinzeitliche Siedlung, die seit 1992 am Grund des Atatürk-Stausees begraben liegt, ist um 500 Jahre jünger, seine Pfeiler bedeutend kleiner; die etwa zeitgleiche Bebauung von Jericho ist ohne künstlerischen Schmuck und großformatige Skulpturen; Çatal Höyük ist 2000 Jahre jünger; die europäischen Megalithbauten von Stonehenge entstanden erst um 2000 v. Chr.

Literatur

  • Klaus Schmidt: Sie bauten die ersten Tempel. Das rätselhafte Heiligtum der Steinzeitjäger. München 2006, ISBN 3-406-53500-3.
  • Klaus-Dieter Linsmeier, Klaus Schmidt: Ein anatolisches Stonehenge. in: Spektrum der Wissenschaft - Spezial 2/2003, S. 10-15. ISBN 3936278350 ISSN 0943-7996(?!?!)
  • Klaus Schmidt: Göbekli Tepe, Southeastern Turkey. A preliminary Report on the 1995-1999 Excavations. in: Palèorient 26/2001,1, 45-54.
  • Klaus Schmidt: Frühneolithische Tempel. Ein Forschungsbericht zum präkeramischen Neolithikum Obermesopotamiens. in: Mitteilungen der deutschen Orient-Gesellschaft (MDOG) 130, 1998, 17-49.
  • K. Pustovoytov: Weathering rinds at exposed surfaces of limestone at Göbekli Tepe. in: Neo-lithics 2000, 24-26 (14C-Dates).