Jugoslawien
Jugoslawien (»Südslawien«) war ein Staat in Südosteuropa, der in unterschiedlicher Form von 1918 bis 1991 bestand. Während es zwischen dem ersten und dem zweiten jugoslawischen Staat eine juristische Kontinuität gab, war das 1992 gegründete dritte Jugoslawien nach vorherrschender Rechtsauffassung nur einer von fünf Nachfolgestaaten des zweiten Jugoslawiens (Staatenbund Serbien und Montenegro). Die ehemalige Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien zerfiel in die folgenden, international-anerkannten und souveränen Republiken: Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro und Mazedonien. Im Falle von Serbien und Montenegro (das sich nach 1992 als Jugoslawien bezeichnete und praktisch als Restjugoslawien gilt) gab es in jüngster Zeit erneute Abspaltungstendenzen, die nach einer Volksabstimmung am 21. Mai 2006 zur Unabhängigkeit von Montenegro und somit auch zur Auflösung des Staatenbundes Serbien und Montenegro führten. Derzeit werden intensive Verhandlungen auf internationaler Ebene über die weitere Stellung der ehemals autonomen Provinz Kosovo geführt.
Siehe auch: Geschichte Jugoslawiens
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen / Königreich Jugoslawien | |||||
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Federativna Narodna Republika Jugoslavija Föderative Volksrepublik Jugoslawien (1946-1963) Социјалистичка федеративна република Југославија / | |||||
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Wahlspruch | Bratstvo i jedinstvo (Brüderlichkeit und Einheit) | ||||
Basisdaten | |||||
Amtssprachen | Serbokroatisch (offiziell eine Sprache mit mehreren Varianten), Slowenisch, Mazedonisch, eingeschränkt auch Albanisch und Ungarisch sowie auf lokaler Ebene die Sprachen weiterer Nationalitäten | ||||
Hauptstadt | Belgrad (Beograd) | ||||
Fläche | 255.804 km² | ||||
Einwohner | 20.522.972 | ||||
Währung | 1 Jugoslawischer Dinar | ||||
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Савезна Република Југославија Bundesrepublik Jugoslawien | |||||
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Basisdaten | |||||
Amtssprache | Serbisch, lokal auch Albanisch | ||||
Hauptstadt | Belgrad (Beograd), 1,8 Mio. Einwohner | ||||
Fläche | ca. 102.000 km² | ||||
Einwohner | ca. 11.000.000 | ||||
Nationalfeiertag | 29. November |
„Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ bzw. „Königreich Jugoslawien“ (1918-1941)
- Hauptartikel: Königreich Jugoslawien

Der jugoslawische Staat entstand nach dem Ersten Weltkrieg aus den vorher unabhängigen Königreichen Serbien und Montenegro (unter Einschluss der von Serbien in den Balkankriegen 1912/13 erworbenen mazedonischen Gebiete) und südslawisch besiedelten Teilen Österreich-Ungarns (hpts. das ehemalige Kronland Krain mit südlichen Gebieten der Kronländer Kärnten und Steiermark, Kroatien-Slawonien, Dalmatien, Bosnien und die Vojvodina).
Offizielle Bezeichnung war zunächst Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (1918-1920 Kraljevstvo Srba, Hrvata i Slovenaca, seit 1920 Kraljevina Srba, Hrvata i Slovenaca, abgekürzt auch SHS-Staat). Staatsoberhaupt wurde der serbische König Peter I..
Von Beginn an war die politische Situation des neuen Staates geprägt von dem sich zuspitzenden Konflikt zwischen den nach Autonomie strebenden kroatischen Kräften und den großserbischen Nationalisten. Das Scheitern eines Ausgleichs führte schließlich zur Staatskrise: König Alexander I. setzte die Verfassung außer Kraft und errichtete die erste Königsdiktatur auf dem Balkan. In der am 3. Oktober 1929 eingeführten Verfassung wurde der Staat in Königreich Jugoslawien (Kraljevina Jugoslavija) umbenannt. Eine neue Verwaltungsgliederung (9 Banovine) wurde eingeführt, die wenig Rücksicht auf überkommene Grenzen nahm.

1941 wurde das Königreich Jugoslawien von Deutschland und Italien besetzt und aufgelöst: Während Serbien militärisch besetzt blieb, wurde Slowenien zwischen Deutschland und Italien geteilt, Kroatien (mitsamt großen Teilen Bosnien-Herzegovinas) zu einem schein-unabhängigen faschistischen Vasallenstaat namens Unabhängiger Staat Kroatien, während Montenegro und einige weitere südliche Gebiete, die zu Albanien geschlagen wurden, italienisch besetzte Vasallenstaaten wurden. Gliederung:
- 1918-1921 7 Länder (Pokrajine)
- 1921-1929
- 1929-1939 9 Banschaften (Banovine)
- 1939-1941 7 normale Banschaften und die autonome Banschaft Kroatien (Banovina Hrvatska)
Banschaften und Hauptstädte von 1929-1941
Die Banschaften des Königreichs Jugoslawien:
- Dravska banovina (Banschaft Drau): Ljubljana
- Banovina Hrvatska (Banschaft Kroatien): Zagreb (1939 Zusammenlegung zweier Banschaften durch den Cvetković-Maček Vertrag)
- Savska banovina (Banschaft Save): Zagreb
- Primorska banovina (Banschaft Küste): Split
- Vrbaska banovina (Banschaft Vrbas): Banja Luka
- Drinska banovina (Banschaft Drina): Sarajevo
- Zetska banovina (Banschaft Zeta): Cetinje
- Dunavska banovina (Banschaft Donau): Novi Sad
- Moravska banovina (Banschaft Morava): Niš
- Vardarska banovina (Banschaft Vardar): Skopje
„Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ bzw. „Sozialistische Bundesrepublik Jugoslawien“ (1945-1992)
- Hauptartikel: Sozialistische Bundesrepublik Jugoslawien

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Jugoslawien als sozialistischer Bundesstaat aus 6 Teilrepubliken (Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien und Mazedonien) gegründet. Es hieß ab 1945 offiziell zunächst Demokratisches Föderatives Jugoslawien (Demokratska Federativna Jugoslavija). Am 29. November 1945 wurde die Föderative Volksrepublik Jugoslawien (Federativna Narodna Republika Jugoslavija) proklamiert, die am 31. Januar 1946 eine nach dem Vorbild der UdSSR gestaltete Verfassung erhielt. 1963 wurde der Staat in Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija/SFRJ) umbenannt.
1974 wurde Serbien durch einen Beschluss der kommunistischen Regierung unter Tito mit der Ausrufung der autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo in drei Teile geteilt.
Im Laufe der Jahre 1991-1992 erklärten nach den ersten demokratischen Wahlen und einem Referendum alle Teilrepubliken bis auf Serbien und Montenegro ihre staatliche Unabhängigkeit.
- Gliederung: 6 Teilrepubliken (Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Slowenien) und 2 Autonome Provinzen innerhalb Serbiens (Kosovo, Vojvodina)
- Bevölkerung: Serben, Kroaten, Slowenen, Mazedonier, jugoslawische Moslems (Muslimani mit großem M, wurden 1968 zu einer eigenen Nationalität und zum sechsten konstitutiven Volk Jugoslawiens erklärt), Jugoslawische Roma und Sinti, Montenegriner, Albaner, Rumänen, Ungarn, sehr wenige Deutsche
- Religionen: Serbisch-Orthodoxe, Katholiken, Muslime, Juden
- größte Städte: Belgrad (Beograd) 1.500.000 Einw., Zagreb 780.000 Einw., Skopje 500.000 Einw., Priština ca. 500.000 Einw., Sarajevo ca. 400.000 Einw.
„Bundesrepublik Jugoslawien“ (1992-2003) bzw. „Serbien und Montenegro“ (2003-2006)
- Hauptartikel: Serbien und Montenegro
Im Jahre 1992 bildeten die Republiken Serbien und Montenegro die Bundesrepublik Jugoslawien (Savezna Republika Jugoslavija), auch Rest-Jugoslawien genannt. Diese wurde am 4. Februar 2003 durch den Staatenbund Serbien und Montenegro (Srbija i Crna Gora) abgelöst.
- Gliederung: 2 Teilrepubliken (Montenegro und Serbien)
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen beschloss am 22. September 1992 durch Mehrheitsbeschluss (Billigung von 127 Ländern bei 26 Enthaltungen und sechs Gegenstimmen), dass die aus Serbien und Montenegro bestehende Bundesrepublik Jugoslawien nicht automatisch die Rechtsnachfolge der SFRJ als Mitgliedstaat der UN antreten könne, sondern sich ebenso wie die anderen Nachfolgestaaten der SFRJ neu um die Mitgliedschaft bewerben müsse. Die Bundesrepublik Jugoslawien dürfe deshalb den Sitz der SFRJ in der UN-Vollversammlung nicht mehr wahrnehmen. Da die Bundesrepublik Jugoslawien sich weigerte, diesen Beschluss zu akzeptieren, verlor sie de facto ihren Sitz in der Vollversammlung. Erst im Jahre 2000 wurde die Bundesrepublik Jugoslawien, nachdem sie sich wie gefordert neu beworben hatte, wieder in die UN aufgenommen. Mit der Annahme einer neuen Verfassung im Jahre 2003 benannte sich die Bundesrepublik Jugoslawien um in „Serbien und Montenegro“. Diese Staatenunion zerfiel 2006, als sich die Bevölkerung Montenegros mehrheitlich für die Unabhängigkeit aussprach.
Siehe auch
Literatur
- Holm Sundhaussen: Experiment Jugoslawien. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. Mannheim 1993, ISBN 3-411-10241-1