Johannes Janssen (Historiker)
Johannes Janssen (* 10. April 1829 bei Xanten; † 24. Dezember 1891 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Historiker.
Leben
Er begann mit 14 Jahren auf Wunsch seines Vaters eine Lehre als Kupferschmied, durfte jedoch später weiter die Schule besuchen und legte 1849 sein Abitur in Recklinghausen ab. Anschließend studierte er Theologie in Münster und Löwen. 1851 entschloss er sich zur Geschichtswissenschaft zu wechseln. Er studierte in Bonn, wo er 1853 mit einer Arbeit über den Abt Wibald von Stablo und Corvey promovierte. 1854 habilitierte er sich in Münster.
Aufgrund seiner Freundschaft mit dem Frankfurter Historiker Johann Friedrich Böhmer entschied er sich, einen Ruf als Professor für Geschichte an das Städtische Gymnasium in Frankfurt am Main anzunehmen. Er wurde ordinierter Priester im Jahre 1860. Nach dem Tode Böhmers nahm Janssen Urlaub für einen längeren Studienaufenthalt in Rom. Ein Angebot, in den diplomatischen Dienst der Kurie zu treten, schlug er allerdings aus, sondern kehrte nach Frankfurt in den Schuldienst zurück.
Obwohl er in den 1860er-Jahren eine preußenfreundliche Haltung entwickelt hatte, wandelte er sich unter dem Einfluß des Kulturkampfes zu einem entschiedenen Kritiker. 1875 ließt er sich für die Zentrumspartei im Wahlkreis Montjoie-Schleiden-Malmedy zum Mitglied des preussischen Abgeordnetenhauses wählen. Bereits im Herbst 1876 legte er jedoch sein Mandat nieder und zog sich wieder an das Frankfurter Gymnasium zurück. 1880 wurde er zum persönlichen Prälat des Papstes Leo XIII. ernannt.
Am 24. Dezember 1891 starb Janssen in Frankfurt am Main. Sein Grab befindet sich auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
Werk
Janssen war ein Meister der so genannten ultramontanen Geschichtsschreibung und galt seinerzeit auch als bedeutendster katholischer Historiker. Er wurde stark von der frühen Geschichtsschreibung von Ignaz von Döllinger beeinflusst. Seine große Arbeit ist Die Geschichte deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters, 8 Bde., Freiburg, 1878-1894. In diesem Buch zeigt sich er sehr feindlich eingestellt zur lutherischen Reformation und versucht, nachzuweisen, dass die Protestanten für die allgemeine Ruhelosigkeit in Deutschland während des 16. und des I7. Jahrhunderts verantwortlich waren. Er versucht durch seine Verbindungen zur katholischen Zentrumspartei nicht ohne Erfolg, seine Geschichte des deutschen Volkes auf das Feld der Tagespolitik zu übertragen. Seine Auffassung führte zu zahlreichen Kontroversen. Davon kündeten Janssens Ein Wort an ein meine Kritiker, Freiburg 1882. und Ein zweites Wort an meine Kritiker, Freiburg 1883. in Beantwortung der Kritiken u.a. August Ebrard, Max Lenz, Hermann Baumgarten und zahlreicher anderer. Häufig wurde dabei in den Debatten die wissenschaftliche Sachlichkeit durch die leidenschaftliche Erregung, die gerade die Zeit im Kulturkampf kennzeichnete, überschattet. Das galt für die Geschichtsschreibung beider konfessioneller Lager im gleichen Maße. Einer der wenigen protestantischen Historiker, die sich um eine sachliche Einordnung des Werkes von Janssen bemühten und sich damit verdient machten, war Wilhelm Maurenbrecher. Doch auch er hatte die Erregung der Jahre auch in den Rezensionen selbst zu spüren bekommen. (Auch er vermag die Grundtendenz der Geschichtsauffassung Janssens nicht zu billigen. Er hebt im Unterschied zur protestantischen Kritik jedoch die ausdruckstarke Quellensprache und die Durchdringung des Stoffes bei Janssen hervor. Er würdigt auch wohlwollend Janssens Bemühungen um die Darstellung der negativen Folgen der Reformation, welche zu seiner Zeit die protestantischen Kirchenhistoriker, Historiker und Theologen gern zu übersehen pflegen.) Das betraf die Reaktionen aus beiden konfessionellen Lagern. So nennen wir hier einmal die Namen Alphons Bellesheim, Franz Dittrich und Hermann Baumgarten. Trotz aller Kritik blieb jedoch Janssens Werk so bedeutend, dass eine grundlegende Bedeutung trotz der einseitigen Tendenz seiner Geschichtsschreibung niemals in Abrede gestellt werden konnte. Die zahlreichen Auflagen, die selbst die bei Leopold von Ranke weit hinter sich ließen, bestätigen uns das eindrucksvoll. Sein Einfluss muss als langanhaltend gelten. Er ist bis in die 1920er Jahre spürbar, obwohl sich eine Abnahme der konfessionellen Spannungen bereits während des I. Weltkrieges abzeichnet. Wichtige Vertreter eines neuen katholischen Lutherbildes im 20. Jahrhundert sind Adolf Herte, Joseph Lortz, Hubert Jedin, Erwin Iserloh, Peter Manns und Otto Hermann Pesch. Dieses wird von protestantischer Seite auch anerkannt wie z.B. Gottfried Maron.
Janssen hat in der deutschen Historiographie einen besonderen Stellenwert, weil er der Erste vor Karl Lamprecht ist, welcher eine Art Sozialgeschichte schreibt. Ihm geht es um die negativen Folgen, welche die Reformation seit Martin Luther mit sich gebracht hatte. Dabei versteigt er zu der These, dass die Reformation eine "Blüte des Spätmittelalters" zunichte machte. Janssen stützte sich dabei auf die Kunstgeschichte, wo in dieser Zeit wirklich eine Blütezeit zu sehen war. Allerdings übersieht er dabei, dass die Kirche wie die ganze spätmittelalterliche Gesellschaft reformbedürftig war. Er hob bewusst Schwächen der Reformation hervor und ließ die Stärken unterbeleuchtet um eine Tendenz zugunsten der katholischen Geschichtsauffassung zu erzielen.
Einer der wichtigsten Nachfolger in dieser Geschichtsauffassung war Ludwig von Pastor. Mit diesem pflegte er auch engeren Kontakt. Weitere wichtige Vertreter dieser Auffassung waren Hartmann Grisar und Heinrich Denifle.
Janssens Hauptwerke
- Die Geschichte deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters (8 Bde., Freiburg, 1878-1894), die zahlreiche Ausgaben erlebt hat, ist durch Ludwig Pastor ergänzt und verbessert worden. Der größere Teil von ihm wurde auch übersetzt ins Englische von M. A. Mitchell und von A. M fortgesetzt. Christie London, 1896 ff.
- Frankfurts Reichskorrespondenz, 1376 1519, Freiburg 1863-1872.
- Schiller als Historiker, 2. neubearb. Aufl., Freiburg 1879.
- Frankreichs Rheingelüste und deutsch-feindliche Politik in früheren Jahrhunderten, 2. Aufl., Freiburg 1883.
- Joh. Friedrich Böhmer's Leben und Anschauungen: bearbeitet nach des Verfassers größerem Werk: "Joh. Friedrich Böhmer's Leben, Briefe und kleinere Schriften, Freiburg 1869.
- Joh. Friedrich Böhmer's Leben, Briefe und kleinere Schriften, Freiburg 1868.
Literatur zu Janssen
- Ludwig von Pastor, Johannes Janssen, Freiburg 1893.
- Ders. (Hrsg.), Janssens Briefe, 2 Bde., Freiburg 1920.
- F. Meister, Erinnerung ein Johannes Janssen, Frankfurt 1896.
- Mario Todte, Wilhelm Maurenbrecher und die Lutherische Reformation: Zur Auseinandersetzung mit den konfessionell geprägten Lutherinterpretationen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: eine rezeptionsgeschichtliche Studie, Leipzig 2001. Hier geht es um die Stellung Maurenbrechers zur katholischen Geschichtsschreibung insbesondere Janssens überhaupt.
- Joachim Schüffler, Johannes Janssen im Spiegel der Kritik : Ein Beitrag zur Reformationsgeschichtsschreibung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Masch. Diss. Jena 1967.
- Robert Hippe, Johannes Janssen <1829-1891> als Geschichtsschreiber, Masch. Diss. 1950.
- Hubert Jedin, Die Erforschung der kirchlichen Reformationsgeschichte seit 1876, Münster 1931. Einen großen Teil nehmen die Auseinandersetzungen mit Janssen ein.
Weblinks
- Janssen in der Allgemeinen Deutschen Biographie
- Janssen im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon
- http://52.1911encyclopedia.org/J/JA/JANSSEN_JOHANNES.htm - 6k
- http://www.newadvent.org/cathen/08284c.htm - 20k
Personendaten | |
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NAME | Janssen, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Historiker |
GEBURTSDATUM | 10. April 1829 |
GEBURTSORT | Xanten |
STERBEDATUM | 24. Dezember 1891 |
STERBEORT | Frankfurt am Main |