Meister des Hausbuches


Der Meister des Hausbuches, häufig kurz als Hausbuchmeister bezeichnet, auch unter dem Namen Meister des Amsterdamer Kabinetts, Meister der Genreszenen des Hausbuches und Meister des Speyerer Altars bekannt, ist eine kontrovers diskutierte Gruppe deutscher Zeichner, Maler, und Stecher, die zwischen etwa 1470 und 1505 im Raum der Rheinpfalz und am Oberrhein tätig war und nach dem Hausbuch ehemals auf Schloss Wolfegg benannt wird.
Werk

Bei dem sogenannten Meister des Hausbuches handelt es sich nach aktuellem Forschungsstand um eigentlich mehrere Künstler, die vermutlich überwiegend am Oberrhein tätig waren.[1] Den heute allgemein gültigen Notnamen hat dieser Künstlerkomplex von den Planeten-Zeichnungen in dem Hausbuch erhalten, das sich seit dem 17. Jahrhundert in den Sammlungen der Fürsten Waldburg-Wolfegg befand (sozusagen der erste Meister des Hausbuches).
Zudem ist der Meister der Planetendarstellungen im Hausbuch in der Kunstwissenschaft auch als Meister des Amsterdamer Kabinetts bekannt, da sich der größte Teil seiner erhaltenen Kaltnadelarbeiten im Amsterdamer Rijksmuseum befindet. Über seine Herkunft und Ausbildung ist nichts bekannt.
Weitere Zeichnungen in dem Wolfeggschen Hausbuch und weitere Gemälde wie der sogenannte Speyerer Altar (um 1480) wurden und werden diesen Meister des Hausbuches zusätzlich zugeschrieben, sodass nicht immer klar ist, welcher der einzelnen, unterscheidbaren, aber namenlosen Künstler jeweils gemeint ist. Tatsächlich wurden die weitere Zeichnungen im Hausbuch, vor allem Genrezeichnungen und Zeichnungen von militärischen Gegenständen, ab etwa 1480 von einem anderen Künstler geschaffen.
Das Werk des Meisters der Planetenbilder und der gesamte Werkkomplex waren stilprägend für die Kunst am Mittelrhein im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts.
Wiederholt ist versucht worden, die Identität des oder der Künstler zu ermitteln. Die von mehreren Kunsthistorikern vertretene These, dass der Meister des Hausbuches vielleicht mit dem dokumentarisch in Mainz nachgewiesenen Erhard Reuwich aus Utrecht zu identifizieren sei, lässt sich nicht belegen und ist eher unwahrscheinlich.[2]
Der Meister der Planetendarstellungen des Hausbuches schuf neben Zeichnungen und Kaltnadelradierungen auch Porträts als Gemälde. Sein bekanntestes Werk in dieser Gattung ist das nach seinem Aufbewahrungsort so genannte Gothaer Liebespaar (um 1480), das erste eigenständige Doppelporträt der deutschen Tafelmalerei.
Die meisten anderen, in der älteren Kunstgeschichte dem Meister zugeschriebene Gemälde sind nach den Forschungen von Daniel Hess[3] mit großer Sicherheit nicht auf ihn zurückzuführen, auch wenn enge Kontakte deutlich erkennbar sind. Hier wird u.a. der Notname Meister des Speyerer Altars verwendet.

traditionell zugeordnete Werke, die aber vermutlich aus verschiedenen Werkstätten stammen
Gemälde:
- Basel, Kunstmuseum
- Bildnis eines Mannes.
- Pergament auf Lindenholz, 25,5 × 18 cm, Inv.: IN 467
- Drei schwebende Engel.[4]
- Gefirnißte Tempera auf Tannenholz, 29,5 × 38 cm, Inv.: 431
- Berlin, Gemäldegalerie
- Die Fußwaschung der Apostel. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 75,6 cm, Inv.: 2072; Linke Flügelaussenseite eines Passionsaltars
- Das Abendmahl. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 75,6 cm, Inv.: 2073; Rechte Flügelaussenseite eines Passionsaltars
- ehemals Berlin, Deutsches Museum
- Die heilige Anna Selbdritt mit den Heiligen Barbara und Katharina
- Tannholz, 94 × 131 cm, Inv.: 2062; Vermutlich 1945 verbrannt
- Colmar, Musée d'Unterlinden
- Der Drachenkampf des heiligen Georg
- Nadelholz, 90,2 × 218,8 cm, Inv.: 60; Rechter Teil der Predella des „Bergheimer Altars“ vom Meister des Staufenberger Altars
- Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister
- Die Beweinung Christi. um 1480 – 1490
- Fichtenholz, 131 × 171 cm, Inv.: 1868 A
- Frankfurt/M., Städelsches Kunstinstitut
- Die Auferstehung Christi. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 75,6 cm, Inv.: SG 447; Rechte Flügelinnenseite eines Passionsaltars
- Freiburg i. Br., Augustinermuseum
- Kalvarienberg. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 173 cm, Inv.: 11531; Haupttafel eines Passionsaltars
- Ecce homo. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 75,6 cm, Inv.: 11531 c; Linke Flügelinnenseite eines Passionsaltars
- Christus vor Kaiphas. um 1475 – 1480
- Nadelholz, 130,5 × 75,6 cm, Inv.: 11531 b; Rechter Standflügel eines Passionsaltars
- Gotha, Schlossmuseum
- Das Liebespaar. um 1480
- Lindenholz, 114 × 80 cm, Inv.: 319
- Mainz, Landesmuseum
- Der Tempelgang Mariae. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 429; Teil eines Marienzyklus
- Die Verkündigung. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 430; Teil eines Marienzyklus
- Die Heimsuchung. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 431; Teil eines Marienzyklus
- Die Geburt Christi. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 432; Teil eines Marienzyklus
- Die Anbetung der Könige. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 433; Teil eines Marienzyklus
- Die Darstellung Christi im Tempel. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 434; Teil eines Marienzyklus
- Der zwölfjährige Christus unter den Schriftgelehrten. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 435; Teil eines Marienzyklus
- Die Ausgießung des Heiligen Geistes. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 436; Teil eines Marienzyklus
- Der Tod Mariae. 1505
- Fichtenholz, 128 × 74 cm, Inv.: 437; Teil eines Marienzyklus
- München, Alte Pinakothek
- Die Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers.
- Fichtenholz, 110,7 × 90,5 cm, Inv.: 10647; Flügelaussenseite eines „Marien- und Johannes-Altars“ vom Meister des Staufenberger Altars
- Die Geburt Christi mit der Anbetung der Hirten.
- Fichtenholz, 132 × 76 cm, Inv.: WAF 586
- Maria mit dem Kinde.
- Lindenholz, 38 × 25,5 cm, Inv.: 9036
- Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum
- Die Anbetung der Hirten. um 1500
- Nadelholz, 160,5 × 59,3 cm, Inv.: Gm 1823
- Oldenburg, Landesmuseum
- Die heilige Anna Selbdritt.
- Kiefernholz, 136 × 105 cm, Inv.: 136 A
Glasmalerei:
- Arnoldsheim, Ev. Pfarrkirche
- Der heilige Georg.
- Vermutlich Arbeit eines Schülers
- Berlin, Kunstgewerbemuseum
- Die Kreuzigung Christi.
- Hanau, Marienkirche
- Rundscheibe mit Wappenhalter
Ausgewählte Zeichnungen:
- Berlin, Kupferstichkabinett
- Das Liebespaar. um 1485
- Papier, ?? x ?? cm, Inv.: KdZ ??
- Die Ermahnung.
- Papier, 16,2 × 10,4 cm, Inv.: KdZ 4291
- König Maximilian beim Friedensbankett.
- Papier, 27,7 × 19,2 cm, Inv.: KdZ 4442
- Heidelberg, Universitätsbibliothek
- Johann von Soest überreicht Pfalzgraf Philipp dem Aufrichtigen seine Übersetzung der „Kinder von Limburg“
- Papier, 28,2 x 19 cm, Inv.: Cod. pal. germ. 87; Buchmalerei
- Leipzig, Museum der bildenden Künste
- Das Liebespaar mit dem Falken. um 1485
- Papier, ?? x ?? cm, Inv.: ??
Gemälde aus dem Umkreis:
- Tafelbild der Hl. Sippe (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Gm 2325), um 1480.
Literatur
- Daniel Hess: Meister um das „mittelalterliche Hausbuch“. Studien zur Hausbuchmeisterfrage. Mainz 1994, ISBN 3-8053-1656-9 (grundlegend).
- Venus und Mars : das mittelalterliche Hausbuch aus der Sammlung der Fürsten zu Waldburg Wolfegg. anläßlich der Ausstellung im Städelschen Kunstinstitut und Städtische Galerie, Frankfurt am Main, vom 18. September bis 2. November 1997 ... Metropolitan Museum of Art. München/ New York 1997, ISBN 3-7913-1839-X.
- J. P. Filedt Kok (Hrsg.): Vom Leben im späten Mittelalter. Der Hausbuchmeister oder Meister des Amsterdamer Kabinetts. Rijksmuseum Amsterdam 14. März - 9. Juni 1985; Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main 5. September - 3. Nov. 1985. Amsterdam u. a. 1985, DNB 210606932.
- Jane Campell Hutchinson: Meister des Hausbuchs. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 714 f. (Digitalisat).
- Alfred Stange: Der Hausbuchmeister. Gesamtdarstellung und Katalog seiner Gemälde, Kupferstiche und Zeichnungen. Baden-Baden 1958, DNB 454831919. (Studien zur deutschen Kunstgeschichte; 316) (weitgehend in den Zuschreibungen überholt)
- Alfred Stange: Die deutschen Tafelbilder vor Dürer, Bd. II, München 1970 (weitgehend in den Zuschreibungen überholt)
- Curt von Faber du Faur: Der Hausbuchmeister. Gloria-Verlag, Berlin 1921, DNB 570154367.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Differenzierung wird überzeugend referiert, vorgetragen und begründet bei: Daniel Hess: Meister um das „mittelalterliche Hausbuch“. Studien zur Hausbuchmeisterfrage. Mainz 1994.
- ↑ Hess 1994.
- ↑ Hess 1994.
- ↑ Christian Geelhaar: Kunstmuseum Basel. Verein der Freunde des Kunstmuseums Basel, Basel, 2. Auflage. 1996, ISBN 3-7204-0073-5.
Personendaten | |
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NAME | Meister des Hausbuches |
ALTERNATIVNAMEN | Meister des Amsterdamer Kabinetts; Hausbuchmeister; Meister des Speyerer Altars |
KURZBESCHREIBUNG | Maler und Kupferstecher |
GEBURTSDATUM | vor 1450 |