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Akkadische Sprache

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Akkadisch

Gesprochen in

vormals in Mesopotamien, Syrien
Sprecher ausgestorben
Linguistische
Klassifikation

Afro-Asiatische Sprache

Semitisch
Ostsemitisch
  • Akkadisch
Offizieller Status
Amtssprache in
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2 (B) akk (T) akk

Akkadisch ist eine ostsemitische Sprache, die stark vom Sumerischen beeinflusst wurde. Sie wurde bis kurz nach der Zeitenwende in Mesopotamien und im heutigen Syrien gesprochen. Ihre Bezeichnung ist vom Namen der Stadt Akkad abgeleitet. Akkadisch war Volks- und Amtssprache in Mesopotamien sowie zeitweise die Sprache der internationalen Korrespondenz in Vorderasien bis nach Ägypten.

Klassifikation

Mit den übrigen semitischen Sprachen gehört das Akkadische zu den afroasiatischen Sprachen, einer Sprachfamilie, die in Vorderasien und Nordafrika beheimatet ist.

Innerhalb der semitischen Sprachen bildet das Akkadische eine eigene „ostsemitische“ Untergruppe. Es unterscheidet sich von nordwest- und südsemitischen Sprachen durch die Wortstellung Subjekt-Objekt-Verb (SOV), während die beiden anderen Zweige zumeist Verb-Subjekt-Objekt oder Subjekt-Verb-Objekt haben. Diese Wortstellung geht auf den Einfluss des Sumerischen zurück, das ebenfalls eine SOV-Stellung hat.

Daneben verwendet das Akkadische als einzige semitische Sprache die Präpositionen ina (Lokativ, also dt. in, an, bei, mit) und ana (Dativ-Allativ, also dt. für, zu, nach). Viele benachbarte, nordwestsemitische Sprachen, wie das Arabische und das Aramäische haben stattdessen bi/bə (Lokativ) bzw. li/lə (Dativ). Die Herkunft der akkadischen Ortspräpositionen ist ungeklärt.

Weiterhin verfügt das Akkadische nicht, wie die meisten übrigen semitischen Sprachen, über ein reichhaltiges Inventar von Frikativen. Es hat sowohl den glottalen wie auch die pharyngalen Frikative verloren. Die Sibilanten (Zischlaute) des Akkadischen waren zumindest bis zur altbabylonischen Zeit (ca. 19. Jahrhundert v. Chr.) ausschließlich Affrikaten.

Geschichte und Schrift

Keilschrift (neuassyrische Zeichenform)
(1 = Wortzeichen (WZ) „mischen“/Silbenz. (SZ) ḫi,
2 = WZ „Wassergraben“,
3 = SZ ,
4 = SZ aḫ, eḫ, iḫ, uḫ,
5 = SZ kam,
6 = SZ im,
7 = SZ bir)

Akkadisch ist auf Tontafeln seit etwa 2500 v. Chr. überliefert. Es wurde mit der von den Sumerern übernommenen Keilschrift geschrieben. Im Unterschied zum Sumerischen wurde diese jedoch im Akkadischen zu einer voll ausgebildeten Silbenschrift weiterentwickelt. Der Logogramm-Charakter dieser Schrift trat in den Hintergrund. In seiner Blütezeit, d. h. im 2. Jahrtausend v. Chr. galt es in der gesamten Alten Welt des Orients, einschließlich Ägyptens, als Schriftsprache der Diplomatie. Im 1. Jahrtausend v. Chr. wurde das Akkadische mehr und mehr als Amtssprache verdrängt. Zunächst bestanden Akkadisch und Aramäisch parallel als Amtssprachen. Das wird auf vielen Abbildungen deutlich, auf denen ein Tontafelschreiber Akkadisch schreibt und ein Papyrus- oder Lederschreiber Aramäisch. Auch die zeitgenössischen Texte zeigen dies. Nach dem Ende der mesopotamischen Reiche, das durch die Eroberung des Gebiets durch die Perser kam, wurde Akkadisch als Volkssprache verdrängt, jedoch als Schriftsprache weiterhin verwendet. Auch nach dem Einmarsch der Griechen unter Alexander dem Großen im 4. Jahrhundert v. Chr. konnte sich die Sprache als Schriftsprache behaupten. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass zu dieser Zeit Akkadisch als gesprochene Sprache bereits ausgestorben war oder zumindest nur noch in sehr kleinem Umfang verwendet wurde. Die jüngsten Texte in Akkadischer Sprache stammen aus der Mitte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts.

Näheres zur Schrift steht im Hauptartikel Keilschrift.

Dialekte

Dialekt Region
Assyrisch Nordmesopotamien
Babylonisch Zentral- und Südmesopotamien
Eblaitisch Nordsyrien (in und um Ebla)
Mariotisch Mittlerer Euphrat (in und um Mari)
Tall Baydar Nordsyrien (in und um Tall Baydar)

Einige Wissenschaftler (z. B. Sommerfeld 2003) nehmen weiterhin an, dass das in den ältesten Texten verwendete „Altakkadisch“ keine Vorform der späteren Dialekte Assyrisch und Babylonisch war, sondern ein eigener Dialekt, der jedoch von diesen beiden verdrängt wurde und früh ausstarb.

Phonetik und Phonologie

Da das Akkadische als gesprochene Sprache ausgestorben ist und über die Aussprache keine zeitgenössischen Aufzeichnungen gemacht wurden, ist die exakte Phonetik und Phonologie nicht mehr zu ermitteln. Jedoch können aufgrund der Verwandtschaft zu den übrigen semitischen Sprachen und auch der Varianten der Schreibungen innerhalb des Akkadischen einige Aussagen getroffen werden.

Konsonanten

Die folgende Tabelle gibt die in der akkadischen Keilschriftverwendung unterschiedenen Laute wieder. Die Lautschrift-Zeichen stellen die nach Streck 2005 vermutete Aussprache dar. In Klammern dahinter folgt die Transkription, die in der Fachliteratur für diesen Laut anzutreffen ist, sofern sie sich vom Lautschrift-Zeichen unterscheidet. Diese Transkription wurde für alle semitischen Sprachen von der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG) vorgeschlagen und daher als DMG-Umschrift bezeichnet.

  bilabial alveolar palatal velar glottal
stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth. stl. sth.
Ejektive     t’ (ṭ), ts’ (ṣ)       k’ (q)      
Plosive p b t d     k g ʔ (ʾ)  
Affrikaten     ts (s), (š) dz (z)            
Frikative             x (ḫ)      
Nasale   m   n            
Vibranten       r            
laterale Approximanten       l            
zentrale Approximanten   w       j        

Für die Lateralaffrikate /š/ wird von einigen Wissenschaftlern eine frikativische Aussprache ([ɬ] oder [ʃ]) vermutet.

Vokale

  vorne zentral hinten
ung. ger. ung. ger. ung. ger.
geschlossen i         u
mittel e/ɛ (e)          
offen     a      

Daneben wird von den meisten Akkadologen die Existenz eines hinteren mittleren Vokals (o oder ɔ) vermutet. Die Keilschrift bietet hierfür jedoch kaum Evidenz.

Alle Konsonanten und Vokale kommen kurz und lang vor. Konsonantenlänge wird durch Doppeltschreibung des betreffenden Konsonanten ausgedrückt, Vokallänge durch einen Querstrich über dem Vokal (ā, ē, ī, ū). Dieser Unterschied ist phonemisch, d. h. bedeutungsunterscheidend und wird auch in der Grammatik ausgenutzt, z. B. iprusu (dass er entschied) vs. iprusū (sie entschieden).

Betonung

Über die Betonung im Akkadischen ist nichts bekannt. Zwar gibt es einige Anhaltspunkte, wie die Vokaltilgungsregel, die im folgendenen kurz beschrieben wird, sowie einige Schreibungen in der Keilschrift, die eine Hervorhebung bestimmter Vokale darstellen könnten, jedoch konnte bisher keine Betonungsregel bewiesen werden.

Das Akkadische kennt eine Regel, die kurze (und wahrscheinlich unbetonte) Vokale löscht. Dies geschieht nicht mit Vokalen in der letzten Silbe von Wörtern und auch nur in offenen Silben, die einer anderen offenen Silbe mit kurzem Vokal folgen. Offene Silben sind dabei solche, die auf einen Vokal enden. Beispielsweise lautet das Verbaladjektiv (Partizip II) des Verbs prs (entscheiden, trennen) in seiner weiblichen Form paris-t-um (-t zeigt das feminine Geschlecht an, -um ist die Nominativ-Endung). Das /i/ wird nicht getilgt, da es sich in einer geschlossenen Silbe (/ris/) befindet. In seiner männlichen Form heißt es jedoch pars-um, da in der zugrundeliegenden Form /pa.ri.sum/ das /i/ in einer offenen Silbe steht und auf eine kurze offene Silbe (/pa/) folgt.
In den späteren Sprachstufen des Akkadischen ist daneben eine generelle Tilgung kurzer Vokale im Wortauslaut zu beobachten.

Grammatik

Morphologie

Allgemeines

Wie alle semitischen Sprachen verwendet auch das Akkadische die sogenannte Wurzelflexion. Die "Wurzel" eines Wortes, die seine Grundbedeutung beinhaltet, besteht in der Regel aus drei Konsonanten, den sogenannten „Radikalen“. Die Radikale oder Wurzelkonsonanten werden in der Transkription manchmal mit großen Buchstaben wiedergegeben, z. B. PRS (entscheiden, trennen). Zwischen und um diese Wurzelkonsonanten werden im Akkadischen verschiedene Infixe, Präfixe und Suffixe gesetzt, die grammatische und wortbildende Funktionen besitzen. Das Konsonant-Vokal-Muster, das sich ergibt, differenziert die Grundbedeutung der Wurzel. Der mittlere Wurzelkonsonant (Radikal) kann einfach oder verdoppelt (gelängt) sein. Dieser Unterschied ist ebenfalls bedeutungsdifferenzierend. Beispiele hierfür finden sich im Abschnitt „Verbmorphologie“.

Die Konsonanten ʔ, w, j und n werden als „schwache Radikale“ bezeichnet. Wurzeln, die diese Radikale enthalten, bilden unregelmäßige Stammformen.

Dieses morphologische System unterscheidet sich deutlich von dem der indoeuropäischen Sprachen. Im Deutschen ändert sich beispielsweise die Wortbedeutung grundlegend, wenn man einzelne Vokale austauscht, z. B. „Rasen“ vs. „Rosen“.

Kasus, Numerus und Genus

Das Akkadische hat zwei grammatische Geschlechter, männlich und weiblich. Weibliche Substantive und Adjektive haben meistens ein -(a)t am Ende des Stamms. Das Kasussystem ist einfach. Es beinhaltet im Singular drei Kasus (Nominativ, Genitiv und Akkusativ), im Plural jedoch nur zwei Kasus (Nominativ und Obliquus). Adjektive kongruieren in Kasus (außer Lokativ), Numerus und Genus mit dem Bezugswort und folgen diesem in der Regel.

Am Beispiel der Substantive šarrum (König) und šarratum (Königin) und des Adjektivs dannum (stark) wird in der folgenden Tabelle das Kasussystem verdeutlicht:

Kasus/Numerus männlich weiblich
Substantiv
Nominativ Singular šarr-um šarr-at-um
Genitiv Singular šarr-im šarr-at-im
Akkusativ Singular šarr-am šarr-at-am
Nominativ Plural šarr-ū šarr-ātum
Obliquus Plural šarr-ī šarr-ātim
Adjektiv
Nominativ Singular dann-um dann-at-um
Genitiv Singular dann-im dann-at-im
Akkusativ Singular dann-am dann-at-am
Nominativ Plural dann-ūtum dann-ātum
Obliquus Plural dann-ūtim dann-ātim

Wie man sieht, unterscheiden sich die Endungen für Substantive und Adjektive nur im männlichen Plural. Einige Substantive, vor allem geografische Begriffe wie „Stadt“, „Feld“ u. ä. können im Singular zusätzlich einen Lokativ auf -um bilden. Dieser ist jedoch nicht produktiv und die resultierenden Formen stellen erstarrte adverbiale Bestimmungen dar.

Status

Das akkadische Substantiv besitzt drei verschiedene Status. Der status rectus (regierter Status) ist dabei die Grundform. Der status absolutus (absoluter Status) wird verwendet, wenn das Substantiv in einem Nominalsatz als Prädikat verwendet wird.

(1) Awīl-um šū šarrāq.
Mensch - Nominativ er Dieb (Status Abs.)
´Dieser Mensch ist ein Dieb.´

Folgt einem Substantiv ein Possessivsuffix oder ein Substantiv im Genitiv, so muss es im status constructus stehen, der oft genau wie der Status absolutus durch Abtrennen des Kasussuffixes gebildet wird.

(2) mār-šu
Sohn (St.constr.) - 3.Person.Singular.männl.Possessivpronomen
´sein Sohn´, ´seines Sohnes´, ´seinem Sohn´, ´seinen Sohn´
(3) mār šarr-im
Sohn (St.constr.) König - Genitiv.Singular
´der Sohn des Königs´

Eine Genitivverbindung kann jedoch auch mit der Partikel ša hergestellt werden. Das Substantiv, von dem die Genitivphrase abhängt, steht dabei im Status rectus. Die gleiche Partikel wird auch zur Anknüpfung von Relativsätzen verwendet.

(4) mār-um ša šarr-im
Sohn - Nominativ.Singular Attribut König - Genitiv.Singular
´der Sohn des Königs´
(5) awīl-um ša māt-am i-kšud-Ø-u
Mensch - Nominativ.Singular Attribut Land - Akkusativ.Singular 3.Person - erobern (Präteritum) - Singular.männl. - Subordinativ
´der Mann, der das Land eroberte´

Verbmorphologie

Bei den Verben werden vier Stämme unterschieden. Der Grundstamm (G-Stamm) ist die nicht-abgeleitete Form. Mit dem Dopplungsstamm (D-Stamm) werden Applikativ-, Kausativ- oder Intensivformen gebildet. Er erhielt seine Bezeichnung von der Dopplung des mittleren Radikals, die für D-Formen typisch ist. Der Š-Stamm (Stammbildungselement š-) wird für Kausative verwendet. Im D- und Š-Stamm ändern die Konjugationspräfixe ihren Vokal in /u/. Der N-Stamm drückt Passiv aus. Das Stammbildungselement n- wird dabei an den folgenden ersten Konsonanten der Wurzel angeglichen, der dadurch gelängt wird (vgl. Bsp. 9 in der folgenden Tabelle). In einigen Formen steht es jedoch nicht direkt vor dem Konsonanten, wodurch die ursprüngliche Form /n/ erhalten bleibt (vgl. Bsp. 15).

Von vielen Verben lassen sich auf diese Weise theoretisch viele tausend Formen bilden. Diese äußerst umfangreiche Verbmorphologie ist eines der besonderen Merkmale der semitischen Sprachen. Die folgende Tabelle zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der Formenvielfalt der Wurzel PRS (entscheiden, trennen).

Nr. Form Analyse/Stamm (G, D, Š, N) Übersetzung
1 i-PaRRaS-Ø 3.Person-Präsens.G-Singular.männl. ´er entscheidet´
2 i-PaRRaS-Ø-u 3.Person-Präsens.G-Singular.männl.-Subordinativ ´dass er entscheidet´
3 i-PRuS-Ø 3.Person-Präteritum.G-Singular.männl. ´er entschied´
4 i-PtaRaS-Ø 3.Person-Perfekt.G-Singular.männl. ´er hat entschieden´
5 i-PtaRRaS-Ø 3.Person-Reflexiv.G-Singular.männl. ´er entscheidet sich´
6 i-PtanaRRaS-Ø 3.Person-Iterativ.G-Singular.männl. ´er entscheidet immer wieder´
7 u-PaRRiS-Ø 3.Person-Präteritum.D-Singular.männl. ´er entschied endgültig´
8 u-šaPRiS-Ø 3.Person-Präteritum.Š-Singular.männl. ´er ließ entscheiden´
9 i-PPaRiS-Ø 3.Person-Präteritum.N-Singular.männl. ´er wurde entschieden´
10 PuRuS Imperativ.G-2.Person.Singular.männl. ´entscheide!´
11 PāRiS-um Partizip.G-Nominativ.Singular.männl. ´entscheidend´
12 PaRiS-Ø Stativ.G-3.Person.Singular.männl. ´er ist entschieden´
13 PaRS-um Verbaladjektiv.G-Nominativ.Singular.männl. ´entschieden´
14 PaRāS-um Infinitiv.G-Nominativ.Singular.männl. ´entscheiden´
15 naPRuS-um Infinitiv.N-Nominativ.Singular.männl. ´entschieden werden´
16 ta-PaRRaS-ī-niš-šunūti 2.Person-Präsens.G-Sg.weibl.-Ventiv-3.Pers.Plural.Akkusativ ´du (weibl.) entscheidest sie (Pl.) für mich´

Eine finite Verbform des Akkadischen beinhaltet obligatorisch die Kongruenz zum Subjekt des Satzes. Diese wird stets durch ein Präfix, in einigen Formen zusätzlich durch ein Suffix realisiert. Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich die Präfixe des G- und N-Stamms von denen im D- und Š-Stamm durch ihren Vokal.

In der folgenden Tabelle werden die einzelnen Kongruenzformen des Verbs PRS (entscheiden, trennen) im Präteritum der vier Stämme dargestellt (Übersetzung siehe Tabelle oben). Wie man sieht, werden die beiden grammatischen Geschlechter nur in der 2. Person Singular und in der 3. Person Plural unterschieden.

Person/Zahl/Genus G-Stamm D-Stamm Š-Stamm N-Stamm
1. Person Singular a-pris-Ø u-parris-Ø u-šapris-Ø a-pparis-Ø
1. Person Plural ni-pris-Ø nu-parris-Ø nu-šapris-Ø ni-pparis-Ø
2. Person Singular männl. ta-pris-Ø tu-parris-Ø tu-šapris-Ø ta-pparis-Ø
2. Person Singular weibl. ta-pris-ī tu-parris-ī tu-šapris-ī ta-pparis-ī
2. Person Plural ta-pris-ā tu-parris-ā tu-šapris-ā ta-pparis-ā
3. Person Singular i-pris-Ø u-parris-Ø u-šapris-Ø i-pparis-Ø
3. Person Plural männl. i-pris-ū u-parris-ū u-šapris-ū i-pparis-ū
3. Person Plural weibl. i-pris-ā u-parris-ā u-šapris-ā i-pparis-ā

Zusätzlich zur Subjektskongruenz können bis zu zwei pronominale Suffixe an das Verb antreten, die dann das direkte und das indirekte Objekt markieren. Diese Pronominalsuffixe sind in allen Verbstämmen gleich. Anders als bei den Kongruenzmorphemen werden die beiden grammatischen Geschlechter in der 2. und 3. Person sowohl im Singular als auch im Plural unterschieden.
Wenn sowohl direktes als auch indirektes Objekt pronominal markiert werden, geht das indirekte Objekt (Dativ) dem direkten (Akkusativ) voraus.
Die Suffixe für das indirekte Objekt der 1. Person Singular (´mir´/´für mich´) entsprechen den Ventiv-Suffixen. Dabei steht -am, wenn die Subjektskongruenz ohne Suffix auftritt, -m nach dem Suffix und -nim nach den Suffixen und .
Die Ventiv-Suffixe treten oft zusammen mit anderen Dativ-Suffixen oder mit den Suffixen der 1. Person Singular Akkusativ auf.

Die folgende Tabelle enthält die Formen der Objektssuffixe, wie sie im Altbabylonischen verwendet wurden:

Person/Zahl/Genus Direktes Objekt
(Akkusativ)
Indirektes Objekt
(Dativ)
1. Person Singular -ni -am/-m/-nim
1. Person Plural -niʾāti -niʾāšim
2. Person Singular männl. -ka -kum
2. Person Singular weibl. -ki -kim
2. Person Plural männl. -kunūti -kunūšim
2. Person Plural weibl. -kināti -kināšim
3. Person Singular männl. -šu -šum
3. Person Singular weibl. -ši -šim
3. Person Plural männl. -šunūti -šunūšim
3. Person Plural weibl. -šināti -šināšim

Das -m der Dativsuffixe assimiliert sich dabei an folgende Konsonanten, vgl. Bsp. (7) unten. Die folgenden Beispiele illustrieren die Verwendung der beschriebenen Morpheme.

(6) i-ṣbat-Ø-kunūti
3.Person - Präteritum.ergreifen - Singular.männl. (Subjekt) - 2.Person.Plural.männl.Akkusativ
´er/sie/es ergriff euch´
(7) i-šruq-ū-nik-kuš-šu
<*i-šruq-ū-nim-kum-šu
3.Person - Präteritum.stehlen - Ventiv - 2.Person.Singular.männl.Dativ - 3.Person.Singular.männl.Akkusativ
´sie stahlen es dir´

Stativ

Eine sehr oft auftretende Form, die sowohl von Nomen, von Adjektiven als auch von Verbaladjektiven gebildet werden kann, ist der Stativ. Angefügt an prädikativ verwendete Substantive (im Status absolutus) entspricht diese Form dem Verb sein im Deutschen. Verbunden mit einem Adjektiv oder Verbaladjektiv wird ein Zustand ausgedrückt. Die folgende Tabelle enthält am Beispiel des Nomens šarrum (König), des Adjektivs rapšum (breit) und des Verbaladjektivs parsum (entschieden) die einzelnen Formen.

Person/Zahl/Genus šarrum rapšum parsum
1. Person Singular šarr-āku rapš-āku pars-āku
1. Person Plural šarr-ānu rapš-ānu pars-ānu
2. Person Singular männl. šarr-āta rapš-āta pars-āta
2. Person Singular weibl. šarr-āti rapš-āti pars-āti
2. Person Plural männl. šarr-ātunu rapš-ātunu pars-ātunu
2. Person Plural weibl. šarr-ātina rapš-ātina pars-ātina
3. Person Singular männl. šar-Ø rapaš-Ø paris-Ø
3. Person Singular weibl. šarr-at rapš-at pars-at
3. Person Plural männl. šarr-ū rapš-ū pars-ū
3. Person Plural weibl. šarr-ā rapš-ā pars-ā

Dabei kann šarr-āta sowohl „du warst König“, „du bist König“, als auch „du wirst König sein“ bedeuten, der Stativ ist also von Zeitformen unabhängig.

Wortbildung

Neben der bereits erläuterten Möglichkeit der Ableitung verschiedener Verbstämme verfügt das Akkadische über zahlreiche Nominalbildungen aus den Verbwurzeln. Eine sehr häufig auftretende Nominalisierung ist die sogenannte ma-PRaS-Form. Sie kann den Ort eines Geschehens, die Person, die die Handlung ausführt, aber auch viele andere Bedeutungen ausdrücken. Ist einer der Wurzelkonsonanten (Radikale) ein labialer Laut (p, b, m), so wird das Präfix zu na-. Beispiele hierfür sind: maškanum (Stelle, Ort) von ŠKN (setzen, stellen, legen), mašraḫum (Pracht) von ŠRḪ (prachtvoll sein), maṣṣarum (Wächter) von NṢR (bewachen), napḫarum (Summe) von PḪR (zusammenfassen).

Eine sehr ähnliche Bildung ist die maPRaSt-Form. Die Nomen, die dieser Nominalbildung entstammen, sind grammatisch weiblichen Geschlechts. Für die Bildung gelten die gleichen Regeln wie für die maPRaS-Form, z. B. maškattum (Depositum) von ŠKN (setzen, stellen, legen), narkabtum (Wagen) von RKB (reiten, fahren).

Zur Ableitung abstrakter Nomen dient das Suffix -ūt. Die Substantive, die mit diesem Suffix gebildet werden, sind grammatisch weiblich. Das Suffix kann sowohl an Substantive, Adjektive, als auch an Verben angefügt werden, z. B. abūtum (Vaterschaft) von abum (Vater), rabûtum (Größe) von rabûm (groß), waṣūtum (Weggang) von WṢJ (weggehen).

Auch Ableitungen von Verben aus Substantiven, Adjektiven und Zahlwörtern sind zahlreich. Zumeist wird aus der Wurzel des Nomens oder Adjektivs ein D-Stamm gebildet, der dann die Bedeutung „X werden“ oder „etwas zu X machen“ besitzt, z. B. duššûm (sprießen lassen) von dišu (Gras), šullušum (etwas zum dritten Mal tun) von šalāš (drei).

Präpositionen

Das Akkadische verfügt über Präpositionen, die aus einem einzigen Wort bestehen (z. B. ina (in, an, aus, durch, unter), ana (zu, für, nach, gegen), adi (bis), aššu (wegen), eli (auf, über), ištu/ultu (von, seit), mala (gemäß), itti (mit, bei)). Daneben gibt es jedoch einige mit ina und ana zusammengesetzte Präpositionen (z. B. ina maḫar (vor), ina balu (ohne), ana ṣēr (zu ... hin), ana maḫar (vor ... hin). Unabhängig ihrer Komplexität stehen alle Präpositionen mit dem Genitiv.

Beispiele: ina bītim (im Haus, aus dem Haus), ana ... dummuqim (um ... gut zu machen), itti šarrim (beim König), ana ṣēr mārīšu (zu seinem Sohn).

Zahlwörter

Da in der Keilschrift die Zahlen zumeist als Zahlzeichen geschrieben werden, ist die Lautung vieler Zahlwörter noch nicht geklärt. In Kombination mit etwas Gezähltem stehen die Kardinalzahlwörter im Status absolutus. Da andere Fälle sehr selten sind, sind die Formen des Status rectus nur von vereinzelten Zahlwörtern bekannt. Die Zahlwörter 1 und 2 sowie 21-29, 31-39, 41-49, usw. kongruieren mit dem Gezählten im grammatischen Geschlecht. Die Zahlwörter 3-20, 30, 40 und 50 zeigen eine Genuspolarität, d. h. vor männlichen Substantiven steht die weibliche Form des Zahlworts und umgekehrt. Diese Polarität ist typisch für die semitischen Sprachen und tritt z. B. auch im klassischen Arabisch auf. Die Zahlwörter 60, 100 und 1000 lauten in beiden Geschlechtern gleich. Mit den Zahlwörtern ab zwei steht das Gezählte in der Mehrzahl. Bei paarweise vorhandenen Körperteilen kann eine Dualform (Zweizahl) beobachtet werden, die jedoch nicht mehr produktiv gebildet werden kann, z. B. šepum (Fuß) wird zu šepān (zwei Füße).

Die Ordnungszahlen werden bis auf wenige Ausnahmen durch Anfügen einer Kasusendung an die Nominalform PaRuS gebildet, wobei P, R und S durch die entsprechenden Konsonanten des Zahlwortes ersetzt werden müssen. Besonders auffällig ist, dass im Fall der Eins die Ordnungszahl und die Kardinalzahl gleichlauten. Bei der Vier tritt eine Metathese (Lautvertauschung) ein. Die folgende Tabelle enthält die männlichen und weiblichen Formen des Status absolutus einiger akkadischer Kardinalzahlen, sowie die entsprechenden Ordnungszahlen.

Zahl männliche
Kardinalzahl
weibliche
Kardinalzahl
Kongruenzverhalten
der Kardinalzahl
männliche
Ordnungszahl
weibliche
Ordnungszahl
1 ištēn išteʾat,
ištāt
Kongruenz ištēn išteʾat
2 šinā šittā Kongruenz šanûm šanītum
3 šalāš šalāšat Polarität šalšum šaluštum
4 erbē erbēt Polarität rebûm rebūtum
5 ḫamiš ḫamšat Polarität ḫamšum ḫamuštum
6 šediš šiššet Polarität šeššum šeduštum
7 sebē šebēt Polarität sebûm sebūtum
8 samānē samānat Polarität samnum,
samnûm
samuntum
9 tešē tišīt Polarität tišûm,
tešûm
tišūtum,
tešūtum
10 ešer ešeret Polarität ešrum ešurtum
60 šūš keine Genusunterscheidung nicht belegt
100 meʾat, mât keine Genusunterscheidung nicht belegt
1000 līm keine Genusunterscheidung nicht belegt

Beispiele: erbē aššātum (vier Ehefrauen) (männliches Zahlwort!), meʾat ālānū (einhundert Städte).

Syntax

Nominalphrase

Außer den Zahlwörtern stehen alle Ergänzungen, die einem Substantiv angefügt werden, nach diesem Substantiv. Das betrifft sowohl Adjektive, Relativsätze als auch Appositionen. Zahlwörter hingegen gehen dem Gezählten voraus. In der folgenden Tabelle wird die Nominalphrase erbēt šarrū dannūtum ša ālam īpušū abūja (die vier starken Könige, die die Stadt gebaut haben, meine Väter) analysiert.

Wort Analyse Teil der Nominalphrase
erbēt vier-weiblich (Genuspolarität!) Zahlwort
šarr-ū König-Nominativ.Plural Substantiv
(Kopf der Phrase)
dann-ūtum stark-Nominativ.Plural.männlich Adjektiv
ša Attribut-Marker Relativsatz
āl-am Stadt-Akkusativ.Singular
īpuš-ū 3.Person.bauen-Plural.männlich
ab-ū-ja Vater-Plural.männlich-1.Person.Possessivpronomen Apposition

Satzsyntax

Die bevorzugte Satzstellung im Akkadischen ist Subjekt-Objekt-Prädikat. Vor allem in literarischen Texten kommen jedoch auch andere Reihenfolgen vor. Vor allem Chiasmen sind sehr häufig anzutreffen. Ein Beispiel aus dem Tonzylinder von Nabonid (2:20-2:21) verdeutlicht dies:

nīq tašriḫti ebbi maḫaršunu aqqima ušamḫir kadrāja
Opfer (St.constr.) Pracht-Genitiv rein-Genitiv vor ihnen opferte ich und ich ließ empfangen mein Begrüßungsgeschenk.Akkusativ
´Ein Opfer von reiner Pracht opferte ich vor ihnen und ließ (sie) mein Begrüßungsgeschenk empfangen.´

Verbformen von Nebensätzen, die mit einer Konjunktion eingeleitet sind, tragen das Subordinativ-Suffix -u, das jedoch entfällt, wenn ein anderes mit einem Vokal beginnendes Suffix antritt. Die einzige Konjunktion, die stets ohne Subordinativ in der Verbform auftritt, ist šumma (wenn, falls). Die Gründe dafür sind noch nicht geklärt. Einige weitere Konjunktionen sind ša (für Relativsätze), kī(ma) (dass, sodass, nachdem, als, sobald, wie), ūm (als, sobald, während), adi (solange bis), aššum (weil).

In Nominalsätzen wird im Akkadischen keine Kopula verwendet, d. h. kein Verb wie das deutsche sein. Stattdessen steht das prädikativ gebrauche Substantiv oder Adjektiv im Stativ, wie z. B. in Awīlum šū šarrāq. (Dieser Mann ist ein Dieb.).

Literatur

Allgemeine Beschreibungen und Grammatiken

  • W. von Soden: Grundriß der Akkadischen Grammatik. (Analecta Orientalia 33) Rom 1995.
  • M. P. Streck: Sprachen des Alten Orients. Wiss. Buchges., Darmstadt 2005. ISBN 3-534-17996-X
  • A. Ungnad: Grammatik des Akkadischen. 5. Auflage, München 1969. (Neubearbeitung durch L. Matouš.)

Lehrbücher

  • R. Borger: Babylonisch-assyrische Lesestücke. Rom 1963.
    • Teil I: Elemente der Grammatik und der Schrift. Übungsbeispiele. Glossar.
    • Teil II: Die Texte in Umschrift.
    • Teil III: Kommentar. Die Texte in Keilschrift.
  • R. Caplice: Introduction to Akkadian. 4. Auflage, Rom 2002.
  • K. K. Riemschneider: Lehrbuch des Akkadischen. Leipzig 1969.

Wörterbücher

  • J. Black, A. George, N. Postgate: A Concise Dictionary of Akkadian. Harrassowitz-Verlag, 2. Auflage, Wiesbaden 2000.
  • W. von Soden: Akkadisches Handwörterbuch. (3 Bände). Wiesbaden 1958-1981.

Zeichenlisten

  • R. Borger: Mesopotamisches Zeichenlexikon. (AOAT 305) Ugarit-Verlag, Münster 2004. ISBN 3-927120-82-0.
  • R. Labat: Manuel d'Épigrapgie Akkadienne. 5. Auflage, Paul Geuthner Verlag, Paris 1976.

Fachliteratur zu spezifischen Themen

  • I. J. Gelb: Old Akkadian Writing and Grammar. University of Chicago Press, Chicago 1961.
  • W. Sommerfeld: Bemerkungen zur Dialektgliederung Altakkadisch, Assyrisch und Babylonisch. (in Alter Orient und Altes Testament Bd. 274 (hrsg. von M. Dietrich und O. Loretz), Seiten 569-586), Ugarit-Verlag 2003.