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Kaue

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Annaberger Bergaltar, Mitteltafel

Eine Kaue,[1] früher auch Grubenkaue, Kauhe oder Kähe genannt,[2] ist im vorindustriellen Bergbau ein Überbau über einem Bergwerks-Schacht.[1] Im heutigen bergmännischen Sprachgebrauch wird mit Kaue allgemein ein umbauter übertägiger Raum bezeichnet, der z. B. als Aufenthalts- oder Umkleidemöglichkeit (Waschkaue) genutzt wird.[3]

Wortherkunft und frühere Nutzung der Kaue

Der Begriff Kaue bedeutet Hütte oder Häuschen.[4] Der Begriff Kaue ist abgeleitet von "kaf oder kab", was soviel wie hohler Raum bedeutet.[2] Aber auch andere Begriffe wie kaa, käu, kau, kawe oder caw wurden verwendet.[4] Bei Agricola heißt es hierzu:

„Ein Bergmann, so er einen tieffen Gang entblösst, so hebt er ein Schacht an zu sencken, und setzet vber in einen haspel und ein Kaw, dass es nicht in den Schacht regne, auch nicht die Haspeler vor Kälte erstarrend, oder sonst von regen verdrossen werden.“

Quelle:[2]

Zunächst bezeichneten die Bergleute nur das über dem Schacht errichtete Gebäude als Kaue.[5] Diese Gebäude dienten dem Schutz des Schachtmundes oder bei Stollenbergwerken dem Schutz des Stollenmundloches.[6] Die dort arbeitenden Bergleute schützte die Kaue vor der Witterung.[2] Die Kaue war, dem Zweck entsprechend ein kleines Gebäude, welches in der Regel auf einer Halde stand.[5] Oftmals waren Kauen auch nur als spitzes Dach, ähnlich einer Finnhütte ausgeführt.[4] Es kam mitunter vor, dass Kinder, wenn die Bergleute nicht anwesend waren, am Schacht spielten und sie bei ihrem Spiel aufgrund von Unachtsamkeit in den Schacht fallen konnten, oder Steine in den Schacht warfen und unten arbeitende Bergleute verletzen konnten. Um diesen Gefahren vorzubeugen, musste der Schacht vor dem unzulässigen Zugriff geschützt werden. Hierfür war die Kaue mit einer Tür versehen, die mit einem eisernen Riegel, dem Kauenschloß, versehen war. Dieses Kauenschloß wurde mit dem Kauenschlüssel abgeschlossen. Dieser Verriegelungsmechanismus war so kompliziert, dass man ihn erst mit einiger Übung bedienen konnte. Aufgrund dieser Tatsache ließen die Bergleute den Kauenschlüssel unter einem Stein in der Nähe der Kaue liegen.[5]

Die Kaue war auch morgendlicher Versammlungsort. Zur Kontrolle war der Grubensteiger bei der Anfahrt der Bergleute morgens in der Kaue anwesend.[2]

Der Annaberger Bergaltar zeigt eindrucksvoll die mit Kauen übersäte Landschaft.

Waschkaue

Es war früher üblich, dass sich die Bergleute in ihrer Arbeitskleidung bei der Zeche einfanden und dann auch mit der stark verschmutzten Kleidung nach der Schicht nach Hause gingen. Mit den Waschkauen wurde das Schwarz-Weiß-Prinzip geschaffen, um einfach und auch in großer Personenanzahl zwischen der Straßen- und Arbeitskleidung zu wechseln.

Die Waschkaue besteht im Wesentlichen aus zwei praktisch identischen Umkleidehallen („Weißkaue“ und „Schwarzkaue“), zwischen denen sich Duschen und andere Waschmöglichkeiten befinden. Die private Kleidung wird in der Weißkaue ausgezogen, an den sogenannten Püngelhaken (oft auch mit Korb) gehängt und an einer Kette mehrere Meter bis unter die Decke gezogen. Die Kette wird mit einem Schloss gesichert. Der Bergmann geht nackt zur Schwarzkaue, in der die Arbeitskleidung ebenso unter der Decke hängt und zieht sie an. Nach der Arbeitsschicht hängt er in der Schwarzkaue die verdreckte Arbeitskleidung wieder unter die Decke und geht nackt zu den Duschräumen. Dort wäscht und „buckelt“ sich der Kumpel, das heißt, man wäscht sich gegenseitig den Kohlenstaub vom Rücken. Nach dem Duschen geht es zurück in die Weißkaue und man zieht sich dort seine private Kleidung wieder an.

Die Aufbewahrung der Kleidung unter der Decke hat verschiedene Vorteile:

  • sicher vor Diebstahl,
  • platzsparend,
  • relativ staubarm,
  • die Kleidung wird gelüftet und kann trocknen.

Die Arbeitskleidung wird in der Regel in gewissen Abständen vom Zechenbetrieb gereinigt. Der Kauenwart kümmert sich nicht nur darum, sondern auch um Handtücher, Seife, Sauberkeit und Ordnung in der Kaue.

Literatur

  • Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. 4. Auflage, Verlag Karl Robert Langewiesche, Nachfolger Hans Köster KG, Königstein i. Taunus 1994, ISBN 3-7845-6992-7.

Einzelnachweise

  1. a b Tilo Cramm, Joachim Huske:Bergmannssprache im Ruhrrevier. 5. überarbeitete und neu gestaltete Auflage, Regio-Verlag, Werne 2002, ISBN 3-929158-14-0.
  2. a b c d e Heinrich Veith:Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
  3. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  4. a b c Rudolf Hildebrand:Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Fünfter Band, Verlag von S. Hirzel, Leipzig 1873.
  5. a b c Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften von einer Gesellschaft Gelehrten. Neunzehender Band, Kam - Kep, bey Barrentrapp und Wenner, Frankfurt am Main 1796.
  6. Moritz Ferdinand Gätzschmann:Sammlung bergmännischer Ausdrücke. Zweite wesentlich vermehrte Auflage, Verlag von Craz & Gerlach, Freiberg 1881.

Siehe auch

Commons: Pithead baths in Germany – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kaue – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen