Erörterung
Die Erörterung ist, neben der Interpretation literarischer Texte, die wichtigste Form des Schulaufsatzes. In einer Erörterung soll ein eigener Standpunkt zu einer Fragestellung gefunden und argumentativ dargelegt werden.
Erörterungstypen
Bei Erörterungen lassen sich zwei Typen unterscheiden: Die textgebundene Erörterung und die freie Erörterung (auch Besinnungsaufsatz genannt).
Textgebundene Erörterung
Eine textgebundene Erörterung geht von einer Textvorlage aus, die eine strittige Frage behandelt. Bei dieser Form wird zunächst die Textvorlage erschlossen und der Gedankengang des Textes zusammenfassend wiedergegeben. Das heißt, es wird zunächst das behandelte Problem benannt. Daran schließt sich die Referierung der im Text vertretenen Thesen und eine Erläuterung der Argumentation des Autors an. Es folgt eine Auseinandersetzung mit dem Gedankengang des Textes, indem die Stellungnahme durch weitere Argumente gestützt oder argumentativ entkräftet wird.
Eine textgebundene Erörterung besteht aus Einleitung, Hauptteil und Schluss. Dabei gliedert sich der Hauptteil in die Analyse des Inhalts und der sprachlich-stilistischen Mittel und in die Erörterung selbst auf. Die Analyse des Inhalts bzw. der sprachlich-stilistischen Mittel erfolgt wie in einer Interpretation. Die Erörterung ist der eigentliche Teil der textgebundenen Erörterung.
Freie Erörterung
Eine freie Erörterung oder auch Besinnungsaufsatz erörtert ein Thema unabhängig von einer Textvorlage. Es lassen sich hier wieder zwei Typen unterscheiden: Die lineare (oder steigernde) und die kontroverse (oder dialektische) Erörterung.
Diese zeichnet sich durch eine Unterteilung des Hauptteils in einen Pro- und Kontra-Teil aus.
Bei der Kontroverse
- Folgerung (deshalb-/so-dass-Phase)
- Rückbezug auf die These (also-Phase, evtl. Entscheidung)
Fragestellungen für diese Variante der Erörterung lassen sich durch Begriffspaare wie „Chancen und Risiken“, „Fluch und Segen“ u. ä. darstellen (Beispiel: Chancen und Gefahren des Internets).
Aufbau einer dialektischen Erörterung

Vorarbeiten
Stoffsammlung für den Hauptteil
Da im Hauptteil einer Erörterung These und Antithese durch Argumente gestützt werden sollen, empfiehlt sich als Vorarbeit ein Sortieren der Pro- und Kontra-Argumente.
Die Stoffsammlung kann auch in Form einer Mindmap erfolgen. Daraus lässt sich dann in einem zweiten Schritt eine Gliederung entwickeln.
Planung des Aufbaus
Beim Aufbau einer Erörterung sollte man sich an der klassischen Dreiteilung „Einleitung – Hauptteil – Schluss“ orientieren.
Der Hauptteil kann wiederum in einen Pro- und Kontrablock unterteilt werden. Jeder Block des Hauptteils wird dabei durch eine (Haupt-)These eingeleitet, die das Thema bzw. die Fragestellung in polarisierender Weise (pro oder kontra) aufgreift und als Behauptung formuliert.
Die Argumente für die eigene Position stellt man an das Ende des Hauptteils. Bei der Darstellung der Gegenposition beginnt man mit dem stärksten Argument, beim Darlegen der eigenen Position mit dem schwächsten Argument (s. Grafik).
Strukturmerkmale
Einleitung
In der Einleitung wird das Thema grundsätzlich erläutert und auf die Bedeutung der Problematik aufmerksam gemacht. Aufgabe der Einleitung ist dabei zunächst die Hinführung zum Thema bzw. zur Fragestellung, wie in der Überschrift formuliert. Eine solche Hinführung ist möglich durch:
- Anknüpfen an einen aktuellen Anlass
- eine Begriffserklärung
- ein treffendes Zitat
- ein zutreffendes und nicht zutreffendes Argument
- eigene Erfahrung
- einen Medienbericht
- einen historischen Rückblick
Wesentlich ist dabei das Herausarbeiten des in der Sache bzw. in der Fragestellung liegenden Widerspruches, der am Ende der Einleitung schließlich zur Wiederholung der eigentlichen Frage- bzw. Themenstellung der Erörterung hinführt. Zumindest muss die Einleitung die allgemeine Bedeutung des Themas darlegen. Argumente und persönliche Meinungen sind dem Hauptteil vorbehalten.
Der darauf folgende Aufbau setzt eine dichotome Gliederung im Sinne einer klaren Pro- und Kontrastruktur voraus. Alternativ kann der Hauptteil der Erörterung auch als Pro- und Kontra-Erörterung im Wechsel strukturiert sein, wobei Argument und Gegenargument jeweils direkt aufeinander folgen.
Hauptteil Teil I: These
Im ersten Teil des Hauptteils wird die vom Autor favorisierte These formuliert. Dabei fängt der Autor in der Regel mit dem stärksten Argument an und endet mit dem schwächsten.
Hauptteil Teil II: Antithese
Der zweite Teil des Hauptteils beginnt in der Regel mit der Aufstellung der these zu der vom Autor favorisierten Meinung. Dabei fängt man mit dem schwächsten Argument an und endet mit dem stärksten.
Argumentation
An die Thesen schließen sich die einzelnen Argumente an, die jeweils eine der beiden Thesen (Pro- oder Kontrathese) unterstützen. Damit eine Argumentation überzeugen kann, muss sie in sich schlüssig sein. Der Zusammenhang zum Thema bzw. zur Fragestellung darf nicht verloren gehen, und die jeweilige Hauptthese muss untermauert werden. Argumente müssen sich auf die konkrete Themenstellung beziehen.
Argumente haben eine eigene Struktur. Sie bestehen aus einer Behauptung, die zuerst klar formuliert und dann durch Belege untermauert werden muss. Zur Veranschaulichung bieten sich dann Beispiele aus dem täglichen Leben oder auch persönliche Erfahrungen an.
Als Belege eignen sich:
- statistische Daten
- Verweis auf wissenschaftliche Forschungsergebnisse
- Verweis auf Pressemeldungen (auch als Zitat möglich)
- Verweis auf allgemein bekannte Tatsachen
- Hinweis auf mögliche Folgen
- Nachweis fehlerhafter Prämissen des Gegenarguments
- Verweis auf allgemein anerkannte Wertvorstellungen (Normen)
- Verweis auf Autoritäten
Belege sind für sich genommen noch keine Argumente. Sie ergeben erst einen Sinn, wenn sie in den Argumentationszusammenhang eingeordnet werden und deutlich geworden ist, in welcher Hinsicht sie das Argument stützen. Beispiele müssen so gewählt sein, dass sie einen (abstrakten) Argumentationszusammenhang veranschaulichen und plausibel machen können.
Hauptteil Teil III: Synthese
Eine dialektische Argumentation mündet in eine Synthese, die einen Lösungsvorschlag beinhalten sollte. Meist bietet sich ein Kompromiss (Mittelweg) an. Alternativ kann auch eine konkrete These aus der Argumentation eingeschränkt werden. Die Argumentation soll die Brauchbarkeit des Lösungsvorschlags der Synthese verdeutlichen bzw. nachweisen.
Bei einer linearen Erörterung entfällt die Synthese.
Schluss
Im Schlussteil werden die Argumente gegeneinander abgewogen. Der Autor trifft eine Entscheidung bzw. bezieht eine persönliche Position, die eine Bewertung der Argumente beinhalten kann. Bei einer Bewertung von Argumenten werden aufgrund persönlicher Erfahrungen oder Einstellungen einzelne Argumente als wichtig, andere als unwichtig oder weniger relevant eingestuft und ein persönlicher Weg gefunden, mit den dargelegten Problemen oder Gefahren, die in der einleitenden Fragestellung möglicherweise aufgeworfen und im Hauptteil argumentativ dargelegt wurden, umzugehen.
Am Ende kann eine Prognose oder eine Hoffnung genannt oder auch eine Position bezogen werden, die über das Thema im engeren Sinne hinausweist. Im Idealfall enthält der Schluss eine Synthese aus den beiden Antithesen des Hauptteils und nimmt dabei eine vermittelnde Position des Sowohl-als-auch ein oder relativiert die antithetisch dargelegten Argumente von einer höheren Warte aus (siehe Dialektik).
Mögliche Struktur einer dialektischen Erörterung
A. Einleitung
Führt zum Thema hin und endet in der Regel mit der Formulierung der Fragestellung (identisch mit der Überschrift)
B. Hauptteil
- Teil I: Pro oder kontra, beginnt mit der Gegenthese zum vom Autor favorisierten Standpunkt
- Argument 1
- Beleg 1
- evtl. Beispiel 1, Beispiel 2 usw.
- Beleg 2
- Beleg 1
- Argument 2
- Beleg 1
- evtl. Beispiel 1, Beispiel 2 usw.
- Beleg 2
- Beleg 1
- usw.
- Argument 1
- Teil II: Kontra oder pro, beginnt mit der Antithese zum im Teil I formulierten Standpunkt
- Argument 1
- Beleg 1
- evtl. Beispiel 1, Beispiel 2 usw.
- Beleg 2
- Beleg 1
- Argument 2
- Beleg 1
- evtl. Beispiel 1, Beispiel 2 usw.
- Beleg 2
- Beleg 1
- usw.
- Argument 1
- Alternativ können Pro- und Kontra-Argumente auch jeweils direkt aufeinander folgen.
- Teil III: Synthese (Lösungsvorschlag)
C. Schluss
Wägt die Argumente gegeneinander ab, kommt zu persönlichen Bewertungen der vorgebrachten Argumente und formuliert ggf. eine persönliche Meinung, einen Ausblick o. Ä.