Evelyn Hamann

Evelyn Hamann, bürgerlich Eveline Braun, geb. Hamann, (* 6. August 1942 in Hamburg; † 28. Oktober 2007 ebenda) war eine deutsche Schauspielerin und Synchronsprecherin.
Leben und Werk
Ausbildung und Engagements
Bereits während ihrer Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg – unter anderem bei Eduard Marks – übernahm Hamann kleinere Rollen am Thalia-Theater. 1968 erhielt sie am Jungen Theater in Göttingen ihr erstes Engagement. 1971 ging sie an die Städtische Bühne in Heidelberg und spielte dort unter anderem an der Seite von Jürgen Prochnow. Nach zwei Jahren kehrte sie nach Norddeutschland zurück und wurde Mitglied des Ensembles am Theater Bremen. Dort gab sie bis 1979 einige große Rollen, so die Marthe Schwerdtlein in Goethes Urfaust und die Alte in Ionescos Die Stühle. Außerdem arbeitete sie als Synchronsprecherin.[1]
Zusammenarbeit mit Loriot

Der Radio-Bremen-Unterhaltungschef Jürgen Breest entdeckte Evelyn Hamann am Bremer Theater, als bei Radio Bremen eine Schauspielerin für die Loriot-Produktionen gesucht wurde.
Loriot hatte für seine Sketch-Reihe eigentlich „eine blonde, pummelige Hausfrau“ gesucht und sagte zu Hamann, nachdem sie ihm vorgespielt hatte: „Liebe Frau Hamann, wenn Sie auf unsere Kosten mehrere Wochen täglich Schweinshaxen essen, meinen Sie, Sie werden dann fülliger?“ Doch Hamann, die hager und brünett war, überzeugte ihn so sehr, dass er sich trotzdem für sie entschied: „Gut, dann eben nicht pummelig.“[2] So wurde sie ab 1976 als Loriots Partnerin in zahlreichen Sketchen einem größeren Publikum bekannt. Mit unbewegter Miene und hanseatisch trockenem Humor schrieb sie Fernsehgeschichte, z. B. als Fräulein Dinkel im Liebes-Clinch mit ihrem steifen Chef, in dem Sketch Die Nudel als Hildegard beim Treffen mit einem eitlen Verehrer, dem eine Nudel hartnäckig im Gesicht klebt („Bitte sagen Sie jetzt nichts, Hildegard“), oder als Frau Hoppenstedt im Kosakenzipfel und mit dem Jodeldiplom („Da hab ich was in der Hand, wenn die Kinder aus dem Haus sind – da hab ich was eigenes“). Einer ihrer populärsten Sketche zeigte sie als Fernsehansagerin, die die britische Krimiserie Die zwei Cousinen präsentieren möchte und dabei wegen der anspruchsvollen Artikulation der vielen th-Laute in den englischen Orts- und Personennamen fast einen Nervenzusammenbruch erleidet.
Hamann spielte 1988 und 1991 auch in den Loriot-Filmen Ödipussi und Pappa ante Portas jeweils die weibliche Hauptrolle. Sie selbst sagte von der Zusammenarbeit, dass sie von Loriot jene Detailversessenheit gelernt habe, die für wirkliche Komik unerlässlich sei:
„Die Inszenierung von Humor erfordert Strenge, Kunstfertigkeit und Disziplin.“[2]
Loriot verabschiedete sich von seiner verstorbenen Partnerin Evelyn Hamann in der Sendung Beckmann am 29. Oktober 2007 mit den Worten:[3]
„Ich habe eine treue Partnerin und wir alle eine wunderbare Schauspielerin verloren, der es immer gelang, die heiklen Seiten des Lebens durch Komik zu überwinden.“
An Hamann selbst gerichtet fügte er hinzu:
„Liebe Evelyn, dein Timing war immer perfekt, nur heute hast du die Reihenfolge nicht eingehalten. Na warte…“
Spätere Rollen
In den 1980er Jahren spielte sie unter anderem die Rolle der Haushälterin Carsta Michaelis in der Serie Die Schwarzwaldklinik. Später war sie regelmäßig in der Rolle der Thea in der wöchentlichen Arztserie Der Landarzt zu sehen.
Von 1993 bis 2005 lief die Fernsehserie Evelyn Hamanns Geschichten aus dem Leben mit ihr in der Hauptrolle. Ab 1993 spielte sie – neben Heinz Baumann, Tilo Prückner, Gisela May, Gerhard Garbers (der bereits seit der Schauspielschulzeit häufig ihren (Ehe-)Partner verkörperte) und anderen – die Titelrolle in der erfolgreichen NDR-Fernsehserie Adelheid und ihre Mörder, von der sechs Staffeln (mit insgesamt 65 Folgen) gedreht wurden.
Lesungen und Hörspiele
Hamann hat sich auch durch Literatur-Lesungen und Hörbuch-Produktionen, etwa der Kriminalromane von Patricia Highsmith, einen Namen gemacht. In der Hörspielreihe Jonas – der letzte Detektiv sprach sie in der Episode Eurobaby die Rolle der Dr. Prätorius.
Privatleben
Evelyn Hamann stammte aus einer Musikerfamilie. Ihr Vater Bernhard Hamann war Geiger, Konzertmeister des NDR-Sinfonieorchesters und Gründer des Hamann-Quartetts, ihre Mutter war Sängerin und Musikpädagogin. Hamanns Großvater war als Konzertmeister in Berlin tätig, ihr Bruder Gerhard Hamann war Professor für Violoncello an der Musikhochschule Trossingen. Von 1964 bis 1976 war sie mit Hans Walter Braun verheiratet, den sie am Theater in Hamburg kennengelernt hatte. Nach ihrer Scheidung lebte sie in Hamburg, zuletzt mit ihrem Lebenspartner, dem Schauspieler Stefan Behrens. Sie legte großen Wert auf ihre Privatsphäre und lebte eher zurückgezogen in einer Dachgeschosswohnung in Hamburg-Harvestehude.[4]
Evelyn Hamann starb in der Nacht zum 28. Oktober 2007 an den Folgen eines malignen Lymphoms, das zehn Monate zuvor bei ihr diagnostiziert worden war. Sie wurde am 16. November 2007 auf dem Alten Niendorfer Friedhof in Hamburg beigesetzt.[5]
Filmografie (Auswahl)
Fernsehen
- 1968: Das Hafenkrankenhaus: Der Verkehrsunfall (Folge 5)
- 1968: Vier Stunden von Elbe 1
- 1976–1979: Loriot I–VI
- 1979: St. Pauli-Landungsbrücken – Tunnelfeger Kurt Poddich
- 1979: Was wären wir ohne uns?
- 1980: Der Floh im Ohr, TV-Inszenierung des ZDF, Rolle: Lucienne Homenides
- 1981: Tegtmeier klärt auf (Folge 10)
- 1981: Piratensender Power Play
- 1981/1986/1996/2004: Das Traumschiff
- 1982 Was wären wir ohne uns (Miniserie)
- 1983: Nesthäkchen
- 1983: Loriot: Der 60. Geburtstag
- 1984: Helga und die Nordlichter
- 1985: Grenzenloses Himmelblau
- 1986: Hessische Geschichten – Erna mon amour
- 1986–1989: Die Schwarzwaldklinik
- 1986–1989: Der Landarzt
- 1987: Evelyn und die Männer
- 1987: Tatort: Tod im Elefantenhaus
- 1988: Loriot: Der 65. Geburtstag
- 1989: Der Alte: Ausgestiegen
- 1989/1991/1992: Der Millionenerbe
- 1989/1991/1992: Kein pflegeleichter Fall
- 1991: Glückliche Reise
- 1991: Der Alte: Kälter als der Tod
- 1992: Der Alte: Die Akte
- 1993: Vater braucht eine Frau
- 1993: Loriot: Der 70. Geburtstag
- 1993–2005: Evelyn Hamanns Geschichten aus dem Leben
- 1993–2007: Adelheid und ihre Mörder
- 1999: Wut im Bauch
- 2001: Ehemänner und andere Lügner
- 2003: Loriots 80. Geburtstag
- 2005: Die Schwarzwaldklinik: Die nächste Generation
Kino
- 1978: Der Pfingstausflug
- 1982: Piratensender Powerplay
- 1982: Wer spinnt denn da, Herr Doktor?
- 1988: Ödipussi
- 1991: Pappa ante Portas
Hörspiele
- 1986: Johannes Bobrowski: Boehlendorff – Regie: Albrecht Surkau (Hörspiel – RB)
- 1997: Ingrid Noll: Der Hahn ist tot – Regie: Ulrike Brinkmann (Kriminalhörspiel – DLR Berlin)
Ehrungen und Auszeichnungen
- 1977: Goldene Kamera (Beste Nebenrolle bei Loriot)
- 1987: Goldene Kamera (3. Platz Beste Comedy für „Evelyn und die Männer“)
- 1993: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
- 1997: Telestar (Beste Darstellerin in einer Serie als Adelheid)
- 1997: Bayerischer Fernsehpreis (Beste Seriendarstellerin als Adelheid)
- 1998: Ehrenkommissarin der Bayerischen Polizei
- 2000: Deutscher Videopreis (gemeinsam mit Loriot)
- 2002: Münchhausen-Preis
Weblinks
- Literatur von und über Evelyn Hamann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Evelyn Hamann bei IMDb
- Vorlage:Filmportal.de Name
- Evelyn Hamann in der Deutschen Synchronkartei
- „Die wunderbar Verschrobene“, Nachruf auf Spiegel Online, 29. Oktober 2007
- Grabstelle auf dem Alten Friedhof in Hamburg-Niendorf
Einzelnachweise
- ↑ synchrondatenbank.de
- ↑ a b Die „bessere Hälfte“ von Loriot. Epoch Times Europe, 29. Oktober 2007, archiviert vom am 12. Dezember 2008; abgerufen am 24. Januar 2016.
- ↑ Loriot - "Na warte!" - RIP Vicco von Bülow und Evelyn Hamann auf YouTube
- ↑ Christiane Kruse: Wer lebte wo in Hamburg. Stürtz, Würzburg 2011, ISBN 978-3-8003-1996-1.
- ↑ Bericht im Hamburger Abendblatt vom 17. November 2007
Personendaten | |
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NAME | Hamann, Evelyn |
ALTERNATIVNAMEN | Braun, Eveline (Ehename); Hamann, Eveline (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schauspielerin und Synchronsprecherin |
GEBURTSDATUM | 6. August 1942 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 28. Oktober 2007 |
STERBEORT | Hamburg |