Berlin-Wilmersdorf

Wilmersdorf ist ein Ortsteil im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin. Der historische Kern Alt-Wilmersdorf befindet sich an der Straße Wilhelmsaue. Bis zur Fusion mit dem ehemaligen Bezirk Charlottenburg im Jahre 2001 gab es einen eigenständigen Stadtbezirk Wilmersdorf im Westteil von Berlin. Dieser umfasste die heutigen Ortsteile Halensee, Schmargendorf, Grunewald und den namensgebenden Ortsteil Wilmersdorf.
Geschichte
Siedlungsgeschichte
Wilmersdorf und Schmargendorf liegen auf der Hochfläche des Teltow im Südwesten des heutigen Berlins. Die Gründung erfolgte wahrscheinlich nach 1220 im Zuge des Landesausbaus der jungen Mark Brandenburg, zu deren Stabilisierung die askanischen Markgrafen Siedler ins Land riefen. Ein Dorf der slawischen Vorbevölkerung hat hier sehr wahrscheinlich nicht bestanden. 1293 wurde Wilmerstorff erstmals urkundlich erwähnt.
Die Siedler aus Schwaben, Thüringen, Flandern und Westfalen lebten von der Landwirtschaft und vom Fischfang im Wilmersdorfer See, der zur eiszeitlichen Glazialen Rinne der Grunewaldseenkette gehörte und 1915 nach langen Verlandungsprozessen zugeschüttet wurde. Nach wechselnden Besitzverhältnissen wurde Wilmersdorf zum landesfürstlichen Dominalgut, während Schmargendorf der namensgebenden Familie Wilmersdorf zufiel. Ausgedehnte Schafzuchten standen lange im Mittelpunkt der Arbeit.
Millionenbauern in der Gründerzeit
Mitte des 18. Jahrhunderts erwarben die ersten Berliner der rasant wachsenden Stadt Land und Bauernhäuser im so genannten Deutsch-Wilmersdorf und richteten Sommersitze in der Wilhelmsaue ein, dem ursprünglichen Dorfkern, der heute zwischen Mehlitz- und Blissestraße liegt. Bodenspekulanten, Bauinvestoren sowie die auf Raum angewiesene Berliner Ringbahn kauften Mitte des 19. Jahrhunderts verschiedenen Großbauern ihre Felder ab, die dank des unerwarteten Geldsegens als Millionenbauern in die Geschichte eingingen.
Darunter auch Otto Schramm, der mit der Badeanstalt am Wilmersdorfer See (siehe dort) und dem berühmten „Tanzpalast Schramm“ den Ruf als „Seebad Wilmersdorf“ begründete. Mit der Zuschüttung des Sees endete diese Ära, auf dem Seegelände entstanden Sportplätze, die in den 1920er Jahren in den Grünzug Volkspark Wilmersdorf einbezogen wurden. Dieser innerstädtische Grünzug in der ehemals sumpfigen Niederung (Fenn) reicht vom benachbarten Schöneberger Rudolph-Wilde-Park über den Fennsee bis zum Stadtring. Auf dem Gelände der Badeanstalt wurde zwischen 1925 und 1928 nach Plänen des Architekten Jürgen Bachmann (1872-1951) der sogenannte „Schrammblock“ hochgezogen. Die Wohnanlage mit einer der ersten unterirdischen Großgaragen, mit Hofterrassen und Vorgärten füllt das gesamte Viereck zwischen den Straßen „Am Volkspark“, „Schrammstraße“, „Hildegardstraße“ und „Livländische Straße“ in einem Gebäudezug.
Historischer Kern: Wilhelmsaue
Eine weitere Millionenbauernfamilie, die Familie Blisse (Blissestraße), ermöglichte 1911 mit einer Stiftung über 3 Millionen den Bau eines Waisenhauses, das „Blissestift“ in der Wilhelmsaue. In dem historischen Gebäude sind heute verschiedene kommunale Einrichtungen, unter anderem eine Kita und die Drogenhilfe „Tannenhof“, untergebracht.
Gleichfalls in der Wilhelmsaue liegt die Auenkirche aus den Jahren 1895 bis 1897. Das neugotische dreischiffige Backsteingebäude stammt von Max Spitta und ersetzte die alte Wilmersdorfer Dorfkirche aus dem Jahr 1766. In der Wilhelmsaue 126 liegt das älteste Haus von Wilmersdorf, das „Schoelerschlösschen“ von 1752, das wie der anschließende kleine „Schoelerpark“ den Namen des Augenarztes und Medizinalrats Heinrich Schoeler (1844-1918) trägt.
Kolonie Grunewald
In den 1880er Jahren verkaufte der Preußische Staat nach persönlicher Intervention von Kanzler Otto von Bismarck 234 Hektar des Forstes Grunewald an ein Bankenkonsortium, das die Villenkolonie oder spätere Millionärskolonie „Millionärskolonie“ Grunewald errichtete.
Im dem Gebiet befanden sich morastig-sumpfige Senken (Fenns) des Zwischenurstromtals Grunewaldseenkette, bei deren Trockenlegung mittels artesischer Brunnen vier Seen ausgehoben wurden. Die Villen gruppierten sich malerisch um die Seen, dabei blieben die Seeufer und Hangbereiche frei von jeder Bebauung und wurden zu privaten Garten- und Parkanlagen der Unternehmer, Bankiers, Professoren und Künstler, die in großer Zahl in das Gebiet kamen. (Siehe Berlin-Grunewald.)
Als Stadtteil zu Berlin
Mit dem 1. April 1907 schied Wilmersdorf, damals unter dem Namen Deutsch Wilmersdorf, aus dem Kreis Teltow aus und wurde ein selbständiger Stadtkreis. Der erste und einzige Bürgermeister und nach 1909 Oberbürgermeister war Ernst Habermann (1866-1958), der seit 1897 bereits das Amt als Gemeindevorstehers inne gehabt hatte und der dem „Habermannplatz“ den Namen gab.
Ab 1912 führte die Stadt die Bezeichnung Berlin-Wilmersdorf. Zum 1. Oktober 1920 wurde die Großstadt nach Groß-Berlin eingemeindet, sie hatte damals bereits 139.468 Einwohner.
Nach der Wende
Während der Ringbahnhof Berlin-Wilmersdorf seit dem 17. Dezember 1993, dem Tag der Wiedereröffnung der Ringbahn, wie der darunterliegende U-Bahnhof der U9 Bundesplatz heißt, wurde der Güterbahnhof Berlin-Wilmersdorf, der zwischen den S-Bahnhöfen Innsbrucker Platz und Wilmersdorf/Bundesplatz lag, in den 70er Jahren aufgegeben.
Ortsteile und Ortslagen von Wilmersdorf
(Aufteilung laut Beschluss der BVV vom 30. September 2004)
- 0402 Wilmersdorf
- Rheingau-Viertel
Bauwerke
- Das 1930 fertiggestellte St. Gertrauden Krankenhaus erhielt 1945 Glasmalereien und ein Apsismosaik von Charles Crodel nebst Ergänzungen von 1973.
- Die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße ist weltweit einzigartig. Sie stammt aus der Zeit der Insellage West-Berlins und war der Versuch, die knappen Innenstadtflächen rationell zu nutzen.
Schulen:
- Birger-Forell-Grundschule
- Grundschule am Rüdesheimer Platz
- Grunewald-Grundschule
- Carl-Orff-Grundschule
- Halensee Grundschule
- Friedrich-Ebert-Oberschule (Gymnasium)
- Robert-Jungk-Oberschule (Gesamtschule)
Sehenswürdigkeiten
- Schaubühne am Lehniner Platz
- Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
- Künstlerkolonie Berlin
- Russische Kathedrale
- Moschee Wilmersdorf (Ahmadiyya)
Straßen und Plätze in Wilmersdorf
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Deutschlandweit
- Landkreis Rheingau-Taunus seit 20. Juni 1991 (Patenschaft seit 5. September 1972)
- Landkreis Forchheim seit 23. August 1991 (Patenschaft seit 1974)
- Landkreis Kulmbach seit 23. August1991
- Minden (Westfalen) seit 5. Januar 1968
Weltweit
- Apeldoorn (Niederlande) seit 5. Januar 1968
- Gagny/Paris (Frankreich) seit 1992
- Gladsaxe (Dänemark) seit 5. Januar 1968
- Karmiel (Israel) seit 16. Januar 1985
- Kiew-Pechersk (Ukraine) seit 21. FEbruar 1991
- Meseritz (Miedzyrzecz) (Polen) seit 11. Juni 1993
- Split (Kroatien) seit 5. Mai 1970
- Sutton/London (Großbritannien) seit 18. April 1968
Verweise
Siehe auch
Ausführliche Beiträge zu Wilmersdorf:
- Fennsee
- (ehemaliger) Wilmersdorfer See
- Volkspark Wilmersdorf
- Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße
Literatur
- Helga Gläser, Karl-Heinz Metzger u.a.: 100 Jahre Villenkolonie Grunewald 1889-1989, Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin 1988
- Udo Christoffel (Hrsg.): Berlin Wilmersdorf - Die Juden - Leben und Leiden, Kunstamt Wilmersdorf 1987
- Karl-Heinz Metzger, Ulrich Dunker: Der Kurfürstendamm - Leben und Mythos des Boulevards in 100 Jahren deutscher Geschichte, Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin 1986, ISBN 3-924812-13-6
- Karl-Heinz Metzger: Kirchen, Moschee und Synagogen in Wilmersdorf, Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin 1986
- Karl-Heinz Metzger: Wilmersdorf im Spiegel literarischer Texte vom 19. Jahrhundert bis 1933, Bezirksamt Wilmersdorf von Berlin 1985