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Benutzer:Veleius/Spielwiese

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Kastell Netherby
Alternativname a) Castra Exploratorum
b) Brocara
c) '
d)
Limes Britannien
Abschnitt Strecke 2 (Vorposten)
Datierung (Belegung) flavisch/hadrianisch,
1. bis 4. Jahrhundert n. Chr.?
Typ a) Reiterkastell,
b) Kohortenkastell,
c) Straßenkastell
Einheit a) Legio XX (Bauvexillation),
b) ',
c) ',
d) '
Größe Fläche: 2 ha (Steinkastell)
Bauweise a) Holz-Erde-Kastell, b) Steinkastell
Erhaltungszustand quadratischer Grundriss mit abgerundeten Ecken, oberirdisch nicht sichtbar
Ort Arthuret/Netherby Hall
Geographische Lage 55° 16′ 51,6″ N, 2° 15′ 50,4″ WKoordinaten: 55° 16′ 51,6″ N, 2° 15′ 50,4″ W hf
Vorhergehend Kastell Uxelodunum (südöstlich)
Anschließend Kastell Blatobulgium (nordwestlich)
Münzporträt des Hadrian
Netherby Hall

Castra Exploratorum war ein römisches Hilfstruppenkastell auf dem Gebiet der Gemeinde (Parish) Arthuret, Carlisle district, Ortsteil Netherby, County Cumbria, England.

Das Kastell war eine der Befestigungen zur Vorfeldsicherung des Hadrianswalls. Im 1. späten Jahrhundert n.Chr. gegründet, wurde das Lager im 2. Jahrhundert erneuert und im 3. und 4. Jahrhundert mehrmals instandgesetzt. Reste des Kastells sind nicht sichtbar, das sie heute komplett vom Adelssitz Netherby Hall überdeckt sind. Es war wahrscheinlich bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. mit römischen Soldaten besetzt. Die Existenz des Kastells ist durch frühere Beschreibungen seiner Reste durch Gelehrte im 16. Jahrhundert und aus zahlreichen römischen Inschriften bekannt. Vermutlich bestand hier auch ein größeres Lagerdorf und ein kleiner Hafen am Ufer des Esk.

Name

Der antike Ortsname wird nur im Itinerarium Antonini (frühes 3. Jahrhundert) erwähnt. Er stammt aus dem lateinischen und bedeutet "Lager oder Festung der Kundschafter". Es ist bislang einzigartig in der britischen Toponymie. Für gewöhnlich findet sich castra nur in Ortsnamen von anderen Provinzen des Römischen Reiches. Der Begriff wurde auch ins Angelsächsische übernommen. Vielleicht schon von den Sachsen in ihrer ursprünglichen Heimat auf dem Kontinent oder erst von den Söldnern, die im späten 4. Jahrhundert in Britannien's Provinzarmee dienten. Dort ist es - je nach Dialekt in mehreren Abwandlungen - Bestandteil in den Ortsnamen einer ganzen Reihe von ehemaligen römischen Städten, Siedlungen oder Festungen vor wie z.B. Chester, Caster-Caistor, -cester, -xeter. Während der Besetzung des Antoninuswalls war der Ort vermutlich auch als Brocara bekannt. Die Exploratores gehörten zu den Hilfstruppen und wurden aus Stämmen rekrutiert, die für ihre gute Ortskenntniss oder Ausdauer bei der Jagd bekannt waren. Sie waren nur leicht bewaffnet und wurden hauptsächlich als Späher bei der Feindaufklärung eingesetzt. [1]

Lage

Straßenverbindungen existierten vermutlich nach Blatobulgium (Birrens) im Nordwesten, zum Kastell von Broomholm und zum Hadrianswall/Uxelodunum (Stanwix), Luguvalium (Carlisle) und zum Stanegate (Brampton/Old Church). Im Itinerarium ist Castra Exploratorium am Beginn von Iter II (Route) , zwischen Blatobulgium, dem nördlichen Endpunkt dieser Route und Luguvalium, verortet. Laut diesem war es jeweils 22 römische Meilen von Blatobulgium und Luguvalium entfernt. Dies passt zwar nicht zu den tatsächlichen gemessenen Entfernungen, es könnte jedoch sein, dass die römische Straße einen Schwenk nach Südosten, bis Brampton/Old Church, vollzog um so die Küstenmarschen an der Mündung des Solway Firth zu umgehen.

Forschungsgeschichte und Fundspektrum

Die ersten Berichte von römischen Mauerresten in Netherby stammen von John Leland, der 1539 den Ort besuchte. Er schrieb: "Es gab hier einst viele wunderbare Bauten, wie man anhand der zerstörten Mauern sehen kann. Einige der hier lebenden Männer wollen auch Halteringe und Anleger für Schiffe gesehen haben. Das Land ist umstritten, es ist es sowohl englisch als auch schottisch. Die Ruinen sind jetzt etwa drei Meilen vom Wasser des Solway entfernt. Gras wächst auf den zerstörten Wänden." Etwa zur gleichen Zeit entstanden Berichte von noch deutlich sichtbaren Umrissen von Straßen, die vom Kastell bis zum Flussufer verliefen. Im Jahre 1601 zeichnete Reginald Bainbrigg, der Schulmeister von Appleby, bei seinem Besuch in Netherby eine römische Inschrift ab, die an der Vorderseite eines Hauses eingemauert war. Er berichtete ebenfalls von "Schiffsankern und eisernen Ringen" die dort gefunden worden waren. Im Jahre 1732 stießen Arbeiter, die nach für Bauzwecke verwertbaren Steinen gruben, auf die Reste einer römischen Therme, die auf dem Areal zwischen dem Kastell und dem Ufer des Esk gestanden hatte. Aus einem der Räume konnte ein beschrifteter Altar geborgen werden. Später kamen noch weitere 18 römische Inschriften ans Tageslicht.

Entwicklung

Im Jahre 122 befahl Kaiser Hadrian, im Norden Britanniens eine Sperrmauer, verstärkt durch Wachtürme und Kastelle, vom Tyne bis zum Solway-Firth zu errichten, um die britischen Provinzen vor den ständigen Einfällen der Pikten aus dem Norden zu schützen. Der Wall wurde größtenteils durch Soldaten der drei in Britannien stationierten Legionen und der Classis Britannica errichtet. Fünf Kastelle (zwei davon sollten zusätzlich das Stammesgebiet der verbündeten Briganten sichern) lagen als Vorposten nördlich des Hadrianswalles.

Das frühe Holz-Erde-Kastell von Netherby entstand in der Regierungszeit der Flavier, im 1. Jahrhundert n.Chr. (um das Jahr 80), im Zuge der Feldzüge des Gnaeus Iulius Agricola und stand auf dem Siedlungsgebiet der Selgovae. Das Kastell wurde unter Hadrian in ein Steinkastell umgebaut, vermutlich zeitgleich mit dem Wall. Es war vermutlich über 300 Jahre lang von den Römern besetzt. Seine Besatzung sollte wohl die nördlichen Stämme in Schach halten, die Straße nach Birrens und zum Hadrianswall (Stanwix) sichern und Vorfeldaufklärung betreiben. Da kein diesbezüglicher Eintrag in der Notitia Dignitatum existiert, war das Kastell höchstwahrscheinlich im späten 4. Jahrhundert nicht mehr mit regulären Soldaten belegt. Nachdem die Römer die Insel bis 410 endgültig aufgegeben hatten, wurde das Kastell und die Zivilsiedlung entweder von den örtlichen Stämmen übernommen oder zerstört. Seine Ruinen waren offensichtlich noch sehr lange Zeit sichtbar, wie die Berichte der Gelehrten des 16. Jahrhunderts annehmen lassen.

Innerhalb der römischen Mauern entstand im 15. Jahrhundert ein festes Turmhaus, ein sog. Peel Tower. Es wurde hauptsächlich aus den Steinen des Kastells errichtet, da sie in großer Menge in den Turmmauern nachgewiesen werden konnten. Die letzten Reste der Festung und des Vicus wurden bei den späteren Erweiterungsbauten im Zuge des Ausbaus zu einem repräsentativen Adelssitz, bei der Anlage der Wirtschaftsgebäuden und von Landschaftsgärten beseitigt.[2]

Kastell

Aus den vor Ort aufgefundenen Inschriften haben Historiker abgeleitet, dass das Lager mindestens zwei (möglicherweise auch bis zu vier) Bauphasen durchlief. Seine Ausmaße können nur anhand der hier stationierten römischen Garnisonseinheiten geschätzt werden. Man weiß, dass hier zuerst eine 500 Mann starke Infanterieeinheit und später ein (nominell) 1000 Mann starkes Kavallerierrgiment, mit etwa 300 Pferden im Kastelleinquartiert waren. Das Lager hätte damit eine Fläche zwischen 2,4 - 3,6 Hektar belegen müssen. Das Kastell hatte vermutlich den für mittelkaiserzeitliche Wehrbauten typischen, langrechteckigen Grundriss mit abgerundeten Ecken. Es verfügte wohl auch über vier Zugangstore und die für mittelkaiserzeitliche Hilfstruppenlager standardmäßigen Innengebäude. Dies waren im Zentrum das Hauptquartier (principia), ein oder zwei Getreidespeicher (horrea), Pferdeställe (stabula) und Mannschaftskasernen (centuria). Das im 18. Jahrhundert entdeckte Badehaus (balnaeum) stand wegen der hohen Brandgefahr außerhalb der Kastellmauern (extra muros) und hatte - laut den Berichten - große Ähnlichkeit mit drei anderen Exemplaren, die etwas später bei den Wallkastellen von Benwell, Carrawburgh und Chesters ausgegraben wurden. Führende Experten glauben, dass sie alle nach einem Standardplan erbaut wurden.

Garnison

Bremenium war vermutlich vom 1. bis zum späten 4. Jahrhundert mit regulären römischen Soldaten besetzt. Es beherbergte während seines Bestehens mehrere Kohorten der Hilfstruppen (Auxilia). Folgende Einheiten stellten entweder die Besatzung des Kastells oder könnten sich für eine begrenzte Zeit dort aufgehalten haben:

Zeitstellung Truppenname Beschreibung
3. Jahrhundert n. Chr. Legio vicesimae Valeria Victrix ("die zwanzigste valerische Legion, die Siegreiche") Legionäre wurden für gewöhnlich nicht zum Garnisonsdienst an der Grenze eingeteilt, sondern entsandten Spezialkräfte für die anspruchsvolleren Bauvorhaben am Hadrianswall. Die Anwesenheit von Angehörigen (Bautrupp) dieser Legion wird durch eine 1776, nahe dem Osttor entdeckte Bauinschrift bestätigt. Sie stammt aus dem 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr. und ist von Reliefen flankiert. An der linken Seite steht Mars, der römische Kriegsgott, bewaffnet mit Speer und Schild, rechts der mythologische Held Herkules mit Keule und Löwenfell. An der Unterseite ist ein Eber dargestellt, das Symbol der Legion.[3]
2. Jahrhundert n. Chr Cohors secunda Lingonum equitata
(die zweite teilberittene Kohorte der Lingonen).
Diese Truppe ist die erste nachweisbare Besatzung des Kastells. Bei ihr handelte es sich um eine 500 Mann starke Kohorte aus dem gallischen Stamm der Lingonen. Die Lingonen besiedelten die Region Bourgogne im heutigen Zentralfrankreich. Damals ein Bestandteil der Provinz Gallia Lugdunensis Die Einheit bestand aus Kavallerie- und Infanterie, eine Kombination, die gut im unwegsamen Gelände einsetzbar war. Sie wird jedoch nur auf einer einzigen Inschrift aus Rochester (von vierzig dort aufgefundenen) erwähnt. Vielleicht stand sie bis 197 in Rochester. Die Kohorte ist auch noch von anderen Standorten in Britannien bekannt: Longovicium (Lanchester, Durham), möglicherweise lag sie auch in Coriosopitum (Corbridge).[4]
3. Jahrhundert n. Chr. Cohors prima Dalmatorum (Dacorum?)
(die erste Kohorte der Dalmatiner/Daker)
Diese Einheit ist nur von einem stark beschädigten Grabstein bekannt der für einen ihrer Angehörigen, Sextus Aurelius, gesetzt wurde. Von einigen Forschern wird die Buchstabenfolge DA auf der Inschrift allerdings nicht als Dalmatorum sondern als Dacorum interpretiert. Er diente - lt. seines auf dem Stein angegebenen curriculum vitae - zuerst als Feldzeichenträger (Imaginifer) der Kohorte und beendete seine Soldatenlaufbahn im Rang eines Zenturio.[5]
2.-3. Jahrhundert n. Chr. Cohors primae fida Vardullorum civium Romanorum equitata milliaria Antoniniana
(die erste Kohorte der Vadulier, die Treuen, römische Bürger, teilberitten, 1000 Mann stark, die Antoninische)
Die Kohorte wurde ursprünglich aus Angehörigen eines Stammes der Volksgruppe der Gallaeker aufgestellt. Kelten, die im gebirgigen Nordwesten der Iberischen Halbinsel siedelten. Die Varduli waren in einem schmalen Landstreifen beheimatet, der sich an der Küste (zwischen San Sebastian im Osten und Motrico im Westen) erstreckte und an der Landseite vom Fluss Ebro, Verlauf zwischen Logrono und Miranda de Ebro, begrenzt wurde. Die Kohorte ist seit 197 in Rochester nachweisbar. Über zwanzig Prozent der an diesem Standort geborgenen römischen Inschriften wurden von dieser Einheit gestiftet. Ihre Soldaten dürften sich zu Beginn des 3. Jahrhunderts, im Zuge des Caledonienfeldzuges des Septimius Severus, maßgeblich an den Restaurierungsarbeiten im Lager beteiligt haben. Darunter auch eine der Geschützplattformen, die unter dem Kommando des Tribunen Publius Aelius Erasinus von den Vaduliern errichtet wurde. Hilfstruppenkastelle wurden nur selten mit schweren Waffen ausgerüstet, da sie normalerweise auf die Artillerieinheiten der Legionen beschränkt waren. Ein weiterer Tribun dieser Einheit der in Rochester stationiert war und dort einen Tempel für Mithras erbauen ließ, L. Caecilius Optatus, war vermutlich der Sohn oder Nachkomme eines Zenturios gleichen Namens der zum Ratsmitglied der Stadt Barcino (Barcelona) aufgestiegen war. Da das Kastell für eine 1000 Mann starke Truppe zu klein war, dürften dort nur rund 500 Mann stationiert gewesen sein. Es gibt Hinweise darauf, dass eine Vexillation der Kohorte auch in der näheren Umgebung von Rochester, in einem Stützpunkt bei Jedburgh eingesetzt wurde. Dort wurden zwei Altäre entdeckt die die Vardulieinheit und ihren damaligen Kommandanten, den Tribun Gaius Quintius Severus, nennt. Die Inschrift, wurde gemeinsam mit einer Vexillation der Raeti Gaeseti gestiftet. Vermutlich sicherten die Soldaten dort einen Übergang über den Teviot. Letztere waren im frühen dritten Jahrhundert in Habitancum stationiert. Die Anwesenheit der Varduli ist auch für andere nordbritannische Standorte bekannt; Castlecary (Antoninuswall), Longovicium (Lanchester), Coriosopitum (Corbridge) am Stanegate, Meilenkastell 19 am Hadrianswall und Cappuck an der Dere Street.[6]
3. Jahrhundert n. Chr. numerus exploratorum Bremeniensium
(die Kundschafter von Bremenium)
Diese Einheit wird auf zwei Inschriften aus Rochester erwähnt. Vermutlich teilte sie sich das Kastell mit der Vardulierkohorte. Sie ist eine der drei römischen Aufklärungseinheiten die für Britannien bekannt sind. Auf den Inschriften sind auch Name und Rang von zwei ihrer Kommandanten, den Tribunen Cassius Sabinianus und Gaius Caepio Charitimus, angegeben. [7]

Vicus Hafen und Gräberfeld

Einige der in Netherby aufgefundenen Inschriften lassen annehmen, das sich dort auch im Laufe der Zeit eine größere Zivilsiedlung (vicus) um das Kastell gebildet hatte. Die Schilderungen Leelands und Bainbridggs von Ankern Halteringen und Anlegern, sowie der Beobachtung von alten Straßenzügen die in Richtung des Esk führten, lassen annehmen, dass die Römer am Flußufer auch einen Hafen angelegt hatten. Bainbridgge vermutete, dass er durch Versandung vom Solway abgeschnitten und damit unbrauchbar wurde. Die Existenz eines Gräberfeldes beim Kastell ist durch den Fund mehrerer römischer Grabsteine bewiesen. Einer war für Titullinia Pussitta gesetzt worden, wahrscheinlich die Gattin von einem der Festungskommandanten. Sie ist bislang die einzige namentlich bekannte Frau die sich im Lager aufhielt und dort vermutlich auch über einen längeren Zeitraum gelebt hat.

Siehe auch

Literatur

  • Eilert Ekwall: The concise Oxford Dictionary of English Place-Names. 4. Ausgabe, Clarendon Press, 1936-1980.
  • A.L.F Rivet, Colin Smith: The place-names of Roman Britain. Batsford Ltd., London, 1979-1982.
  • A.D Mills: Oxford Dictionary of British Places names. Oxford University Press, 1991-2003.

Anmerkungen

  • RIB = Roman inscriptions in Britain
  1. IA 467/1 (Iter II), Rivet/Smith 1979-1982, S. 307
  2. D.J. Breeze 1961, S. 138f.
  3. RIB 1284
  4. RIB 1276 (139-143), RIB 1091 RIB 1092 (238-244), RIB 1186.
  5. RIB 1289
  6. RIB 1272, RIB 1279, RIB 1285, RIB 1421 RIB 1280 (220), RIB 2118, RIB 1268
  7. RIB 1262, RIB 1270


Kategorie:Römische Befestigungsanlage (Britannia) Kategorie:Erbaut im 2. Jahrhundert Kategorie:Hadrian (Kaiser)