Cluster-Kopfschmerz
Clusterkopfschmerz ist eine primäre Kopfschmerzerkrankung (Cluster = Büschel, Haufen, Anhäufung), die sich durch heftigste, streng einseitig und in Attacken auftretende Schmerzen in Schläfe und Auge äußert. Clusterkopfschmerz ist der stärkste bekannte, primäre Kopfschmerz. Weitere Namen: Bing-Horton-Neuralgie, Histaminkopfschmerz, Erythroproposalgie.
Die bis zu acht täglichen sehr heftigen und streng einseitigen Attacken dauern meist zwischen 15 und 180 Minuten und treten vornehmlich aus dem Schlaf heraus auf. Sie kommen völlig unvermittelt. Die Seite kann wechseln, sogar innerhalb einer Cluster-Periode (5%). Der Clusterkopfschmerz zeigt eine ausgeprägte zirkadiane Rhythmik, meist tritt der Clusterkopfschmerz 1-2 Stunden nach dem Einschlafen auf, oft in den frühen Morgenstunden und nach der Mittagszeit. Die Frequenz beträgt zwischen 1 Attacke jeden 2. Tag und 8 Attacken am Tag.
Der Kopfschmerzcharakter wird als "unerträglich reißend", "bohrend", manchmal auch als "brennend" geschildert. Seine Haupt-Lokalisation ist meist um das Auge herum, seltener aber auch im Bereich des Hinterkopfs. Besonders typisch ist die während der Kopfschmerzattacke bestehende psychomotorische Unruhe. Anders als beispielsweise Menschen mit Migräne neigen Patienten mit Clusterkopfschmerz weniger dazu, sich ins Bett zurückzuziehen, sondern sie wandern umher ("pacing around"), schaukeln mit dem Oberkörper o.ä..
Man unterscheidet den episodischen Clusterkopfschmerz (ECH) mit Remissionsphasen von einigen Monaten bis zu fünf Jahren und den chronischen Clusterkopfschmerz (CCH) mit Remissionsphasen von höchstens einigen Wochen. Bei ca. 80% der Betroffenen tritt der Clusterkopfschmerz episodisch auf. Weitere typische Symptome: gerötetes Auge, Tränenfluss, hängendes Lid, laufende Nase, verstopfte Nase. Die Attacken können durch Trigger ausgelöst werden. Hierunter fallen vor allem Alkohol, Nitroglycerin (diagnostisch verwertbar), Glutamat, gelber Käse, Schokolade, Aufenthalt in großen Höhen.
Epidemiologie
Der akute Clusterkopfschmerz manifestiert sich am häufigsten in der 2. bis 4. Lebensdekade, der chronische Clusterkopfschmerz später. In ca. 2 - 7% liegt eine familiäre Belastung vor.
Ursache
Bis heute ist noch nicht endgültig geklärt, wodurch Clusterkopfschmerzen verursacht werden. Bisher vermutete man eine sterile Entzündung im Bereich des Sinus cavernosus, aber die Anfallshäufigkeit zu immer wiederkehrenden Zeiten spricht dagegen, dass dies die einzige Ursache ist. Heute vermutet man, dass eine Fehlregulation biologischer Rhythmen vorliegt. Indiz hierfür waren Ergebnisse bildgebender Untersuchungsverfahren, mittels derer Gehirnaktivitäten nachgewiesen werden können.
Therapie
Akutbehandlung
- Sauerstoff (Flasche, 7-15 l/min mit Gesichtsmaske); Sauerstoffbrillen sind nicht geeignet, da die Betroffenen während der Attacken meist gar nicht durch die Nase atmen können, außerdem kann hiermit nicht der erforderliche Durchfluss von 7-15 l/min. erreicht werden. Aus letztgenanntem Grund sind auch Sauerstoffkonzentratoren ungeeignet, diese erreichen nur eine maximale Durchflussrate von 5,5 l/min. Außerdem sind diese erst 20 Minuten nach dem Einschalten betriebsbereit, bei vielen Betroffenen ist dann die Attacke sowieso am Abklingen.
- Triptane (Sumatriptan, subcutan oder nasal). Bisher ist Sumatriptan das einzige Triptan, das offiziell zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen zugelassen ist. Es ist bekannt, dass auch andere Medikamente dieser Stoffgruppe mindestens ebenso wirksam sind.
Meist unwirksam sind alle herkömmlichen Analgetika wie Aspirin, Paracetamol, Diclofenac, Ibuprofen sowie Akupunktur, Massagen, Biofeedback, alternative Heilmethoden wie Aloe Vera, Nonisaft, Magnetfeldtherapie, Sauerstoffwasser.
Vorbeugende Behandlung
Bei chronischem Clusterkopfschmerz und bei länger als 3 Monate dauernden episodischen Kopfschmerzen ist das Mittel der ersten Wahl die verschreibungspflichtige Substanz Verapamil. Die Tagesdosis muss individuell eingestellt werden. Bei besonders hohen Dosierungen sind Kontrollen der Herztätigkeit nötig. Der Vorteil: Das Medikament ist auf Dauer gut verträglich. Der Nachteil: die Wirkung tritt bei schrittweiser Dosissteigerung erst nach zwei bis drei Wochen ein.
Bei Clusterepisoden, die kürzer als zwei Monate dauern, sind Methysergid (en) oder Prednisolon Mittel der ersten Wahl. Der Vorteil von Methysergid: die Wirkung tritt schon nach drei bis sieben Tagen ein. Die Nachteile: weil es zu Wucherungen von Bindegewebe führen kann, sollte es nur bis zu drei Monate eingenommen werden. Das Medikament ist in Deutschland allerdings nicht zugelassen und daher nur über die internationale Apotheke zu beziehen.
Prednison und Prednisolon gehören zur Gruppe der Kortikoide. Diese Abkömmlinge der in der Nebennierenrinde gebildeten Steroidhormone sollten wegen ihrer Nebenwirkungen nicht dauerhaft eingenommen werden. Siehe auch: Cortison.
Lithiumkarbonat ist in Deutschland die einzige zur Vorbeugung von Clusterkopfschmerz zugelassene Substanz und das Mittel der zweiten Wahl bei Clusterkopfschmerz. Siehe auch Lithiumtherapie. Wenn Verapamil und Lithiumkarbonat versagen, kann auch ein Versuch mit den ebenfalls verschreibungspflichtigen Substanzen Topiramat, Pizotifen oder Valproinsäure unternommen werden.
Prinzipiell gilt: wenn eine Substanz allein nicht wirkt, muss unter ärztlicher Kontrolle eine Kombination ausprobiert werden. [1]
Ergotamin oder lang wirksame Triptane wie Naratriptan und Frovatriptan können in der Kurzprophylaxe (d. h. bis eine andere prophylaktische Therapie greift) abends eingesetzt werden, vor allem bei Patienten, die unter nächtlichen Attacken leiden. Einzelberichte beschreiben einen positiven Effekt von Topiramat und Melatonin. [2]
Ein neues aber noch experimentelles vorbeugendes Verfahren ist die Tiefenhirnstimulation. Dabei werden mittels fest implantierter elektrischer Sonden im Hypothalamus die gestörten Strukturen beeinflusst. In der Therapie des Morbus Parkinson (Schüttellähmung) seit einigen Jahren fest etabliert, wird das Verfahren gerade in wenigen Zentren (Mailand, Brüssel, Kiel) verfeinert und ist als allerletztes Mittel eine Option für chronische Clusterpatienten, denen nicht anders geholfen werden kann. [3]
Quellen
- ↑ Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Cluster-Kopfschmerz, Informationen für Patientinnen und Patienten, Juli 2005 (PDF)
- ↑ Leitlinie Clusterkopfschmerz der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
- ↑ CK-Wissen Artikel Tiefenhirnstimulation
Literatur
- Volker Busch & Arne May: Das Praxisbuch. Kopf- und Gesichtsschmerzen, Verlag Urban & Fischer ISBN 3-437-23070-0
Siehe auch
Weblinks
- Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Cluster-Kopfschmerz, Informationen für Patientinnen und Patienten, Juli 2005 (PDF)
- Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Therapie und Prophylaxe von Cluster Kopfschmerzen und anderen Trigemino-Autonomen Kopfschmerzen (PDF)
- Leitlinie Clusterkopfschmerz der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
- Informationen der Schmerzklinik Kiel (PDF)
- IHS Klassifikation Clusterkopfschmerz und andere Trigemino-Autonome-Kopfschmerzerkrankungen
- Informationsseite der Schmerzklinik Bad Mergentheim
- Clusterkopfschmerzforum
- Homepage des CSGe.V (Clusterkopfschmerz-Selbsthlfegruppe)
- Forum des CSGe.V (Clusterkopfschmerz-Selbsthlfegruppe)
- Homepage des Verbandes Clusterkopfschmerz Hilfe
- Clusterkopfschmerz Wiki (CK-Wissen)