G8
Der Gruppe der Acht (sieben führende Industrieländer und Russland; G8) gehören Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland und die USA an. Daneben ist in dem Gremium auch die Europäische Kommission vertreten. Spanien bemüht sich bereits seit längerem um die Aufnahme als Vollmitglied. Den Vorsitz übernimmt jeweils ein Land für die Dauer eines Jahres. Die G8 gilt nicht als internationale Organisation. Ihre Treffen sind informell – um in „entspannter Runde” globale Themen und Probleme zu beraten. Die G8 Länder vereinigen ca. 50 % des Welthandels und des Weltbruttonationaleinkommens (BNE) - in Kaufkraftparitäten gemessen - oder zwei Drittel des BNEs - in tatsächlichen Preisen gemessen - auf sich.


Auf dem jährlichen Weltwirtschaftsgipfel treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten und anderer Staaten. Kurz zuvor kommen die Außenminister der Staaten zusammen und erörtern speziell außenpolitische Themen. Daneben gibt es im Rahmen des G8-Prozesses ständige Konsultationen unter den Vollmitgliedern.
Gegründet wurde die Gruppe als G6 (Gruppe der Sechs) 1975 im Rahmen eines Kamingespräches auf Schloss Rambouillet, an dem die Staats- und Regierungschefs von Deutschland (vertreten durch Bundeskanzler Helmut Schmidt), Frankreich (mit Präsident Valéry Giscard d'Estaing als Gastgeber), Italien, Japan, Großbritannien und der USA teilnahmen. Die Themen damals waren die Währungspolitik nach dem Zusammenbruch des Wechselkurssystems von Bretton Woods und die Reaktion auf die erste große Ölkrise. Damals war der Gipfel als Forum geplant, um in kleinem Kreis über Finanz- und Währungsfragen zu diskutieren. Außenpolitische Themen haben sich dann aber bald in den Vordergrund geschoben. Russland ist zwar inzwischen ebenfalls Mitglied, von den finanz- und währungspolitischen Beratungen jedoch noch ausgeschlossen.
Aus den jährlichen Treffen in kleiner Runde ist inzwischen eine permanente Kooperation auf der Ebene von Ministern und hohen Regierungsbeamten geworden. Sie bereiten die jährlichen Gipfel vor, stimmen nationale Positionen ab und sorgen bereits im Vorfeld der Gipfel für eine teilweise Klärung unterschiedlicher Positionen. Zu diesem Zweck entsendet jedes Land so genannte Sherpas und Sous-Sherpas. Der von dem damaligen Bundeskanzler Schröder beauftragte deutsche Sherpa ist Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit. Ehemalige deutsche Sherpas von prominenter Reputation sind u.a. der derzeitige Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Professor Horst Köhler, sowie der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank, Professor Hans Tietmeyer.
Wirtschaftliche Bedeutung
In den Ländern der Gruppe der Acht leben zwar nur 13,5 % der Weltbevölkerung, dort entstehen aber fast zwei Drittel des Welt-Bruttonationaleinkommens (in laufenden US-Dollar gerechnet, siehe World Development Report 2006 der Weltbank).
2004 | Bevölkerung | BNE | ||
---|---|---|---|---|
Mio. | % | Mrd. $ | % | |
Vorlage:Highlight3 |Welt | Vorlage:Highlight3 align="right" |6345,1 | Vorlage:Highlight3 align="right" |100,0 | Vorlage:Highlight3 align="right" |39833,6 | Vorlage:Highlight3 align="right" |100,0 |
USA | 293,5 | 4,6 | 12150,9 | 30,5 |
Japan | 127,8 | 2,0 | 4749,9 | 11,9 |
Deutschland | 82,6 | 1,3 | 2489,0 | 6,2 |
Vereinigtes Königreich | 59,4 | 0,9 | 2016,4 | 5,1 |
Frankreich | 60,0 | 0,9 | 1858,7 | 4,7 |
Italien | 57,6 | 0,9 | 1503,6 | 3,8 |
Kanada | 31,9 | 0,5 | 905,6 | 2,3 |
Russland | 142,8 | 2,3 | 487,3 | 1,2 |
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1975 und 1976 waren die G6 bzw. die G7 die sechs bzw. sieben größten Volkswirtschaften der Welt, gemessen am BIP oder inzwischen am BNE, in jeweiligen Wechselkursen und Preisen (in US-$). Inzwischen hat aber China Italien und Kanada überholt und vor Russland käme eine ganze Reihe von Ländern mit größerem BNE wie Mexiko, Indien, Südkorea, Brasilien und Australien. Spanien hat es bis zum achten Platz geschafft. Italien ist nicht mehr Nr. 6 sonder Nr. 7, denn China ist Nr. 6.
Von G6 zu G8
- 1975 G6 Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, USA
- 1976 G7 Kanada wird Mitglied
- 1998 G8 Russland wird Teilnehmer und hat 2006 den Vorsitz der G8 inne
Ob es zu einer Vollmitgliedschaft Russlands kommt, bleibt angesichts zahlreicher Vorbehalte (schon die Übernahme des Vorsitzes wurde in den USA von manchen heftig kritisiert) dahingestellt. Daher ist es immer noch angebracht, zwischen der G7 der Vollmitglieder und der G8 unter Einbeziehung Russlands zu unterscheiden.
Kritik und Proteste
Genauso wie die Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) wurden auch die G8-Gipfel immer wieder Ziel von Protesten der globalisierungskritischen Bewegung. Da zu diesen Protesten meistens ein breites Bündnis aus linken Parteien und Organisationen, Gewerkschaften, Nichtregierungs Organisationen (NGOs), der antikapitalistischen und autonomen Bewegung aufruft, sind die Aktionsformen und Kritikpunkte sehr vielfältig. Daher kann hier nur ein kleiner Ausschnitt der Kritikpunkte genannt werden, die zum Teil nur von einzelnen Gruppen angeführt werden:
- Die G8-Staaten würden ihre Verantwortung gegenüber den sogenannten Entwicklungsländern nicht wahrnehmen bzw. durch ihre Politik deren Lage noch verschlechtern.
- Die G8 wird als Zentrum des modernen Imperialismus begriffen.
- Die G8 würde eine umweltzerstörende Politik betreiben.
- Die Entscheidungen der G8 wären unzureichend demokratisch legitimiert.
Den traurigen Höhepunkt der Proteste stellt der Tod von Carlo Giuliani dar, der während der Proteste 2001 in Genua von einem Polizisten erschossen wurde. Auch ansonsten zeichnete sich dieser Gipfel durch ein äußerst gewalttätiges Vorgehen der Polizei aus, was im Resultat dazu führte, dass bis jetzt mehr Polizisten wegen Straftaten im Rahmen des G8-Gipfels verurteilt wurden als Demonstranten (siehe auch G8-Gipfel in Genua 2001).
In Deutschland beginnt bereits jetzt die Organisierung der Proteste gegen den im Jahr 2007 geplanten Gipfel in Heiligendamm bei Rostock.
Chronologische Liste der Treffen
- 1975: Rambouillet, Frankreich
- 1976: Puerto Rico
- 1977: London, England, Großbritannien
- 1978: Bonn, Deutschland
- 1979: Tokio, Japan
- 1980: Venedig, Italien
- 1981: Ottawa, Ontario, Kanada
- 1982: Versailles, Frankreich
- 1983: Williamsburg, Virginia, USA
- 1984: London, Großbritannien
- 1985: Bonn, Deutschland
- 1986: Tokio, Japan
- 1987: Venedig, Italien
- 1988: Toronto, Ontario, Kanada
- 1989: Paris, Frankreich
- 1990: Houston, Texas, USA
- 1991: London, Großbritannien
- 1992: München, Deutschland
- 1993: Tokio, Japan
- 1994: Neapel, Italien
- 1995: Halifax, Neuschottland, Kanada
- 1996: Lyon, Frankreich
- 1997: Denver, Colorado, USA
- 1998: Birmingham, Großbritannien
- 1999: Köln, Deutschland
- 2000: Okinawa, Japan
- 2001: Genua, Italien siehe auch: G8-Gipfel in Genua 2001
- 2002: Kananaskis, Kanada, [1]
- 2003: Evian-les-Bains, Frankreich, [2]
- 2004: Sea Island, Georgia, USA, [3]
- 2005: Gleneagles, Schottland, Großbritannien [4]
- 2006: St. Petersburg, Russland
- 2007: Heiligendamm, Deutschland
- 2008: Japan
- 2009: Italien
- 2010: Kanada
- 2011: Frankreich
- 2012: USA
- 2013: Großbritannien
- 2014: Russland
- 2015: Deutschland
Siehe auch
- Weltsozialforum
- Europäisches Sozialforum
- Gruppe der Zwanzig
- Gruppe der Zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer
- Triade (Wirtschaft)
Weblinks
- G8 Information Centre
- Stormy Mildner und Susanne Ouali, Die G7/G8 (DGAP, 28. Juli 2004)
- Der G8-Prozess
- Präsidentschaft Großbritannien 2005
- Offizielle Website des G8-Gipfel 2006 in St. Petersburg
- Deutsche Seite gegen den G8-Gipfel 2007
- [5] Aufruf des Hamburger Anti G8 Bündnisses
- Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren des World Develompent Reports 2006 der Weltbank (auf englisch)
- Mobilisierung gegen den G8-Gipfel 2007 (deutsch)