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Großserbisches Reich

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Vorlage:Doppeleintrag Serbisches Reich und Großserbisches Reich. Der Titel Serbisches Reich ist korrekter, der Artikel Großserbisches Reich aber ausführlicher. Der zweite Artikel enthält außerdem noch einen Abschnitt Großserbische Bestrebungen im 19. und 20. Jahrhundert, der eher in einen eigenständigen Artikle oder einfach in Geschichte Serbiens gehört. Der Artikel Geschichte Serbiens behandelt momentan übrigens auch fast nur das Mittelalter, so dass er auch fast ein Doppeleintrag zu den beiden vorgenannten ist. 1001 11:29, 29. Jun 2004 (CEST)

Unter Großserbisches Reich versteht man eine relativ kurze Zeit im 14. Jahrhundert, in der die serbischen Zaren einen großen Feudalstaat beherrschten, der sich von der Donau bis an die Küste der Ägäis ausdehnte. Zum serbischen Reich gehörten das Gebiet der heutigen Staaten und Länder Serbien, Montenegro, Kosovo, Mazedonien, große Teile Albaniens, Bosniens und die griechischen Landschaften Makedonien und Thessalien.

Das Großserbische Reich im Mittelalter

Das 12. Jahrhundert wurde durch Stefan Nemanja zum Angelpunkt des serbischen Nationalbewusstseins. Stefan ward nach seinem Sieg über seine Brüder bei Pantino, die allesamt Teilherrscher in Serbien waren, zum Alleinherrscher Rasziens und Dioklitiens. Mit einem anderen schloß er eine Union. Dieser erkannte ihn als Groß-Župan an. Beide halfen Venedig und Ungarn im Krieg gegen Byzanz und verloren gegen Kaiser Manuel. Doch nach Manuels Tod 1180 rangen sie Byzanz die Unabhängigkeit und große Gebiete ab - darunter das südliche Kosovo um Prizren und Niš, das kurzzeitig zur neuen Hauptstadt wurde. Um sich Anerkennung durch den Papst und die Ernennung zum König und damit strategische Vorteile gegen Byzanz zu sichern, trat Stefan Nemanja offiziell zum Katholizismus über. Ein Friedensvertrag mit dem byzantinischen Kaiser Isaak II. Angelos stabilisierte die politische Lage.

1196 übergab Stefan Nemanja die Herrschaft an seinen Sohn Stefan weiter. Als Mönch Simeon gründete er zahlreiche Kirchen und Klöster (darunter Studenica und Hilandar). Stefan Nemanja verstarb 1200 und wird als serbischer Nationalheiliger verehrt.

Nun war Serbien zu Ende des 12. Jahrhunderts formell wieder ein Königreich. Kroatien wurde schon im 11. Jahrhundert formell unabhängig von Byzanz und ein Königreich, das aber seit 1102 in Personalunion mit Ungarn von den ungarischen Königen und deren Staathaltern, dem Banus, regiert wurde. Auch in Bosnien gab es seit dieser Zeit unabhängige Herrschaften.

Größte Ausdehnung erreichte das heute so genannte Großserbische Reich zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Es umfasste unter dem Zaren Stefan Dušan 1331 - 1355 weite Teile der westlichen Balkanhalbinsel: Serbien, Herzegowina, Montenegro, Albanien, Mazedonien und Griechenland bis zum Golf von Korinth sowie kleinere Gebiete der heutigen Staaten Kroatien und Bulgarien; ausgenommen waren die Städte Thessalonike, Durres und Dubrovnik. Auch auf Bosnien und Bulgarien hatte Stefan Dušan seine Hand gelegt. In dieser Machtfülle bestand es zwar nur einige Jahrzehnte, wurde jedoch unter der Jahrhunderte langen türkischen Fremdherrschaft zum Inbegriff eines serbischen Idealstaates, wobei gern vergessen wurde, dass das mittelalterliche Großserbien ein Vielvölkerreich war und sich Stefan Dušan Zar der Griechen, Serben und Bulgaren nannte. Er knüpfte damit an die politische Tradition des byzantinischen Kaisertums an, dass sich ebenso wie das im Westen als Universalmonarchie verstand.

Kulturell erlebte Serbien im 13. und 14. Jahrhundert eine Blütezeit. So löste z.B. die serbische Redaktion des Kirchenslawischen das Griechische als Schriftsprache Südosteuropa ab und wurde auch zur Diplomaten- und Kanzleisprache im gesamten Balkanraum. Die klösterlichen Freskomalereien werden zu den Höhepunkten christlicher Malerei des 13. und 14. Jahrhunderts gezählt.

Zerfall und türkische Eroberung

Die Reiche Serbien und Bosnien wurden durch die osmanisch-türkischen Eroberungen ab dem 14. Jahrhundert Teile des Osmanischen Reiches. Die Serben in Altserbien unterlagen 1389 in der Schlacht auf dem Amselfeld (Kosovo Polje) und mussten Tribut an die osmansichen Sultane leisten. Damit war das Großserbische Reich schon vor der endgültigen Eroberung Serbiens durch die Türken von der Landkarte verschwunden. In der Überlieferung wurde Großserbien schnell zu einem Mythos und man erinnerte sich an das angeblich goldene Zeitalter des Serbentums.

Eine zweite Schlacht am 19. Oktober 1448, bei der Murad II. die Türken befehligte, brachte die gänzliche Niederlage der Serben. Serbien verlor seine Eigenstaatlichkeit für gut 400 Jahre. In dieser Zeit wurden viele serbische Christen zu Moslems, doch blieb das serbische Nationalgefühl u.a. durch die serbisch-orthodoxen Klöster erhalten.


Großserbische Bestrebungen im 19. und 20. Jahrhundert

Die Erinnerung an die vergangene Größe bzw. die Propagierung einer ruhmreichen nationalen Vergangenheit waren wichtige Komponenten bei der Entstehung des serbischen Nationalismus im 19. Jahrhundert. Vor allem im gerade unabhängig gewordenen Fürstentum Serbien vertraten die nationalen Ideologen eine großserbische Form des Panslawismus. Das heißt, sie wollten alle Südslawen, die noch unter österreichischer oder türkischer Herrschaft lebten, in einem Reich unter serbischer Führung vereinigen. Sie meinten, dass alle Südslawen mehr oder weniger zum serbischen Volk zu rechnen seien. Frühzeitig gerieten die großserbischen Ideologen dabei in einen Gegensatz zu den illyristischen bzw. jugoslawistischen Formen des slawischen Nationalismus, wie er von den in der österreichisch-ungarischen Monarchie lebenden Südslawen (besonders bei den Kroaten aber auch von einigen Serben und Slowenen) vertreten wurde. Dieser Grundkonflikt der südslawischen Nationalideologien (großserbisch und großkroatisch oder jugoslawisch-föderal) konnte nie gelöst werden. Das führte dazu, dass das 1918 entstandene Jugoslawien nie über eine gemeinsames Staatsbewusstsein verfügte. Diesen Mangel konnte auch Titos Parole von bratstvo i jedinstvo (Brüderlichkeit und Einheit) nicht überdecken.

Die Jugoslawienkriege (1991-1995)

In Zusammenhang mit den politischen Umwälzungen in den anderen sozialistischen Staaten Osteuropas 1989/1990 bildeten sich dann auch in Jugoslawien neue Parteien und es kam 1990 zu ersten freien Wahlen in einigen Republiken, die mehrheitlich von nationalistich agierenden Parteien gewonnen wurden. Daraufhin proklamierten am 25. Juni 1991 zunächst Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit, was von der Belgrader Führung als Verfassungsbruch angesehen wurde. Die von Serben dominierte jugoslawische Zentralregierung suchte die Unabhängigkeitsbestrebungen militärisch niederzuwerfen, anfangs um den Staat zu erhalten, später aber mit dem ziel alle Serben in einem Großserbien zu vereinen.

Dieser Versuch, im ausgehenden 20. Jahrhundert gewaltsam ein Großserbien zu schaffen, ist nicht nur gescheitert, er hat die Serben sogar Territorium gekostet: So sind sie aus Kroatien und dem Kosovo zum größten Teil vertrieben worden, die bosnische Republika Srpska ist dem einheitlichen Bosnien angegliedert, und Montenegro hat angekündigt, im Jahr 2005 ein Referendum über die Abspaltung von Serbien abzuhalten. Belgrad fürchtet, durch die Abspaltung Montenegros auch den Anspruch auf die Provinz Kosovo zu verlieren.

Die Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen die im Namen Großserbiens in Kroatien (Vukovar), Bosnien (Srebrenica) und dem Kosovo geschehen sind, belasten die Beziehungen zu den Nachbarvölkern noch heute und haben Belgrad für viele Jahre International isoliert.


Siehe auch: Geschichte Serbiens