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Tournai

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Tournai
Tournai (Hennegau)
Tournai (Hennegau)
Tournai
Staat: Belgien Belgien
Region: Wallonien
Provinz: Hennegau
Bezirk: Tournai
Koordinaten: 50° 36′ N, 3° 23′ OKoordinaten: 50° 36′ N, 3° 23′ O
Fläche: 213,75 km²
Einwohner: 68.554 (1. Jan. 2024)
Bevölkerungsdichte: 321 Einwohner je km²
Postleitzahl: 7500 (Tournai, Ere, Saint-Maur)
7501 (Orcq)
7502 (Esplechin)
7503 (Froyennes)
7504 (Froidmont)
7506 (Willemeau)
7520 (Ramegnies-Chin, Templeuve)
7521 (Chercq)
7522 (Blandain, Hertain, Lamain, Marquain)
7530 (Gaurain-Ramecroix)
7531 (Havinnes)
7532 (Beclers)
7533 (Thimougies)
7534 (Barry, Maulde)
7536 (Vaulx)
7538 (Vezon)
7540 (Kain, Melles, Quartes, Rumillies)
7542 (Mont-Saint-Aubert)
7543 (Mourcourt)
7548 (Warchin)
Vorwahl: 069
Bürgermeister: Christian Massy (PS)
Adresse der
Kommunal-
verwaltung:
Enclos Saint-Martin, 52
7500 Tournai
Website: www.tournai.be

Tournai (niederländisch Doornik, deutsch veraltet Dornick) ist eine Stadt an der Schelde in der Provinz Hennegau (niederländisch Henegouwen, frz. Hainaut) in Wallonien, dem überwiegend französisch sprechenden Teil Belgiens. Sie hat 68.554 Einwohner (Stand 1. Januar 2024) und liegt etwa 85 km südwestlich von Brüssel. Mit einer Fläche von über 213 km² ist sie die größte Gemeinde Belgiens.

Geschichte

Tournai ist nach Tongeren die älteste Stadt Belgiens. Sie wurde Mitte des 5. Jahrhunderts unter Merowech merowingischer Herrschaftssitz, von wo aus auch Childerich I. agierte. Nach 487 verlegte Chlodwig I. den Königssitz nach Soissons. Die Stadt gehörte seitdem zum Frankenreich und kam im 10. Jahrhundert zur Grafschaft Flandern. Als einziger Teil Flanderns gehörten Tournai und sein Umland bis 1521 zum Königreich Frankreich.

Nach der Schlacht bei Guinegate wurde die Stadt von den Engländern belagert und musste diesen am 24. September 1513 kapitulieren. Das Bistum Tournai wechselte dadurch in die Hände des späteren englischen Kardinals Thomas Wolsey, der es 1516 für ein Jahrgeld von 12.000 Livres an den französischen König Franz I. zurückgab.

1521 kam die Stadt in den Besitz der Habsburger und blieb auch nach der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande bei den Spanischen Niederlanden und gehörte ab 1714 zu den Österreichischen Niederlanden. Die Niederlande wurden 1794/Januar 1795 von französischen Revolutionstruppen erobert; dort wurde im Januar 1795 die Batavische Republik ausgerufen. Von 1815 bis 1830 (Unabhängigkeit Belgiens) gehörte das Gebiet zum Königreich der Vereinigten Niederlande.

1653 wurde in Tournai das Grab des Salfranken Childerich entdeckt, dessen Grabbeigaben 1831 teilweise gestohlen wurden. Der andere Teil befindet sich in der Bibliothèque nationale de France in Paris.

1709 wurde Tournai während des Spanischen Erbfolgekrieges von den Truppen des Herzogs von Marlborough und des Prinzen Eugen von Savoyen eingenommen.

Im Jahr 1745 wurde die Stadt im Zuge des Österreichischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen unter dem Maréchal de Saxe belagert und erobert, wobei die Zitadelle dem Erdboden gleichgemacht wurde. Tournai war bis zum Frieden von Aachen in französischer Hand und wurde dann zurückgegeben.

Im Ersten Weltkrieg war Tournai als Eisenbahnknotenpunkt und Sitz des Heeresgruppenführers, Kronprinz Rupprecht von Bayern im Bischofspalais, einem prädestinierten Etappenort und Ziel häufiger Luftangriffe.

Im Juni 1940 wurden Tournai (und ganz Nordfrankreich) von der Wehrmacht im Rahmen des Westfeldzuges besetzt. Nachdem am 26. August 1944 Paris kapituliert hatte, rückten die alliierten Truppen einige Zeit lang sehr schnell voran. Am 31. August 1944 schlug Brigadegeneral Truman C. Thorson vor, Richtung Tournai vorzurücken, um den Kessel von Mons vorzubereiten. General Omar N. Bradley befahl General Hodges, seine Truppen Richtung Tournai zu ziehen. Am Abend des 2. September trafen US-Truppen dort ein; auf dem Weg fanden sie fast keinen Widerstand.[1]

Sehenswürdigkeiten

Die mittelalterliche Altstadt von Tournai ist gut erhalten. Besonders sehenswert sind die Kathedrale Notre-Dame (erbaut 1110 bis 1325) und der um 1200 erbaute und damit älteste belgische Belfried, die beide zum UNESCO-Welterbe gehören. Ferner sind sehenswert die gotische Tuchhalle und der Pont de Trous, eine Brücke über die Schelde als Teil der mittelalterlichen Befestigung.[2] In der 1797 säkularisierten Benediktinerabtei St. Martin aus dem 11. Jahrhundert ist heute das Rathaus untergebracht. Das Gebäude hat eine neoklassische Fassade aus dem 18. Jahrhundert und ist in eine Parkanlage eingebettet. Erhalten ist noch die romanische Krypta aus dem 12. Jahrhundert.

Wirtschaft

Tournai war früher ein bedeutendes Zentrum des Textilhandels und der Anfertigung von hochwertigen Textilien (in Tournai wird die Hauptmanufaktur der Millefleurs-Wandteppiche vermutet). Berühmt ist der sogenannte Tournai-Teppich (der auch Tournay-Teppich genannt wird). Die Textilindustrie hat auch heute (2008) noch eine gewisse Bedeutung.

Sport

Von 1911 bis 1996 wurde mit Unterbrechungen das Radrennen Binche–Tournai–Binche ausgetragen. Seit dem Jahre 2010 wird es wieder veranstaltet (in der UCI-Kategorie 1.1.): es trägt in Erinnerung an den 2009 verstorbenen belgischen Radsportler den Namen 'Mémorial Frank Vandenbroucke'.

Städtepartnerschaft

Söhne und Töchter der Stadt

Trivia

Nach der Stadt Tournai ist die geologische Stufe Tournaisium benannt, die unterste Stufe des Mississippiums im Karbon. Sie umfasst ca. den Zeitraum 359 bis 347 Millionen Jahre vor heute.

Siehe auch

Commons: Tournai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. ibiblio.org S. 680
  2. Historische Karte der Festung als Digitalisat