Hattische Sprache
Das Hattische (von den Hethitern hattili genannt) ist die älteste durch Texte belegte Sprache Anatoliens. Es war die Sprache der Hattier, von denen die Hethiter ihren Namen hergeleitet haben. Geschrieben haben diese Sprache erst die Hethiter. Das Verbreitungsgebiet des Hattischen umfasste vor dem Eindringen der indogermanischen Völker Hethiter, Palaier und Luwier ganz Zentral- und Nordanatolien bis zur Schwarzmeerküste und Teile Kappadokiens; Hattisch ist um 1500 v. Chr. als gesprochene Sprache ausgestorben, hatte aber als Kultsprache im hethitischen Reich weiterhin große Bedeutung.
Beziehungen zu anderen Sprachen
Nach heutigem Kenntnisstand muss das Hattische als isolierte Sprache angesehen werden, da es ist mit keiner anderen Sprache nachweislich verwandt ist. Versuche, es mit den westkaukasischen Sprachen in Beziehung zu setzen (Forrer 1934), sind nicht weiter verfolgt worden. Es gibt einige lexikalische Anklänge zum Hurritischen, dem seinerseits Kontakte zu altkaukasischen Sprachen nachgesagt werden.
Hattisch-hurritische Wortgleichungen
Hurritisch | Hattisch | Deutsch |
---|---|---|
kate | kait | Gerste |
hawuri | wur | Erde |
arinni | arinna | Brunnen |
Allerdings sind die gesicherten lexikalischen Kenntnisse des Hattischen so gering, dass daraus keine weiterreichenden Schlüsse gezogen werden können. Die genannten Beispiele könnten ja auch Lehnwörter im Hurritischen sein. Die Verwandtschaft zum Hurritischen oder zu kaukasischen Sprachen ist also sehr ungewiss, aber keineswegs unwahrscheinlich.
Hattier und Hethiter
Die Kultur und Religion des althethitischen Reiches ist in weiten Teilen eine Fortsetzung der hattischen Kultur, was sich auch an der Verwendung des Hattischen vor allem als Kultsprache der Hethiter erkennen lässt. Sprachwissenschaftliche Bedeutung hat das Hattische vor allem auch als Substratsprache für das Hethitische und Palaiische, also die anatolisch-indogermanischen Sprachen Nord- und Zentralanatoliens, offensichtlich weniger für das Luwische.
Hattisches Sprachmaterial
Das Überleben er hattischen Sprachreste ist den Hethitern zu verdanken, die die Gewohnheit hatten, "fremde" Götter im Zuge ihrer Riten und in den Liturgien jeweils in deren eigener Sprache anzureden. So wurden auch die hattischen Götter auf Hattisch angesprochen und diese Sprache damit schriftlich fixiert; das Spektrum des Sprachmaterials ist dadurch allerdings sehr beschränkt. Das ausnahmslos religiöse hattische Sprachmaterial ist in hethitischer Keilschrift durch die Staatsarchive der hethitischen Hauptstadt Hattuša (heute Boğazkale) überliefert. Es gibt neben längeren einsprachig hattischen Texten auch zweisprachig hattisch-hethitische Bilinguen - mit oft schlechter hethitischer Übersetzung - und Beschwörungsformeln, die innerhalb hethitischer Rituale überliefert sind. Darüberhinaus gibt es hattische Lehnwörter und Namen im Hethitischen, Palaischen und Altassyrischen. Grundlegend für die Analyse des Hattischen sind die Arbeiten von Forrer 1922 und Güterbock 1935.
Charakter der hattischen Sprache
Das gering und schlecht erhaltene Material erschwert jede gründliche Erforschung der hattischen Sprache. Die agglutinierende Morphologie arbeitet hauptsächlich mit Präfixen. Beispiele sind (Friedrich 1931, nach Forrer):
Grammatische Marker
Grammatische Marker | Beispiele |
---|---|
Plural-Präfix le- | le-binu "Kinder", le-zuh "Tücher", le-wae "Geräte" |
Possessivmarker -i- | le-i-binu "seine Kinder" |
Einige Verbalformen
Verb | Bedeutung | hatt. Form | Bedeutung |
---|---|---|---|
nuwa | kommen | taš-te-nuwa | er soll (te) nicht (taš) kommen |
šul | lassen | tu-h-ta-šul | er ließ hinter (tu) ihm (h) her (ta)... |
Siehe auch
- Altorientalische Sprachen
- Anatolische Sprachen
- Hethitische Sprache
- Indogermanische Sprachen
- Isolierte Sprachen
- Kaukasische Sprachen
Literatur
- Jörg Klinger, Hattisch. in: Michael P. Streck (Hrsg.), Sprachen des Alten Orients. Darmstadt 2005.
- Jörg Klinger: Untersuchungen zur Rekonstruktion der hattischen Kultschicht. Wiesbaden 1996. ISBN 3447036672
- Oguz Soysal: Hattischer Wortschatz in hethitischer Textüberlieferung. Leiden 2004. (Handbook of Oriental Studies: Sect. 1, The Near and Middle East Vol. 74) ISBN 90-04-13706-8