Maria Knotenlöserin (auch Knotenmadonna oder Maria vom Knoten) ist ein Gnadenbild in der katholischen WallfahrtskircheSt. Peter am Perlach[1] in Augsburg. Entgegen der Behauptung, das Bild werde besonders verehrt von Papst Franziskus, der Drucke davon nach Argentinien gebracht und es dort populär gemacht habe,[2] erklärte der Papst selbst, er sei nie in Augsburg gewesen, [3] und er kenne das Bild nicht.[4] Eine daraufhin gefertigte Kopie des Schmidtner-Gemäldes hängt heute angeblich in der Kirche San José del Talar zu Buenos Aires. Es wird angeblich am 8. jeden Monats von tausenden Pilgern besucht. Vermutlich ist jedoch auch das eine Falschinformation.
Gnadenbild
Das barocke Gnadenbild wurde im Jahr 1700 von dem Augsburger PatrizierHieronymus Ambrosius Langenmantel (1641–1718), Kanonikus am Stift St. Peter zu Augsburg, für den Altar der „Mutter vom Guten Rat“ gestiftet und stammt von dem Augsburger Künstler Johann Georg Melchior Schmidtner.[5] Es zeigt die auf einer Mondsichel stehende Madonna, wie sie Knoten in einem langen weißen Band löst und zugleich mit dem Fuß auf den Kopf einer Schlange als Symbol für den Teufel tritt.[6] Die verknotete Form der Schlange spiegelt den Knoten, den Maria in ihren Händen hält. Die Mondsichelmadonna ist von zwölf kleinen und zwei großen Engeln[7] und einem Sternenkranz mit sieben sichtbaren Sechssternen umgeben. Über ihrem Haupt schwebt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube – eine Anspielung auf Maria als Braut des Heiligen Geistes. Die Knotenlöserin ist von der Sonne umkleidet, wie in der Offenbarung des Johannes beschrieben.[8]
Unter der Mondsichel ist ein deutlich kleinerer Engel mit einem menschlichen Begleiter und seinem Hund dargestellt. Gedeutet wird diese Szene als Tobias aus dem Buch Tobit, der mit seinem Hund (Tob 5,17 EU, Tob 11,4 EU) und dem Erzengel Raphael[9] als Reisebegleiter und Heiratsvermittler angerufen wird und (Tob 6,10-13 EU) von Ninive nach Ekbatana zu Sara reist, um sie zur Frau zu nehmen.
Eine andere Sinngebung der beiden Kleinfiguren verweist auf die Legende, wie es zur Stiftung des Altares mit dem Marienbild gekommen sei. Demnach soll die Stiftung mit einem familiären Ereignis zusammenhängen. Sein Großvater Wolfgang Langenmantel (1586–1637) stand kurz vor der Trennung von seiner Frau Sophia Rentz (1590–1649) und besuchte deshalb den JesuitenP. Jakob Rem SJ in Ingolstadt. Auf dem Bild führt der Engel den Reisenden und zeigt mit seiner rechten Hand auf einen entfernten Ort mit einer Kirche. Pater Rem betete vor einem Bildnis Mariens und sprach: „In diesem religiösen Akt erhebe ich das Band der Ehe, löse alle Knoten und glätte es.“ Danach sei wieder Friede zwischen den Eheleuten eingekehrt, die Trennung habe nicht stattgefunden, und Langenmantels Enkel habe später zur Erinnerung das Bild der Knotenlöserin in Auftrag gegeben.[10] – Möglicherweise ist die Darstellung doppeldeutig und weist in barocker Manier auf beide Aspekte hin.[11]
Unabhängig von der Interpretation der beiden Reisenden zeigt die Mariendarstellung die Muttergottes als Helferin bei der „Entknotung“ von Problemen. Sie wird in dem Sinne gedeutet, dass Maria dabei helfen soll, einen Lebenspartner zu finden und Probleme in der Partnerschaft zu bewältigen.[12] Auch an Brustkrebs erkrankte Frauen soll die „Knotenlöserin“ unterstützen.[13] Anders als Alexander der Große den Gordischen Knoten löst Maria den Knoten bzw. das Problem nicht mit Gewalt, sondern durch Einfühlungsvermögen.
Verbreitung
Die „Augsburger Knotenlöserin“ ist im Südchor der Perlachkirche
Das Marienbild der Knotenlöserin fand seinen Weg inzwischen in viele Länder der Welt. Häufig gehört es zur Ausstattung von Kirchen und Kapellen, es findet sich aber auch in anderer Verwendung. So ist die Knotenlöserin im aktuellen Gotteslob für das Bistum Augsburg abgebildet. Auf den Augsburger Friedenshäusern ist die Knotenmadonna abgebildet.[14] Auch im Gästehaus des Vatikans (Casa Santa Marta) hängt ein Bild der Knotenlöserin.[15] 2017 erschien eine 50-Euro-Goldmünze der Vatikanstadt mit einer Darstellung der Knotenlöserin.[16]
Südamerika
In Südamerika ist die Marienverehrung inzwischen sehr häufig mit dem Bild der Knotenlöserin verknüpft.[17] Initiator war der heutige Papst Franziskus.[18] Eine deutsche Ordensschwester schickte ihm eine Postkarte davon, was sein Interesse weckte. Bergoglio schickte seine Priesteramtsstudenten mit den Bildchen in die Slums von Buenos Aires und beauftragte eine Eichstätter Austauschstudentin, das Augsburger Original mit allen Details zu dokumentieren, um eine Kopie anfertigen zu können.[19] Entgegen anders lautenden Berichten war er selbst jedoch nie in Augsburg[20].
In Buenos Aires ließ man daraufhin eine Kopie durch die Malerin Ana Betta de Berti[21] (Marta Beti)[22] anfertigen, die sich seit dem 8. Dezember 1996 in der Kirche San José del Talar zu Buenos Aires befindet[23] und zu der besonders an jedem 8. im Monat tausende Menschen pilgern.[24] Auch im „Tierra Santa“, einem religiösen Themenpark in Buenos Aires,[25] ist heute ein Reliefbild der Knotenlöserin zu finden.[26]
In Brasilien wurde Maria Knotenlöserin u. a. durch das Ehepaar Denis und Suzel Bourgerie bekanntgemacht.[27] Auch Schwestern des Augsburger Klosters Maria Stern brachten ein Bild der Knotenlöserin nach Brasilien.[28]
Kirchen und Kapellen
Weltweit gibt es mehrere sakrale Bauten, in denen Maria als Knotenlöserin dargestellt oder verehrt wird:[29]
Campinas (zwei Kirchen in einer Straße): „Santuario Nossa Senhora Desatadora Dos Nos“ und „Capela Maria Porta do Céu“ (Nossa Senhora Desatadora dos Nós)[32]
Auf dem 99. Katholikentag 2014 in Regensburg hatten Besucher des Augsburger Bistumsstands die Möglichkeit, Gebetsanliegen aufzuschreiben und den „Knoten ihres Lebens“ in ein gelbes Band hinein zu flechten. Das 36 Meter lange Band mit seinen 400 Knoten wurde nach dem Katholikentag zum Bild der Knotenlöserin nach Augsburg gebracht, um damit symbolhaft die unausgesprochenen Anliegen zahlreicher Menschen vor die Gottesmutter zu tragen.[42]
Am 9. Mai 2015 führte eine gemeinsame Wallfahrt aller bayerischen Bistümer etwa 4000 Pilger nach Augsburg zum Wallfahrtsbild „Maria Knotenlöserin“. Die Wallfahrt gehörte zu einer Reihe von sieben Wallfahrten mit verschiedenen Zielen zur Vorbereitung auf das hundertjährige Jubiläum der Erhebung von Maria zur Schutzfrau Bayerns (Patrona Bavariae) im Jahr 2017.[43]
Im Zusammenhang mit dem Weltfamilientreffen in Philadelphia im September 2015 gestaltete die Künstlerin Meg Saligman auf dem Vorplatz der Cathedral Basilica of Saints Peter and Paul (Philadelphia)[44] ein Knot Grotto als Installation, bei dem Menschen Anliegen auf Stoffstreifen schreiben und anbinden konnten. Die Installation wurde von zehntausenden Menschen besucht und von Papst Franziskus gesegnet.[45]
Vergleichbare Darstellungen
Maria mit dem heiligen Gürtel: Diese äußerlich vergleichbare Bilddarstellung hat einen völlig anderen Hintergrund und Sinn.
Die Ikone Maria Knotenlöserin in der Online-Kapelle der Heilig Blut Gemeinschaft von Weitnau zeigt, wie das Jesuskind auf Marias Schoß sitzend die Knoten (unlösbare Probleme der Menschen) löst.[46]
Die Ikone in der Hauskapelle der Casa di Accoglienza Santa Maria degli Angeli in Rom zeigt die Knotenlöserin, wie sie vom Jesuskind beim Entflechten der Knoten unterstützt wird – (Ikonen-Beschriftung: „Santa Maria Madre di dio che sciogli i nodi, prega per noi“ – Heilige Maria, Mutter Gottes, die du die Knoten löst, bitte für uns).[47]
Literatur
Carmen Roll: St. Peter am Perlach in Augsburg. Wallfahrtskirche zur Gottesmutter „Maria Knotenlöserin“. Bürgerverein St. Peter am Perlach e. V., Augsburg 2006 (Kirchenführer).
↑Turamichele: Auf dieselbe Bibelstelle wie die Knotenlöserin als Mondsichelmadonna nimmt das Turamichele (Turm-Michael) Bezug, das alljährlich am Turmfenster der Perlachkirche im Turamichele-Spiel dargestellt wird.: Offb 12,1-17 EU verknüpft die Bedrängnis der schwangeren Maria durch den Drachen und den Kampf des Erzengels Michael gegen das Böse (den Drachen, den Teufel).
↑Der rechte Engel, der das verknotete Band hält, wird von einigen als Erzengel Michael und der linke Engel, der das glatte, entknotete Band hält, als Erzengel Gabriel gesehen. Vgl. Maria Knotenlöserin, Schutzpatronin der Ehe. In: Maria heute. 492, Juni 2012, S. 23 (online).
↑Carmen Roll: Wallfahrt zur Gottesmutter „Maria Knotenlöserin“. Auf sankt-peter-am-perlach.de, Bürgerverein St. Peter am Perlach (abgerufen am 12. Oktober 2015). „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ (Offb 12,1 EU).
↑Raphael, dem Schutzengel der Kranken, der nicht nur bei körperlichen Wunden, sondern auch bei seelischen Erschütterungen.
↑Augsburger Knotenlöserin: Band nach Argentinien. Wie die Mariendarstellung aus St. Peter am Perlach ein Schwesterbild in Buenos Aires bekam. Augsburger Allgemeine vom 27. September 2006, S.39, siehe Maria Knotenlöserin verbindet Augsburg & Buenos Aires.
↑Augsburger Allgemeine: "War nie in Augsburg": Papst stellt Geschichte um Gnadenbild richtig. In: Augsburger Allgemeine. (augsburger-allgemeine.de [abgerufen am 9. März 2017]).