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Speziallager

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Speziallager waren Internierungslager, die 1945 von der sowjetischen Militärregierung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) eingerichtet wurden und bis 1950 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bestanden. Internierungslager wurden aufgrund gemeinsamer alliierter Vereinbarung unmittelbar nach der Befreiung vom NS-Regime in allen Besatzungszonen eingerichtet. Mit dem Instrument des „automatical arrest“ sollten als gefährlich für das Besatzungsregime eingestufte Personengruppen, vor allem mittlere und kleinere NS-Funktionäre wie z.B. Bürgermeister und NS-Ortsgruppenleiter für eine bestimmte Zeit interniert werden. Die Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone dienten darüber hinaus auch der Unterdrückung politischer Gegner.

Nach Angaben des sowjetischen Innenministeriums von 1990 wurden in In den Speziallagern 122.671 Deutsche ohne Urteil unter dem Vorwurf festgehalten, Nationalsozialisten zu sein. In den Lagern, haben neben NS-Mördern, Tausenden von SS-Angehörigen und Gestapo-Beamten ebenso kleine und mittlere Funktionäre des NS-Apparates eingesessen. Alleine in dem Speziallager in Sachsenhausen waren etwa 30.000 NS-Blockwarte interniert. Die NS-Propaganda der letzten Kriegszeit, die Jugendliche als „Wehrwölfe“ zu Anschläge gegen die Besatzungstruppen aufforderte, hat zur Inhaftierung von zahlreichen Jugendlichen durch die Besatzungsmächte geführt.

Viele der Inhaftierten waren einfach Mitglieder sowie untere und mittlere Funktionsträger der NSDAP oder anderer NS-Organisationen gewesen. Es wurden jedoch von Beginn an auch zahllose andere Personen verhaftet, die als Gegner der geplanten gesellschaftlichen Umwälzung angesehen wurden: Sozialdemokraten, Liberale und Konservative, Adlige, Unternehmer, Bauern - vor allem so genannte Großbauern, die mehr als 100 Hektar Lamd besaßen - die sich der entschädigungslosen Enteignung widersetzten. Die Verhaftungen erfolgten oft völlig willkürlich: So wurde beispielsweise ein Mann als angeblicher „SS-Bannführer“ verhaftet, weil er als Beruf „S-Bahn Führer“ angegeben hatte. Vor der Einlieferung ins Lager kam es regelmäßig zu Verhören, auch unter Folter. Die dann unterzeichnenten Geständnisse waren auf Russisch verfasst.

Von den inhaftierten Personen kamen 42.889, also ein Drittel, in den Lagern um. In erster Linie sind die Häftlinge auf Grund der äußerst schlechten Versorgung und fehlender medizinischer Betreuung, d.h. durch Hunger und Krankheiten ums Leben gekommen. 45.261 Personen wurden freigelassen, die übrigen wurden entweder in die Sowjetunion (Gulag) deportiert (12.770), zu Kriegsgefangenen erklärt (6.680) oder den Behörden der SBZ bzw. der DDR übergeben (14.202). Nur einer kleinen Zahl gelang die Flucht. Neben Hunger, Kälte und Krankheiten war es vor allem das Verbot fast jeder Tätigkeit und die Isolation, welche die Gefangenen zermürbte.

Insgesamt gab es 10 Speziallager an folgenden Orten: Fünfeichen, Sachsenhausen, Weesow, Hohenschönhausen, Ketschendorf, Jamlitz, Bautzen, Mühlberg, Torgau, Buchenwald. In Buchenwald und Sachsenhausen wurden die nationalsozialistischen Konzenrationslager nach Befreiung der dortigen Gefangenen von der sowjetischen Besatzungsmacht sofort weiterbenutzt und neu belegt. Die Lager waren dem Geheimdienst NKWD unterstellt, der dafür eine eigene Abteilung „Speziallager“ hatte.

Zur Auflösung der Lager kam es 1950 auch durch Proteste des Westens gegen die menschenrechtsverletzende und dem Völkerrecht widersprechende Behandlung der Gefangenen.

Literatur

  • Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager, Propyläen 2001, ISBN 3549071434
  • Gerhard Finn: Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone, Berlin 1958
  • Karl Wilhelm Fricke: Politik und Justiz in der DDR, Köln 1979
  • Das System des kommunistischen Terrors in der Sowjetzone, SPD-Informationsdienst/Denkschriften 28, Hannover 1950
  • Jan von Flocken/Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945-1950 Dokumentation/Zeugenberichte, Ullstein 1991, ISBN 3550074883
  • Peter Reif-Spirek/Bodo Ritscher (Hg.) [in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald und der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen]: "Speziallager in der SBZ", Berlin, Ch. Links Verlag 1999, ISBN 3861531933
  • Waltraut Skoddow: "Zu keinem ein Wort", Berlin, Edition Amadis, 1999, ISBN 3929560232

Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr.7/Nr.1 Sachsenhausen