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Tijuana Bible

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Tijuana Bibles, auch Eight-pagers oder Bluesies genannt, sind pornografische Comicbücher, die in den 1920er, 30er und 40er Jahren vorwiegend in den USA zirkulierten. Die Bezeichnung eight-pagers bezieht sich auf den Umfang von gewöhnlich acht Seiten, wobei jede Seite einem Einzelbildern entspricht. Die kleinformatigen (ca. 5x10 cm), auf billigem Papier gedruckten Heftchen enthielten pornografische Geschichten, oft mit bekannten Comicfiguren oder Schauspielern in den Hauptrollen. Sie gelten als Vorläufer der Underground Comix der 1960er Jahre.

Die Zeichner von Eight-pagers blieben stets anonym. Die Qualität der Zeichnungen schwankt stark, von gut gezeichneten Strips, die professionelle Grafiker vermuten lassen, bis hin zu krudesten Darstellungen. Oft werden namhafte Comiczeichner hinter den Untergrund-Pornos vermutet.

Hauptfiguren der Geschichten sind Parodien von Comichelden wie Popeye, Tarzan, Donald Duck, Betty Boop, Dagwood, Little Orphan Annie, reale Stars wie James Cagney, Mae West, Ingrid Bergman, Laurel und Hardy oder die Marx Brothers, bekannte Persönlichkeiten wie Al Capone, John Dillinger, Joe Louis oder auch einfache Vertreter, Handwerker, Feuerwehrmänner und Hotelboys. Die Handlung schildert jeweils in acht Bildern eine kurze Geschichte, die rasch zu einem (oder mehreren) expliziten sexuellen Akt führt.

In Tijuana Bibles dominiert eine lustbetonte, positive Darstellung von Heterosexualität. Frauen treten in ihnen mit gleicher sexueller Energie, Lustempfinden und Initiative auf wie Männer. Vaginalverkehr, Cunnilingus und Fellatio, lesbischer Sex und flotte Dreier gehören zu den beliebtesten dargestellten Sexualpraktiken. Die Story ist mit pornografischen, oft auch witzigen Dialogen oder Untertiteln versehen. Die Storys tragen oft überdreht komische oder parodistische Züge, so dass die Bildergeschichten nicht nur der reinen Darstellung von sexuellen Akten dienen, sondern zusätzlich der Unterhaltung und der Satire.

Die große Zeit der Tijuana Bibles war die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er und 1930er Jahre. Sie wurden – da ihre Verbreitung illegal war – unter dem Ladentisch verkauft und zirkulierten oft von Leser zu Leser. Ihre genaue Auflage ist unbekannt, doch dürften Millionen dieser Heftchen im Umlauf gewesen sein, zumal sich Raubdrucke sehr leicht herstellen ließen. Ab Mitte der 1930er Jahre kamen auch Hefte mit 16, 24 oder gar 32 Seiten in Umlauf. Nach dem Zweiten Weltkrieg sank das Interesse mit dem Aufkommen der ersten erotischen Männermagazine wie dem ab 1953 erscheinenden Playboy, die die Eight-pagers schließlich vom Markt verdrängten.

Die Zuschreibung an den mexikanischen Grenzort Tijuana, aus dem viele anrüchige Schmuggelwaren kamen, stammt ebenfalls aus dieser Zeit; dabei wurden die meisten der Heftchen in den USA hergestellt. Heute sind Tijuana Bibles, je nach Erhaltungszustand, ein teures Sammelobjekt.

Literatur

  • Bob Adelman: Tijuana Bibles: Art and Wit in America's Forbidden Funnies, 1930s-1950s. New York: Simon & Schuster, 1997, ISBN 0684834618 (Reprint vieler Eight-pagers mit einem Vorwort von Art Spiegelman)