Habitancum
Kastell Risingham | |
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Alternativname | a) Habitancum , b) Habitanco |
Limes | Britannien |
Abschnitt | Strecke 2 (Vorposten) |
Datierung (Belegung) | antoninisch/severisch, 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr.? |
Typ | a) Reiterkastell, b) Kohortenkastell, c) Straßenkastell |
Einheit | a) legio VI Victrix (Bauvexillation), b) cohors IIII Gallorum, c) cohors I Vangionum, d) numerus Exploratorum, e) cohors II Nerviorum, f) Raeti Gaesati |
Größe | Fläche: 1,6 ha |
Bauweise | Steinkastell |
Erhaltungszustand | quadratischer Grundriss mit abgerundeten Ecken, oberirdisch nicht sichtbar |
Ort | Corenside |
Geographische Lage | 54° 55′ 37,2″ N, 3° 8′ 52,8″ O |
Vorhergehend | Kastell Bremenium (östlich) |
Vorgelagert | Kastell Onnum |









Habitancum war ein römisches Hilfstruppenkastell auf dem Gebiet der Gemeinde (Parish) Corsenside/Hamlet Risingham, County Northumberland, England.
Das frühe Holz-Erde-Kastell wurde unter Kaiser Antoninus Pius errichtet und im späten 2. Jahrhundert wieder zerstört. Später, in der Regierungszeit des Septimius Severus in Stein wieder aufgebaut und im späten 3. Jahrhundert erneut niedergebrannt. Im frühen 4. Jahrhundert noch einmal instandgesetzt, wurde es am Ende des Jahrhunderts dann endgültig verwüstet und aufgegeben. Zum Lager gehörte möglicherweise auch eine größere Zivilsiedlung. Es war Teil der aus insgesamt 4 Kastellen bestehenden Vorpostenkette des Hadrianswalls und sicherte die Dere Street, eine römische Fernstraße, die bis weit in den Norden Caledonias führte. Die Fundamente der Festung sind noch gut erhalten und sein Areal birgt für zukünftige Ausgrabungen wohl noch zahlreiche bedeutende archäologische Funde. Es ist ein gutes Beispiel für das Leben an der äußersten Randzzone des römischen Britanniens und spielte wohl auch eine wichtige Rolle als Ausgangs- und Rückzugsbasis bei Feldzügen der römischen Armee.
Name
Das Kastell wird in drei antiken Schriftquellen erwähnt. Bei einer handelt es sich um einen römischen Weihealtar, der von einem beneficiarius consularis namens Marcus Gavius Secundinus in Habitanci gestiftet wurde. Auf einem Weihealtar für das Kaiserpaar Septimius Severus und Julia Domna und den Geistern ihrer Ahnen, gewidmet, wird der Ort als Habitancum bezeichnet. Er ist weiters in der Ravenna-Kosmographie des Geographen von Ravenna (7. Jahrhundert), ebenfalls als Habitancum, aufgelistet. Die Etymologie des lateinischen Ortsnamens ist unsicher. Er scheint aus zwei Teilen zu bestehen: dem römischen Namen Habitus, dessen Bedeutung unklar ist, aber möglicherweise auf ein Clanoberhaupt oder einem Grundbesitzer zurückgeht oder auch für eine ganze Gruppe steht (wie das angelsächsische ingas, 'Leute'). Das Cognomen ist Avitus, neben vielen abgeleiteten Formen (Abitus, Avithus, Avittus). Die Endsilbe -ium, ist ein lateinisches Suffix, das Eigentum bezeichnet. Der Ortsname könnte daher als "Platz der Leute des Habitus" gedeutet werden. D.h. die Festung wurde vielleicht auf Land erbaut, das ursprünglich im Besitz eines Romano-Briten gewesen sein könnte. Römische Festungen wurde für gewöhnlich nicht nach ihrem Bauherren oder ersten Kommandanten benannt.[1]
Lage
Das Kastell liegt 21 km nördlich von Corbridge (Corstopitvm/Coria) und 13 km südlich von High Rochester (Bremenium), die nächstgelegene römische Festung an der Dere Street, die bis nach Melrose (Trimontium) und zum Antoninuswall führte. Sein Areal liegt in einer nördlichen Senke zwischen den Hügeln nahe dem Südufer des Rede, auf einem Feld westlich der heutigen A68 zwischen Corbridge und Jedburgh, wo die Straße den Fluss bei West Woodburn überquert. Im Südwesten fließt der Chesterhope Burn am Lager vorbei und unmittelbar nordwestlich in den Rede mündet. An dieser Stelle weicht die Trasse der antiken Dere-Street nach Westen von der A68 ab und trifft im Norden, nach etwa 3 km, wieder auf die A 68. Heute ist das Kastellareal fast 200 Meter vom Ufer des Rede entfernt, da sich sein Lauf über zwei Jahrtausende weiter nach NW verschoben hat. Ursprünglich stand es nur etwa 45 Meter vom Fluss entfernt. Der Fluss diente wohl auch als Wasserstraße von der aus das Kastell auch mit kleinen Frachtern der Classis Britannica versorgt werden konnte. Spuren einer Brücke konnten bislang nicht entdeckt werden. Über die Dere Street war das Kastell mit den Lagern von High Rochester, Dargves, Halton Chesters (Onnum), dem Walldurchgang am Portgate und dem Nachschubzentrum Corbridge verbunden.
Forschungsgeschichte und Fundspektrum
Teile des Kastells wurden während des 19. und 20. Jahrhundert ausgegraben. Bei Untersuchungen zwischen 1839 und 1842 wurden von Shanks die Reste des Kastellbades an der Südostecke und die des Lagerhauptquartiers im Zentrum der Festung entdeckt. Nahe des Badegebäudes wurde 1844 eine Bauinschrift geborgen und von John Bell abgezeichnet. Das Original ist seitdem verschollen. Das Lagerhauptquartier wurde bei Grabungen in den Jahren 1840, 1849 (Robson) und 1935 freigelegt. Dabei konnte die Bauinschrift der Steinbauphase aus dem Jahr 213 geborgen werden. Kenneth Sinclair St. Joseph fertigte in den 1980er Jahren Luftaufnahmen vom Kastellareal an. Bei Baumaßnahmen im Jahr 2004, konnte ein Bruchstück römerzeitlicher Keramik (sog. Black Coarse-Ware) aufgelesen werden. Zwischen 2009 und 2012 fanden geophysikalische Untersuchungen auf dem Kastellareal statt und enthüllten eine dichte Bebauung. Zusätzlich wurden Luftaufnahmen des Platzes angefertigt. Da das Kastellgelände nie modern überbaut wurde, dürfte eine größere archäologische Grabung noch eine Fülle von Erkenntnissen über dieses Bodendenkmal zutage fördern.[2]
Aus Risingham und seiner näheren Umgebung sind zahlreiche römische Inschriften bekannt. Der antike Ortsname ist auf zwei von ihnen angegeben; Ein undatierter Altar für den Gott Mogons und eine Widmung, die zu Beginn des dritten Jahrhunderts angefertigt wurde. Fünf Altäre waren u.a. dem obersten Staatsgott, Iupiter Optimus Maximus, gewidmet. Zwei dem Iupiter Dolichenus, drei der Fortuna, drei dem Herkules, zwei dem Mars, zwei dem Mogon und noch jeweils ein Altar für Diana, Cocidius, einer lokalen Gottheit, den Muttergöttinnen, den Nymphen und dem Genius des regierenden Kaisers. Einer der bemerkenswertesten Funde aus dem Umland des Kastells ist das Relief des sog. "Robin von Risingham", entweder die Darstellung eines keltischen Jagdgottes, die des römischen Gott des Waldes, Silvanus, oder des keltischen Gottes Cocidius. Es ist das einzige bekannte römerzeitliche Bildwerk in Northumberland, das aus einem Felsen gemeißelt wurde. Im Badehaus stieß man bei den Ausgrabungen von 1840 auch auf einen kleinen, aus 15 Münzen bestehenden Hortfund, die aus der Zeit von Gallienus (254) bis Claudius Gothicus (269) stammten.[3]
Entwicklung
Im Jahre 122 befahl Kaiser Hadrian, im Norden Britanniens eine Sperrmauer, verstärkt durch Wachtürme und Kastelle, vom Tyne bis zum Solway-Firth zu errichten, um die britischen Provinzen vor den ständigen Einfällen der Pikten aus dem Norden zu schützen. Der Wall wurde größtenteils durch Soldaten der drei in Britannien stationierten Legionen und der Classis Britannica errichtet. Fünf Kastelle (zwei davon sollten zusätzlich das Stammesgebiet der verbündeten Briganten sichern) lagen als Vorposten nördlich des Hadrianswalles.
Die Anfangsphase der römischen Besetzung Risinghams liegt noch im Dunkel der Geschichte verborgen; es tauchte bis heute kein Beweis dafür auf, dass das Kastell zur selben Zeit wie der Hadrianswall erbaut wurde. Eine erste Befestigung (Holz-Erde-Kastell) wurde von einer Bauvexillation der Legio VI - erst zwischen 139-140 (wie das Vorpostenkastell in High Rochester) - unter Kaiser Antoninus Pius errichtet. Wie eine diesbezügliche Bauinschrift annehmen läßt. Sie konnte bislang jedoch nicht exakt datiert werden. Bei den Ausgrabungen wurden an der Westmauer Keramikscherben aus dem frühen zweiten Jahrhundert geborgen. Wahrscheinlich diente es zur Sicherung der Okkupation der Central Lowlands bis zum Antoninuswall. Es dürfte schon am Ende des 2. Jahrhunderts (ca. 197) bei einem Einfall der nördlichen Stämme niedergebrannt und danach vorübergehend von seiner Besatzung verlassen worden sein (Ascheschicht an der Westmauer).
Unter Septimius Severus wurde die Region wieder befriedet, das Kastell mit einer Vangionenkohorte besetzt und in Stein komplett neu aufgebaut. Dies als ein Teil der großangelegten Wiederherstellungskampagne der Infrastruktur des Hadrianswalls zwischen 205 und 208. Die Festung wurde aber schon im späten 3. Jahrhundert wieder zerstört (vermutlich bei einem konzertierten Angriff der Caledonen und Maetaer im Jahre 296) und im frühen 4. Jahrhundert, um 306, erneut aufgebaut. Das Lager wurde - vermutlich gegen Ende des 4. Jahrhunderts (nach den Funden zu schließen zwischen 367-369) - wieder zerstört und danach endgültig aufgegeben. Dies könnte im Zuge des Rückzugs der Armee hinter die Hadriansmauer, der vielleicht schon im Jahre 312 begann (unter Konstantin I.), vonstatten gegangen sein. Vielleicht auch als ein Zugeständniss für einen Friedensvertrag, der mit den nördlichen Stämmen geschlossen wurde. Das römische Oberkommando war wohl damals zur Erkenntnis gelangt, dass eine militärische Präsenz so weit nördlich des Walls in keinem Verhältniss zum dem dafür notwendigen Aufwand an Material und Soldaten mehr stand. Spätestens am Ende dieses Jahrhunderts waren auch die anderen Vorpostenkastelle nicht mehr besetzt.
Im Mittelalter wurde in der Kastellruine eine Siedlung gegründet. Eine weitere Siedlung in Risingham wird 1604 von einer gewissen Elizabeth Swan erwähnt. Ihr letzter bekannter Bewohner wanderte im Jahre 1826 ab.[4]
Kastell
Das Steinkastell stand nicht exakt über den Grundmauern des alten Holz-Erde-Lagers und war nach Westen ausgerichtet. Der einzige heute noch oberirdisch sichtbare Rest sind zwei Steinreihen des Aufgehenden (innere Höhe von 0,5-1,2 Meter, äußere Höhe von 2,5-3,5 Meter) an der NO-Ecke und einige Abschnitte der Wehrgräben, die noch an drei Seiten (West, Süd und Ost) sichtbar sind. Sie stammen aus der Zeit des Septimius Severus, frühes 3. Jahrhundert. Der nordwestliche Teil des Nordwalls wurde vom Rede abgeschwemmt. Habitancum durchlief während seiner Nutzungsdauer mehrere Bauphasen. Das Kastell hatte einen langrechteckigen Grundriss mit abgerundeten Ecken, war nach NW ausgerichtet und maß 135 Meter von Norden nach Süden, 117 Meter von Osten nach Westen und bedeckte eine Fläche von knapp 1,6 Hektar. Es war von insgesamt vier Gräben umgeben. Die Kastellmauer bestand aus einem Erd- und Bruchsteinkern, verblendet mit sorgfältig behauenen Sandsteinquadern, die rückwärtig von einer aus Lehm aufgeschütteten Rampe verstärkt wurde (Breite 9 - 10 Meter). Sie diente gleichzeitig als Wehrgang. Stellenweise ist sie noch bis zu einer Höhe von 1,2 Metern erhalten (NO-Ecke).
Tore und Türme
Nachgewiesen werden konnten das Nord-, Süd- und das Westtor. Ihre Standorte sind anhand von 8 Meter breiten Lücken in der Mauer zu erkennen. Der Standort des Osttores konnte bislang nicht lokalisiert werden. Die Gräben davor konnten auf Erddämmen überquert werden. Eine Lücke in der Mitte des nördlichen Walles dürfte den Standort des Nordtores markieren. Solche Tore wurden normalerweise von zwei Türmen flankiert. Leichte Bodenerhebungen auf beiden Seiten des West- und Südtores markieren die Position der Tortürme. Das Südtor diente als Haupttor (porta praetoria), hatte aber nur einen Durchgang. Es wurde von zwei, aus der Mauer vorkragenden Türmen gesichert, die schon eher den Exemplaren der spätrömischen Militärarchitektur glichen. Der östliche Flankenturm dürfte einmal in sich zusammengebrochen sein und wurde danach wieder aufgebaut. Der Durchgang wurde später noch weiter verengt, sodass er nur mehr für Fußgänger passierbar war. Vom Westtor, das letztmalig im 4. Jahrhundert renoviert wurde, führte eine Straße über den Chesterhope Burn zur Dere Street.
Die Ecken des Kastells wurden durch innen angesetzte, rechteckige Türme gesichert. Heute sind von ihnen nur noch grasbewachsene Hügel zu sehen. Der Nordwest-Eckturm wurde durch eine Laufänderung des Rede zerstört. Die Mauern waren noch zusätzlich durch rechteckige, innen angesetzte Zwischentürme verstärkt. Von ihnen sind noch leichte Bodenerhebungen zu sehen.
Innenbebauung
Es sind nur wenige Details der Innenbebauung bekannt. Die Umrisse einiger Gebäude sind auf der Rasenfläche im Inneren des Lagers noch gut erkennbar. Die jüngste Interpretation dieser Überreste hat gezeigt, dass die Mehrheit aber wohl aus einer nachrömischen Nutzungsphase der Festung stammen. Die Datierung ist jedoch unsicher. Das Kastell verfügte sicher neben dem Lagerhauptquartier (principia) im Zentrum und dem Badegebäude (therme) in der SO-Ecke auch über die anderen für mittelkaiserzeitliche Lager standardmäßigen Gebäude: ein- oder zwei Getreidespeicher (horrea), Pferdeställe (stabula), wahrscheinlich bis zu 18 Mannschaftskasernen (centuria) und Werkstätten (fabricae). Die Principia des Steinkastells entstand (lt. der 1849 geborgenen Bauinschrift) um 213 und dürfte danach mindestens einmal, wahrscheinlich um 343, niedergebrannt sein. Danach wurde sie umgebaut und noch eine längere Zeit benutzt, wie starke Verschleißspuren auf den Böden und den Türschwellen induzieren. Wegen der stark exponierten Lage des Kastells stand auch das Badegebäude, trotz der hohen Brandgefahr, innerhalb der Mauern. Es wurde wahrscheinlich im späten 3. Jahrhundert zerstört, aber unter Konstantin I. zwischen 305-306 noch einmal renoviert. In seinen Mauern wurden zahlreiche wiederverwendete Steinfragmente (Spolien) entdeckt.[5]
Garnison
Habitancum war vermutlich vom 2. bis zum späten 4. Jahrhundert mit regulären römischen Soldaten besetzt. Es beherbergte während seines Bestehens mehrere Kohorten der Hilfstruppen (Auxilia). Welche Einheit als erstes dort stationiert war ist bis dato nicht bekannt. Der Name eines Feldzeichenträgers, (signifer), Julius Victor, kennt man von seinem Grabstein. Seine Einheit wurde darauf jedoch nicht angegeben. [6]
Folgende Einheiten stellten entweder die Besatzung des Kastells oder könnten sich für eine begrenzte Zeit dort aufgehalten haben:
Zeitstellung | Truppenname | Beschreibung |
---|---|---|
2. Jahrhundert n. Chr. | legio sextae Victrix („die sechste Legion, die Siegreiche“) | Legionäre wurden für gewöhnlich nicht zum Garnisonsdienst an der Grenze eingeteilt, sondern entsandten Spezialkräfte für die anspruchsvolleren Bauvorhaben am Hadrianswall. Die Anwesenheit von Angehörigen (Bautrupp) dieser Legion wird durch eine 1844 entdeckte Bauinschrift bestätigt. Hauptquartier der Legion war Eburacum (York).[7] |
3. Jahrhundert n. Chr ? | cohors quartae Gallorum equitata (die vierte Kohorte der Gallier, teilberitten). | Diese teilberittene Einheit wurde ursprünglich aus Stämmen der gallischen Provinzen, im heutigen Frankreich, rekrutiert. Die Kohorte ist auf mehreren Inschriften aus Chesterholm (Vindolanda) am Stanegate, sowie aus dem dritten und vierten Jahrhundert bekannt. Sie scheint auch in der Notitia Dignitatum auf; Die Einheit dürfte ab dem dritten Jahrhundert in Risingham gelegen haben. Die Truppe wird weiters auf zwei undatierten Grabsteinen aus Templeborough (South Yorkshire), das deren früherer Garnisonssort gewesen sein muss und ein paar - ebenfalls undatierbare - Weihealtäre aus Camboglanna (Castlesteads) am Hadrianswall. Im Fall von Risingham wird die Einheit noch auf einer anderen undatierten Inschrift (Altar?) und einem Grabstein erwähnt.[8] |
3. Jahrhundert n. Chr. | cohors primae Vangionum milliaria equitata (die erste Kohorte der Vangionen, teilberitten, 1000 Mann stark) | Eine weitere Garnisoneinheit des 3. Jahrhundert stellte eine Kohorte der Vangionen. Ein indigener Stamm der am Westufer des Oberrheins, um die heutige Stadt Worms und zwischen Mosel und der Saar siedelte. Diese Einheit wird auf insgesamt zwölf Inschriftensteinen aus Habitancum erwähnt. Einige konnten auf den Zeitraum zwischen 205-217 datiert werden. Laut einer Bauinschrift vom Südtor, wurde es zwischen 205 und 207 von dieser Einheit errichtet. Die Kohorte dürfte ursprünglich aus eintausend Mann bestanden haben. Es ist möglich, dass sie zur Zeit des Hadrian in zwei Vexillationen a' 500 Mann (quingenary) aufgeteilt wurde. Als weitere ihrer Stationierungsorte an der Nordgrenze sind die Wallkastelle von Chesters (Cilurnum) und Benwell (Condercum) bezeugt. Die Truppe wurde offensichtlich um die Mitte des dritten Jahrhunderts in Risingham wiedervereinigt. Aus den dort aufgefundenen Inschriften sind auch Name und Rang von einigen ihrer Kommandeure bekannt. Darunter die der Tribunen Julius Victor und Aemilius Ameilianus. [9] |
2. Jahrhundert n. Chr. | cohors secundae Nerviorum (die zweite Kohorte der Nervier) | Diese Einheit der gallischen Nervier wird nur auf einer einzigen - stark beschädigte - Inschrift aus Risingham erwähnt. Sie lag vorher in den Wallkastellen Segedunum (Wallsend), Brocolitia (Carrawburgh) und in Vindolanda (Chesterholm) am Stanegate.[10] |
3. Jahrhundert n. Chr. | numerus Exploratores Habitancenses (eine Schar Kundschafter) | Diese Einheit aus Irregulären wird in drei Inschriften erwähnt. Eine davon, eine Bauinschrift, konnte auf das Jahr 209 datiert werden. Demnach erbauten ihre Soldaten, zusammen mit Angehörigen der Vangionenkohorte und den Raeti Gaesati, das Südtor. Sie wurden im Zuge der caledonischen Feldzüge des Septimius Severus nach Habitancum verlegt. Laut einer Inschrift aus dem benachbarten Kastell von Bremenium (High Rochester) war auch dort eine Vexillation dieser Einheit stationiert. In der Notitia Dignitatum scheinen noch zwei weitere Exploratorieinheiten, in Lavatris (Bowes) und an der Sachsenküste, Kastell Portus Adurni (Portchester), auf.[11] |
3. Jahrhundert n. Chr. | Raeti Gaesati (rätische Speerwerfer) | Diese Soldaten wurden ursprünglich in der Provinz Raetia (heute Bayern, Schweiz und Österreich) rekrutiert und waren u.a. mit Wurfspeeren bewaffnet. Ihre Anwesenheit in Risingham ist durch mehrere Altarsteine und einer Bauinschrift aus der Principia (mit einer Widmung an Caracalla und seine Mutter Julia Domna) bezeugt. Einer davon wurde gemeinsam mit der Vangionenkohorte gestiftet. Ein anderes Inschriftenfragment, vermutlich einst Teil eines Altars, fand sich über einer Tür der Jedburgh Abtei, die nur wenige Kilometer von Risingham entfernt ist. Der Stein wurde wahrscheinlich aus dem Kastell dorthin verschleppt. Von ihm ist auch der Name und Rang eines ihrer kommandierenden Offiziere bekannt, der Tribun Julius Severinus. |
Marschlager
In der näheren Umgebung von Risingham standen auch drei temporäre Marschlager. Zwei davon befanden sich am Swine Hill, Flur Four Laws, etwa 4 km süd-südöstlich des Kastell Habitancum.
Swine Hill I
Kastell I lag direkt an der Dere Street, etwa 60 Meter westlich der heutigen Autostraße (Dere Street) und 4 km südöstlich des Kastells von Risingham. Das frühere (größere) der beiden Lager hatte einen quadratischen Grundriss, maß etwa 168 Meter (Ost-West) x 174 Meter (Nord-Süd) und bedeckte damit eine Fläche von 2,4 ha. Das Lager überdeckte im Osten die Trasse der Dere Street. Die Nordmauer ist noch bis zu einer Höhe von 0,5 Meter bis 0,9 Meter hoch erhalten. Die Tiefe des äußeren Wehrgraben variiert dort zwischen 0,2 Meter und 0,4 Meter. Die Ostmauer steht zum größten Teil noch bis zu 0,9 Meter hoch. Der Graben auf dieser Seite ist noch 0,2 Meter oder 0,4 Meter tief. Die Südmauer ist am besten erhalten und erreicht an einigen Stellen noch eine maximale Höhe von 1,1 m. Der Graben ist hier noch bis zu 0,4 Meter tief. Die Westmauer ist dagegen nur mehr 0,5 Meter hoch erhalten. Vom Graben ist dort nichts mehr zu sehen. An mehreren Stellen auf der Nord-, Süd- und Ostseite sind am Innenrand der Erdrampe kleine Ausbuchtung zu sehen, wohl eine Art Plattform. Sie messen 2,5 Meter im Durchmesser und sind noch bis zu 0,4 Meter hoch. Sieben von ihnen befinden sich südlich des Osttores. Wofür sie verwendet wurden ist noch unklar.Es verfügte über drei Tore, die durch eine Erdschanze (sog. clavicula) gesichert waren. Solche Lagereingänge konnten ab der Regierungszeit des Vespasian (69 bis 79 n. Chr.) nachgewiesen werden. Eine Verlängerung des Lagerwalls wurde dabei bogenförmig um den Toreingang geführt, um zu verhindern, dass Angreifer nicht direkt ins Lagerinnere vorstoßen konnten. Der Durchgang wurde zusätzlich durch eine Reihe von tribuli, hölzerne spanische Reiter, blockiert und streng bewacht. Sie lagen zentral an der Ost-, der Nord- und Südseite. Im Westen konnte keines nachgewiesen werden. Auch sie sind außerordentlich gut erhalten; Das Erdwerk des Nord- und Südtors steht noch bis zu einer Höhe von 0,8 Meter. Die des Osttors erreicht noch eine Höhe von 0,7 Meter.[12]
Swine Hill II
Das zweite Lager war in der nordöstlichen Ecke von Swin Hill I eingebaut worden. Die Verteidigungswälle des Vorgängerbaues wurden dafür im Norden und Osten wiederverwendet. Die Wälle waren allerdings sehr viel schwächer konstruiert und teilweise noch bis zu einer Höhe von 0,4 Meter hoch erhalten. Die Abmessungen dieses Lagers betrugen etwa 60 x 60 Meter, es bedeckte damit eine Fläche von 0,3 ha. An der Deere Street wurde auch ein römischer Meilenstein aus dem 4. Jahrhundert, aus der Regierungszeit des Galerius (305-311), südlich der Marschlager bei Waterfalls, entdeckt. Es hatte nur zwei Tore, sie durchbrachen beide den östlichen Wall und waren als sog. Titulumtore ausgeführt. Charakteristisch für solche Tore sind ein zusätzlich aufgeworfener Erdwall mit einem (noch 0,3 Meter tiefen) Spitzgraben vor dem Eingang. Das Südtor ist am besten erhalten geblieben. Sein Erdwerk erreicht noch eine Höhe von 0,4 Meter, der davorliegende Graben ist noch 0,2 Meter tief. An den anderen Seiten der Befestigung scheint es keine Tore gegeben zu haben.[13]
West Woodburn
Dieses Marschlager befand sich 1,6 km nordöstlich des Kastells auf einem Acker bei West Woodburn im Taleinschnitt von Redesdale. Es wird an drei Seiten vom Fluß Rede umflossen. Nachgewiesen werden konnte nur der Verlauf der Nord-, West- und Ostseite, zusammen mit der nordöstlichen, südöstlichen und nordwestlichen Ecke. Der südwestliche Teil des Lagers wurde durch die jahrhundertelange landwirtschaftliche Nutzung des Areals zerstört. Das Lager bedeckte mutmaßlich eine Fläche von 11 ha. Vermutlich waren dort an die dreitausend Mann untergebracht. Es scheint ebenfalls einen standartmäßigen quadratischen Grundriss mit abgerundeten Ecken (Spielkartenform) gehabt zu haben. Betreten konnte man es durch zwei Tore, zentral am Nord- und Ostwall gelegen und in Titulumbauweise ausgeführt. Der noch am besten erhaltene Nordabschnitt hat eine Länge von ca. 6,7 Meter.[14]
Vicus und Gräberfeld
Die Existenz einer Zivilsiedlung und eines Gräberfelds außerhalb des Kastells wird durch die Entdeckung von sieben Grabsteinen bestätigt. Sie wurden für Zivilisten und Soldaten gesetzt. Die Siedlung umgab das Lager vermutlich im Westen, Osten und Süden, wurde aber bis dato nicht erforscht.[15]
Siehe auch
Literatur
- John Collingwood Bruce: Roman Wall. Harold Hill & Son, 1863, ISBN 0-900463-32-5.
- Frank Graham: The Roman Wall, Comprehensive History and Guide. Frank Graham 1979, ISBN 0-85983-140-X.
- Chris Scarre: Chronicle of the Roman Emperors. Thames & Hudson, London, 1995.
- Albert Rivet, Colin Smith: Place Names of Roman Britain. Batsford, London, 1979.
- R.G. Collingwood, R.P. Wright: The Roman Inscriptions of Britain. Vol.1, Inscriptions on Stone, Oxford 1965.
- Shepard Frere, John K. St Joseph: Roman Britain from the Air, 1983.
- Anne Johnson: Roman Forts. 1983, S. 287.
- Ian Alexander Richmond: Northumberland County History, XV, darin The Romans in Redesdale, 1940, S. 106-115.
- Archaeologia Aeliana: or miscellaneous tracts relating to antiquity. Nr. 13.
- Humphrey Welfare, Vivien Swan: Roman camps in England: the field archaeology. 1995.
- A.J. Berggren: Ptolemy's Geography. Princeton University Press, 2000.
- David J. Breeze: Roman Forts in Britain. Shire Archaeology, Oxford 2002.
- David J. Breeze: The Frontiers of Imperial Rome. Pen and Sword Books Ltd, Barnsley 2011.
- Duncan Campbell: Roman Auxiliary Forts 27BC-AD378. Osprey, Oxford 2009.
- H. Davies: Roman Roads in Britain. Shire Archaeology, Oxford 2008.
- Nick Fields: Rome’s Northern Frontier AD 70-235. Osprey, Oxford 2005.
- R. Hobbs, R. Jackson: Roman Britain. British Museum Company Ltd., London 2010.
- J. Waite: To Rule Britannia. The History Press, Stroud 2011.
- Guy de la Bédoyère: Hadrian’s Wall: history and guide, Tempus, 1998, ISBN 0-7524-1407-0.
- Jann Le Bohec: Die römische Armee. Nikol 2009, ISBN 978-3-86820-022-5.
- Kate Gilliver: Auf dem Weg zum Imperium. Die Geschichte der römischen Armee. Nikol 2007.
Anmerkungen
- RIB = Roman inscriptions in Britain
- ↑ RIB 1225, RIB 1235, R&C Nr.184, Rivet/Smith, S. 361-362
- ↑ Frere/St.Joseph 1983, S. 119 und 121.
- ↑ RIB 1208, RIB 1209, RIB 1212, RIB 1215, RIB 1221, RIB 1224, RIB 1225, RIB 1228, The Gentleman's Magazine, Bände 169-170, F. Jeffries 1841, S. 135.
- ↑ RIB 1239 RIB 1241, Archaeologia Aeliana: or miscellaneous tracts relating to antiquity, Nr. 13, S. 182-183 und 186-195, Bedoyere 1998, S. 120.
- ↑ Archaeologia Aeliana, Nr. 13, S. 182-183, S. 186-195, RIB 1235.
- ↑ RIB 1247
- ↑ RIB 1239
- ↑ RIB 1227 Altar?, RIB 1249 Grabstein
- ↑ Bedoyere 1998, S. 20, RIB 1215 RIB 1216 Altar?, RIB 1217, RIB 1230, RIB 1231, RIB 1234 (205-208), RIB 1235 (209-213), RIB 1241, RIB 1242, RIB 1243, RIB 1261a
- ↑ RIB 1303, RIB 1538
- ↑ RIB 1235, RIB 1243, RIB 1262 (238-244).
- ↑ Welfare/Swan 1995, S. 130-131.
- ↑ RIB 2293 (305-311), Welfare/Swan 1995, S. 130-131.
- ↑ Jann Le Bohec 2009, Abb. 25b, Kate Gilliver S. 93, Welfare/Swan 1995, S. 133.
- ↑ RIB 1246, RIB 1247,RIB 1248, RIB 1249, RIB 1250, RIB 1251, RIB 1254
Weblinks
- Roman Inscriptions of Britain (englisch)
- Habitancum auf ROMAN BRITAIN
- Risingham auf Castles Forts Battles
- Kastell Habitancum auf PASTSCAPE
- Kastell Habitancum auf HISTORIC ENGLAND
- Risingham Roman Fort (Habitancum)
- ADS: Habitancum Roman fort and medieval settlement
- Lage Habitancum auf Vici.org.
- Luftaufnahme Kastellareal
- Namensgebung