Zum Inhalt springen

Rudolf Koch (Schriftkünstler)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Juli 2017 um 14:14 Uhr durch Offenbacherjung (Diskussion | Beiträge) (Änderung 167695377 von 217.243.246.211 rückgängig gemacht; kein Beleg für anderes Jahr). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Wohnsitz von Koch in Offenbach

Rudolf Koch (* 20. November 1876 in Nürnberg; † 9. April 1934 in Offenbach am Main) war ein Typograf, Grafiker, Kalligraf, Buchgewerbezeichner und Ziseleur.

Leben

Rudolf Koch erlernte im Alter von sechzehn Jahren in einer Metallwarenfabrik in Hanau das Ziselieren. Parallel dazu besuchte er die dortige Zeichenakademie. Es folgte der Besuch der Kunstgewerbeschule in Nürnberg und der Technischen Hochschule in München. Nach einer Anstellung als Zeichner und Maler in Leipzig und einem Aufenthalt in London gelangte Rudolf Koch zum Druckgewerbe, wo er seinen wahren Beruf sah.

Im Jahre 1906 trat Koch in die Rudhardsche Gießerei (später Gebr. Klingspor) in Offenbach ein. Wegweisende Schriftarten wie die Kabel wurden hier von ihm entworfen. Einige seiner Entwürfe wurden aber erst nach seinem Tod vollendet. Hugo Eberhardt holte ihn an die heutige Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main, wo 1933 eine aufwendig gestaltete und produzierte Deutschlandkarte entstand. Eine Freundschaft verband ihn mit der Firma Heintze & Blanckertz, für deren Zeitschrift „Die zeitgemäße Schrift – Zeitschrift für Schrift- und Formgestaltung“ er regelmäßig schrieb. Diese veröffentlichte auch Bücher von ihm. Als Grafiker war Koch auch für den Insel Verlag tätig. Karl Friedrich Lippmann porträtierte Rudolf Koch in einem Holzschnitt.

Kochs Kinder eröffneten im Haus Fürsteneck in Frankfurt die Werkstatt Haus zum Fürsteneck, wo zahlreiche Werke Rudolf Kochs verlegt wurden.

Werk

Kunstblatt von Rudolf Koch

Kochs Bemühungen bezogen sich auch auf die Erneuerung der deutschen Schreibschrift, die in der gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts vorherrschenden Form der Deutschen Kurrentschrift formal erstarrt und schwierig zu schreiben war. Im Gegensatz zu Ludwig Sütterlin, der seine Sütterlinschriften unter dem Aspekt der leichten Erlernbarkeit für Schulkinder entwickelt hatte, hat Koch mit seiner Offenbacher Schrift eine ausdrucksstarke Charakterschrift geschaffen.

Über die Frakturschrift schrieb Koch einmal: „Wie dunkler Tannen würziger Harzduft, wie wenn die Amsel weithin durch den Abend ruft, wie des Wiesengrases leichtschwankende Zierlichkeit, herrlichste, deutscheste Schrift, so lieben wir dich seit langer Zeit“.[1] Ein anderes Mal beschrieb er sie als „eines der schönsten und ehrwürdigsten Denkmäler des deutschen Volksgemütes“.[2]

Neben der Entwicklung von Schriften galt Kochs Interesse der Erneuerung des kirchlichen Kunsthandwerks. Er entwarf Leuchter, Paramente, Abendmahlsgeräte und andere Objekte für Kirchenausstattungen. In besonderer Weise profitierte hiervon die Offenbacher Friedenskirche, deren Gemeindemitglied und Kirchenvorsteher er war.[3] Sein Stil und die von ihm zuerst 1923 im Zeichenbuch (Neuauflage 1984: Insel-Bücherei 1021/2) vorgestellten Symbole waren bis in die späten 1960er-Jahre so beherrschend, dass es kaum eine evangelische Kirche in Deutschland gab, in der nicht irgendein Ausstattungsstück von Kochs Stil beeinflusst war.

Zusammen mit Fritz Kredel und Berthold Wolpe (Holzschnitte) und unter Einbeziehung weiterer Schüler arbeitete Koch (Kalligraphie) bis 1933 an einer großformatigen Karte von Deutschland und den angrenzenden Gebieten, die bei H.F. Jütte im Sechs-Farben-Druck hergestellt wurde und die 1935 im Leipziger Insel Verlag erschien.

Bekannte Schüler

Schriften von Rudolf Koch

Gebrochene Schriften von Rudolf Koch
Runde Schriften von Rudolf Koch

Gebrochene Schriften

  • Koch-Fraktur (1910–1921)
  • Frühling (1914)
  • Maximilian (1914)
  • Deutsche Zierschrift (1921)
  • Deutsche Anzeigenschrift (1923)
  • Wilhelm-Klingspor-Schrift (1926)
  • Jessen-Schrift (1929)
  • Wallau (1930)
  • Neu-Fraktur (1934)
  • Deutsche Werkschrift (1934)
  • Koch-Kurrent (1935), nach Kochs Handschrift
  • Offenbach (1936), von Friedrich Heinrichsen fertiggestellt
  • Claudius (1937), von Paul Koch fertiggestellt

Runde Schriften

  • Koch-Antiqua (1922)
  • Neuland (1923)
  • Kabel (1927)
  • Zeppelin (1929)
  • Prisma (1930)
  • Holla (1932)
  • Stahl (1933), von Hans Kühne fertiggestellt
  • Marathon (1938)

Ausstellung

  • 2011: Im Glauben an das Exquisite – Siegfried Guggenheim (1873–1961) – Ein jüdischer Mäzen der Buch- und Schriftkunst. Klingspor-Museum, Offenbach[4]

Gedenken

Die Gedenktafel am Haus Buchrainweg 29 in Offenbach

In Offenbach am Main gibt es direkt neben der Hochschule für Gestaltung (HfG) ein Gymnasium, das seinen Namen trägt. An seinem Wohnhaus am Buchrainweg wurde eine Gedenktafel angebracht, die von Karlgeorg Hoefer entworfen wurde.

Werke

  • (ohne Verfasserangabe hrsg. von der Offenbacher Werkstatt): Das ist das Zeichenbuch, welches viele Arten von Zeichen und Sinnbildern enthält, wie sie im deutschen Volk gekannt und angewendet wurden von Handwerkern und Kaufleuten, von Steinmetzen und Apothekern, von Astronomen und anderen weisen Männern und in der heiligen christlichen Kirche und im christlichen Leben zur Ehre Gottes unseres Vaters im Himmel. Offenbach am M.: Gerstung 1923
  • Das Zeichenbuch. Welches alle Arten von Zeichen enthält, wie sie gebraucht worden sind in den frühesten Zeiten, bei den Völkern des Altertums, im frühen Christentum und im Mittelalter. Mit Hilfe von Freunden gesammelt, gezeichnet und erläutert. [Die Zeichen wurden von Fritz Kredel in Holz. geschnitten] 2. bedeutend erweiterte Auflage Offenbach am M.: Gerstung 1926; Leipzig: Insel-Verlag 1936 [Der Abschr. über die Runen wurde von Friedrich von der Leyen bearbeitet]; Nachdruck: Frankfurt/Main, Insel (Insel-Bücherei, Nr. 1021), 1985; 2. Auflage dieser Ausgabe 1986 ISBN 3-458-19021-X
US-amerikanische Ausgabe The Book of signs. New York: Dover 1955
dänische Ausgabe: Gamle tegn og symboler. [København]: Notabene 1972
finnische Ausgabe: Merkkien kirja. Helsingissä: Otava 1984
  • Die Offenbacher Schrift. Eine Anweisung zum Schreiben einer deutschen und einer lateinischen Schrift von Rudolf Koch. Heintze & Blanckertz, Berlin 1928.
  • Rudolf Koch, Die Kriegserlebnisse des Grenadiers Rudolf Koch, mit einem Selbstbildnis. Insel-Verlag, Leipzig, 1934.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach Peter Rück: Die Sprache der Schrift – zur Geschichte des Frakturverbots von 1941, in: Jürgen Baurmann/Hartmut Günther/Ulrich Knoop (Hrsg.): homo scribens. Perspektiven der Schriftlichkeitsforschung, Tübingen, Niemeyer 1993, S. 232.
  2. Zitiert nach Wolfgang Neuloh: Der Schriftenstreit von 1911, in: Die deutsche Schrift, 1981, S. 6.
  3. Die Glocken der Friedenskirche. Auf: plan-becker.de, abgerufen am 18. November 2013.
  4. Jüdisch-christliche Weggemeinschaft, in FAZ vom 24. August 2011, Seite 41
Commons: Rudolf Koch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien