Ernest Shackleton

Ernest Henry Shackleton (*15. Februar 1874; †5. Januar 1922) war ein im County Kildare, Irland geborener, britischer Polarforscher. Bis heute berühmt ist er vor allem durch die 1914 bis 1916 durchgeführten Antarktis-Expedition, die unter seiner Leitung stand. Die Expedition scheiterte vollkommen; dank Shackletons Leistung gelang es jedoch, alle Männer dieser Expedition zu retten.
Expedition Discovery (National Antarctic Expedition)
Auf Betreiben seines damaligen Freundes Edward Adrian Wilson nahm Shackleton, ein Offizier der britischen Handelsmarine, 1901 an Robert Falcon Scotts erster Expedition in die Antarktis mit dem Schiff Discovery teil. Offizieller Name dieser Expedition war "National Antarctic Expedition". Sie war von der britischen Royal Geographic Society organisiert. Scotts Expedition war die erste, die die Rossmeer durchfuhr und das Ross-Schelfeis erreichte.
Während dieser Expedition versuchten Scott, Edward Wilson und Ernest Shackleton 1902, mit Schlitten den Südpol zu erreichen. Dieser Versuch stand jedoch von Beginn an unter einem schlechten Stern. Alle drei hatten wenig Erfahrungen mit dem Überleben in antarktischen Bedingungen - Shackleton soll zu diesem Zeitpunkt weder Erfahrung mit dem Errichten eines Zeltes gehabt haben noch jemals in einem Schlafsack geschlafen haben -, Lebensmittel waren unzureichend geplant und Scott setzte Schlittenhunde ein, ohne dass sie ausreichend Erfahrung mit dem Umgang mit Schlittenhundgespann hatten. Scott, Wilson und Shackleton erreichten am 31. Dezember 1912 den südlichsten Punkt ihrer Reise - immer noch 480 Meilen vom Pol entwickelt. Während der mühsamen Rückkehr zurück zum Ausgangslager erkrankte Shackleton an Skorbut und Wilson litt zeitweise an Schneeblindheit.
Scott schickte 1903 noch während der Fortdauer der Expedition Shackleton zurück nach England, obwohl sich Shackleton zu diesem Zeitpunkt von seiner Skorbuterkrankung nahezu vollständig erholt hatte. Diese Entscheidung hat immer wieder Anlass zu Spekulationen gegeben. Es gibt Hinweise, dass Scott Shackletons große Popularität innerhalb des Expeditionsteams neidete und dass die Skorbuterkrankung für Scott nur ein willkommener Anlass war. Andere verweisen darauf, dass Shackleton im Gegensatz zu den meisten Expeditionsteilnehmer, die alle zur Britischen Kriegsmarine ("Royal Navy") gehörten, ein Mitglied der wenig angesehenen Handelsmarine war und dass dies dazu beigetragen haben mag, dass Scott nicht zu den Expeditionsteilnehmern gehörte, die einen zweiten antarktischen Winter erleben durften. Möglicherweise war Scott auch nicht in der Lage, die ungewöhnlichen Qualitäten von Shackleton zu erkennen.
Expedition Nimrod (British Antarctic Expedition)
Zurück in England organisierte Shackleton die "British Antarctic Expedition, die in der Zeit von 1907 bis 1909 stattfand und die nach dem verwendeten Schiff auch "Nimrod Expedition" genannt wird.. Hauptziel war die Erreichung des Südpols. Shackleton errichtete sein Basiscamp auf der Ross Island bei Kap Royds, nur 20 Meilen nördlich von Scotts Basiscamp während der Expedition Discovery. Aufgrund der schlechten Erfahrungen, die Shackleton während der Expedition Discovery mit Schlittenhunden gesammelt hatte, setzte er jetzt mantschurische Ponies ein, die sich jedoch gleichfalls als wenig geeignet erwiesen.
Die Leistungen dieser Expedition umfassten den Erstbestieg von Mount Erebus, dem aktiven Vulkan auf der Ross Insel; die Lokalisierung des magnetischen Südpols durch Douglas Mawson, David und MacKay am 16. Januar 1909 sowie die Entdeckung der Beardmore Gletscher Passage. Wiederum versuchte Shackleton - diesmal gemeinsam mit Wild und Adams - den Südpol zu erreichen. Shackleton entschied sich jedoch aus Vernunftsgründen nur 156 km vom Südpol entfernt umzukehren - eine Entscheidung, die heute noch als bemerkenswert eingestuft wird. Drei Jahre lang gebürte Shackleton die Ehre, derjenige zu sein, der am weitesten nach Süden vordrang. Die von ihm gefällte Entscheidung, noch vor Erreichen des Südpols umzukehren, begründete er mit der Aussage: "Better a live donkey than a dead lion."
Expedition Endurance (Imperial Trans-Antarctic Expedition)
1913 erschien in der Londoner Times eine Anzeige, die zu den berühmtesten in der Geschichte dieser Zeitung zählt: "Men wanted for hazardous journey. Small wages. Bitter cold. Long months of complete darkness. Constant danger. Safe return doubtful. Honour and recognition in case of success."
Am 1. August 1914, drei Tage bevor Großbritannien Deutschland den Krieg erklärte, startete die Endurance, Shackletons neues Expeditionsschiff von den Docks Londons Richtung Antarktis. Offizieller Name der Expedition war "Imperial Trans-Antarctic Expedition". Ehrgeiziges Ziel war es, die Antarktis zu überqueren. Dazu wurde ein Teil des Expeditionsteams am Ross-Schelfeis abgesetzt mit der Aufgabe, für den anderen Teil des Expeditionsteams, die von der Weddell-Meer aus die Antarktis überqueren wollten, Lebensmitteldepots anzulegen. Als die Endurance jedoch die Wedell See erreichte, wurde sie im Januar 1915 vom Packeis "wie eine Mandel in einem Stück Schokolade" eingeschlossen und letztendlich vom Packeis zerstört. Shackleton und seiner Besatzung blieb nichts anderes übrig, als auf dem Treibeis auszuharren, bis sie das offene Meer erreichten.
Nach monatelangem Ausharren war das offene Meer erreichbar und sie setzten mit drei von der Endurance geretteten Rettungsbooten in einer wagemutigen, sechstägigen Reise zur unbewohnte Elephant Island über. Am 16. April 1916 landeten sie auf dieser Insel, die zu den südlichen Shetlandinseln gehörte. Es bestand keinerlei Chance, dass sie von dieser Insel zufällig gerettet würden und der antarktische Winter stand kurz bevor. So entschied sich Shackleton für den Versuch, mit fünf seiner Männer und dem am wenigsten beschädigten Rettungsboot, der James Caird, die 700 Meilen entfernte Walstationen auf Südgeorgien zu erreichen. In einer seemännischen und navigatorischen Meisterleistung gelang es Shackleton und dem Kapitän der Endurance, Frank Worsley mit dem 6,7 Meterlangen Boot, dessen Bootswände angeblich niedriger waren als die Wände eine Badewanne, nach 15 Seetagen Südgeorgien zu erreichen. Sie landeten jedoch an der unbewohnten Küste dieser Insel, so dass dieser unglaublichen Reise ein ebenso unglaublicher Gewaltmarsch von Shackleton und zwei seiner Begleiter über den Bergrücken der Insel folgte. Sie mußten dazu Gletscher und Berge überqueren, die noch nie zuvor bestiegen wurden und benötigten für die 30 Meilen 36 Stunden. Die 22 Männer, die auf Elephant Island verblieben waren, konnten alle dank Shackletons Einsatz am 30. August 1916 vom chilenischen Schiff "Yelcho" gerettet werden. Im Dezember des selben Jahres startete Shackleton selbst mit einem neuen Schiff von Südgeorgien aus, um die Expeditionsteilnehmer zu erreichen, die vom Ross Schelfeis aus Nahrungsmitteldepots aus angelegt hatten.
Shackleton starb während einer geplanten Antarktisumrundung an Bord eines Schiffes, das in Südgeorgien vor Anker lang, an einem schweren Herzanfall. Er wurde in Grytviken, dem einzigen Ort in Südgeorgien, begraben.
Shackleton zählt zu den bedeutendsten Forschern und Entdeckern des "heroischen Zeitalters" der Polarforschung.
Literatur
- Caroline Alexander: Die Endurance. Shackletons legendäre Expedition in die Antarktis, Berlin-Verlag 2000 (ISBN 3827003962)
- Ernest Shackleton: Südpol - 365 Tage im ewigen Eis, Lübbe GmbH 2000 (ISBN 3404145097)
- Alfred Lansing: 635 Tage im Eis, Bertelsmann München 2002 (ISBN 3570300609)