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Erbe (Deutschland)

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Der Erbe ist nach der in Deutschland geltenden Legaldefinition des § 1922 BGB derjenige, dem im Erbfall das Vermögen des Erblassers (der Nachlass) als Ganzes entweder alleine oder zusammen mit anderen zufällt.

Der Erblasser kann gem. § 2100 BGB einen Erben auch in der Weise einsetzen, dass dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe geworden ist (Nacherbe).

Von 2013 bis 2020 wird voraussichtlich ein Drittel des deutschen Privatvermögens auf die nächste Generation vererbt.[1]

Sachfeststellungen

Erlangung der Erbenstellung

Erbe wird man entweder durch

Wer Erbe ist, stellt das Nachlassgericht im Rahmen der Testamentseröffnung fest. Das Ergebnis dieser Feststellung ist der Erbschein, mit dem der Erbe sich als neuer Eigentümer ausweisen kann.

In Deutschland versterben jährlich etwa 60.000 Menschen ohne Testament und ohne bekannten Erben. Können amtliche Nachlasspfleger in solchen Fällen keinen Erben finden, werden Erbenermittler beauftragt, die etwa ein Viertel bis ein Drittel des Erbes als Honorar erhalten.[1]

Die rechtliche Stellung des Erben

Allgemeines

Der Erbe erhält das Vermögen des Erblassers. Er wird dessen Rechtsnachfolger. Nur wenige Rechtspositionen sind nicht vererblich (so z. B. der Arbeitsvertrag als höchstpersönliche Verpflichtung zwischen dem Arbeitgeber und dem Verstorbenen).

Erbschaftsausschlagung

Der Erbe hat die Möglichkeit, das Erbe innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls auszuschlagen (§ 1944 BGB). Versäumt der Erbe diese Frist, gilt das Erbe als angenommen. Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland oder hielt sich der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland auf, beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Monate.

Die Erbausschlagung muss öffentlich beglaubigt werden. Sie kann entweder unmittelbar gegenüber dem Nachlassgericht oder in einem Notariat erteilt werden, das dann die Ausschlagungserklärung unverzüglich an das Nachlassgericht weiterzuleiten hat. Wirksam wird die Ausschlagung erst mit Eingang beim zuständigen Nachlassgericht; dieser Zeitpunkt ist auch für die Wahrung der Ausschlagungsfrist maßgeblich.

Es entstehen Kosten aus dem anteiligen Wert des reinen Nachlasses gemäß § 103 Abs. 1 GNotKG in Höhe von 0,5 gemäß Gebührennummer 21201 Nr. 6 und 7 der Anlage 1 zum GNotKG. Wird die Ausschlagungserklärung bei einem Notar abgegeben, fällt zusätzlich die gesetzliche Umsatzsteuer an.

Das Ausschlagungsrecht entfällt nach Annahme der Erbschaft. Diese kann durch schlüssiges (konkludentes) Handeln oder Beantragung eines Erbscheins erfolgen.

Bei irrtümlicher Annahme, Ausschlagung oder Säumnis der sechswöchigen Frist (=Annahme) verbleibt dem Erben unter Umständen die Möglichkeit der Anfechtung des Erbanfalls (in der Praxis wichtigster Fall ist die Verkennung der Überschuldung des Nachlasses), § 1954 BGB.

Haftung des Erben

Nach § 1967 BGB haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten. Allerdings hat der Erbe die Möglichkeit, die Haftung im Wege des Nachlassinsolvenzverfahrens, der Nachlassverwaltung oder des Ausschlusses einzelner Nachlassgläubiger in einem Aufgebotsverfahren zu beschränken.

Die Forderungen von anderen Vermächtnisnehmern an den Erben müssen im Streitfall allerdings zivilrechtlich durchgesetzt werden; das Nachlassgericht ist dafür nicht zuständig.

Ansprüche des Erben

Da der Erbe Rechtsnachfolger des Erblassers ist, kann er sämtliche Forderungen des Erblassers dritten Personen gegenüber geltend machen. Weiterhin hat der Erbe nach § 2018 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses von denjenigen Personen (Erbschaftsbesitzern), welche die Vermögensgegenstände besitzen.

Siehe auch

Wiktionary: Erbe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Sabrina Keßler: Jäger des verlorenen Schatzes. In: Handelsblatt. Nr. 175, 11. September 2013, S. 32.