Zum Inhalt springen

Audi quattro

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Mai 2006 um 18:05 Uhr durch Timmäää (Diskussion | Beiträge) (Varianten). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Audi
Audi quattro
Hersteller: Audi
Produktionszeitraum: 1980 bis 1991
Klasse: Sportcoupé
Motoren: 2,1 Liter Ottomotor mit Turboaufladung, 147 bis 161 kW
Basismodell:
Länge: 4404 mm
Breite: 1723 mm
Höhe: 1344 mm
Gewicht: 1335 kg
Vorgängermodell: Keins
Nachfolgemodell: Audi Coupé S2
Ähnliche Modelle: Audi Coupé

Der Audi quattro, auch Urquattro genannt, ist ein sportlicher Pkw der Marke Audi, der gut zehn Jahre lang hergestellt wurde. Mit 11.452 gebauten Einheiten war er das erste in großen Stückzahlen produzierte Straßenfahrzeug mit einem permanenten Allradantrieb. Obwohl dies unter den Liebhabern des Originals eher umstritten ist, empfahl Audi später selbst, das Audi Coupé S2 als den legitimen Nachfolger des Urquattro anzusehen.

Das Wort quattro (ital. für vier) wird immer durchgehend in Kleinbuchstaben geschrieben. Auch das Original-quattro-Logo zeigt ausschließlich Minuskeln.

Entstehung

Bei Testfahrten in Skandinavien im Jahr 1977, bei denen Audi-Limousinen erprobt werden sollten, stellte Versuchsleiter Jörg Bensinger fest, dass das Begleitfahrzeug mit dem er fuhr, ein allradangetriebener VW Iltis (Geländewagen, potentieller Nachfolger des DKW Munga für die Bundeswehr) mit 55 kW (75 PS) unter den winterlichen Bedingungen das weitaus schnellste Fahrzeug der Versuchsflotte war.

Nach seiner Rückkehr berichtete er Ferdinand Piëch, damals Vorstand der Fahrzeugentwicklungsabteilung bei Audi, von seinen Erlebnissen. Er überzeugte ihn, mit einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern einen Prototypen mit Fünfzylinder-Turbomotor und Allradantrieb auf Basis des Audi 80 herstellen zu lassen.

1978 war dieser Prototyp mit 118 kW (160 PS) soweit entwickelt, daß er dem Vorstand von VW präsentiert werden konnte, welcher das grüne Licht zum Bau eines Serienfahrzeuges geben musste. Diese Präsentation fand während eines Test in Österreich statt, bei welchem Winterreifen und Schneeketten auf einer verschneiten, steilen Steigung an anderen Fahrzeugen getestet werden sollten. Der quattro-Prototyp meisterte die Steigung ohne Probleme – auf Sommerreifen.

Im Sommer 1978 fand eine weitere Vorführung statt, bei der der quattro-Prototyp eine steile, stark gewässerte Wiese hinauffahren sollte. Von allen zur Verfügung stehenden Vergleichsfahrzeugen bei diesem Test konnte die Aufgabe nur vom quattro-Prototyp bewältigt werden. Kurze Zeit später gab der VW-Vorstand grünes Licht für den Bau.

Im Februar 1979 wurde ein weiterer Prototyp als Audi 80 getarnt vorab einigen internationalen Journalisten in Turrach, Österreich, vorgestellt. Unter ihnen befand sich auch Paul Frère. Zur Verfügung standen zwei winterbereifte Fahrzeuge mit Frontmotor und Heckantrieb und ein Audi 100 mit Frontmotor und Frontantrieb. Während Frère bei Fahrversuchen mit den Limousinen an der schneebedeckten Steigung nur etwa 150 Meter weit kam, mußte er im quattro-Prototyp sogar das Gas zurücknehmen, weil die erreichte Geschwindigkeit für diese Strecke zu hoch war. Oben angekommen wendete er, fuhr zurück und wurde von Entwicklungsingenieur Walter Treser gefragt, ob er den Versuch noch mal auf Winterreifen durchführen möchte. Wieder hatte das Fahrzeug lediglich Sommerreifen aufgezogen.

Bei einem weiteren Versuch an diesem Tag – diesmal war das Fahrzeug mit Winterreifen ausgestattet – hielt Frère auf einer enormen Steigung von 28%, welche eine dicke Schneeschicht aufwies an und fuhr ohne Probleme weiter. Das Erlebte schien ihn so beeindruckt zu haben, dass er ein Buch über den Audi quattro verfasste und seine Erlebnisse dort niederschrieb.

Im März 1980 wurde der Audi quattro auf dem Genfer Auto-Salon der Öffentlichkeit präsentiert. Von der Fachpresse wurde das Fahrzeug weltweit unter Verwendung zahlreicher Superlative als Sensation gefeiert.

Karosserie

Die Karosserie des Audi quattro basierte auf der des Audi Coupé. Das Audi Coupé wiederum war ein geänderter Audi 80 mit zwei Türen und Schrägheck. Der Audi quattro unterschied sich rein äußerlich vom Audi Coupé durch verbreiterte Kotflügel, voluminösere Stoßfänger und einen Heckspoiler. In den letzten Baujahren wurde die Karosserie teilverzinkt.

Technik

Der Urquattro erhielt einen permanenten Vierradantrieb mit mittlerer und hinterer Differenzialsperre. Je nach Baujahr konnte man beide oder nur die hintere Sperre manuell über zwei Klauenkupplungen ein- und ausschalten. Dies geschah anfänglich noch über Seilzüge, später auf elektronischem Wege. So war dieses Fahrzeug bestens für Winterfahrten oder für anderweitige schwierige Einsätze auf glatten Fahrbahnen (Regen, Schmutz, Herbstlaub usw.) geeignet.

Der quattro wurde im Laufe der Jahre weiter überarbeitet, insbesondere wurde sein Allradsystem später mit einem automatischen Sperrdifferenzial noch etwas verfeinert.

Motoren

Es gab für dieses Fahrzeug unterschiedliche Motorvarianten, alle quattros besaßen aber einen Fünfzylinder-Reihenmotor mit Abgasturbolader.

  • Audi quattro (1980): 2,1-Liter-Motor mit 147 kW/200 PS
  • Audi quattro 20V (1989): 2,2-Liter-Motor mit 162 kW/220 PS, vier Ventile pro Zylinder (daher "20V").
  • Audi Sport quattro (1983): 2,1-Liter-Motor mit 225 kW/306 PS (verkürzter Radstand, vier Ventile pro Zylinder)
  • Audi Sport quattro E2 (1985) : 2,1-Liter-Motor mit 390 kW/530 PS (verkürzter Radstand, vier Ventile pro Zylinder, nur für den Rallye-Einsatz)

Fahrleistungen

Angegeben sind jeweils die Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit in km/h.

  • Audi quattro von 1980, 147 kW: 7,1 Sek., 222 km/h
  • Audi quattro 20V von 1989, 162 kW: 6,3 Sek., 230 km/h
  • Audi Sport quattro von 1983, 225 kW: 4,9 Sek., 250 km/h
  • Audi Sport quattro E2 von 1985, 390 kW: 2,6 Sek. (PDK-Getriebe) bzw. 3,1 Sek. (manuelles Getriebe), Rallyefahrzeug

Modellpflege

  • 1980: Vorstellung auf dem Genfer Auto-Salon
  • 1983: Breite Doppelscheinwerfer unter Glas, Digital- statt Analoganzeigen
  • 1983: Vorstellung des Audi Sport quattro auf der IAA in Frankfurt
  • 1985: Schwarze Rückleuchten, neues Armaturenbrett, geänderte Scheinwerfer und Kühlergrill
  • 1989: Neuer Motor mit 20 Ventilen ("20V"), Teilverzinkung der Karosserie
  • 1991: Produktionseinstellung im Mai

Varianten

Sport quattro
Eine Variante war der Audi Sport quattro von 1984, auch "der Kurze" genannt, ein auf 4,16 m Karosserielänge verkürztes, mit 225 kW (306 PS) und 350 Nm Drehmoment auch wesentlich leistungsstärkeres Modell, das das Basisfahrzeug für die Gruppe-B-Autos darstellte. Durch die Karosserieänderung wurde der Radstand um 32 cm kürzer. Die Abmessungen der Karosserie änderten sich auf: Länge 4164 mm, Breite 1790 mm, Höhe 1345 mm. Der Sport quattro wurde in einer Stückzahl von nur 220 Exemplaren (für die FIA-Homologation der Gruppe B waren mindestens 200 Stück zwingend vorgeschrieben) gebaut und zum damals horrenden Preis von ca. 195.000 DM im freien Verkauf angeboten.
Sport quattro E2
Der Audi Sport quattro E2 basierte auf dem Sport quattro. Das Kürzel E2 steht hier für Evolution 2 (= Entwicklungsstufe 2). Diese Version wurde laut Aussage von Ex-Audi-Werksfahrer Walter Röhrl oft fälschlicherweise als "Sport quattro S1" bezeichnet. Er wurde als so genanntes Evolutions-Modell ausschließlich für Rennzwecke in einer von der FIA geforderten Stückzahl von 20 Exemplaren produziert und war ursprünglich einzig dem Audi-Werksteam vorbehalten. Das Fahrzeug war nicht für den freien Verkauf bestimmt, erst nachdem die FIA Ende 1986 die Gruppe B aus der Rallye-WM verbannt hatte konnten wenige privilegierte Motorsportler ihn von Audi Sport käuflich erwerben. Als besonders extreme Variante des E2 gilt der Audi Sport quattro S1 Pikes Peak, auch "das Flügelmonster" genannt, mit dem Walter Röhrl 1987 am Pikes Peak einen neuen Streckenrekord aufstellte und dem eine Motorleistung von rund 600 PS nachgesagt wird. Beim Autosport Rallycross gab es dann Ende der 1980er und Anfang der 1990er noch einige E2-/S1-RX-Specials, die über Motoren mit mehr als 650 PS verfügten.
Varianten externer Firmen
  • Die Firma Treser (Auto), die vom maßgeblich an der Entwicklung des Audi quattro beteiligten Ingenieur Walter Treser gegründet wurde, baute einige wenige Exemplare zum Cabrio mit festem Dach um, wobei die Technik des Daches mit der des Mercedes SLK vergleichbar war.
  • Die Firma Artz baute einige Sondervarianten des Audi quattro, zumeist Einzelstücke. Darunter fand sich eine Kombivariante mit sehr großer Heckklappe aus Glas, die bis zum Leuchtband zwischen den Rückleuchten reichte sowie eine Limousine auf Basis des Audi 80 mit der Front, den Verbreiterungen, den Heckleuchten und der Technik des Audi quattro.
  • Für die Rallye Paris-Dakar (1984/1985) baute die französische Firma ROC quattros mit einem um mehr als 10 cm erhöhten Dach.

Sonstiges

  • Der Audi quattro wurde insgesamt nur 11.452-mal gebaut. Seine Allradtechnik wurde jedoch für andere Audi-Fahrzeuge weiterverwendet und -entwickelt. Die mit Allradantrieb ausgestatteten Fahrzeuge von Audi tragen noch bis heute den Zusatz "quattro" in der Modellbezeichnung, auch wenn die Allradtechnik längst eine andere ist.
  • Heute hat der Urquattro einen hohen Liebhaberwert und ist zum Teil nur über stolze Preise (bis zu 25 000 Euro) zu bekommen, wenn denn überhaupt mal einer zum Verkauf stehen sollte.
  • Der Begriff quattro steht heute auch für die quattro GmbH, einem Unternehmen von Audi, welches sich (wie AMG bei Mercedes) auf die Serienanfertigung von besonders sportlichen Fahrzeugen ab Werk spezialisiert hat, wobei auch spezielle Kundenwünsche berücksichtigt werden können.
  • Das Auto sollte ursprünglich den Namen "Carat" tragen, als Abkürzung für "Coupé All-Rad-Antrieb Turbo". Erst spät wurde dieser Name aufgrund eines Parfums gleichen Namens verworfen, dessen Image und Zielgruppe für den Quattro nicht geeignet erschienen.
  • Weitgehend unbekannt oder nur vergessen ist, dass der erste FIA-Autosport-Titel mit einem Audi quattro nicht vom Audi-Werksteam, sondern vom Österreicher Franz Wurz gewonnen wurde. Der Vater von Formel-1-Fahrer Alexander Wurz sicherte sich am 3. Oktober 1982 auf dem Estering in Buxtehude seinen dritten Rallycross-Europameistertitel (nach 1974 und 1976), während Audi selbst erst etwa einen Monat später die Rallye-Weltmeisterschaft 1982 (Markenwertung) unter Dach und Fach bringen konnte.

Literatur