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Binnendüne

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Binnendüne in der Oberrheinebene

Die in verschiedenen Regionen Deutschlands vorkommenden Binnendünen und Flugsandfelder grenzt man traditionell von den Küstendünen an der Nord- und Ostseeküste ab. Sie sind aber ebenfalls durch den Wind hervorgebrachte Formen (Dünen). Sie wurden überwiegend im jüngsten Stadium der Weichsel- bzw. Würm-Eiszeit, also vor etwas mehr als 10 000 Jahren aufgeweht. Eine Weiterentwicklung der Dünen erfolgte unter dem Einfluss des Menschen.

Entstehung der Binnendünen

Im heutigen Deutschland war es in der ausgehenden Weichsel- bzw. Würm-Eiszeit so kalt (ca. 10 Grad kälter als heute), dass es praktisch keinen Baumwuchs und auch nur eine lückenhafte Vegetationsdecke als Tundra gab. In den vom Inlandeis bzw. den Alpengletschern erreichten Gebieten wurde zudem die Vegetation komplett zerstört und musste sich mit dem Rückschmelzen der Gletscher wieder neu etablieren. Somit konnte die Kraft der Winde nahezu ungebremst wirken. Leichte, feinkörnige Bodenpartikel, vor allem Schluff und Sand wurden von den Luftströmen erfasst, oft kilometerweit verfrachtet und an anderer Stelle wieder abgelagert. So entstanden im Laufe der Zeit vielerorts Flugsandflächen und Dünen, die bei starken Winden auch in der Lage waren zu wandern. Die meisten der heute existierenden Binnendünen wurden zu dieser Zeit angelegt. Mit dem Ende der Eiszeit vor etwas mehr als 10 000 Jahren kam die Aktivität der Dünen mit der Wiederbewaldung aber schnell zum Erliegen.

Die Form der Binnendünen schwankt je nach den herrschenden Windrichtungen und -stärken. Meist handelt es sich um eher unregelmäßige Dünen oder Flugsanddecken. Es kommen aber auch sehr gut ausgebildete Parabeldünen und Längsdünen vor.

Nahezu alle jüngeren Phasen, in denen es zur Weiterentwicklung der Binnendünen kam, sind mit den Eingriffen des Menschen auf die Vegetationsdecke verbunden. Durch gewollte oder ungewollte Rodung des Waldes wurden festgelegte Binnendünen wieder aktiviert. An Hand in den Dünen eingeschlossener Holzkohlepartikel und ihrer Datierung mit der Radiokohlenstoffmethode konnte festgestellt werden, dass bereits mit den Siedlern der Jungsteinzeit Dünen wieder reaktiviert wurden. Aber auch in der Bronze- und Eisenzeit gab es durch den Menschen bedingte Dünenaktivität.

Binnendünen im Mittelalter und in der Neuzeit

Nach der Völkerwanderungszeit begann im Mittelalter einer der Hauptphasen der Waldzerstörung und damit der Aktivierung von Dünen. Die Sandverwehungen wurden für viele Siedlungen zu einem ernsten Problem. Um ihre Weideflächen und Siedlungen vor den Sandverwehungen zu schützen, begannen die Menschen während des Mittelalters die Dünen mit genügsamen und tiefwurzelnden Gehölzen, z.B. mit Kiefern zu bepflanzen. Dennoch setzte sich, auf Grund der starken Beweidung, die Aktivität der Binnendünen bis in die Neuzeit fort. Erst ab dem 18. Jahrhundert begannen systematische Aufforstungen der Dünengebiete. So ist heutzutage die Wald-Kiefer (Pinus sylvestris) der charakteristische Waldbaum (Leitart) für Flugsandgebiete und Binnendünen.

Gefährung und aktuelle Bedeutung der Binnendünen

Großflächige Sandabgrabungen für bauliche Maßnahmen (z.B. Siedlungs- und Straßenbau) sowie die seit dem 19. Jh. sprunghafte Ausdehnung des Spargelanbaus und die allgemeine Zersiedelung und Verbauung der Landschaft haben in den letzten Jahrhunderten zu einem spürbaren Rückgang dieses bereits seltenen Biotoptyps geführt. Die Gefährung ist dabei in Deutschland regional unterschiedlich. Während es im dünnbesiedelten und sandreichen Brandenburg noch zahlreiche Trockenbiotope auf Dünen gibt, gelten sie in Nordrhein-Westfalen als extrem bedroht. Auch die außerhalb der Kernbereiche der Binnendünen liegenden Flugsandflächen sind aus artenschutzrechtlicher Betrachtung unbedingt schützens– und erhaltenswert.

Die hohen Temperaturen und Verdunstungsraten während der Sommermonate sowie die allgemeine Nährstoffarmut bedingen ein reiches Arteninventar an wärme- und trockenliebenden Pflanzen- und Tierarten (z.B. Sandrasenvegetation, Heuschrecken, Wildbienen).

Silbergras (Corynephorus canescens)

Charakterarten der Dünen sind der Sandthymian (Thymus serpyllum), das Silbergras (Corynephorus canescens), die Blaugraue Kammschmiele (Koeleria glauca), das Sand-Hornkraut (Cerastium semi-decandrum) und die Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium). So erfolgreich die Dünenpflanzen auf trockenwarmen Standorten gedeihen, so wenig Chancen hätten sie auf normal durchfeuchteten Böden, wo sie der Konkurrenz schnellwüchsiger Arten stets unterliegen würden. Somit haben die meisten der oben genannten Pflanzen eine sehr enge ökologische Bindung an Dünen und Flugsandflächen.

Größere Dünenareale benötigen in der Regel wenig Pflege. Mittelfristig liegt der Pflegeschwerpunkt überwiegend in der Vermeidung von allzu starkem Aufwuchs von Gehölzen und Bäumen. Im Bereich der empfindlichen Flugsandfelder sollten Spaziergänger generell auf Pfaden und Wegen bleiben und keine Abfälle in der freien Landschaft zurücklassen (Nährstoffeintrag). Auch Hundekot ist in diesem Zusammenhang eine Gefahr für die Sandrasengesellschaften.

Binnendünengebiete in Deutschland

Die flächenmäßig größten Binnendünengebiete gibt es, bedingt durch die sandreichen Ablagerungen der pleistozänen Vergletscherungen in Norddeutschland. Die Verteilung ist aber auch dort regional unterschiedlich und kann auch kleinräumig wechseln. Als Ausgesprochen dünenreich gelten Sander und trockene Urstromtäler. Es ist dabei unerheblich, ob sie im Alt- oder Jungmoränengebiet liegen. Bekannte dünenreiche Landschaften sind unter anderem die Lüneburger Heide und das südliche Brandenburg.

In der Oberrheinebene erkennt man noch heute ein zusammenhängendes Band von Dünenflächen von Rastatt im Süden bis nach Mainz im Norden („Mainzer Sand“). Weitere Flugsandflächen existieren noch im Fränkischen Raum (z.B. "die Kahler Sande").

Literatur (Auswahl)

  • Philippi, G. (1973): Sandfluren und Brachen kalkarmer Flugsande des mittleren Oberrheingebietes. Veröff. Landesst. Naturschutz und Landschaftspflege Bad.-Württ. 41: 24-62.
  • Volk, 0. H. (1931): Beiträge zur Ökologie der Sandvegetation der oberrheinischen Tiefebene. Zeitschr. f. Botanik 24: 81-185, Jena.